TE OGH 1986/4/9 9Os29/86

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Veröffentlicht am 09.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Horak, Dr. Lachner sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl R*** wegen des Vergehens der Unterschlagung nach § 134 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9.Dezember 1985, GZ 13 Vr 3309/85-14, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Gehart, und des Verteidigers Dr. Neundlinger, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der nunmehr 20-jährige Karl R*** der Vergehen der Unterschlagung nach § 134 Abs. 1 StGB (Pkt. 1.), der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs. 1 StGB (Pkt. 2.) und des (teils vollendeten, teils versuchten) schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 (in Verbindung mit § 15) StGB, zum Teil als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB (Pkt. 3.), schuldig erkannt.

Darnach hat er

zu 1. am 23.August 1985 in Graz ein fremdes Gut, das er gefunden hat, nämlich einen der Brigitte L*** gehörenden Einkaufskorb samt Inhalt, worunter sich unter anderem auch eine Ledergeldtasche mit mindestens 1.070 S Bargeld befand, sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern;

zu 2. dabei erlangte Urkunden der Brigitte L***, über die er nicht verfügen durfte, und zwar einen Führerschein, einen Zulassungsschein, eine Dienstlegitimation und eine Scheckkarte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, daß sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, indem er den Führerschein an unbekannte Personen weitergab, den Zulassungsschein und die Dienstlegitimation wegwarf und die Scheckkarte für sich behielt;

zu 3. am 24. und 25.August 1985 in Graz und Feldbach mit dem Vorsatz, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, vier im Urteilsspruch namentlich angeführte Personen "durch Vortäuschung seiner Berechtigung zur Begebung von Schecks namens der Brigitte L*** unter Verwendung falscher Urkunden, nämlich von ihm jeweils über den Betrag von 2.000 S ausgestellter und mit dem Namen der berechtigten Kontoinhaberin Brigitte L*** unterschriebener Schecks" (auf ebenfalls anläßlich der zu 1. beschriebenen Unterschlagung erlangter Scheckformulare) zur Erbringung von Sach-, Dienst- und Geldleistungen verleitet, wodurch diese um insgesamt 5.696 S geschädigt wurden (3./a), sowie überdies am 24.August 1985 in Graz zu dem von unbekannten Tätern unternommenen Versuch, den Portier des P*** unter Verwendung eines gefälschten Schecks betrügerisch um 2.000 S zu schädigen, dadurch beigetragen, daß er ihnen eines der widerrechtlich erlangten Scheckformulare und den Führerschein der Brigitte L*** überließ (3./b).

Mit seiner auf die Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte das Urteil in den Punkten 2. und 3./a des Schuldspruchs.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die ihm angelastete Urkundenunterdrückung (2.) wendet er ein, der Tatbestand des § 229 Abs. 1 StGB erfordere, daß der Täter (geradezu) bezweckt, den Gebrauch der unterdrückten Urkunde im Rechtsverkehr zu verhindern; ein solcher Vorsatz sei aber nach den Verfahrensergebnisse nicht hervorgekommen. Dabei verkennt der Beschwerdeführer - den Begriff "Absichtsdelikt im weiteren Sinn" (vgl. Leukauf-Steininger, Kommentar 2 § 5 RN 9 und § 7 RN 21 ff) ersichtlich mißverstehend - jedoch, daß der subjektive Tatbestand der Urkundenunterdrückung in Ansehung des Gebrauchsverhinderungsvorsatzes keineswegs Absicht (im Sinn des § 5 Abs. 2 StGB) erfordert, sondern auch insoweit bedingten Vorsatz genügen läßt, wobei es (nach nunmehr ständiger Rechtsprechung) ausreicht, daß der Täter die Unterdrückungshandlung im Begleitwissen (Mitbewußtsein) begeht, dadurch die Urkunde ihrer bestimmungsgemäßen Verwendung zu entziehen (SSt. 51/21; EvBl 1981/106; EvBl 1982/191; EvBl 1986/9 uam; Kienapfel im WK § 229 Rz. 28 und 31). Da das Erstgericht in den Konklusionen der Urteilsbegründungen den (jedenfalls) bedingten Gebrauchsverhinderungsvorsatz des Angeklagten bei der Unterdrückung der in Rede stehenden Urkunden als erwiesen angenommen hat (S 117) und diesen Vorsatz (schon) aus der festgestellten Handlungsweise des Angeklagten mängelfrei ableiten konnte, haftet dem Urteil im gegebenen Zusammenhang weder ein Feststellungs- noch ein Begründungsmangel an.

Was die vom Punkt 3./a des Schuldspruchs erfaßten (Urkunden-)Betrugsfakten betrifft, so kann - entgegen dem eine Undeutlichkeit des Urteils relevierenden Beschwerdevorbringen - den Urteilsgründen in Verbindung mit dem Urteilsspruch eindeutig entnommen werden, worin die Täuschungshandlung des Angeklagten gelegen war, nämlich darin, daß er den jeweiligen Schecknehmern vortäuschte, er begebe mit Wissen der Kontoinhaberin Brigitte L*** auf deren Namen ausgestellte Schecks, wozu er von dieser als "Freund" bzw. "Bruder" auch ermächtigt worden sei (S 112 ff, 117). Soweit die Beschwerde unter Übergehung dieser Feststellung in rechtlicher Hinsicht einwendet, eine Täuschung der Schecknehmer könne nicht angenommen werden, verläßt sie den Boden der tatrichterlichen Urteilskonstatierungen und bringt damit den geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund (§ 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO) nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung. Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach zu verwerfen. Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach § 147 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 28 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr. Dabei wertete es als erschwerend das Zusammentreffen dreier Vergehen, die zweifache Qualifikation des Betruges, die Wiederholung der Betrügereien, den raschen Rückfall und die drei einschlägigen Vorstrafen; als mildernd zog es dagegen das Geständnis und die Tatbegehung nach Vollendung des 18., jedoch vor Vollendung des 21. Lebensjahres in Betracht.

Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe an.

Der Berufung kommt jedoch keine Berechtigung zu.

Das Erstgericht hat die Strafzumessungsgründe im wesentlichen richtig und vollständig festgestellt. Zu ergänzen ist lediglich, daß dem Angeklagten auch der Verbleib der von ihm laut dem Punkt 3./b des Schuldspruches geförderten Tat im Versuchsstadium als mildernd zugute zu halten ist. Hingegen liegen die vom Berufungswerber reklamierten weiteren Milderungsgründe nicht vor. Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß der Angeklagte nicht nur mehrfach einschlägig vorbestraft ist, sondern schon wenige Wochen nach bedingter Entlassung aus einer längeren Freiheitsstrafe abermals rückfällig geworden ist, erweist sich das vom Erstgericht gefundene Strafmaß keineswegs als überhöht, sodaß zu einer Reduzierung der Strafe kein Grund besteht.

Auch der Berufung mußte somit ein Erfolg versagt bleiben. Die Kostenentscheidung fußt auf der bezogenen Gesetzesstelle.

Anmerkung

E08060

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00029.86.0409.000

Dokumentnummer

JJT_19860409_OGH0002_0090OS00029_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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