Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule, Dr. Warta, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 3. November 1979 verstorbenen zuletzt in 1130 Wien, Volksgasse 14, wohnhaft gewesenen Apotheker Mag. pharm. Eduard H*** infolge Revisionsrekurses der Erben 1. Hildegard H***, Apothekerswitwe,
2. Eduard H***, Student, und 3. Herbert H***, Student, alle Schwarzwaldgasse 22, 1238 Wien, alle vertreten durch Dr. Heinrich Orator, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 30. Dezember 1985, GZ 47 R 565,566,591/85-120, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Hietzing vom 17. September 1985, GZ 1 A 824/79-107, vom 17. September 1985, GZ 1 A 824/79-108, und vom 23. September 1985, GZ 1 A 824/79-115, bestätigt wurden, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
In der Verlassenschaftssache nach dem am 3.11.1979 verstorbenen Apotheker Mag.pharm. Eduard H***, der letztwillig seine Ehefrau zu einem Viertel und seine beiden Söhne zu je drei Achtel seines Nachlasses als Erben eingesetzt hatte, waren die Erben, deren Erbserklärung am 5.2.1980 bei Gericht eingelangt und am 21.3.1980 angenommen worden war, mit der Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses durch Jahre säumig, so daß schließlich am 26.6.1984 nach § 19 Abs1 Satz 2 AußStrG ein Kurator zur Beendigung der Sache bestellt wurde. Der zur Erstattung des Vermögensbekenntnisses zuletzt bis längstens 20.8.1985 aufgeforderte Säumniskurator überreichte am 17.9.1985 das eidesstättige Vermögensbekenntnis. Er wies darauf hin, daß der Einheitswert des erblasserischen Unternehmens mit S 523.514,-- negativ war, weil durch Überentnahmen des Erblassers weit über den Gewinn hinaus von S 2,677.246,-- im Jahr 1978 und S 2,061.123,25 im Jahr 1979 der Stand des Kapitalkontos von positiv S 995.971,94 auf negativ S 2,353.066,78 vermindert wurde, daß es ihm nicht möglich gewesen sei, eine Mitteilung des Finanzamtes über den Einheitswert zu erlangen und daß der Barwert des Unternehmens der Kommanditgesellschaft zum Zeitpunkt des mit der Todfallsbilanz gleichzusetzenden Jahresabschlusses mit dem 31.12.1979 mit S 13,750.000,-- anzusetzen sei. Daraus ergebe sich für den Gesellschaftsanteil des Erblassers zu 80 von Hundert nach Abzug des Negativstandes des Kapitalkontos ein in die Aktiven aufzunehmender Ansatz von S 8,646.933,53 (= S 13,750.000-- x 80 % = 11,000.000,-- abzüglich S 2,353.066,47).
Das Erstgericht entschied am 17.9.1985, daß das vom Saumsalkurator erstattete eidesstättige Vermögensbekenntnis mit Aktiven von S 9,599.245,16 und bekannten Passiven von S 530.864,15 der Verlassenschaftsabhandlung zugrunde gelegt werde, bestimmte die Gebühr des Saumsalkurators (ON 107) und erließ die Einantwortungsurkunde (ON 108), wonach der Nachlaß den Erben, die sich unbedingt zu Erben erklärt hatten, und zwar der Witwe zu einem Viertel mit der Beschränkung der vom Erblasser angeordneten fideikommissarischen Substitution zugunsten der Söhne und diesen zu je drei Achtel in das freie Eigentum eingeantwortet werde. Am 19.9.1985 überreichten die Erben ein eidesstättiges Vermögensbekenntnis, in welchem die Nachlaßaktiven mit S 588.291,-- und die Nachlaßpassiven einschließlich der Schuld aus dem Negativsaldo des Kapitalkontos des Unternehmens "H***-J*** Apotheke Anton B***" von S 2,353.066,47 mit S 3,145.760,09 einbekannt werden und sich daher eine Nachlaßüberschuldung von S 2,557.469,09 ergibt. Zugleich stellten die Erben nun die Schlußanträge.
Am 23.9.1985 bestimmte das Erstgericht die Gebühr des Gerichtskommissärs mit dem von ihm am 19.9.1985 verzeichneten Betrag und trug den Erben als Gesamtschuldnern die Zahlung auf (ON 115). Mit ihrem Rekurs gegen den Beschluß vom 17.9.1985 und die Einantwortungsurkunde, in welchem sie vorbrachten, dem Saumsalkurator und dem Erstgericht sei der offenkundige Irrtum unterlaufen, daß der Gesellschaftsanteil des Erblassers in den Nachlaß falle, legten die Erben die Ablichtung der Vereinbarung vor, die vom Machthaber des Erblassers am 5.10.1979, den Erben am 19.12.1979 und einem weiteren Gesellschafter der Kommanditgesellschaft am 27.11.1979 abgeschlossen worden sei und aus der sich ergebe, daß bei Ableben eines Gesellschafters die anderen Gesellschafter das Unternehmen unter Ausschluß der Abwicklung mit Übernahme aller Aktiven und Passiven fortführen und dem Nachlaß als Auseinandersetzungsguthaben nur der Betrag gebühre, der seinem Kapitalkonto in der zum auf das Ableben zweitfolgenden letzten Monatstag unter Ausschaltung jeglicher Wertansätze für immaterielle Wirtschaftsgüter aufzustellenden Auseinandersetzungsbilanz entspreche. Daraus ergebe sich die Nachlaßverbindlichkeit gegenüber der Kommanditgesellschaft "H*** J*** Apotheke Anton B***" mit dem Negativsaldo des Kapitalkontos zum 31.12.1979 von S 2,353.066,78 und die beträchtliche Nachlaßüberschuldung.
Mit dem Hinweis auf die Unrichtigkeit des Ansatzes der Nachlaßaktiven bekämpften die Erben auch die Bestimmung der Gebühr des Gerichtskommissärs, die von einer falschen Bemessungsgrundlage ausgehe.
Das Rekursgericht gab den Rekursen der Erben nicht Folge. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, die Überprüfung der Entscheidung des Erstgerichtes nach der Sach- und Rechtslage zur Zeit seiner Beschlußfassung ergebe, daß das Recht und die Pflicht zur Erstattung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses infolge der Säumnis der Erben auf den Kurator übergegangen sei und das Erstgericht dessen Angaben im eidesstättigen Vermögensbekenntnis nicht auf ihre Richtigkeit zu überprüfen hatte. Das eidesstättige Vermögensbekenntnis habe keine weitere Folge, als daß es der Abhandlung zugrunde gelegt werde. Auf die Entrichtung der Erbschaftssteuer bleibe der darin bekannte Stand der Aktiven oder Passiven ohne Einfluß. Das Erstgericht habe daher das eidesstättige Vermögensbekenntnis des für die Erben aufgetretenen Saumsalkurators mit den dort ausgewiesenen Aktiven und Passiven zu Recht seinem Verfahren zugrunde gelegt und daher auch die Gebühr des Gerichtskommissärs richtig bemessen.
Den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes bekämpfen die Erben mit ihrem Revisionsrekurs, in welchem sie offenbare Gesetzwidrigkeit und Aktenwidrigkeit geltend machen und beantragen, den angefochtenen Beschluß und die Einantwortungsurkunde aufzuheben und dem Erstgericht die neue Entscheidung unter Berücksichtigung des von den Erben erstatteten Vermögensbekenntnisses aufzutragen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist, soweit nicht schon § 14 Abs2 AußStrG die Anfechtung hindert (betr.ON 115), unzulässig, weil die Rechtsmittelwerber einen der Rechtsmittelgründe nach § 16 Abs1 AußStrG nicht darzutun vermögen. Nur im Falle einer offenbaren Gesetz- oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität findet jedoch gegen den bestätigenden Beschluß des Rekursgerichtes in Gegenständen außer Streitsachen der Rekurs an den Obersten Gerichtshof statt.
Von einer Aktenwidrigkeit, die darin liegen soll, daß die Erben schon in ihrem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß vorgebracht hätten, dem Saumsalkurator sei die am 5.10.1979, 27.11.1979 und 19.12.1979 errichtete Urkunde über die Vereinbarung, wonach der Nachlaß auf ein Auseinandersetzungsguthaben aus dem Gesellschaftsverhältnis mit dem Betrag des Standes des Kapitalkontos beschränkt wurde, bekannt gewesen, kann nicht die Rede sein. Das Rekursgericht ist nicht davon ausgegangen, daß diese Behauptung der Erben fehle, sondern es hat die Überprüfung der erstrichterlichen Entscheidungen nach dem Stand vorgenommen, der sich dem Erstgericht zur Entscheidung dargeboten hat. Die Ablichtung der "Vereinbarung vom 5.10.1979, 27.11.1979 und 19.12.1979", die also erst nach dem Ableben des Erblassers von den anderen Vertragsteilen angenommen wurde, war nicht Gegenstand des vom Saumsalkurator erstatteten eidesstättigen Vermögensbekenntnisses (erst im Rekurs wurde sie mit Bezugnahme auf den erwähnten Inhalt vorgelegt).
Ob dem Saumsalkurator diese Vereinbarung bekannt war, als er auftragsgemäß das eidesstättige Vermögensbekenntnis vorlegte, nachdem die Erben damit mehr als fünf Jahre zögerten, und welche Folgen sich aus dieser Vereinbarung ergeben können, ist hier nicht zu untersuchen, weil sich daraus weder eine offenbare Gesetzwidrigkeit noch eine Aktenwidrigkeit ableiten läßt. Nach § 114 Abs1 AußStrG hat der Erbe im Falle einer unbedingten Erbserklärung das Verlassenschaftsvermögen nach allen seinen Bestandteilen, ebenso wie in einem Inventar, zu beschreiben und die Richtigkeit der Angaben mit eigenhändiger Unterschrift an Eides Statt zu bekräftigen. Dieses Vermögensbekenntnis ist der Abhandlungspflege anstatt des Inventars zugrunde zu legen (§ 114 Abs2 AußStrG). Es gibt keine gesetzliche Bestimmung, wonach das Abhandlungsgericht von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten Erhebungen über die Richtigkeit des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses vorzunehmen hätte. Das Vermögensbekenntnis ist ohne Erhebung seiner Richtigkeit an Stelle des Inventars der Abhandlung zugrunde zu legen (Koziol-Welser 7 II, 365; SZ 42/55; NZ 1930,113). Steht dem Abhandlungsgericht jedoch eine Prüfung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses nicht zu, kann in der Bestätigung der Entscheidung des Erstgerichtes, dieses Vermögensbekenntnis, das keinerlei Wirkungen über das Abhandlungsverfahren hinaus hat (EvBl 1974/226 = NZ 1974,155; EFSlg.47.339), der Abhandlungspflege zugrunde zu legen, keine offenbare Gesetzwidrigkeit erblickt werden. Die Finanzbehörden dürfen bei der Bemessung der Erbschaftssteuer ohnehin nicht von den Wertangaben im eidesstättigen Vermögensbekenntnis ausgehen (Dorazil, Kommentar zum Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 2 204 f; VwGH 22.10.1958 Slg 1897-F). Klar und unmißverständlich ist im Gesetz, das im § 114 Abs2 AußStrG nur vorsieht, daß das Vermögensbekenntnis anstatt des Inventars der Abhandlungspflege zugrunde zu legen ist, nicht einmal geregelt, ob das Gericht ein unrichtiges oder doch zumindest zweifelhaftes eidesstattliches Vermögensbekenntnis überprüfen kann oder soll (OGH 22.9.1982, 6 Ob 737/82). Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt aber nur in jenen Fällen unrichtiger rechtlicher Beurteilung vor, in denen ein Fall im Gesetz selbst ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und dennoch eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde (EFSlg.47.208; EFSlg.44.642 uva.). Dies trifft auf die Entscheidung des Rekursgerichtes, daß das Erstgericht die Angaben im eidesstättigen Vermögensbekenntnis des Saumsalkurators ohne inhaltliche Prüfung ihrer Richtigkeit zugrunde legen und mit der Einantwortung des Nachlasses vorgehen konnte, nicht zu. Mit der Einantwortung wurde auch nicht, wie die Rechtsmittelwerber irrig meinen, über Vermögenswerte verfügt, die nicht Gegenstand des Verlassenschaftsverfahrens sind, sondern nur der Übergang aller Rechte und Pflichten des Erblassers, wie Besitz, Eigentum, Forderungen und Verbindlichkeiten ua. ohne Aufzählung der einzelnen Bestandteile des Nachlasses auf die Erben im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vollzogen (Welser in Rummel, ABGB, Rdz 1 und 5 zu §§ 797,798; Ehrenzweig-Kralik, Erbrecht 3 ,324). Soweit sich der außerordentliche Revisionsrekurs auch gegen die Höhe der Gebühr des Gerichtskommissärs wendet, ist die Entscheidung der zweiten Instanz im Kostenpunkt nach § 14 Abs2 AußStrG unanfechtbar. Dies gilt auch für die Bemessung der Gebühr des Gerichtskommissärs (SZ 13/201; EFSlg.42.315; EFSlg.39.765 ua.). Der Revisionsrekurs ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
Anmerkung
E07866European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00538.86.0409.000Dokumentnummer
JJT_19860409_OGH0002_0030OB00538_8600000_000