Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Georg M***, Kaufmann, Salzburg, Saalachstraße 1, vertreten durch Dr. Franz Kreibich, Dr. Alois Bixner, Rechtsanwälte in Salzburg, wider die beklagte Partei Dr. Erwin H***, Rechtsanwalt, Salzburg, Kaigasse 11, vertreten durch Dr. Manfred Jokesch, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen S 350.000,-- samt Anhang infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 21.Oktober 1985, GZ 1 R 193/85-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 23.Mai 1985, GZ 6 Cg 106/84-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.821,45 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.081,95 Umsatzsteuer und S 1.920,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 30.September 1981 fanden in Thaur, Tirol, Besprechungen zwischen dem Kläger als Gesellschafter der Firma T*** AG & CO. Transport- und Speditionsgesellschaft mbH Innsbruck und Franz L*** als Geschäftsführer der Firma B*** & L*** Gesellschaft mbH Wien über den Erwerb der Geschäftsanteile des Klägers an der Firma T*** AG & CO. Transport- und Speditionsgesellschaft mbH statt. Der Beklagte war diesen Gesprächen als Rechtsfreund des Klägers beigezogen worden. Der Kläger und Franz L*** unterzeichneten am Ende der Besprechung eine handschriftlich aufgesetzte Vereinbarung über die Abtretung der Geschäftsanteile des Klägers unter gewissen Bedingungen um S 9 Mill. Nach Punkt XII gab Franz L*** dem Kläger für gestundete 2 Mill.S einen Depotwechsel als Sicherheit mit Laufzeit von einem Jahr. Die Jahresfrist begann mit der notariellen Unterfertigung. In der Folge kam es wegen Weigerung Franz L*** nicht zum Abschluß eines Notariatsaktes über die Übertragung der Geschäftsanteile des Klägers.
Der Kläger begehrt den Zuspruch des Betrages von S 350.000,-- s. A. Er sei vom Beklagten nicht darauf aufmerksam gemacht worden, daß die bei der Besprechung vom 30.September 1981 getroffene Vereinbarung der Form eines Notariatsaktes bedurft hätte. Der Beklagte hafte für den aus der Unterlassung seiner Aufklärung entstandenen Schaden des Klägers. Dieser betrage 9 Mill.S, davon werde vorläufig nur der Klagsbetrag geltend gemacht. Der Beklagte wendete ein, dem Kläger sei ohnedies bekannt gewesen, daß eine wirksame Vereinbarung über die Abtretung der Geschäftsanteile nur in Form eines Notariatsaktes habe abgeschlossen werden können. Ihn treffe auch kein Verschulden; es sei auch nicht vorherzusehen gewesen, daß der Notariatsakt in der Folge nicht errichtet werde. Außerdem wäre der Vertrag auch dann nicht eingehalten worden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Daß anläßlich der Besprechung vom 30.September 1981 gesprochen worden sei, unverzüglich einen Notar beizuziehen, könne nicht festgestellt werden. Allen Beteiligten sei aber klar gewesen, daß es noch eines Notariatsaktes zur Wirksamkeit der getroffenen Vereinbarung bedurft hätte.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es traf auf Grund einer Beweiswiederholung die ergänzenden Feststellungen, der Beklagte habe den Kläger nicht besonders darauf aufmerksam gemacht, daß auch ein Vorvertrag oder eine Option betreffend den Erwerb von Geschäftsanteilen einer Gesellschaft mbH eines Notariatsaktes bedürfe. Es könne aber nicht festgestellt werden, der Beklagte habe erklärt, daß die Käufer schon an den in dieser Form errichteten Entwurf gebunden seien. Der Kläger habe nicht damit gerechnet, daß sich Franz L*** in der Folge weigern würde, den Abtretungsvertrag bei einem Notar zu unterfertigen. Franz L*** wäre als vertretungsbefugter Gesellschafter der Firma B*** & L*** GesmbH erst nach Rücksprache mit seinem Mitgesellschafter und nach Einigung mit Hans Dieter E*** über dessen Gehalt bei der übernehmenden Gesellschaft bereit gewesen, den Abtretungsvertrag vor einem Notar zu unterfertigen. Den Parteien sei es in erster Linie darum gegangen, den Inhalt des Vertrages für die spätere Errichtung des Notariatsaktes festzulegen.
Rechtlich beurteilte das Berufungsgericht diesen Sachverhalt dahin, selbst wenn der Beklagte dem Kläger die erforderliche Rechtsbelehrung erteilt hätte, wäre eine formgerechte Absprache nicht zustandegekommen, weil Franz L*** ohne Rücksprache mit seinem Mitgesellschafter und Klärung weiterer Details nicht bereit gewesen wäre, die am 30.September 1981 errichtete Punktation bei einem Notar zu unterfertigen und sich damit schon in einer Weise zu binden, die seinen Vertragspartnern einen unmittelbaren Anspruch auf Erfüllung verschafft hätte. Kausalität eines Schadenseintrittes infolge Unterlassung der Aufklärungs- und Belehrungspflicht des Beklagten könne daher nicht bejaht werden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.
Nach § 76 Abs2 GmbHG bedürfen nicht nur die Übertragung von Geschäftsanteilen einer Gesellschaft mbH mittels Rechtsgeschäftes unter Lebenden, sondern auch Vereinbarungen über die Verpflichtung eines Gesellschafters zur künftigen Abtretung eines Geschäftsanteiles eines Notariatsaktes. Damit unterliegen auch Vorverträge über die Abtretung von Geschäftsanteilen und Optionen als verbindliche Anbote dieser Abtretung der Notariatsaktspflicht (NZ 1986, 37; HS 2246; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 626). Der Kläger wußte zwar, daß die Übertragung der Geschäftsanteile selbst der Form des Notariatsaktes bedarf, eine Feststellung, daß er auch Kenntnis gehabt hätte, die Vereinbarung vom 30.September 1981 als Vorvertrag und Option wäre nur gültig gewesen, wenn die Form eines Notariatsaktes eingehalten worden wäre, trafen die Tatsacheninstanzen nicht. Zu den wichtigsten Aufgaben des Rechtsanwaltes gehört die Belehrung des meist rechtsunkundigen Mandanten (SZ 56/181; 7 Ob 501/85; Fenzl in ÖJZ 1951, 402 f.). Da der Beklagte den Kläger über die Formerfordernisse der abgeschlossenen Vereinbarung nicht aufmerksam gemacht hatte, kam er seiner sich aus den § 1009 ABGB und § 9 RAO ergebenden Verpflichtung, das ihm übertragene Geschäft emsig und redlich zu besorgen und die Rechte seines Mandanten mit Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit zu vertreten, nicht nach. Der ihm gemäß § 1298 ABGB obliegende Beweis seiner Schuldlosigkeit gelang ihm nicht. Gerade weil er wissen hätte müssen, daß bei Nichteinhaltung der Form des Notariatsaktes der Kläger weder Erfüllungs- noch Schadenersatzansprüche hätte geltend machen können (EvBl 1951/418; SZ 8/67; Reich-Rohrwig aa0), durfte er nicht darauf vertrauen, der Vertragspartner des Klägers werde auch ohne Einhaltung der vorgeschriebenen Form den Hauptvertrag abschließen. Auch bei erwiesenem Verschulden des Beklagten trifft den Geschädigten aber immer noch die Beweislast für den Kausalzusammenhang zwischen dem vertragswidrigen Verhalten und einem eingetretenen Schaden. Dies gilt auch, wenn es sich um Unterlassungen handelt (SZ 56/181 mwN). Eine Unterlassung ist dann für den Schadenserfolg kausal, wenn die Vornahme eines bestimmten und möglichen aktiven Handelns das Eintreten des Erfolges verhindert hätte. Keine Kausalität liegt vor, wenn derselbe Nachteil auch bei pflichtgemäßem Tun entstanden wäre (SZ 56/181 mwN). Das Berufungsgericht stellte entgegen den Ausführungen in der Revision fest, daß Franz L*** als Geschäftsführer der Firma B*** & L*** GesmbH, selbst wenn der Beklagte den Kläger über die Formerfordernisse aufgeklärt und der Kläger auf den Abschluß eines formgültigen Vertrages gedrungen hätte, ohne Rücksprache mit seinem Mitgesellschafter und ohne vorherige Einigung über die Gehaltswünsche eines zu übernehmenden Mitarbeiters einen solchen Vertrag nicht unterzeichnet hätte. Da diese Voraussetzungen bei Beendigung der Vertragsgespräche und Unterfertigung der schriftlichen Vereinbarung vom 30.September 1981 nicht vorlagen, wirkte sich die Verletzung der Belehrungs- und Aufklärungspflicht des Beklagten nicht kausal auf den vom Kläger behaupteten Schadenseintritt aus.
Die gerügte Mangelhaftigkeit liegt, wie der Oberste Gerichtshof
prüfte (§ 510 Abs3 ZPO), nicht vor.
Der Revision ist der Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E07976European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00518.86.0409.000Dokumentnummer
JJT_19860409_OGH0002_0010OB00518_8600000_000