Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Alois B*****, vertreten durch Dr. Peter Wiesauer, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Paula B*****, vertreten durch Mag. Dr. Adalbert Resch, Rechtsanwalt in Linz, wegen Ehescheidung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 27. März 1985, GZ. 2 R 291/84-68, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Linz vom 4. Juli 1984, GZ. 5 Cg 131/80-62, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 3.636,50 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 240,-- S an Barauslagen und 308,-- S an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der am 6. Juni 1937 geborene Kläger und die am 25. Oktober 1931 geborene Beklagte haben am 11. Juli 1959 vor dem Standesamt der Landeshauptstadt Salzburg die (beiderseits erste) Ehe geschlossen. Beide Teile sind österreichische Staatsbürger und römisch-katholisch; sie hatten ihren letzten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt in L*****. Der Ehe entstammt die am 24. Dezember 1963 geborene Christine B*****. Ehepakte wurden nicht errichtet.
Mit der am 4. Juni 1980 erhobenen Klage begehrte Alois B***** die Scheidung der Ehe gemäß § 55 Abs. 3 EheG. Die Ehe sei 10 bis 12 Jahre glücklich und harmonisch gewesen. Ab diesem Zeitpunkt habe ihm die Beklagte das Leben wegen ihrer unbegründeten Eifersucht zur Hölle gemacht. Dadurch sei die Ehe vollkommen zerrüttet worden. Er habe am 13. 2. 1973 die häusliche Gemeinschaft aufgehoben.
Die Beklagte trat dem Scheidungsbegehren entgegen und beantragte für den Fall der Scheidung gemäß § 61 Abs. 3 EheG die Feststellung, daß das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe den Kläger treffe, weil er zumindest seit dem Jahre 1972 ehewidrige oder ehebrecherische Beziehungen zu mehreren anderen Frauen unterhielte, immer wieder seine Unterhaltspflicht ihr und der gemeinsamen Tochter gegenüber verletzt und fortgesetzt ein liebloses kränkendes Verhalten an den Tag gelegt habe.
Demgegenüber erwiderte der Kläger, daß nicht ihn, sondern die Beklagte das alleinige Verschulden an der Zerrüttung der Ehe treffe. Sie habe ihn laufend beschimpft, auch tätlich mißhandelt, ihn in der Öffentlichkeit herabgesetzt, ihm seit 1969 grundlos den ehelichen Verkehr verweigert sowie auch den Haushalt vernachlässigt, ihn praktisch aus der Ehewohnung hinausgeekelt und in der Folge auch hinausgeworfen.
Das Erstgericht schied die Ehe der Streitteile gemäß § 55 EheG und wies den auf § 61 Abs. 3 EheG gestützten Antrag der Beklagten ab.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der Beklagten nicht Folge.
Gegen dieses Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs. 1 Z 2 bis 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, daß ihrem Antrag auf Feststellung, den Kläger treffe an der Zerrüttung der Ehe das alleinige oder überwiegende Verschulden im Sinne des § 61 Abs. 3 EheG, stattgegeben werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung der Revision keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Die Feststellungen der Vorinstanzen lassen sich über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen wie folgt zusammenfassen:
Die Ehe der Streitteile verlief etwa 10 Jahre lang einigermaßen harmonisch. Der Kläger arbeitete in der V***** AG, wo er immer noch beschäftigt ist. Außerdem führte er noch gelegentlich Pfuscharbeiten aus. Sein Einkommen überließ er bis auf einen geringen Teil für seine persönlichen Bedürfnisse der Beklagten, die auch beschäftigt war, als Wirtschaftsgeld. Im Haushalt der Streitteile lebte noch die uneheliche Tochter der Beklagten Renate B*****. Aufgrund eines vor der Ehe verschuldeten Verkehrsunfalles hatte der Kläger Regreßzahlungen an die Wiener Städtische Wechselseitige Versicherungsanstalt und an die Oberösterreichische Gebietskrankenkasse zu leisten. Diese Zahlungen sowie die Rückzahlungen für gemeinsam eingegangene Schulden, insbesondere für die Anschaffung eines PKWs, belasteten das Familieneinkommen erheblich, trübten jedoch das eheliche Verhältnis der Streitteile nicht. Aufgrund des Schichtdienstes war der Kläger an den Wochenenden häufig nicht zu Hause. Darüber hinaus ging er wöchentlich mindestens zwei- bis dreimal aus, und zwar
– meist allein – zum Eisstockschießen, Fischen, Kegeln, Kartenspielen und zu einem Sparverein. Etwa im Jahre 1971 verschlechterte sich das eheliche Verhältnis der Streitteile erheblich. Die Beklagte machte ihrem Mann grundlos Vorhalte, daß er ehebrecherische Beziehungen zu anderen Frauen, insbesondere zu Paula S*****, unterhalte; der Kläger zog sich immer mehr seiner Frau und seiner Familie zurück und verbrachte den Großteil seiner Freizeit allein. Deswegen kam es häufig zu Streitigkeiten zwischen den Eheleuten, in deren Verlauf sich beide Teile plastischer Ausdrucksweisen bedienten. Ob das Verhalten des Klägers durch jenes der Beklagten ausgelöst wurde oder umgekehrt, ist nicht feststellbar. Ab dem Jahre 1971 zog die Beklagte des öfteren, anfangs für eine Woche, dann für immer längere Zeiträume, bis zu einem halben Jahr, aus dem ehelichen Schlafzimmer aus und nächtigte im Wohnzimmer oder im Kinderzimmer. Sie verweigerte ihrem Mann auch den Geschlechtsverkehr, wobei sie als Grund hiefür Kreuzschmerzen angab. Tatsächlich leidet die Beklagten an schweren Wirbelveränderungen in der Hals- und Lendenwirbelsäule, die auf das Jahr 1960 zurückgehen. Dieses Leiden hätte die Beklagte jedoch keineswegs an der Ausübung des Geschlechtsverkehrs gehindert. Am Nachmittag des 24. 12. 1971 kam der Kläger nach einer Feier im Betrieb alkoholisiert nach Hause und legte sich nackt im Wohnzimmer schlafen. Als die Beklagte nach Hause kam und ihr dieser Vorfall von den Kindern berichtet wurde, kam es zu einem Streit.
An einem Nachmittag im Juni 1972 feierte der Kläger bei den Ehegatten S***** Geburtstag; er und Hans S***** haben nämlich am selben Tag Geburtstag. Im Verlauf des Nachmittags erschien die Beklagte, welche den Kläger suchte. Sie behauptete vor den Ehegatten S*****, daß der Kläger sie zu Hause schlage, ihr kein Geld gebe, und daß mit ihm ohnedies bei Tag und Nacht nichts los sei. Sie wurde daraufhin von Hans S***** aus der Wohnung gewiesen. Im Frühjahr 1972 hatte die Tochter der Streitteile Erstkommunion. Auf Ersuchen der Beklagten brachte der Kläger sie und das Kind mit dem PKW zur Kirche. Er nahm jedoch nicht an der Messe teil, sondern hielt sich im Gasthaus auf. Das Ersuchen der Beklagten, mit ihr und dem Kind anschließend nach St. Florian zu fahren, lehnte er mit der Begründung ab, daß er Schicht habe. Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Sommer 1972 hat der Kläger die Beklagte im Verlaufe eines Streites tätlich mißhandelt. Im Sommer 1972 ersuchte Renate B*****, die damals nicht mehr im Haushalt der Streitteile lebte, den Kläger, sie mit ihrem Gepäck zum Bahnhof zu bringen. Der Kläger lehnte dies ab und erklärte, daß er keine Zeit hätte. Als Renate B***** danach an der Straßenbahnhaltestelle auf die Straßenbahn wartete, sah sie den Kläger mit seinem PKW vorbeifahren; im PKW befand sich auch Paula S*****.
Die Beklagte hat den Kläger des öfteren in Gasthäusern aufgesucht und versucht, ihn zum Heimgehen zu bewegen, was der Kläger jedoch regelmäßig abgelehnt hat. Im Sommer 1972 suchte die Beklagte mit der Tochter der Streitteile den Kläger in einem Gasthaus auf und behauptete, das Kind sei bei einem Unfall verletzt worden und er solle sie und das Kind nach Hause bringen. Der Kläger lehnte dies jedoch ab, weil er am Kind keine Verletzungen wahrnahm und die Behauptung der Beklagten für einen Vorwand hielt, damit er nach Hause gehe. Im Sommer oder Herbst 1972 erzählte der Kläger einmal Hans S*****, daß ihn die Beklagte aus der Wohnung gewiesen hätte. Hans S***** bot daraufhin dem Kläger an, in seinem Haus zu übernachten, da sein Sohn gerade verreist sei. Der Kläger wohnte daraufhin ca. 14. Tage lang im Hause der Ehegatten S*****.
Im Herbst 1972 spitzten sich die Streitigkeiten und Gehässigkeiten zwischen den Streitteilen immer mehr zu. Die Beklagte ließ den Kläger, wenn er Nachtschicht hatte, tagsüber nicht schlafen, worauf dieser in die Traunau fuhr und im Auto schlief. Wenn er dann zurückkam, gab es wiederum Streit. Der Kläger erzählte dies Ernst B*****, und dieser lud den Kläger ein, bei ihm zu nächtigen. Der Kläger zog daraufhin am 23. 11. 1972 aus der Ehewohnung aus und wohnte bei den Ehegatten B*****. Etwa zur selben Zeit gab die Beklagte ihre Beschäftigung bei der Firma B***** in E***** auf. Am 29. 11. 1972 brachte der Kläger zu 5 Cg 341/72 des Landesgerichtes Linz eine auf § 49 EheG gestützte Scheidungsklage ein. In der Folge kehrte er wieder in die Ehewohnung zurück, zog jedoch dann am 13. 2. 1973 endgültig aus der Ehewohnung aus, und hielt sich dort nur mehr sporadisch auf. Seit diesem Zeitpunkt ist die häusliche Gemeinschaft der Streitteile aufgehoben. Spätestens seit diesem Zeitpunkt ist auch die Ehe der Streitteile unheilbar zerrüttet.
Bis zur Auflösung der häuslichen Gemeinschaft mit dem Kläger hat die Beklagte den Haushalt ordentlich geführt. Nach dem 13. 2. 1973 ließ der Kläger seine Wäsche eine Zeit lang von Paula S***** waschen, doch gab sie dies wieder auf, um Gerede zu vermeiden. Bereits im Herbst 1972 hatte ihr der Kläger einmal Wäsche gebracht und behauptet, die Beklagte weigere sich, die Wäsche zu bügeln. Nachdem Paula S***** die Wäsche gebügelt hatte, war die Klägerin bei ihr erschienen und hatte ihr, sowie dem damals dort anwesenden Kläger die Wäsche in einem Plastiksack, indem sich auch Waschwasser befand, vor die Füße geworfen und sinngemäß erklärt: „Da hast Du die Hemden wieder, ich habe sie noch einmal gewaschen, weil mir so gegraust hat vor Dir!“ Die Beklagte hatte weiters Paula S***** als Hure bezeichnet, worauf ihr diese eine Ohrfeige versetzt hatte.
Im Scheidungsverfahren 5 Cg 341/72 fanden am 23. 2. 1973 und am 2. 4. 1973 zwei Tagsatzungen zur mündlichen Streitverhandlung statt, in denen Paula S***** und Renate B***** als Zeugen vernommen wurden. Sein damaliger Rechtsvertreter riet dem Kläger, das Scheidungsverfahren nicht fortzusetzen, weil er ohnehin nicht durchkäme und fünf Jahre zu warten. Zur Tagsatzung vom 16. 5. 1973 erschien der Kläger nicht, worauf die Klage auf Antrag der Beklagten ohne Verzicht auf den Anspruch als zurückgenommen erklärt wurde.
Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Jahre 1973 unterzog sich der Kläger einer Mandeloperation. Als ihn Paula S***** einmal dort besuchte, kam auch die Beklagte. Diese begann Paula S***** zu beschimpfen, worauf es zu einer Auseinandersetzung zwischen den beiden Frauen kam, welche schließlich mit Tätlichkeiten endete. In der zweiten Jahreshälfte 1973 erhielten die Ehegatten B***** anonyme Briefe, in welchen ihnen vorgeworfen wurde, daß sie einem Kind den Vater wegnehmen und ähnliches mehr. Da die Ehegatten B***** vermuteten, daß die Beklagte Urheberin dieser Briefe war, begaben sie sich gegen Ende des Jahres 1973 mit dem Kläger in dessen Ehewohnung, um die Angelegenheit mit den anonymen Briefen zu klären. Es kam jedoch nicht dazu, weil sich sofort eine Auseinandersetzung zwischen den Streitteilen über ihr eheliches Verhältnis entwickelte. Im Verlaufe dieses Streites beschimpfte die Beklagte den Kläger, warf ihm vor, daß er Beziehungen zu anderen Frauen habe, und äußerte unter anderem, daß sie den Kläger nicht brauche, sondern nur sein Geld. Die Ehegatten B***** zogen sich daraufhin wieder zurück.
Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt im Jahre 1973 oder 1974 begab sich der Kläger zwischen 22.00 Uhr und 22.30 Uhr in Begleitung des Helmut U***** in die Ehewohnung, um sich einige Urkunden zu holen. Die Beklagte fragte den Kläger, was er wolle und forderte ihn auf, er solle sich „putzen“, und erklärte, daß sie die Polizei holen werde. Ferner äußerte sie, daß sie nur sein Geld brauche und er nur herumhure. Sie warf ihm auch vor, daß er mit Frau S***** ein Verhältnis habe, worüber der Kläger nur lachte. Der Kläger und Helmut U***** tranken in der Ehewohnung zwei „Stifterl“ Wein aus, welche U***** mit hatte. Nach einer Stunde entfernten sich die beiden wieder, ohne daß der Kläger die gesuchten Urkunden gefunden hatte.
Nach Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft hat die Beklagte mehrmals Hans S***** angerufen und behauptet, daß der Kläger ehebrecherische Beziehungen mit Paula S***** unterhalte, und daß sie ihn gemeinsam mit ihr zu verschiedenen Zeitpunkten auf der Straße gesehen habe. Hans S***** machte seine Frau deswegen Vorhalte, worauf diese erklärte, daß die Behauptungen der Beklagten nicht stimmen, Hans S***** überprüfte die Behauptungen der Beklagten einige Male und gab dann Anweisung, daß in seinem Betrieb keine Telefonate der Beklagten mehr an ihn weitergegeben werden. Die Beklagte machte auch Paula S***** selbst Vorbehalte, daß sie mit dem Kläger ein Verhältnis habe, was Paula S***** jedoch bestritt. Auch Marianne B***** unterstellte die Beklagte, daß sie ehewidrige Beziehungen mit dem Kläger unterhalte und ihrem Kind den Vater weggenommen habe. Ehewidrige Beziehungen mit dem Kläger unterstellte die Beklagte auch Margarita R*****, welche den Kläger etwa im Jahre 1970 bei einer Tanzveranstaltung kennengelernt und danach einige Male, ohne verabredet gewesen zu sein, am Pichlingersee getroffen hatte. Äußerungen, daß der Kläger ehewidrige Beziehungen zu anderen Frauen unterhalte, hat die Beklagte auch andere Personen gegenüber gemacht, wobei sie hauptsächlich Paula S***** nannte. Im September 1981 sprach die Beklagte in einem Lebensmittelgeschäft die Tochter der Paula S***** an und erklärte, daß sie die Tochter der Frau sei, mit der der Kläger ein Verhältnis habe.
Am 28. 2. 1975 brachte die Beklagte zu 10 C 525/75 des Bezirksgerichtes Linz gegen den Kläger eine Unterhaltsklage ein. Sie brachte darin vor, daß der Kläger für Februar 1975 weder für das Kind, noch für sie selbst Unterhalt geleistet habe, und begehrte 2.500 S monatlich. Am 2. 4. 1975 erging ein Versäumungsurteil nach Antrag der Beklagten. Am 15. 10. 1975 führte die Beklagte zu 12 E 6411/75 des Bezirksgerichtes Linz wegen eines Unterhaltsrückstandes von 1.000 S für Oktober 1975 Gehaltsexekution. Auf Antrag der Beklagten wurde diese Exekution mit Beschluß vom 27. 10. 1975 eingestellt. Mit einer am 27. 5. 1977 zu 10 C 1424/77 des Bezirksgerichtes Linz eingebrachten Klage begehrte die Beklagte einen monatlichen Unterhalt von 4.500 S. In der Tagsatzung vom 18. 7. 1977 schlossen die Streitteile einen Vergleich, in welchem sich der Kläger zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von 3.300,-- S verpflichtete. Am 4. 5. 1979 brachte der Kläger zu 10 C 1269/79 des Bezirksgerichtes Linz eine Klage auf Herabsetzung des Unterhalts auf 900 S monatlich ein. Er brachte vor, daß die Beklagte seit Mitte Februar 1979 ein eigenes Einkommen in Höhe von 5.500 S beziehe. Der Kläger bezahlte auf Anraten seines Rechtsanwaltes der Beklagten für Mai 1979 nur 900 S Unterhalt, worauf die Beklagte am 29. 5. 1979 zu 12 E 4416/79 des Bezirksgerichtes Linz zur Hereinbringung der restlichen 2.400 S Gehaltsexekution führte. Ein Aufschiebungsantrag des Klägers wurde abgewiesen. Da der Kläger auch für Juni 1979 nur 900 S Unterhalt leistete, führte die Beklagte am 26. 6. 1979 zu 12 E 5139/79 des Bezirksgerichtes Linz neuerlich Gehaltsexekution zur Hereinbringung der restlichen 2.400 S. Die Beklagte brachte ihrerseits am 29. 5. 1979 zu 10 C 1546/79 des Bezirksgerichtes Linz eine Unterhaltsklage ein, in der sie einen monatlichen Unterhalt von 4.500 S begehrte. Das Bezirksgericht Linz gab ihrem Begehren mit Urteil vom 18. 9. 1979 zur Gänze statt; das Landesgericht Linz als Berufungsgericht änderte dieses Urteil infolge Berufung des Klägers auf einen monatlichen Unterhalt von 3.700 S ab. Am 4. 6. 1975, am 18. 7. 1975 und am 9. 10. 1975 führte die Beklagte als Vertreterin der Tochter der Streitteile zu 12 E 3423/75, 12 E 4458/75 und 12 E 6300/75 des Bezirksgerichtes Linz zur Hereinbringung von – nicht näher aufgegliederten – Unterhaltsrückständen von 6.330 S, 1.540 S und 4.790 S gegen den Kläger Gehaltsexekution.
Bei der rechtlichen Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß gemäß § 55 Abs. 1 und 3 EheG dem Scheidungsbegehren jedenfalls stattzugeben sei, wenn die häusliche Gemeinschaft der Ehegatten – so wie im vorliegenden Fall – seit 6 Jahren aufgehoben sei. Für den auf § 61 Abs. 3 EheG gestützten Antrag der Beklagten sei entscheidend, daß beide Streitteile an der unheilbaren Zerrüttung der Ehe ein Verschulden treffe. Der Beklagten sei vorzuwerfen, daß sie den Kläger mit grundloser und geradezu hysterischer Eifersucht verfolgt habe, während dem Beklagten als Verschulden anzulasten sei, daß er sich von der Familien gänzlich zurückgezogen und die häusliche Gemeinschaft mit der Beklagten aufgegeben habe. Die Grade des Verschuldens seien aber keineswegs sehr unterschiedlich. Die Beklagte hätte sich der Einsicht nicht verschließen dürfen, daß ihre Eifersucht unbegründet sei, während der Kläger ernsthafte Versuche hätte unternehmen müssen, die Ehe noch zu retten. Es könne daher nicht gesagt werden, daß die Schuld der Beklagten neben dem Verschulden des Klägers fast völlig in den Hintergrund trete, weshalb der Verschuldensantrag der Beklagten abzuweisen gewesen sei.
Das Gericht zweiter Instanz erachtete die in der Berufung erhobenen Verfahrens- und Beweisrügen als unberechtigt und die geltend gemachten Aktenwidrigkeiten als nicht gegeben und legte die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen als unbedenklich seiner Entscheidung zugrunde.
Rechtlich führte das Berufungsgericht im wesentlichen folgendes aus:
Für die Beurteilung des Verschuldens an der Zerrüttung im Sinne des § 61 Abs. 3 EheG sei das Gesamtverhalten der Ehegatten während der ganzen Dauer der Ehe entscheidend (Schwind, EheR2, 255 f, EFSlg. 41.288, 38.799). Ein überwiegendes Verschulden des Klägers sei allerdings nur dort anzunehmen und auszusprechen, wo der graduelle Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile ganz augenscheinlich hervortrete, das Verschulden des anderen Ehegatten also fast völlig in den Hintergrund trete. Bei Beurteilung der Frage des Vorliegens überwiegenden Verschuldens eines Teiles sei nicht nur zu berücksichtigen, wer mit dem später zur Zerrüttung der Ehe führenden Verhalten begonnen habe, sondern auch er entscheidend dazu beigetragen habe, daß die Ehe unheilbar zerrüttet wurde (EFSlg. 41.294, 41.291). Entgegen der Auffassung der Berufungswerberin gehe es bei dem gemäß § 61 Abs. 3 EheG auf Antrag des beklagten Teiles auszusprechenden Verschuldens nicht notwendig um ein Verschulden im Sinne des § 49 EheG, sondern es genüge unter Umständen das wesentlich geringgradige „Zerrüttungsverschulden“ im Sinne des § 55 EheG (EFSlg. 38.800). Eine unheilbare Zerrüttung sei dann anzunehmen, wenn die geistige, seelische, und körperliche Gemeinschaft zwischen den Ehegatten und damit die Grundlage der Ehe objektiv und wenigstens bei einem Ehegatten auch subjektiv zu bestehen aufgehört habe, wobei es genüge, daß der Kläger die eheliche Gesinnung verloren habe (EFSlg. 41.241). Nach § 61 Abs. 3 EheG seien jedoch entgegen der von der Berufungswerberin vertretenen Rechtsansicht sowohl verfristete, als auch verziehene Eheverfehlungen zu berücksichtigen, soweit sie für die Zerrüttung der Ehe kausal seien (Schwind, aaO, 234; EFSlg. 38.803). Da es andererseits für den Verschuldensausspruch auf das Verschulden an der Zerrüttung ankomme, werde in der Regel Eheverfehlungen der Streitteile nach Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft kaum entscheidende Bedeutung beizumessen sein (EFSlg. 38.802). Nach diesen Grundsätzen sei im vorliegenden Fall der Ausspruch eines alleinigen oder überwiegenden Verschuldens des Klägers nicht gerechtfertigt, wobei die Beklagte in ihren weiteren Ausführungen unter Heranziehung von Zeugenaussagen offenbar übersehe, daß durch § 483 a ZPO das Neuerungsverbot nun auch für Scheidungsverfahren gelte, sofern die mündliche Streitverhandlung erster Instanz nach dem 31. 12. 1983 – wie im vorliegenden Fall – geschlossen worden sei. Nach dem zugrundezulegenden Sachverhalt sei es nach einer zunächst einigermaßen harmonisch verlaufenen Ehe seit Anfang 1971 deshalb zu ernsten, tiefgreifenden Zerwürfnissen zwischen den Ehegatten gekommen, weil die Beklagte ab diesem Zeitpunkt den Kläger mit grundloser Eifersucht verfolgt und durch den zeitweisen Auszug aus dem Schlafzimmer auch ein Verhalten gezeigt habe, das auf ihren mangelnden Ehewillen habe schließen lassen. Ehewidrige Beziehungen des Klägers zu anderen Frauen hätten nicht festgestellt werden können, insbesondere nicht, wie von der Berufungswerberin behauptet, daß sich der Kläger in einer für sie kränkenden Weise andere Frauen, insbesondere Frau S***** und R***** gewidmet habe. Daß er seine Tochter mit dem PKW nicht zum Bahnhof gebracht habe (Pkt. 10), sei kein gegenüber der Beklagten gesetztes Verhalten und damit nicht entscheidungserheblich. Wenn der Kläger Frau S***** öfter im Auto mitgenommen haben soll, sei das noch kein Anlaß für die Vorhalte ehebrecherischer Beziehungen, handle es sich dabei noch um keine ständigen Beziehungen zu einer anderen Frau gegen den Willen der Ehefrau, die eine schwere Eheverfehlung bilden würden, auch wenn Ehebruch oder Ehestörung nicht erweislich seien (EFSlg. 41.194, 38.694), sondern um Kontakte, die der Kläger überhaupt zur Familie S***** gepflogen habe. Sollte der Kläger mit anderen Frauen im Zuge von Tanzveranstaltungen getanzt und sich unterhalten habe, so seien in diesem allgemein gehaltenen Vorbringen nur gesellschaftliche Gepflogenheiten zu erblicken, aus denen ein dem Kläger anlastbares Zerrüttungsverschulden nicht zu erkennen sei. Bis 1971 habe sich die Beklagte aber nach ihrer eigenen Darstellung (AS 214) mit einer nicht sonderlich innigen Verbindung mit dem Ehegatten begnügt. Es sei hiebei die Besonderheit dieser Ehe zu berücksichtigen, in welcher beide Seiten schon seit Jahren keine sonderlich innige Gemeinschaft gebildet hätten, ohne daß deshalb von vornherein vom Fehlen einer ehelichen Gemeinschaft zu sprechen wäre. Gerade in diesem Fall sei von der Beklagten wohl zu fordern, daß sie deutlich und abschließend in ihren Vorbringen sage, was sie dem anderen Teil vorwerfe und was sie damit als ehezerrüttend empfunden habe. Auch für die das Sexualleben betreffende Verhaltensweise der Beklagten durch den Auszug aus dem gemeinsamen Schlafzimmer für längere Zeit sei vor allem die hervorleuchtende negative Grundeinstellung gegenüber dem Ehepartner kennzeichnend. Beide Streitteile hätten es damals unterlassen, sich wegen dieser Differenzen auszusprechen. Der Kläger habe teilweise Trost im Alkohol gesucht und die Beklagte den Kläger nicht zu einem früheren Heimgehen aus dem Gasthaus bewegen können (Pkt. 11). Dies habe die Auseinandersetzungsbereitschaft und die Schärfe der Verhaltensweise der Beklagten gesteigert. Es sei zu weiteren Streitigkeiten gekommen, bei denen die Streitteile einander mit Schimpfworten belegt hätten („plastische Ausdrucksweisen“), wobei im Sommer 1972 die Beklagte vom Kläger auch mißhandelt worden sei. Diese damals stattgefundenen Streitereien seien in erster Linie Symptome für die in bedenklicher Weise abgesunkene Bereitschaft beider Teile zur verständnisvollen und auf Achtung der Person des langjährigen Ehepartners gegründeten Begegnung und habe die Tätlichkeit des Beklagten gegenüber seiner Frau keinen überwiegenden Einfluß auf das Zerrüttungsverschulden (Pkt. 9). Diese innere Einstellung habe die Ehepartner ihre Streitfälle unter wechselseitigen Beschimpfungen und Schikanen austragen lassen, wie z.B. Ablehnung einer Fahrt nach St. Florian durch den Kläger anläßlich der Erstkommunion des gemeinsamen Kindes sowie Behinderung des Klägers am Schlafen durch die Beklagte. Schließlich müsse hiebei auch der Vorwurf der Beklagten gegenüber den Ehegatten S***** im Juni 1972 berücksichtigt werden, worin sie den Kläger beschuldigt habe, er schlage sie zu Hause, gebe ihr kein Geld und es sei mit ihm sexuell nichts los. Wegen der ständigen Streitereien sei schließlich der Kläger am 13. 2. 1973 endgültig aus der Ehewohnung ausgezogen. Im Hinblick darauf, daß die Streitteile bereits vor dem endgültigen Wegzug des Klägers derart zerstritten gewesen seien, daß die Ehe unheilbar zerrüttet gewesen sei – der Kläger habe im Sommer oder Herbst 1972 bereits einmal 14 Tage bei den Ehegatten S*****, dann ab 23. 11. 1972 einige Zeit bei den Ehegatten B***** gewohnt – sei der endgültige Auszug des Klägers aus der ehelichen Wohnung nicht mehr in der Weise zu werten, daß sich aufgrund dieser Handlungsweise des Klägers ein augenscheinliches Übergewicht der ehewidrigen Verhaltensweisen des Klägers für die Einleitung, Förderung und letztliche Unabwendbarkeit der Ehezerrüttung annehmen ließe. Der Wegzug des Klägers aus der ehelichen Wohnung falle jedenfalls bereits in einen Zeitraum, in dem die Ehe völlig zerrüttet und ihre Rettung nicht mehr zu erwarten gewesen sei. In diesen Zeitraum und nachher fallende Eheverfehlungen wie zB Verletzungen der Unterhaltspflicht (Pkt. 16) spielten bei der Verschuldensabwägung keine entscheidende Rolle. Bei dieser Rechtslage sei es sohin unerheblich, festzustellen, ob die Beklagte auch von sich aus die Bereitschaft gezeigt habe, durch Konsumverzicht die am Anfang der Ehe bestandenen Schulden zu tilgen (Pkt. 3), zumal die Ehe während der ersten zehn Jahre ohnehin einigermaßen harmonisch verlaufen sei. Gleichfalls sei es bedeutungslos festzustellen, warum die Beklagte den Kläger bis 1969 gern gehabt habe.
Demgegenüber wiederholt die Beklagte in ihrer Revision den Standpunkt, den Kläger treffe das alleinige oder überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe.
Die in der Revision vorerst geltend gemachte Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit (§ 503 Abs. 1 Z 2 und 3 ZPO) liegen nicht vor, was jedoch keiner Begründung bedarf (§ 510 Abs. 3 ZPO).
In ihrer Rechtsrüge wendet sich die Revisionswerberin vorerst gegen die Annahme der Vorinstanzen, sie habe keinen Grund für ihre Eifersucht gehabt. Die Beklagte verweist dabei auf verschiedene Feststellungen der Vorinstanzen und meint, daraus den Schluß zu ziehen zu können, die Vorinstanzen hätten ihr doch zugestehen müssen, daß das Verhalten ihres Mannes Grund und Anlaß für ihre Eifersucht gewesen sei. Werde ihr zugestanden, daß die Beziehungen ihres Mannes zu anderen Frauen das gesellschaftliche übliche Ausmaß doch überschritten hätten, so stellte sich ihr Verhalten ja nur als eine mehr oder minder entschuldbare Reaktion auf das Verhalten ihres Mannes dar. Der Ausdruck ihrer Eifersucht selbst im Übermaß trete dann als entschuldbare Reaktionshandlung gegenüber den schweren Eheverfehlungen des Klägers (insbesondere grobe Vernachlässigung und Mißhandlung durch den Kläger, dessen Alkoholmissbrauch und dessen Beziehungen zu anderen Frauen, die zumindest als kränkende Zurücksetzung hätten empfunden werden müssen, grobe Verletzung der Unterhaltspflicht und eigenmächtige Aufhebung der häuslichen und ehelichen Gemeinschaft) derart in den Hintergrund, daß dem von ihr gestellte Verschuldensantrag insbesondere im Hinblick auf ihre von Anfang an vorhanden gewesene positive Ehegesinnung, ihre Bereitschaft, bei der Abstattung der vorehelichen Schulden ihres Mannes behilflich zu sein und die gute Haushaltsführung durch sie, stattzugeben gewesen wäre. Dem ist folgendes zu entgegnen:
Der Beklagten ist wohl zuzugeben, daß die vom Kläger bereits in den ersten Jahren der Ehe entwickelten Gewohnheit, während der Woche zwei- bis dreimal – meist – allein auszugehen und sie damit – da er ja wegen seines Schichtdienstes an den Wochenenden häufig nicht zu Hause war – von einer gemeinsamen Freizeitgestaltung weitgehend auszuschließen, in gewissem Sinne für sie Anlaß zu einem Gefühl geben konnte, das in den ersten Jahren der Ehe
–vielleicht unbewußt und ihr verborgen – entstand und sie in ihrer Einstellung zu ihrem Mann verunsichern konnte, insbesondere wenn man bedenkt, daß der Kläger im Rahmen seiner Freizeitgestaltung auch fremde Frauen – wie etwa im Jahre 1970 bei einer Tanzveranstaltung Margarita R***** – kennen gelernt hatte und mit ihnen in der Folge – etwa mit Margarita R***** mehrmals anläßlich von Besuchen auf einem Badesee – zusammengetroffen war. Die Eifersucht darf aber nie so weit gehen, daß der von ihr Betroffene überall Zeichen der Untreue des Ehegatten zu entdecken meint. Nach den Ergebnissen des Verfahrens konnte dem Kläger ein ehebrecherisches Verhalten zu anderen Frauen nicht nachgewiesen werden. Wenn die Beklagte aber im Zuge ihrer Nachforschungen und Vorhaltungen erkennen konnte, daß sie außerstande ist, den Ehemann jener Frau, von der sie ein ehebrecherisches Verhältnis zu ihrem Mann befürchtete, von deren Untreue zu überzeugen, so durfte sie den Mann dieser Frau an seiner Arbeitsstätte durch laufende Anrufe nicht weiter belästigen und solche Verdächtigungen auch dritten Personen gegenüber nicht mehr fortsetzen. In solchen weiteren grundlosen Verdächtigungen ehebrecherischer Beziehungen zu anderen Frauen kann aber – selbst wenn der Kläger vorerst Anlaß zur Eifersucht der Beklagten gegeben hatte – nicht mehr eine entschuldbare Reaktion der Beklagten auf das in der jahrelang entwickelten Art der Freizeitgestaltung des Klägers liegende Fehlverhalten ihres Mannes erblickt werden. Schließlich darf in diesem Zusammenhang auch nicht übersehen werden, daß die Beklagte auch schon vor Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft das von Anfang an nicht besonders ausgeprägt gewesene persönliche Interesse an ihrem Mann verloren hatte, zumal sie es war, die erstmals das gemeinsame eheliche Schlafzimmer verlassen und ihrem Mann den Geschlechtsverkehr verweigert hatte und wiederholt auch selbst zugegeben hatte, an ihrem Manne bloß finanziell interessiert zu sein (vgl. Ersturteil und Berufungsurteil jeweils S. 8 und 9). Insoweit die Revisionswerberin die Annahme der Vorinstanzen rügt, sie habe dem Kläger den ehelichen Verkehr unbegründet verweigert, versucht sie bloß in einer im Revisionsverfahren unzulässigen Weise die diesbezüglichen Feststellungen und die diesen zugrunde liegende Beweiswürdigung der Vorinstanzen zu bekämpfen.
Im Rahmen der Rechtsrüge meint die Revisionswerberin – in Wiederholung einer bereits unter dem Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 2 ZPO erhobenen Rüge – einen Widerspruch zwischen der Art der Erledigung der von ihrem Mann im Jahre 1972 erhobenen Scheidungsklage (5 Cg 341/72 des Landesgerichtes Linz) – die Klage war auf Antrag der Beklagten als zurückgenommen erklärt worden, weil der Kläger infolge Anraten seines damaligen Rechtsvertreters die Tagsatzung wegen vermeintlicher Aussichtslosigkeit seines Prozeßstandpunktes nicht besucht hatte – und dem Umstand erblicken zu können, daß nunmehr die damaligen Prozeßbehauptungen „als Tatsachen“ festgestellt worden seien. Auch hier kann der Revisionswerberin nicht gefolgt werden; denn in dem genannten auf § 49 EheG gestützten Scheidungsverfahren ist es zu keinem Urteil, somit auch zu keinen gerichtlichen Feststellungen gekommen, während der Kläger nunmehr die Scheidung seiner Ehe nach § 55 EheG begehrt und im vorliegenden Verfahren erstmals richterliche Feststellungen über das gegenseitige Verhalten der Eheleute getroffen wurden. Ein Widerspruch zwischen der persönlichen Einschätzung der Erfolgsaussichten einer auf Verschulden gestützten Scheidungsklage im Jahre 1972 durch den damaligen Rechtsfreund des Klägers und den Ergebnissen des nunmehrigen Verfahrens, ist aber rechtlich bedeutungslos.
Die Annahme der Vorinstanzen, die Zerrüttung der Ehe der Streitteile sei von beiden Ehegatten verschuldet worden, ist daher frei von Rechtsirrtum.
Der von der Beklagten begehrte – nach der gegebenen Sach- und Rechtslage allein mögliche – Ausspruch des überwiegenden Verschuldens des Klägers an der Zerrüttung der Ehe im Sinne des § 61 Abs. 3 EheG hat – wie die Vorinstanzen übereinstimmend zutreffend erkannten – zur Voraussetzung, daß nach Abwägung der beiderseitigen Verschuldensanteile unter Einbeziehung des Gesamtverhaltens beider Eheleute während der ganzen Dauer der Ehe der graduelle Unterschied augenscheinlich hervortritt (EFSlg. 43.598, 46.253 uva), und das Verschulden des beklagten Ehegatten gegenüber demjenigen des klagenden Ehegatten fast völlig in den Hintergrund tritt (vgl. EFSlg. 41.294, 46.261 uva).
Ausgehend von der zu den im Revisionsverfahren nicht bekämpfbaren Tatsachenfeststellungen gehörigen Annahme der Vorinstanzen, es habe nicht festgestellt werden können, ob das Verhalten des Klägers durch jenes der Beklagten ausgelöst wurde oder umgekehrt, läßt sich unter dem Gesichtspunkt, wer von den beiden Ehegatten das die Zerrüttung auslösende Verhalten gesetzt hat, nichts gewinnen. Bedenkt man, daß beide Eheteile einander im Zuge der Streitigkeiten und Auseinandersetzungen nichts schuldig geblieben sind und beide Teile offensichtlich nicht bereit waren, die bestehenden Differenzen guten Willens ruhig zu besprechen, sondern jeder Teil auf sein Art bestrebt war, seinem Standpunkt zum Durchbruch zu verhelfen und damit auch entscheidend dazu beigetreten hat, daß die Ehe unheilbar zerrüttet wurde, sind die Vorinstanzen bei Abwägung der beiderseitigen Verschuldensanteile mit Recht zu der Ansicht gelangt, es könne nicht gesagt werden, daß der graduelle Unterschied der beiderseitigen Verschuldensanteile augenscheinlich hervortritt und das Verschulden der Beklagten fast völlig in den Hintergrund tritt.
Wenn die Revisionswerberin bei dieser Verschuldensabwägung auch die vom Kläger nach dem hier mit der Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft anzunehmenden Eintritt der unheilbaren Zerrüttung der Ehe gesetzten Verfehlungen, insbesondere die Verletzung seiner Unterhaltspflicht in die Abwägung einbezogen wissen will, so ist sie auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes zu verweisen, wonach diesen Verfehlungen für die Frage der Zerrüttung der Ehe keine entscheidende Bedeutung mehr zukam. Aus dem Umstand, daß sich die Klägerin in den ersten Jahren der Ehe – bevor ihre Eifersucht aufkam – keine Eheverfehlungen zuschulden kommen ließ und auch immer den Haushalt geführt hat, vermag ihrem sonstigen, zur Zerrüttung der Ehe beitragenden Verhalten kein wesentliches Gewicht nehmen.
Der Revision konnte somit kein Erfolg beschieden sein.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Textnummer
E08047European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00574.850.0410.000Im RIS seit
23.12.1995Zuletzt aktualisiert am
27.12.2019