TE OGH 1986/4/15 5Ob106/85

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Veröffentlicht am 15.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Mietrechtssache der Antragsteller 1) Silvia J***, Angestellte, 2) minderjähriger Gerd J*** und 3) minderjährige Dorothea J***, alle

Plenergasse 24/12, 1180 Wien, die beiden minderjährigen Antragsteller vertreten durch die erstgenannte Antragstellerin, diese vertreten durch Dr.Otto Rolle, Rechtsanwalt in Linz, wider die Antragsgegner 1) Maria R***, 2) Mag.Gustav S***,

3) Dr.Karoline G*** und 4) Elfriede H***, alle Hauseigentümer, alle Plenergasse 24, 1180 Wien wohnhaft und durch Ferdinand K***, Gebäudeverwalter, Neustiftgasse 85, 1070 Wien vertreten, dieser vertreten durch Dr.Leopold Grohmann, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung der Zulässigkeit des begehrten Hauptmietzinses (§ 46 Abs. 1 MRG), infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landesgerichtes für ZRS Wien als Rekursgerichtes vom 17. September 1985, GZ 41 R 852/85-12, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 10.Juli 1985, GZ 4 Msch 11/85-7, teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Das Erstgericht stellte fest, daß die Antragsgegner als Vermieter der Wohnung Nr 12 im Hause Plenergasse 24 im 18.Wiener Gemeindebezirk den antragstellenden Mietern gegenüber das gesetzlich zulässige Zinsausmaß durch Vorschreibung und Einhebung eines monatlichen Hauptmietzinses von 1.289 S in der Zeit vom 1.Jänner bis 30. April 1984 um monatlich 1.194,70 S und durch Vorschreibung eines monatlichen Hauptmietzinses von 1.429,23 S in der Zeit vom 1.Mai 1984 bis 31.Jänner 1985 um monatlich 1.334,93 S überschritten hätten und verpflichtete die Antragsgegner in Solidarhaftung zur Zurückzahlung der zu Unrecht eingehobenen Beträge von insgesamt 16.793,17 S samt stufenweise berechneter Zinsen in Höhe von 4 % p.a., weil die Vermieter den antragstellenden Mietern gegenüber unberechtigt den Mietzins auf den Kategoriemietzins angehoben hätten: Die Antragsteller seien nach dem Tode der Hauptmieterin Anna S*** als deren nahe Angehörige - die Erstantragstellerin als Enkelin, die beiden minderjährigen weiteren Antragsteller als Urenkel der Verstorbenen - in den Hauptmietvertrag eingetreten und hätten zuletzt mit der Verstorbenen im gemeinsamen Haushalt gelebt, so daß die Vermieter ihnen gegenüber nur den vorher zulässig gewesenen Hauptmietzins begehren durften (§ 46 Abs. 1 MRG). Das von den Vermietern angerufene Gericht zweiter Instanz bestätigte die festgestellte Überschreitung des begehrten Hauptmietzinses, änderte aber den Ausspruch über die Zurückzahlungsverpflichtung insoferne ab, als es die Solidarzahlungsverpflichtung der Vermieter in eine anteilsmäßige verwandelte. Es erklärte, daß der weitere Rekurs an den Obersten Gerichtshof (auch) hinsichtlich des bestätigenden Ausspruchs zulässig sei, weil zur Auslegung des Begriffes "nahe Angehörige" gemäß § 46 Abs. 1 MRG noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes bestehe. Zur Auslegung dieses Begriffes führte es im wesentlichen an:

Das MRG definiere den Begriff nicht, doch ergebe sich aus der Entstehungsgeschichte des MRG, daß in der Regierungsvorlage nur der Ehegatte des bisherigen Hauptmieters begünstigt sein sollte, während die "nahen Angehörigen, die minderjährig sind" erst vom Justizausschuß in den begünstigten Personenkreis des § 46 Abs. 1 MRG einbezogen worden seien. Im Bericht dieses Ausschusses sei zum Kreis der "nahen Angehörigen" nur bemerkt worden, daß der Ausschuß der Auffassung sei, es dürfe auch von den eintretenden Kindern des bisherigen Hauptmieters, solange diese noch minderjährig sind, nur der Hauptmietzins begehrt werden, der ohne den Eintritt verlangt werden kann; wer allerdings als "Kind" zu verstehen sei, werde nicht erläutert. Als Kinder verstehe das ABGB alle Verwandten in absteigender Linie, der Begriff des "nahen Angehörigen" sei aber dem ABGB fremd, er sei vielmehr erstmals im Anfechtungsrecht erschienen (§ 32 Abs. 1 KO); dort sei er sehr weit gefaßt und nicht auf den engsten Familienkreis beschränkt. Der Klammerausdruck in § 46 Abs. 1 MRG als Verweis auf § 12 Abs. 1 und § 14 MRG beziehe sich nicht auf den Begriff "nahe Angehörige", sondern behandle nur die Fälle des Eintritts, in denen § 46 MRG zur Anwendung komme. Es könne jedoch dem Begriff "nahe Angehörige" nur die Bedeutung beigemessen werden, daß dadurch der in den §§ 12 und 14 MRG definierte Personenkreis umschrieben werde, der sich nicht nur auf die unmittelbaren, also leiblichen Kinder erstrecke, sondern auf die Deszendenten des bisherigen Mieters (arg. "die minderjährig sind").

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Vermieter ist nicht berechtigt. Der Oberste Gerichtshof ist in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen im Ergebnis und mit den antragstellenden Mietern auch in der Begründung der Ansicht, daß der Begriff der (bezüglich des Mietzinses privilegierten) "nahen Angehörigen" des bisherigen Hauptmieters, die minderjährig sind, i.S. des § 46 Abs. 1 MRG schon nach der in diesem Gesetz an anderer Stelle gebrauchten Begriffsumschreibung zu definieren ist: § 30 Abs. 2 Z 13 MRG verweist bei der Verwendung des Begriffes "nahe Angehörige" ausdrücklich in der danach folgenden Klammer auf § 14 Abs. 3 desselben Gesetzes, so daß darunter die dort bezeichneten Personen zu verstehen sind, nämlich auch die Verwandten in gerader Linie einschließlich der Wahlkinder und die Geschwister des bisherigen Mieters (vgl. auch Würth-Zingher, MRG 2 Rdz 19 zu § 30), sofern diese, wie § 46 Abs. 1 MRG zusätzlich fordert, minderjährig sind. Da konkrete Hinweise für einen vom Gesetzgeber beabsichtigten anderen Begriffsumfang und -inhalt bei der Umschreibung der privilegierten Eintrittsberechtigten in § 46 Abs. 1 MRG nicht vorhanden sind, die einer in den Materialien unzweifelhaft zum Ausdruck gebrachten Absicht entsprechen müßten, muß auch eine einheitliche Begriffsvorstellung des Gesetzgebers innerhalb dieses Gesetzes angenommen und der darin mehrfach vorkommende Begriff jeweils identisch definiert werden.

Aus diesen Erwägungen muß der Revisionsrekurs der Vermieter ergebnislos bleiben.

Anmerkung

E08027

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00106.85.0415.000

Dokumentnummer

JJT_19860415_OGH0002_0050OB00106_8500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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