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L34006 Abgabenordnung Steiermark;Norm
ABGB §6;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde 1.) des GB und
2.) der RP, beide in Graz, beide vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 1, gegen den Bescheid der Berufungskommission der Landeshauptstadt Graz vom 29. Juli 2003, Zl. A 8/1 - K 1612/2001- 4, betreffend Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführer haben der Landeshauptstadt Graz Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Graz vom 5. Oktober 2000 wurde den Beschwerdeführern betreffend die Liegenschaft in Graz, X-Straße 41, die Bewilligung zur Neugestaltung der Einfahrt inklusive Maschendrahtzaun und Errichtung von Stützmauern, zur Errichtung von vier Pkw-Abstellflächen, zur Herstellung eines Kanalanschlusses und zu geringfügigen Zu- und Umbauten am Wohnhaus erteilt.
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2001 schrieb der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz den Beschwerdeführern "für den freiwilligen Anschluss" der genannten Liegenschaft an den öffentlichen Straßenkanal einen Kanalisationsbeitrag in Höhe von S 125.431,90 (einschließlich 10 % USt), das entspricht EUR 9.115,49, zur Zahlung vor. Begründend wurde ausgeführt, für das gegenständliche Bauwerk bestehe keine gesetzliche Anschlusspflicht an das öffentliche Kanalnetz. Gemäß § 2 Abs. 4 Kanalabgabengesetz 1955, LGBl. für das Land Steiermark Nr. 71 (im Folgenden: Stmk KanalAbgG 1955), entstehe für außerhalb des Verpflichtungsbereiches gelegene Liegenschaften die Beitragspflicht mit dem freiwilligen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz. Das Kanalbauamt habe mit Schreiben vom 26. November 2001 mitgeteilt, dass die technische Anschlussmöglichkeit an die öffentliche Kanalanlage mit 1. August 2001 vorgelegen sei.
Die Beschwerdeführer erhoben Berufung, in welcher sie im Wesentlichen vorbrachten, die gegenständliche Liegenschaft befinde sich nicht außerhalb des Verpflichtungsbereiches für den Anschluss an das öffentliche Kanalnetz iSd § 4 Kanalgesetz 1988, LGBl. für die Steiermark Nr. 79 (im Folgenden: Stmk KanalG 1988). Tatsächlich sei das auf der Liegenschaft befindliche Gebäude von der X-Straße (wo sich ein öffentlicher Kanal der Kanalisationsanlage der Stadt Graz befinde) rund 70 bis 75 m, jedenfalls deutlich weniger als 100 m, entfernt. Das Gebäude sei außerdem 30 bis 35 m von der S-Gasse, in der sich ebenfalls ein öffentlicher Kanal der Kanalisationsanlage der Stadt Graz befinde, entfernt und liege somit innerhalb des Anschlussverpflichtungsbereiches. Der "freiwillige" Anschluss des Gebäudes der Beschwerdeführer an die öffentliche Kanalisation ("freiwillig" im Sinne von nicht behördlich erzwungen) habe nicht zum Entstehen eines Anspruches auf Entrichtung eines Kanalisationsbeitrages geführt, weil gemäß § 2 Abs. 4 Stmk KanalAbgG 1955 die Beitragspflicht mit dem freiwilligen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz nur für außerhalb des Verpflichtungsbereiches gelegene Liegenschaften entstehe. Zutreffend sei, dass die technische Anschlussmöglichkeit für das Gebäude mit 1. August 2001 gegeben gewesen sei. Die Beschwerdeführer stellten daher den Antrag, auf ersatzlose Behebung des erstinstanzlichen Bescheides und Rückerstattung des bereits entrichteten Kanalisationsbeitrages, in eventu solle der erstinstanzlichen Behörde Behebung ihres Bescheides und nach ergänzender Sachverhaltsfeststellung eine neuerliche Entscheidung auferlegt werden.
Mit Berufungsvorentscheidung vom 24. Mai 2002 gab der Bürgermeister der Landeshauptstadt Graz der Berufung teilweise Folge und änderte den Bescheid vom 12. Dezember 2001 dahingehend ab, als (im Spruch) die Wortfolge "für den freiwilligen Anschluss" durch die Worte "für den Anschluss" ersetzt wurde. Nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der gesetzlichen Grundlage wurde begründend ausgeführt, dass für das Bauwerk auf der gegenständlichen Liegenschaft eine gesetzliche Anschlusspflicht an das öffentliche Kanalnetz bestehe. Der Zu- und Umbau am Wohnhaus der Liegenschaft der Beschwerdeführer und der Anschluss an das öffentliche Kanalnetz hätten die Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages ausgelöst, weil vor diesem Umbau noch nie ein solcher entrichtet worden sei.
Die Beschwerdeführer stellten den Antrag auf Vorlage der Berufung an die Abgabenbehörde zweiter Instanz, in welchem sie vorbrachten, die Frage, ob und inwieweit die erstinstanzliche Behörde berechtigt gewesen wäre, den Kanalisationsbeitrag deswegen vorzuschreiben, weil die Liegenschaft der Beschwerdeführer bzw. deren Bauwerk im Anschlusspflichtbereich des öffentlichen Kanals liege und weil sie in den Jahren 2000/2001 einen Umbau vorgenommen hätten (ohne Geschoß- oder Flächenveränderung), überschreite die Grenzen der Sache des Berufungsverfahrens. Überdies sei das Recht der Behörde, einen Kanalisationsbeitrag für das Bauwerk der Beschwerdeführer bzw. deren Liegenschaft vorzuschreiben, längst verjährt, zumal der Kanalisationsbeitrag in den vergangenen Jahrzehnten aus verschiedenem Anlass hätte vorgeschrieben werden können und müssen (im Jahr 1971, als das Stmk KanalAbgG 1955 für Graz in Kraft getreten sei, spätestens jedoch nach Ablauf des Jahres 1981, als eine Ölfeuerungsanlage samt Tankraum errichtet worden sei).
Mit Schreiben vom 11. Juli 2002 übermittelte der Stadtsenat der Landeshauptstadt Graz den Beschwerdeführern eine Sachverhaltsdarstellung, in welcher festgestellt wurde, dass vor dem gegenständlichen Um- bzw. Zubau ein Kanalisationsbeitrag nie vorgeschrieben und geleistet worden sei. Auch wenn "in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach der Kanalisationsbeitrag hätte vorgeschrieben werden können und müssen", ändere sich an der jetzigen Vorschreibung nichts, wenn die Behörde - aus welchen Gründen auch immer - in der vergangenen Zeit "übersehen" habe, einen solchen Beitrag vorzuschreiben und der Abgabentatbestand für die Leistung eines Kanalisationsbeitrages durch einen neuerlichen weiteren Umbau entstanden sei.
In ihrer Stellungnahme vom 31. Oktober 2002 brachten die Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, die gegenständliche Liegenschaft befinde sich nicht außerhalb des Verpflichtungsbereiches im Sinne des § 2 Abs. 4 Stmk KanalAbgG 1955. Die baulichen Maßnahmen am Wohnhaus der Beschwerdeführer (im Wesentlichen: Renovierung des bestehenden Gebäudes, Errichtung einer (nicht überdachten) Terrasse, Schaffung von vier Abstellplätzen für Pkw, Herstellung eines Wasseranschlusses und eines Anschlusses an eine private Kanalisationsanlage, die in den öffentlichen Kanal weiterführe) seien nicht als "Umbau" oder "Zubau" iSd § 2 Abs. 3 Stmk KanalAbgG 1955 anzusehen. Diesen Begriffen dürfe weder ein "bautechnisches" noch ein "baurechtliches" Begriffsverständnis zu Grunde gelegt werden. Dem § 4 leg. cit. sei zu entnehmen, dass der Steiermärkische Gesetzgeber sich dafür entschieden habe, neben der Art des Gebäudes, aus dem (potenziell) Abwässer emittiert würden, die durch ein Gebäude verbaute Grundfläche und die im Gebäude vorhandenen Flächen sowie die Anzahl der Geschoße und deren Qualifikation als maßgebliche Kriterien dafür anzuordnen, wie die Kosten der Errichtung und der Erweiterung der öffentlichen Kanalanlage von den Nutznießern in Form einer Abgabe zu erheben seien. Im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Stmk KanalAbgG 1955 (für Graz im Jahr 1971) seien bereits öffentliche Kanalisationsanlagen (insbesondere Kanalstränge) vorhanden gewesen. In § 2 Abs. 3 leg. cit. habe der Gesetzgeber vorgesehen, dass die Errichtung eines anschlusspflichtigen Neubaus und dessen erstmalige Benützung oder von Teilen hievon die Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages rechtfertigen würde. Nur wenn im Zuge eines Zubaues oder eines Umbaues neu verbaute Fläche geschaffen oder ein Geschoß neu errichtet oder eine Veränderung der Widmung des Gebäudes (Wohn- oder Betriebs- oder Wirtschaftsgebäudes) vorgenommen werde, könne auch ein Kanalisationsbeitrag für ein Gebäude, das sich bei Inkrafttreten des Stmk KanalAbgG 1955 bereits im Anschlussbereich eines bestehenden öffentlichen Kanalstranges befunden habe, vorgeschrieben werden.
Die gegenständliche Liegenschaft bzw. das Gebäude befinde sich zwar im geografischen Bereich der Anschlusspflicht, sei aber dennoch nicht anschlusspflichtig, weil die durch den Kanalanschluss entstandenen Kosten als unverhältnismäßig hoch iSd § 4 Abs. 5 Stmk KanalG 1988 anzusehen seien. Allein die Errichtung der Kanalisationsleitung von außerhalb des Hauses X-Straße 41 (bestehender Schacht) bis zu der auf Grundstück Nr. 28/3, KG 63117 X, befindlichen privaten gemeinschaftlichen Kanalisationsanlage habe Kosten in der Höhe von S 44.452,80 (EUR 3.230,51) verursacht. Diese private Kanalisationsanlage hätte (von mehreren gemeinschaftlich getragene) Kosten in Höhe von S 204.744,00 (EUR 14.879,29) verursacht. Unter Einrechnung weiterer Kosten von S 19.750,88 (EUR 1.435,35) hätten die Kosten sohin in Summe EUR 19.545,15 betragen. Diese Kosten wären auch entstanden, hätte das Bauwerk der Beschwerdeführer allein an den öffentlichen Kanal (in der X-Straße) angeschlossen werden müssen. Dass das Bauwerk der Beschwerdeführer tatsächlich (indirekt) an die öffentliche Kanalisationsanlage angeschlossen sei, stehe dem nicht entgegen, weil dies kein Kriterium nach § 2 Abs. 3 Stmk KanalAbgG 1955 sei. Auf Grund dieser mit dem Kanalanschluss verbundenen unverhältnismäßig hohen Kosten sei es gerechtfertigt, dass der Liegenschaftseigentümer nicht auch noch einen Kanalisationsbeitrag entrichten müsse, wenn er sich schon entschließe, dennoch einen Anschluss an den öffentlichen Kanal herzustellen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen; im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wurde die Wortfolge "für den freiwilligen Anschluss der Liegenschaft" in "für den Anschluss der Liegenschaft" geändert. Begründend wurde nach Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage ausgeführt, das Kanalbauamt habe in seiner Stellungnahme zur Berufung vom 15. April 2002 der Finanzabteilung mitgeteilt, dass der Kanalanschluss entsprechend der erteilten Bewilligung errichtet worden sei, sodass von einem freiwilligen Anschluss an die öffentliche Kanalanlage ausgegangen werde. Das Kanalbauamt habe ursprünglich beabsichtigt, die Liegenschaft X-Straße 41 über einen öffentlichen Stichkanal zu erschließen. Dieser Kanalstrang wäre dann der für den Anschluss in Betracht kommende Kanalstrang im Sinne des § 4 Abs. 1 Stmk KanalG 1988 gewesen, für den die Anschlussverpflichtung ausgesprochen worden wäre. Nunmehr sei ohne behördlichen Zwang an die öffentliche Kanalanlage angeschlossen worden. Im Beschwerdefall sei die kürzeste Entfernung des Bauwerks zu dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang weniger als 100 m, womit die gegenständliche Liegenschaft innerhalb des Anschlusspflichtbereiches des öffentlichen Kanals im Sinne des § 4 Stmk KanalG 1988 liege. Dies sei von den Beschwerdeführern auch nicht bestritten, sondern ausführlich dargelegt worden. Ein Bescheid über eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung im Sinne des § 4 Abs. 5 Stmk KanalG 1988 liege nicht vor und werde auch von den Beschwerdeführern nicht behauptet. Die Frage, ob eine bescheidmäßige Feststellung der sich aus § 4 Abs. 1 Stmk KanalG 1988 ergebenden gesetzlichen Anschlussverpflichtung vorliege oder nicht, könne dahingestellt bleiben, hätten doch die Abgabenpflichtigen selbst festgestellt, dass die gegenständliche Liegenschaft innerhalb des Anschlusspflichtbereiches liege und im Zuge des bewilligten Umbaus der Baulichkeit den Anschluss an den öffentlichen Kanal vorgenommen, ohne dass vorher die Behörde einen die Anschlusspflicht verfügenden Bescheid habe erlassen können oder müssen. Der Anschluss an den öffentlichen Kanal möge zwar "freiwillig" erfolgt sein, doch sei dieser Anschluss im Wissen der Anschlussverpflichtung im Sinne des § 2 Abs. 4 Stmk KanalAbgG 1955 - aus Einfachheitsgründen gleich im Zuge der bewilligten Umbauten durchgeführt worden. Daher könne die von den Beschwerdeführern angesprochene "Freiwilligkeit" nicht so verstanden werden, dass ein freiwilliger Anschluss nach § 2 Abs. 4 Stmk KanalAbgG 1955 innerhalb des Verpflichtungsbereiches zu keinem Abgabentatbestand führen könne, weil es nach den Ausführungen der Beschwerdeführer keinen freiwilligen Anschluss innerhalb des Verpflichtungsbereiches nach dem Gesetz gebe. Auf Grund dieser missverständlichen Schreibweise im Erstbescheid sei schon in der Berufungsvorentscheidung dessen Spruch berichtigt worden. Die anschlusspflichtige Liegenschaft liege innerhalb des Verpflichtungsbereiches und sei tatsächlich an den öffentlichen Kanal angeschlossen worden. Dieser tatsächliche Anschluss an den öffentlichen Kanal - nach einem bewilligten Umbau - erfülle den Abgabentatbestand.
Die weiteren Argumente der Beschwerdeführer, wonach es sich im Beschwerdefall um keine anschlusspflichtige Liegenschaft handle, seien im Abgabenverfahren nicht relevant. Die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen für eine Befreiung von der Anschlusspflicht gemäß § 4 Abs. 5 Stmk KanalG 1988 sei im Abgabenverfahren nicht zu entscheiden. Solange eine Befreiung durch die Baubehörde nicht erfolge, sei im Abgabenbemessungsverfahren vom Bestehen der Anschlusspflicht gemäß § 4 Abs. 1 Stmk KanalG 1988 auszugehen. Eine Ausnahme von der Anschlussverpflichtung setze die Erlassung eines Bescheides voraus. Im Hinblick auf den tatsächlich durchgeführten Kanalanschluss habe weder ein Verpflichtungsverfahren durchgeführt noch ein Verpflichtungsbescheid erlassen werden müssen.
Zur Qualifikation der Zu- und Umbauten führte die belangte Behörde aus, ausschlaggebend sei nur, dass solche Um- und Zubauten tatsächlich durchgeführt worden seien, die erstmalige Benützung der Baulichkeiten nach dem Um- bzw. Zubau und dass vorher noch nie ein Kanalisationsbeitrag vorgeschrieben bzw. geleistet worden sei. Daran ändere auch nichts, wenn wie im Beschwerdefall nur geringe Veränderungen in Form eines Zubaues im Eingangsbereich stattgefunden hätten und es zu keiner Geschoßflächenvergrößerung bzw. zu einer Geschoßerweiterung gekommen sei.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 18. Oktober 1999, Zl. 99/17/0125, ausgesprochen habe, sei die Vorschreibung eines Kanalisationsbeitrages anlässlich eines Umbaues, in dessen Zuge keine Erweiterung der verbauten Fläche und keine Neuerrichtung von Geschoßen erfolge, nur dann ausgeschlossen, wenn anlässlich der Verwirklichung eines vorangegangenen Abgabentatbestandes ein solcher Beitrag bereits geleistet worden sei. Im Beschwerdefall bestehe aber die Baulichkeit seit dem Jahr 1956. Dass ein einmaliger oder ergänzender Kanalisationsbeitrag jemals vorgeschrieben und entrichtet worden sei, werde von den Beschwerdeführern nicht behauptet und habe auch nach Durchsicht der Archiv- und Gebührenakte nicht festgestellt werden können.
Zur Frage der Verjährung führte die belangte Behörde aus, der Umstand, dass in den vergangenen Jahrzehnten mehrfach der Kanalisationsbeitrag hätte vorgeschrieben werden können, ändere nichts an der Rechtmäßigkeit der nunmehrigen Vorschreibung, weil der Abgabentatbestand für die Leistung eines Kanalisationsbeitrages durch einen neuerlichen weiteren Umbau entstanden sei (vgl. wieder das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes Zl. 99/17/0125). Die technische Anschlussmöglichkeit der in Rede stehenden Baulichkeit sei nach ihrem Umbau mit 1. August 2001 gegeben gewesen. Die Frist der Festsetzungsverjährung beginne daher mit Ablauf des 31. Dezember 2001 und ende mit Ablauf des 31. Dezember 2006. Die Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages am 12. Dezember 2001 sei vor Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt.
Die Bescheidänderung sei vorzunehmen gewesen, weil im erstinstanzlichen Bescheid ein Kanalisationsbeitrag für den "freiwilligen Anschluss an den öffentlichen Straßenkanal" vorgeschrieben worden sei. Richtig hätte es aber für den "Anschluss an den öffentlichen Straßenkanal" heißen sollen. Die Abgabenbehörde zweiter Instanz sei gemäß § 213 Abs. 2 Stmk LAO berechtigt, sowohl im Spruch als auch in der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und deren Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde, mit der sowohl Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die Beschwerdeführer erachten sich erkennbar in ihrem Recht, nicht zur Entrichtung eines einmaligen Kanalisationsbeitrages herangezogen zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Strittig ist im Beschwerdefall, ob den Beschwerdeführern der Kanalanschlussbeitrag für die Liegenschaft Graz, X-Straße 41, dem Grunde nach zu Recht vorgeschrieben wurde. Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, die Vorschreibung sei ohne gesetzliche Grundlage erfolgt. Die genannte Liegenschaft befinde sich zwar im Anschlussverpflichtungsbereich der Landeshauptstadt Graz, eine konkrete Anschlussverpflichtung für die genannte Liegenschaft habe jedoch gemäß § 4 Abs. 5a Stmk KanalG 1988 nicht bestanden, weil deren Anschluss an das öffentliche Kanalnetz 1988 nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten habe hergestellt werden können. Nach dem Stmk KanalAbgG 1955 werde aber bei der Erhebung des Kanalanschlussbeitrages auf die gesetzliche Anschlusspflicht abgestellt bzw. bei Baulichkeiten außerhalb des Anschlussverpflichtungsbereiches auf den freiwilligen Anschluss. Für einen - wie im Beschwerdefall nach Ansicht der Beschwerdeführer vorliegenden - freiwilligen Anschluss einer Baulichkeit innerhalb des Anschlussverpflichtungsbereiches an das öffentliche Kanalnetz sehe das Stmk KanalAbgG 1955 keine Beitragspflicht vor. Indem die belangte Behörde entgegen der erstinstanzlichen Abgabenbehörde nicht von einem freiwilligen Anschluss, sondern von einem Um- und Zubau einer anschlusspflichtigen Liegenschaft ausgegangen ist, habe sie durch die Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides mangels Identität der Sache ihre Befugnis überschritten und daher als unzuständige Behörde entschieden. Überdies sei das Recht der Abgabenbehörde, den Kanalanschlussbeitrag vorzuschreiben, bereits verjährt.
§ 1 Abs. 1 Stmk KanalG 1988 lautet:
"§ 1
(1) Die im Bauland (§ 23 des Steiermärkischen Raumordnungsgesetzes 1974, LGBl. Nr. 127, in der geltenden Fassung) oder auf sonstigen bebauten Grundstücken anfallenden Schmutz- und Regenwässer sind nach den Bestimmungen dieses Gesetzes in einer nach den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Weise vom Grundstückseigentümer abzuleiten oder zu entsorgen."
§ 4 Abs. 1, 3 und 5a Stmk KanalG 1988 (Abs. 5a idF LGBl. Nr. 82/1998) lauten auszugsweise:
"§ 4
(1) In Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, sind die Eigentümer von bebauten Grundstücken verpflichtet, die Schmutz- und Regenwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 100 m beträgt. (...)
(...)
(3) Für außerhalb des Anschlussverpflichtungsbereiches bestehende oder künftig zu errichtende Bauwerke besteht eine Anschlussverpflichtung dann, wenn der Mehraufwand für die Errichtung der Kanalanlage außerhalb des Anschlussverpflichtungsbereiches von der Gemeinde getragen und Bestandteil der öffentlichen Kanalanlage ist.
(...)
(5a) Die Verpflichtung zum Anschluss an die öffentliche Kanalanlage entfällt, wenn der Anschluss nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten hergestellt werden könnte (Rutschterrain, Höhenlage u. dgl.)."
§ 9 Abs. 1 Stmk KanalG 1988 lautet:
"§ 9. (1) Mit dem Inkrafttreten dieses Gesetzes tritt das Gesetz vom 28. Juni 1955, LGBl. Nr. 70, über die Ableitung von Wässern im bebauten Gebiet für das Land Steiermark (Kanalgesetz 1955), in der Fassung der Kanalgesetznovelle 1968, LGBl. Nr. 165, außer Kraft.
(2) Für Entscheidungen über Berufungen, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes bereits anhängig sind, findet dieses Gesetz keine Anwendung."
§ 5 Abs. 1 KanalG 1955, LGBl. für das Land Steiermark
Nr. 70/1955, lautete in der Stammfassung:
"§ 5
(1) Wo ein öffentliches Kanalnetz besteht, umgebaut oder neugebaut wird, sind die Liegenschaftseigentümer in bebauten und auch in unbebauten Gebieten verpflichtet, die Abwässer ihrer bestehenden oder künftig zu errichtenden Bauwerke auf eigene Kosten in das öffentliche Kanalnetz zu leiten, sofern die kürzeste Entfernung eines Bauwerkes von dem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang nicht mehr als 50 m beträgt und die Höhenlage und Beschaffenheit des Kanalstranges den Anschluss zulassen (...)."
§ 2 Stmk KanalAbgG 1955 (Abs. 2 idF LGBl. Nr. 80/1988) lautet:
"Gegenstand der Abgabe.
§ 2.
(1) Der Kanalisationsbeitrag ist einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.
(2) ...
(3) Bei anschlusspflichtigen Neubauten und bei Zu-, Auf-, Ein- und Umbauten in anschlusspflichtigen Baulichkeiten nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes entsteht die Beitragspflicht mit der erstmaligen Benützung der Baulichkeit oder ihrer Teile. Bei Wiedererrichtung einer zerstörten, abgetragenen oder beschädigten Baulichkeit ist der Kanalisationsbeitrag nur insoweit zu leisten, als das wiedererrichtete Bauwerk die Ausmaße des früheren überschreitet.
(4) Für außerhalb des Verpflichtungsbereiches gelegene Liegenschaften entsteht die Beitragspflicht mit dem freiwilligen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz."
Ab der Kanalabgabengesetznovelle 1971, LGBl. Nr. 40/1971, ist das Kanalabgabengesetz 1955 mit Wirkung vom 1. Juni 1971 (vgl. Art. II Abs. 1 der genannten Novelle) auch für die Landeshauptstadt Graz anzuwenden.
§ 1 Stmk KanalG 1988 normiert die Verpflichtung des Grundstückseigentümers, die auf seinem bebauten Grundstück anfallenden Schmutz- und Regenwässer in einer den Erfahrungen der technischen Wissenschaften, den Erfordernissen des Umweltschutzes und der Hygiene entsprechenden Weise abzuleiten oder zu entsorgen. In Gemeinden, in denen öffentliche Kanalanlagen betrieben oder errichtet werden, hat der Grundstückseigentümer dieser Verpflichtung in der Weise nachzukommen, als die Schmutz- und Regenwässer auf seine Kosten über die öffentliche Kanalanlage abzuleiten sind (§ 4 Abs. 1 Stmk KanalG 1988). Ausnahmen bestehen im Wesentlichen nur für solche Fälle, in denen das Bauwerk außerhalb des Anschlussverpflichtungsbereiches liegt (dh bei einer kürzesten Entfernung von einem für den Anschluss in Betracht kommenden Kanalstrang von 100 m und mehr), sofern nicht der Mehraufwand durch die Gemeinde getragen wird (Abs. 3), oder der Anschluss an den öffentlichen Kanal nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten hergestellt werden könnte (Abs. 5a). Bei Vorliegen einer solchen Ausnahme hat der Grundstückseigentümer die auf seinem Grundstück anfallenden Schmutz- und Regenwässer in einer anderen, den oben genannten Kriterien entsprechenden Weise abzuleiten oder zu entsorgen.
Wenn auf Grund der Unverhältnismäßigkeit der Kosten keine gesetzliche Anschlussverpflichtung besteht, wird es dem Grundstückseigentümer somit freigestellt, ob er diese Kostenbelastung auf sich nimmt und die Liegenschaft an das öffentliche Kanalnetz anschließt, oder ob er - ebenfalls - auf seine Kosten auf eine andere Weise für die Ableitung oder Entsorgung der auf seinem Grundstück anfallenden Schmutz- und Regenwässer sorgt.
Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, dass bei einem trotz der Unverhältnismäßigkeit der Kosten erfolgten Anschluss an das öffentliche Kanalnetz keine Beitragspflicht für den Kanalanschluss entstünde. Solches kann dem Stmk KanalAbgG 1955 jedoch nicht entnommen werden, sieht doch sein § 2 Abs. 4 das Entstehen einer Beitragspflicht mit dem freiwilligen Anschluss an das öffentliche Kanalnetz für "außerhalb des Verpflichtungsbereiches" gelegene Liegenschaften vor. Den Beschwerdeführern ist zuzugestehen, dass der Begriff des Verpflichtungsbereiches im Stmk KanalAbgG 1955 nicht ausdrücklich bestimmt wird. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Begriffe, die im Gesetz nicht ausdrücklich definiert werden, primär nach der im Sprachgebrauch üblichen Bedeutung auszulegen (vgl. zur Auslegung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch im Sinn des § 6 ABGB das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2001, Zl. 98/06/0240, oder beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 22. Februar 1999, Zl. 98/17/0108, zur Wendung "verbaute Grundfläche", oder vom 12. August 1997, Zl. 92/17/0252, zum Begriff "Haushalt" im Marktordnungsgesetz). Knüpft der Gesetzgeber jedoch an Begriffe, die in anderen Rechtsvorschriften verwendet werden, an, sind diese in der Bedeutung zu Grunde zu legen, die ihnen nach der Vorschrift, an die angeknüpft wurde, zukommt (vgl. für die Anknüpfung an baurechtliche Begriffe im KanalabgabenG das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0296).
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführer hat der Landesgesetzgeber im Jahr 1955 mit dem Begriff "Verpflichtungsbereich", der sich bereits in der Stammfassung des Stmk KanalAbgG 1955 findet, keine Anknüpfung an den territorialen Begriff des "Anschlussverpflichtungsbereiches" iSd § 4 Abs. 3 Stmk KanalG 1988 vorgenommen. Abgesehen davon, dass sich diese Begriffe wörtlich nicht vollständig decken, findet sich der Begriff des "Anschlussverpflichtungsbereiches" auch nicht im Vorgängergesetz zum KanalG 1988, dem gleichzeitig mit dem Stmk KanalAbgG 1955 in Kraft getretenen KanalG 1955 (und war nach der damaligen Gestaltung seines § 5 auch nicht erforderlich). Der Begriff des "Verpflichtungsbereiches" ist dort ebenfalls nicht enthalten.
§ 2 Stmk KanalAbgG 1955 enthält in seinen Absätzen 1 bis 3 Regelungen dahingehend, was den Gegenstand der Abgabe bei anschlusspflichtigen Liegenschaften bildet und wann die Beitragspflicht entsteht. Der § 2 Abs. 4 leg. cit. enthält entsprechende Bestimmungen für außerhalb des Verpflichtungsbereiches gelegene Liegenschaften. Der Aufbau dieser Bestimmung legt somit bereits nahe, dass Abs. 4 die Regelung für Liegenschaften, die in den vorherigen Absätzen nicht erfasst wurden, enthält. Auch aus dem allgemeinen Sprachgebrauch, aber auch aus dem Charakter des Kanalisationsbeitrages als Interessentenbeitrag ergibt sich, dass der Landesgesetzgeber mit dem Begriff "Verpflichtungsbereich" alle Fälle einer Anschlusspflicht einer Liegenschaft verstanden wissen wollte. § 2 Abs. 4 KanalabgabenG umfasst somit alle Liegenschaften, die trotz fehlender Anschlusspflicht an das öffentliche Kanalnetz angeschlossen werden. Diese Interpretation findet ihre Bestätigung auch in den Materialien zu § 2 Stmk KanalAbgG 1955 (Beilage Nr. 71 zu den stenographischen Berichten, Steiermärkischer Landtag, III. Periode, 1955, Einl.-Zl. 205), in denen ausgeführt wird, es sei zwar grundsätzlich die Anschlusspflicht der Liegenschaft Voraussetzung für die Verpflichtung zur Leistung des einmaligen Kanalisationsbeitrages, "für Liegenschaften ohne Anschlusspflicht an das öffentliche Kanalnetz" entstehe aber die Beitragspflicht mit dem freiwilligen Anschluss. Dass der Landesgesetzgeber danach habe differenzieren wollen, aus welchen Gründen bei einem freiwillig angeschlossenen Grundstück keine Anschlusspflicht bestanden habe, kann den Materialien zum Stmk KanalAbgG 1955 nicht entnommen werden und widerspräche auch dem Sinn des Gesetzes, nämlich die Grundstückseigentümer zu einem Kostenbeitrag zu dem finanziellen Aufwand, welcher einer Gemeinde durch die Errichtung des öffentlichen Kanalnetzes entsteht, zu verpflichten.
Da eine Beitragspflicht jedenfalls auch bei einem tatsächlich erfolgten freiwilligen Anschluss (dh bei einem ohne gesetzliche Anschlussverpflichtung vorgenommenen Anschluss) an das öffentliche Kanalnetz besteht, wurden die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten verletzt, wenn die belangte Behörde Feststellungen zur Frage, ob für die konkrete Liegenschaft der Beschwerdeführer auf Grund von unverhältnismäßig hohen Kosten des Kanalanschlusses keine Anschlussverpflichtung bestanden habe, unterlassen hat.
Die Beschwerdeführer rügen weiters, die belangte Behörde hätte ihre Zuständigkeit überschritten, weil mit der Abänderung des erstinstanzlichen Bescheides eine "Identität der Sache" nicht mehr gegeben gewesen sei.
Gemäß § 213 Abs. 1 der Steiermärkische Landesabgabenordnung (im Folgenden: Stmk LAO), LGBl. Nr. 158/1963 idF LGBl. Nr. 43/1983, hat die Abgabenbehörde zweiter Instanz immer in der Sache selbst zu entscheiden. Dieses Gebot setzt somit "Identität" der Sache voraus, also dass die Angelegenheit, über die die meritorische Entscheidung der Rechtsmittelbehörde ergeht, mit jener identisch ist, die Gegenstand des Verfahrens erster Instanz war. Die Berufungsbehörde darf daher ein und dieselbe Abgabe (das ist die im bekämpften Bescheid vorgeschriebene Abgabe) in veränderter Höhe (auch von veränderten Grundlagen und anders beurteilten Sachverhalten ausgehend) festsetzen (vgl. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 1995, Zl. 92/17/0294, mwN). Gegenstand des Verfahrens vor der Abgabenbehörde erster Instanz wie auch des Verfahrens vor der Abgabenbehörde zweiter Instanz war die Vorschreibung eines einmaligen Kanalisationsbeitrages für die im Eigentum der Beschwerdeführer stehende Liegenschaft in Graz, X-Straße 41. Es ist somit im Beschwerdefall von einer Identität der Sache auszugehen.
Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, das Recht der Abgabenbehörde, den Kanalanschlussbeitrag vorzuschreiben, sei jedenfalls "längst verjährt", weil ein solcher bei dem (zwischen 1910 und 1920 errichteten) Gebäude bereits mehrmals hätte vorgeschrieben werden können bzw. müssen, beispielsweise mit Ablauf des Jahres 1981, in welchem durch die Errichtung einer Ölfeuerungsanlage samt Tankraum ebenfalls ein Umbau, der nach Ansicht der belangten Behörde die Beitragspflicht hätte auslösen müssen, erfolgt sei.
§ 156 und § 157 Stmk LAO (§ 156 Abs. 2 idF LGBl. Nr. 34/1983)
lauten (auszugsweise):
"§ 156
(1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2) Die Verjährungsfrist beträgt fünf Jahre, bei hinterzogenen Abgaben zehn Jahre.
...
§ 157
Die Verjährung beginnt
(a) in den Fällen des § 156 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist;
..."
Unbestritten ist, dass für die streitgegenständliche Liegenschaft vor dem freiwilligen Anschluss im Jahr 2001 kein Kanalisationsbeitrag entrichtet wurde. Zu prüfen ist, ob allenfalls bereits verjährte Abgabenansprüche einer erstmaligen Vorschreibung des Kanalisationsbeitrages im Jahr 2001 entgegen gestanden sind.
Gemäß § 2 Abs. 1 Stmk KanalAbgG 1955 ist der Kanalisationsbeitrag einmalig für alle Liegenschaften im Gemeindegebiete zu leisten, für welche eine gesetzliche Anschlusspflicht an das bereits bestehende öffentliche Kanalnetz besteht, ohne Rücksicht darauf, ob sie an das Kanalnetz tatsächlich angeschlossen sind oder nicht.
Aus dem Wortlaut dieser Bestimmung ergibt sich, dass der Landesgesetzgeber den Einmaligkeitsgrundsatz auf jene Fälle, in welchen Anschlusspflicht an das öffentliche Kanalnetz besteht, angewendet wissen wollte. Diesem Grundsatz trägt auch § 4 Abs. 4 Stmk KanalAbgG 1955 Rechnung, in welchem bestimmt wird, dass bei Zu-, Auf-, Ein- und Umbauten von Baulichkeiten, für welche bereits ein Kanalisationsbeitrag entrichtet wurde, der Berechnung des ergänzenden Kanalisationsbeitrages (Ergänzungsbeitrages) lediglich die neuverbaute Fläche und die neuerrichteten Geschosse zu Grunde zu legen sind.
In seinem Erkenntnis vom 11. März 2004, B 1528/01, vertritt der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, § 4 Abs. 4 Stmk KanalAbgG 1955 sei nicht so zu verstehen, dass nur tatsächlich entrichtete Beiträge erfasst wären. Vielmehr seien davon auch Beiträge erfasst, die nicht entrichtet worden seien, weil sie verjährt seien. Der Verfassungsgerichtshof hat in dem zitierten Erkenntnis lediglich die Einschränkung gemacht, dass diese Berücksichtigung von verjährten Abgabenansprüchen im Zusammenhang mit dem Grundsatz der Einmaligkeit nur insofern zu erfolgen habe, als es sich nicht um einen neuen Abgabentatbestand handle.
Diese Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zum Grundsatz der Einmalbesteuerung zur Vermeidung einer Doppelvorschreibung etwa das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 4. März 1997, Slg. Nr. 14.779) bedeutet, dass nur dann, wenn die Abgabenvorschreibung auf Grund eines nach dem allfälligen Eintritt der Verjährung neu geschaffenen Abgabentatbestandes erfolgt, trotz des Grundsatzes der Einmalbesteuerung eine Abgabenvorschreibung erfolgen kann, obwohl allenfalls für dasselbe Grundstück früher bereits ein Abgabenanspruch betreffend dieselbe Abgabe (aber auf Grund eines anderen, die Abgabepflicht auslösenden Sachverhaltes, insofern also auf Grund eines "anderen Tatbestandes") entstanden war, es jedoch infolge Nichtvorschreibung und damit eingetretener Verjährung nicht zu einer Abgabenentrichtung gekommen ist. Handelt es sich um einen "neuen Abgabentatbestand", kommt die Berücksichtigung solcher früher entstandener, aber verjährter Abgabenansprüche nicht in Betracht.
Die Beschwerdeführer gehen - wie schon die Behörde erster Instanz - von einem freiwilligen Anschluss der Liegenschaft an das öffentliche Kanalnetz im Jahr 2001 aus und berufen sich dabei auf § 4 Abs. 5a Stmk KanalG 1988, welcher eine Ausnahme von der Anschlusspflicht wegen unverhältnismäßig hoher Kosten der Herstellung des Kanalanschlusses vorsieht. Diese Bestimmung wurde durch die Novelle LGBl. Nr. 82/1998 mit Wirkung ab 1. November 1998 in das Stmk KanalG 1988 neu eingefügt. Das bedeutet, dass eine Anschlussverpflichtung - soweit sie vorher bestanden haben sollte - in dem von der Novelle erfassten Umfang mit Wirkung ab 1. November 1998 weggefallen ist.
Für den Beschwerdefall hat dies zur Folge, dass mit den vor dem 1. November 1998 vorgenommenen Umbauten an der Baulichkeit der Liegenschaft der Beschwerdeführer jedenfalls nur der Abgabentatbestand des § 2 Abs. 3 Stmk KanalAbgG 1955 verwirklicht werden konnte.
Im Beschwerdefall ist zunächst festzustellen, dass der Steiermärkische Landesgesetzgeber im Hinblick auf den freiwilligen Anschluss von Liegenschaften die Anwendung eines Einmaligkeitsgrundsatzes nicht ausgesprochen und auch keine dem § 4 Abs. 4 Stmk KanalAbgG 1955 entsprechende Anrechnungsregel vorgesehen hat.
Selbst wenn man aber im Wege der Interpretation diesen für anschlusspflichtige Grundstücke normierten Einmaligkeitsgrundsatz auch auf die Fälle des freiwilligen Anschlusses ausdehnen wollte, so ist damit für die Beschwerde im Lichte der erwähnten Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes nichts gewonnen.
Durch die Novelle LGBl. Nr. 82/1998 des Stmk KanalG 1988 wurde nämlich - in systemkonformem Verständnis der Neuregelung des § 4 Abs. 5a Stmk KanalG 1988 - auch der Tatbestand des freiwilligen Anschlusses iSd § 2 Abs. 4 Stmk KanalAbgG 1955 insofern erweitert, als er ab dem 1. November 1998 nicht nur jene Liegenschaften erfasst, die auf Grund ihrer örtlichen Entfernung vom nächstgelegenen Kanalstrang außerhalb des Anschlussverpflichtungsbereiches iSd § 4 Abs. 3 Stmk KanalG 1988 gelegen sind, sondern auch solche Liegenschaften, bei denen der Anschluss an die öffentliche Kanalanlage nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten hergestellt werden kann. Insofern handelt es sich auch um einen neu geschaffenen Tatbestand im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 11. März 2004. Für die Beschwerdeführer wäre nämlich ein freiwilliger Anschluss iSd § 2 Abs. 4 Stmk KanalAbgG 1955 vor Inkrafttreten der genannten Novelle LGBl. Nr. 82/1998 nicht möglich gewesen. Dass auch im Zusammenhang mit dem freiwilligen Anschluss der Liegenschaft an die öffentliche Kanalanlage im Jahr 2001 Verjährung eingetreten wäre, ist nicht erkennbar.
Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen. Wien, am 1. Juli 2005
Schlagworte
Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003170281.X00Im RIS seit
08.01.2006Zuletzt aktualisiert am
17.05.2009