Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei P***
DER A***, 1020 Wien, Friedrich Hillegeiststraße 1, vertreten durch Dr.Alfred Kasamas, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) prot.Firma R*** GmbH & Co KG, 1210 Wien, Holzmanngasse 3, vertreten durch Dr.Rudolf Hubalek und Dr.Johann Mayerhofer, Rechtsanwälte in Wiener Neustadt, und 2.) Otto Z***, Geschäftsführer, 1230 Wien, Kalksburgerstraße 6, Haus 8 b, vertreten durch Dr.Herbert Schachter und Dr.Peter Kerschbaum, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 256.867,-- und Feststellung (Streitwert S 61.000,--, Gesamtstreitwert daher S 317.867,--), infolge Revision der zweitbeklagten Partei und Rekurses der klagenden Partei gegen das Urteil und den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 12.November 1985, GZ13 R 205/85-27, womit infolge Berufungen der klagenden Partei und der zweitbeklagten Partei das Teil- und Zwischenurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 15.April 1985, GZ26 Cg 142/83-19, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung
1.) zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt der Endentscheidung vorbehalten;
2.) den
B e s c h l u ß
gefaßt:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 25.4.1980 veranstaltete die erstbeklagte Partei in ihrer Betriebsstätte in Edelstal eine "Galanacht", zu der mehr als 1400 Gäste eingeladen waren, die keinen Eintritt für die Teilnahme an dieser Veranstaltung bezahlten. Für dieses Fest wurde eine Lagerhalle der Erstbeklagten entsprechend adaptiert und darin unter anderem eine ca.5 m hohe Tribüne errichtet, auf der dann Tische und Sessel zur Unterbringung von Gästen aufgestellt wurden. Diese Tribüne war durch ein eisernes Geländer abgesichert, das in einer Höhe von ca.1 Meter über dem Tribünenboden auf in Abständen von etwa 2 m stehenden Eisenstehern befestigt war. Der Zwischenraum zwischen diesem Geländer und dem Tribünenboden blieb frei, es fehlte auch am Boden eine Leiste. Lediglich ein freischwebendes und unten nicht befestigtes Transparent aus Stoff mit einer Werbeaufschrift der Erstbeklagten befand sich zwischen dem Geländer und dem Tribünenboden. Dadurch konnte es geschehen, daß Herbert T***, ein von der Erstbeklagten eingeladener Gast, der bei der Klägerin pensionsversichert war, von einem Sessel auf der Tribüne etwa 5 m tief in die Halle (Saal) stürzte und Verletzungen erlitt, denen er am 7.5.1980 in Krankenhaus Hainburg erlag. Die Klägerin hat an die Witwe des Herbert T***, Frieda (Friederike) T*** eine Witwenpension zu leisten.
Mit ihrer am 25.4.1983 eingebrachten Klage begehrte die Klägerin schließlich von der Erstbeklagten und dem Zweitbeklagten zur ungeteilten Hand Zahlung von S 256.867,-- s.A. sowie die Feststellung, daß sie der Klägerin alle künftigen Pflichtaufwendungen an Frieda T*** wegen des Unfallstodes des Herbert T*** zu ersetzen haben, soweit sie in den Schadenersatzansprüchen der Frieda T*** wegen Unterhaltsentganges aufgrund des Unfalltodes ihres Gatten gegen die Beklagten ihrer Höhe nach und in zeitlicher Hinsicht Deckung finden. Die Erstbeklagte hafte gemäß § 1297 ABGB für das Verschulden ihres Geschäftsführers Emil S*** und des Betriebsleiters in Edelstal Josef B***, die sich nicht entsprechend um die Sicherheitsvorkehrungen gekümmert und ein in einem Kostenvoranschlag vorgesehenes eisernes Geländer mit Blechverschalung bei der Tribüne aus Kostengründen nicht hätten ausführen lassen. Die Herstellung des Geländers sei in Eigenregie übernommen worden, wobei die dann tatsächlich vorhandene Geländerkonstruktion der Burgenländischen Bauordnung widersprochen habe, nicht fachgerecht und gefährlich gewesen sei. Die Haftung gründe sich auch auf § 1313 a ABGB, weil die Erstbeklagte für das Verschulden ihrer zur Errichtung des Geländers herangezogenen Erfüllungsgehilfen einzustehen habe, da Herbert T*** Teilnehmer an der Festveranstaltung der Erstbeklagten gewesen sei. Als solcher habe er, auch wenn er keinen Eintritt bezahlt habe, Anspruch auf ordnungsgemäße Erbringung der versprochenen Leistungen und insbesondere auf Einhaltung der notwendigen Sicherheitsmaßnahmen gehabt, da die Veranstaltung offensichtlich vor allem im Reklameinteresse der Erstbeklagten gelegen sei. Der Zweitbeklagte sei zwar vom Strafgericht freigesprochen worden, hafte aber gemäß § 1297 ABGB, weil er es als Geschäftsführer der Firma L***-Werbung GmbH übernommen habe, die Veranstaltung zu organisieren, und zwar auch in technischer Hinsicht. Er habe die einschlägigen Firmen herangezogen und hätte sich darum kümmern müssen, daß die Tribüne ordnungsgemäß abgesichert werde, zumal er den ursprünglichen Kostenvoranschlag gekannt habe, in dem ein mit Blechverkleidung versehenes Geländer vorgesehen gewesen sei. Er habe es daher zu verantworten, daß das Geländer der Tribüne zur Absicherung unzureichend und gefährlich gewesen sei. Die Klägerin müsse an die Witwe des Herbert T*** seit 7.5.1980 eine Witwenpension erbringen. Im Rahmen der auf sie gemäß § 332 ASVG übergegangenen Schadenersatzansprüche der Witwe des Verunglückten stehe der Klägerin für ihre Pensionsaufwendungen bis einschließlich März 1985 ein Ersatzanspruch von S 256.867,-- zu. Für die künftig auflaufenden Regreßansprüche sei zur Vermeidung der Verjährung ein Feststellungsbegehren notwendig.
Die Erstbeklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil sie kein Verschulden treffe und sie weder nach § 1297 noch nach § 1313 a oder § 1315 ABGB eine Haftung für den tödlichen Unfall des Herbert T*** treffe. Sie habe die Firma L***-Werbung GmbH bzw. den Zweitbeklagten als deren Geschäftsführer mit der Durchführung der Veranstaltung und Adaptierung der Lagerhalle hiefür beauftragt. Von ihm bzw. von der Firma L***-Werbung GmbH seien die Aufträge an die einzelnen Professionisten erteilt worden; keineswegs habe die Erstbeklagte selbst durch ihre Bediensteten Arbeiten durchgeführt oder gar das gegenständliche Geländer errichtet. Sie habe ein sachkundiges Unternehmen mit der Organisation und Durchführung der Veranstaltung betraut und daher alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen. Der Geschäftsführer der Erstbeklagten, Emil S***, habe mit der Durchführung überhaupt nichts näheres zu tun gehabt; der Betriebsleiter Josef B*** habe darauf vertrauen können, daß die Tribüne fachmännische errichtet werde, weil ein entsprechendes Unternehmen mit der gesamten Organisation betraut worden sei. Es treffe daher weder Emil S*** noch Josef B*** und überhaupt keinen Erfüllungsgehilfen der Erstbeklagten ein Verschulden an dem Tod des Herbert T***. Es liege jedenfalls eine erhebliche Unvorsichtigkeit und somit ein erhebliches Mitverschulden des Getöteten vor.
Der Zweitbeklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil ihn kein Verschulden an dem Unfall treffe. Veranstalter sei die Erstbeklagte gewesen. Er selbst sei nur als Geschäftsführer der L***-Werbung GmbH mit der Vermittlung von Künstlern beschäftigt gewesen, die L***-Werbung GmbH bzw. er seien aber keineswegs Generalunternehmer hinsichtlich der Festveranstaltung gewesen. Das Strafverfahren, in welchem er freigesprochen worden sei, habe eindeutig ergeben, daß ihn kein Verschulden treffe und er in keinem Zusammenhang mit dem Unfall stehe.
Die Beklagten, die zunächst das Begehren auch der Höhe nach zur Gänze bestritten hatten, stellten es dann mit mindestens S 1.000,--, der Zweitbeklagte schließlich mit mindesten S 16.000,-- der Höhe nach außer Streit.
Das Erstgericht erkannte mit Zwischen- und Teilurteil das Zahlungsbegehren der Klägerin gegenüber dem Zweitbeklagten dem Grunde nach als zu Recht bestehend und gab dem Feststellungsbegehren gegenüber dem Zweitbeklagten statt; gegenüber der Erstbeklagten wies es das Leistungs- und das Feststellungsbegehren ab. Das Erstgericht legte seiner Entscheidung im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde:
Die Erstbeklagte beauftragte mit der gesamten Organisation und Durchführung der Veranstaltung die L***-Werbung GmbH, deren Geschäftsführer der Zweitbeklagte war und mit dem sie schon mehrere Jahre in Geschäftsbeziehungen stand. Der damalige Geschäftsführer der Erstbeklagten, Emil S***, besprach mit dem Zweitbeklagten sowie seinen Mitarbeitern lediglich Grundsätzliches, ohne auf Details einzugehen. Sämtliche Professionisten wurden von der L***-Werbung GmbH bzw. vom Zweitbeklagten beauftragt und honoriert. Bezüglich der Tribüne, die über Vorschlag des Zweitbeklagten errichtet wurde, um die Gäste näher an die Geschehnisse auf der Bühne zu bringen, wurde ein Kostenvoranschlag einer Schlosserfirma eingeholt, in dem zunächst ein Geländer (mit Blechverschalung) vorgesehen und angeboten war, das aber vom Zweitbeklagten aus Kostengründen gestrichen wurde. Diese Firma errichtete daher nur die Unterkonstruktion dieser Tribüne und ließ mehrere Steher für die spätere Montage eines waagrechten Holmes stehe. Dieser waagrechte Handlauf wurde später von einer anderen Firma - von welcher, konnte nicht festgestellt werden -, montiert. Eine zunächst vorgesehene Kommissionierung der gesamten Anlage wurde wohl angeregt, doch schien dies den Beamten der zuständigen Bezirkshauptmannschaft nicht als erforderlich und es wurde lediglich die damalige Baustelle - die Adaptierungsarbeiten der Lagerhalle für die "Galanacht" waren in diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen - besichtigt, ohne ein formelles Verfahren abzuführen. Die Erstbeklagte stellte bei der Herstellung der Tribüne keine Hilfsabeiter zur Verfügung; diese wurde lediglich von der vom Zweitbeklagten beauftragten Firma errichtet. Das Geländer der Tribüne wies schließlich keinen Schutz gegen das Herunterfallen von Gegenständen auf und entsprach daher den baubehördlichen Vorschriften nicht. Herbert T*** ist im Laufe der Veranstaltung auf seinem Sessel sitzend plötzlich nach hinten gestürzt. Die näheren Umstände, wie es zu diesem Sturz kam, wurden nicht aufgeklärt. Er wurde dabei so schwer verletzt, daß er einige Tage später an den Folgen des Sturzes starb.
Zur Rechtsfrage führte das Erstgericht aus, daß die Erstbeklagte an dem Unfall kein Verschulden treffe. Sie habe die L***-Werbung GmbH, deren Geschäftsführer der Zweitbeklagte war, mit der gesamten Durchführung des Festes beauftragt, sich um die weiteren Einzelheiten der damit zusammenhängenden Arbeiten nicht mehr gekümmert und sei hiezu auch nicht verpflichtet gewesen. Es könne ihr daher keine zum Unfall führende Handlung oder Unterlassung vorgeworfen werden. Auch eine Haftung nach § 1313 a ABGB liege nicht vor, da diese nicht für die Erfüllung gesetzlicher Leistungs- und Sorgfaltspflichten gegenüber der Allgemeinheit bestehe, sondern nur wenn solche Pflichten gegenüber bestimmten Personen, insbesondere dem verunglückten Herbert T***, bestanden hätten. Mangels einer Haftung sei daher das gesamte Begehren gegenüber der erstbeklagten Partei abzuweisen. Den Zweitbeklagte aber treffe ein deliktisches und somit haftungsbegründendes Verschulden, weil er ein im Kostenvoranschlag des Schlossereibetriebes angebotenes Geländer aus Ersparnisgründen nicht habe ausführen lassen, ohne für eine zumindest gleich zweckmäßige Alternative zu sorgen. Er habe dadurch gegen die Burgenländische Bauordnung und somit gegen ein Schutzgesetz verstoßen und hiedurch den Unfall zumindest mitverursacht. Der Zweitbeklagte habe eine gefährliche Situation verursacht, weil er nicht für ein ordnungsgemäßes Geländer der Tribüne gesorgt habe, durch welches der Sturz und der Tod des Herbert T*** mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte verhindert werden können. Er hafte daher für die Folgen. Die auf die Klägerin wegen ihrer Leistungen an die Witwe des Verunglückten gemäß § 332 ASVG übergegangenen Ansprüche seien mit mindestens S 16.000,-- unbestritten. Auch in Zukunft seien solche Leistungen noch zu erwarten. Der Anspruch der Klägerin gegenüber dem Zweitbeklagten für Ersatz der bereits ausgelegten Beträge bestehe daher dem Grunde nach zu Recht, so daß das Leistungsbegehren mit Zwischenurteil, das Feststellungsbegehren mit Teilurteil zu erledigen gewesen sei. Die Berufung des Zweitbeklagten hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt; hingegen wurde der Berufung der Klägerin Folge gegeben und das Urteil des Erstgerichtes im Umfang der Abweisung des gegen die Erstbeklagte gerichteten Klagebegehrens unter Beisetzung eines Rechtskraftvorbehaltes aufhoben, wobei das Berufungsgericht aussprach, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden hat, S 300.000,-- übersteigt.
Zu 1.): Hinsichtlich des den Zweitbeklagten betreffenden Teiles der erstgerichtlichen Entscheidung erachtete das Berufungsgericht das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch die rechtliche Beurteilung der ersten InstanZ
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Zweitbeklagten aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Der Revisionsgrund nach § 503 Abs1 Z 2 ZPO liegt nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs3 ZPO).
In der Rechtsrüge führt der Zweitbeklagte aus, die Bestreitung seines Verschuldens beinhalte den Einwand des Mitverschuldens des verunglückten Herbert T***, so daß vom Berufungsgericht auch dieser Einwand zu prüfen gewesen wäre.
Diesem Vorbringen ist zu erwidern, daß derjenige, der nicht schon im Verfahren erster Instanz einen Mitverschuldenseinwand erhoben hat, dies im Rechtsmittelverfahren nicht nachholen kann. Es ist Sache dessen, der ein vom Prozeßgegner zu vertretendes Mitverschulden geltend machen will, dies unter Anführung konkreter Tatsachen einzuwenden. Die bloße Bestreitung des eigenen Verschuldens genügt für die Prüfung eines nicht eingewendeten Mitverschuldens nicht. Zumindest muß das Tatsachenvorbringen des Beklagten erkennen lassen, daß er ein dem Kläger zuzurechnendes Mitverschulden behaupten will (ZVR 1980/73 mit weiteren Hinweisen u. a.). Dies gilt auch für den Regreßprozeß des Sozialversicherungsträgers (ZVR 1976/262). Ein Vorbringen in dieser Richtung wurde vom Zweitbeklagten im Verfahren erster Instanz nicht erstattet. Sein erstmals in der Revision erhobener Mitverschuldenseinwand verstößt demnach gegen das Neuerungsverbot des § 482 Abs1 ZPO und ist sohin unbeachtlich.
Der Zweitbeklagte bekämpft weiters die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß ihn persönlich ein Verschulden an dem Unfall des Herbert T*** treffe, und führt aus, das untaugliche Geländer sei nicht von ihm bzw. seiner Firma, sondern von einem anderen Unternehmer errichtet worden, wobei nicht geklärt werden konnte, von welchem. Er habe aber keinesfalls eine Weisung gegeben, das Geländer entgegen den Vorschriften der Burgenländischen Bauordnung zu errichten. Auf die ordnungsgemäße Durchführung durch den nicht zu ermittelnden Unternehmer habe er aber vertrauen dürfen. Auch in diesem Punkt kann dem Zweitbeklagten nicht gefolgt werden. Zutreffend hat vielmehr das Berufungsgericht ausgeführt, daß dem Zweitbeklagten, dem nach den Feststellungen in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der L***-Werbung GmbH im Rahmen der dieser Gesellschaft übertragenen Vorbereitung und Organisation der Veranstaltung auch die Adaptierung der Halle und Errichtung der Tribüne zur Unterbringung den Gästen oblag, für die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen und für eine zweckentsprechende Absicherung der Tribüne hätte sorgen müssen, zumal es durchaus erkennbar und vorhersehbar war, daß ein unzureichendes Geländer auf einer 5 m hohen Tribüne, auf der eine Vielzahl von Gästen einer Festveranstaltung untergebracht wurde, eine Gefahr für deren Leben und Gesundheit darstellte. Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes hat der Zweitbeklagte für die auf Grund seines Vorschlages vorgenommene Errichtung der Tribüne einen Kostenvoranschlag einer Schlosserfirma eingeholt, in dem ein Geländer vorgesehen war, das aber vom Zweitbeklagten aus Ersparnisgründen gestrichen wurde, so daß nur mehrere Steher für die spätere Montage eines waagrechten Handlaufes vorhanden waren. Dieser Handlauf wurde dann von einer nicht mehr feststellbaren anderen Firma derart montiert, daß die Konstruktion den Vorschriften der Burgenländischen Bauordnung nicht entsprach, weil weder eine Fußleiste noch Geländerstäbe, die einen verläßlichen Schutz gegen das Abstürzen von Personen oder das Hinabfallen von Gegenständen geboten hätten, vorhanden waren. Der Zweitbeklagte hat jedoch keine Maßnahmen zur Herstellung eines vorschriftsmäßigen Geländers veranlaßt. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht ein sorgfaltswidriges und fahrlässiges Verhalten des Zweitbeklagten gegen die körperliche Sicherheit von Menschen angenommen, das für den Unfall des Herbert T*** ursächlich war und seine Haftung gegenüber der Klägerin als Legalzessionarin bejaht. Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 393 Abs4, 52 Abs2 ZPO. Zu 2.): Bezüglich der Abweisung des gegen die Erstbeklagte gerichteten Klagebegehrens durch das Erstgericht gelangte das Berufungsgericht zu einer abweichenden rechtlichen Beurteilung. Zwischen der Erstbeklagten und Herbert T*** als eingeladenem Gast sei ein einem Veranstaltungsbesuchsvertrag, also letztlich eine einem Werkvertrag entsprechende vertragliche Beziehung dadurch zustande gekommen, daß dieser zu der "Galanacht" eingeladen worden sei und diese Einladung jedenfalls durch sein Erscheinen angenommen hatte. Diese von der Erstbeklagten in ihrem eigenen werbewirtschaftlichen Interesse durchgeführte Veranstaltung habe sie gegenüber den eingeladenen Gästen zu entsprechenden Darbietungen und zur Bewirtung sowie als Nebenpflicht auch dazu verpflichtet, daß die zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten und Einrichtungen gefahrlos benutzt hätten werden können. Es habe sich im vorliegenden Fall um eine im Interesse der Erstbeklagten durchgeführte Veranstaltung mit geladenen Gästen, also einem bestimmten Besucherkreis gehandelt; es sei daher nicht entscheidend, daß kein Eintritt zu bezahlen war, weil durch die Veranstaltung die Bekanntheit der Erstbeklagten und ihrer Produkte gehoben werden sollte. Aus diesen Erwägungen folge, daß der Zweitbeklagte als Erfüllungsgehilfe der Erstbeklagten bei der von ihr im Rahmen der "Galanacht" gegenüber den eingeladenen Gästen, also auch gegenüber Herbert T***, zu erbringenden Leistungen und somit auch der zu erfüllenden Schutz- und Sorgfaltspflichten im Rahmen dieser Veranstaltung tätig gewesen sei. Die Erstbeklagte hafte daher gemäß § 1313 a ABGB für das Verschulden des Zweitbeklagten. Dennoch habe über das der Höhe nach mit S 1.000,-- außer Streit gestellte Leistungsbegehren gegenüber der Erstbeklagten nicht mit Zwischenurteil und über das Feststellungsbegehren nicht mit Teilurteil entschieden werden können, weil sich das Erstgericht mit dem von der Erstbeklagten geltend gemachten Mitverschulden des Getöteten nicht auseinandergesetzt, hiezu keinen Beweisbeschluß gefaßt und auch keine Beweise aufgenommen habe. Die Feststellung, die näheren Umstände, wie es zum Unfall kam, seien nicht aufgeklärt, sei nichtssagend; vor allem habe sich das Erstgericht hiebei nicht mit den Ergebnissen des Strafverfahrens und den im Strafakt enthaltenen Aussagen auseinandergesetzt. Im fortgesetzten Verfahren werde eine möglichst weitgehende Klärung der Umstände des Absturzes des Herbert T*** und seines vorangegangenen Verhaltens herbeizuführen und festzustellen sein, inwieweit für ihn eine ungenügende Absicherung und eine damit verbundene Gefahrensituation erkennbar gewesen sei.
Gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes wendet sich der Revisionsrekurs der Erstbeklagten mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteiles betreffend die Abweisung des Klagebegehrens gegen die Erstbeklagte; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, dem Rekurs
nicht Folge zu geben.
Der Rekurs ist nicht berechtigt.
Die Erstbeklagte führt aus, dem Berufungsgericht falle eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes zur Last, weil es ohne Beweiswiederholung die ergänzenden Feststellungen getroffen habe, daß durch die gegenständliche Veranstaltung die Bekanntheit der Erstbeklagten und ihrer Produkte gehoben werden sollte und daher im werbewirtschaftlichen Interesse der Erstbeklagten durchgeführt worden sei.
Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes die Erstbeklagten in ihrer Betriebsstätte eine "Galanacht" veranstaltete, zu der mehr als 1.400 Gäste persönlich eingeladen waren, die keinen Eintritt für die Teilnahme an dieser Veranstaltung bezahlen mußten. Eine Lagerhalle der Erstbeklagten wurde für die Durchführung der Veranstaltung entsprechend adaptiert und eine Tribüne errichtet, auf der Transparente - wie sich aus den Lichtbildern ergibt - mit Werbesprüchen der Erstbeklagten angebracht waren.
Schon aus diesen Feststellungen ergibt sich aber zweifelsfrei, daß es sich um eine Werbeveranstaltung der Erstbeklagten gehandelt hat und nicht etwa um eine bloße Wohltätigkeitsveranstaltung. Das Berufungsgericht konnte daher ohne Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes aus den erstgerichtlichen Feststellung die im Rekurs genannten Schlußfolgerungen ziehen.
Auch soweit die Erstbeklagte die Annahme ihrer Haftung für den Zweitbeklagten nach § 1313 a ABGB durch das Berufungsgericht mit dem Hinweis bekämpft, es habe zwischen ihr und Herbert T*** keine Vertragsbeziehung bestanden, dieser sei nur aus Gefälligkeit eingeladen worden, kann ihr nicht gefolgt werden. Herbert T*** war Teilnehmer einer Werbeveranstaltung der Erstbeklagten, zu der ein bestimmter Personenkreis eingeladen worden war. Eine derartige Veranstaltung verfolgt jedenfalls schon ihrer Natur nach den Zweck, mittels der eingeladenen Gäste, die gleichsam als "Werbeträger" dienen sollen, in weiterer Folge eine Verbreitung des guten Rufes des einladenden Unternehmens und seiner Produkte in der Öffentlichkeit zu erreichen. Damit soll aber, wie das Berufungsgericht zutreffend erkannte, eine Werbewirkung erzielt werden, die in weiterer Folge eine Steigerung des Absatzes der Produkte des Unternehmens bewirken soll. Dadurch, daß Herbert T*** die Einladung zur Werbeveranstaltung durch sein Erscheinen angenommen hat, kam ein Vertrag zustande, der die Erstbeklagte zur Erbringung von Leistungen verpflichtete. Daß die eingeladenen Gäste kein Eintrittsgeld zu bezahlen hatten und auch unentgeltlich bewirtet wurden, steht der Haftung der Erstbeklagten für das Verschulden des Zweitbeklagten nicht entgegen. Unentgeltlichkeit hindert jedenfalls dann nicht die Anwendbarkeit des § 1313 a ABGB, wenn der Schuldner seine Leistung nicht aus Gefälligkeit, sondern im eigenen Interesse, so etwa aus Werbegründen, erbringt. Ist aber unter Berücksichtigung aller Umstände des vorliegenden Falles vom Zustandekommen eines schuldrechtlichen Verhältnisses zwischen der Erstbeklagten und Herbert T*** auszugehen, wurde dadurch als Nebenpflicht Schutz und Sorgfaltspflichten der Erstbeklagten gegenüber den in ihrem Interesse und nicht etwa nur als Gefälligkeit eingeladenen Gästen in der Weise begründet, daß diese die ihnen zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten gefahrlos benützen konnten. § 1313 a ABGB kommt aber auch dann zur Anwendung, wenn die Erfüllung der mit einem Schuldverhältnis verknüpften Schuld- und Sorgfaltspflichten einem anderen - hier dem Zweitbeklagten - übertragen wird (vgl. JBl1978,479, ZVR 1982/266 u. a.). Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht eine Haftung des Erstbeklagten gegenüber dem verunglückten Herbert T*** für den Zweitbeklagten und damit auch gegenüber der Klägerin als Legalzessionar bejaht. Damit kommt aber dem von der Erstbeklagten erhobenen Mitverschuldenseinwand Bedeutung zu, so daß die Aufhebung des Ersturteiles entgegen der Auffassung des Rekurses zu Recht erfolgte.
Dem Rekurs war daher ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rekursverfahrens beruht auf § 52 ZPO.
Anmerkung
E08002European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00009.86.0422.000Dokumentnummer
JJT_19860422_OGH0002_0020OB00009_8600000_000