TE OGH 1986/4/22 2Ob636/84

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Veröffentlicht am 22.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kralik, Dr.Melber, Dr.Huber und Dr.Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B*** P*** S*** Bank Kommanditgesellschaft, 1010 Wien, Universitätsstraße 5, vertreten durch Dr.Peter Kisler und DDr.Karl Pistotnik, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Dr.Wilhelm N***, Rechtsanwalt, 1170 Wien, Hernalser Hauptstraße 116, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des Walter P***, Kaufmann, 1070 Wien, Neustiftgasse 15, 2.) Gerda P***, geborene W***, Hausfrau, 1070 Wien, Neustiftgasse 15, diese vertreten durch Dr.Adolf Kriegler, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 7,2 Mio., infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 6.März 1984, GZ12 R 39/84-30, womit infolge Berufung der zweitbeklagten Partei das Endurteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 20.Dezember 1983, GZ40 a Cg 178/83-25, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat der Zweitbeklagten die mit S 37.258,95 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 2.514,45 USt. und S 9.600,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Revisionsverfahren ist zwischen der klagenden Partei und der Zweitbeklagten noch die Frage umstritten, ob die Zweitbeklagte gegenüber der klagenden Partei eine Haftung als Bürgin bzw. eine rechtswirksam geltend gemachte Wechselbürgschaft übernommen hat und daher außer ihrer unbekämpft festgestellten Haftung mit Pfandliegenschaften auch persönlich für die Klagsforderung haftet. Die klagende Partei brachte vor (AS 18,27), die persönliche Haftung der Zweitbeklagten für die Klagsforderung ergebe sich aus deren Fertigung eines Deckungswechsels (Beilage ./L) und einer Widmungserklärung (Beilage ./M) sowie einem Schreiben vom 13.7.1981 (Beilage ./S 1), nach dessen Inhalt die Zweitbeklagte "eine wechselmäßige Haftung und damit die volle persönliche Haftung .....für die Gesamtforderung übernommen" habe.

Die Zweitbeklagte hat diese Behauptungen bestritten. Das Erstgericht gab der Klage gegenüber der Zweitbeklagten vollinhaltlich, also auf der Grundlage sowohl der Sachhaftung mit den Pfandliegenschaften als auch der persönlichen Haftung, statt. Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß die Zweitbeklagte schuldig erkannt wurde, zur ungeteilten Hand mit der mit Versäumungsurteil ON 4 verurteilten erstbeklagten Partei der klagenden Partei den Betrag von 7,2 Mio.S bei sonstiger Exekution in die im einzelnen angeführten Liegenschaften zu bezahlen. Das Klagebegehren, die Zweitbeklagte sei schuldig, der klagenden Partei den vorgenannten Betrag über die vorgenannte sachliche Haftung hinaus als persönliche Schuldnerin zu bezahlen, wurde dagegen abgewiesen.

Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes erhebt die klagende Partei eine auf § 502 Abs1 Z 2 und 4 ZPO gestützte Revision mit dem Antrage auf Abänderung im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Urteiles; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Zweitbeklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht gerechtfertigt.

Zur Frage, ob die Zweitbeklagte als Bürgin eine persönliche

Haftung für die Klagsforderung übernommen habe, traf das Erstgericht

folgende entscheidungserhebliche Feststellungen: Anläßlich der

Einräumung eines nicht klagsgegenständlichen Zessionskredites der

klagenden Partei an die Firma W.P***, Internationale

Speditions-KG, Wien, unterfertigte die Zweitbeklagte einen zugunsten

der klagenden Partei ausgestellten Blankowechsel als Bürgin für den

Akzeptanten Firma W.P***. Zwischen dem Akzeptanten und der

klagenden Partei wurde eine "Widmungserklärung" folgenden Inhaltes

getroffen: "Zur wechselmäßigen Bedeckung sämtlicher Ihnen gegen

mich/uns bzw. meinen/unseren Rechtsnachfolger zustehenden

derzeitigen und künftighin entstehenden, wie immer gearteten

Forderungen und Ansprüche übergebe(n) ich/wir Ihnen beigeschlossen

Stk.     Blankowechsel.

Sollte(n) ich/wir die mit Ihnen getroffenen Vereinbarungen nicht

einhalten.....so sollen Sie berechtigt sein, diese Akzepte

entsprechend den gesamten, Ihnen gegen mich/uns ......zustehenden

Forderungen.....auszufüllen.......und diese Wechsel gegen mich/uns

geltend zu machen..... .

Im Falle einer derartigen Ausfüllung und Verwendung der Wechsel

stehen mir/uns keine wie immer gearteten Einwendungen zu.

.........

Durch die Ausfüllung und Geltendmachung der Wechsel tritt in der

rechtlichen Natur Ihrer Forderungen und Ansprüche mir/uns gegenüber

.......keine Änderung ein....

Die Unterschriften auf den Ihnen übergebenen Blankowechseln bleiben während der ganzen Dauer Ihrer Geschäftsverbindung mit mir/uns für mich/uns und meine/unsere Rechtsnachfolger verpflichtend und wirksam....

Auch im übrigen verpflichte(n) ich/wir, mich/uns, Ihnen jederzeit über ihren Wunsch gegen Rückgabe der obangeführten Wechsel neue Deckungswechsel zu übergeben, wofür ebenfalls die gegenständliche Widmungserklärung vollinhaltlich Gültigkeit haben wird.

Die vorstehende Widmungserklärung gilt auch für meine/unsere etwaigen Rechtsnachfolger".

Diese Widmungserklärung wurde nach folgender, im Anschluß an obigen - vom Akzeptanten unterfertigten - Text stehender Textstelle von der Zweitbeklagten unterschrieben:

"Von obiger Widmungserklärung habe(n) ich/wir als Bürge(n) für den Akzeptanten vollinhaltlich und einverständlich Kenntnis genommen".

Hinsichtlich eines von der klagenden Partei der Firma W.P*** schon seit dem Jahre 1971 gewährten Kontokorrentkredites, dessen Rahmen am 13.7.1981 insgesamt 14 Mio.S betrug und dessen Laufzeit mit Schreiben dieses Datums bis zum 31.12.1981 verlängert wurde, fertigte die Zweitbeklagte als Bürgin einen die klagende Partei begünstigenden Blankowechsel, dessen Akzeptant die Firma W.P*** war und der sich schon vorher im Besitze der klagenden Partei befunden hatte. Hinsichtlich dieses Blankowechsels war eine gleichlautende Widmungserklärung wie beim erstgenannten, in Zusammenhang mit dem Zessionskredit ausgestellten Blankowechsel abgegeben worden. Die Zweitbeklagte unterzeichnete dabei wiederum unter der gleichen Textstelle wie bei der erstgenannten Widmungserklärung.

In seiner rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, die Zweitbeklagte habe auch hinsichtlich des zuletzt mit rund 14 Mio.S aushaftenden Kontokorrentkredites die persönliche Haftung als Bürgin übernommen, sodaß sie über die Sachhaftung hinaus zur Zahlung der Klagsforderung von 7,2 Mio.S auch persönlich verpflichtet sei.

Das Berufungsgericht hielt die Berufung der Zweitbeklagten, soweit sie sich gegen die Annahme ihrer persönlichen Haftung für die Klagsforderung richtete, für gerechtfertigt. Es traf die ergänzende Feststellung, daß es sich bei den Urkunden Beilage ./L und ./J 2 um Ablichtungen von Wechselformblättern handelt, die lediglich ein Akzept durch die Firma P*** enthalten und von der Zweitbeklagten sowie Walter P*** als Bürgen des Akzeptanten unterfertigt wurden, sonst aber keine Eintragungen aufweisen. Nach den tatsächlichen Behauptungen der klagenden Partei und den getroffenen bzw. ergänzten Feststellungen habe die Zweitbeklagte nur zwei "Widmungserklärungen" unterfertigt und die klagende Partei ermächtigt, die ihr übergebenen Blankoakzepte dieser Widmung gemäß auszufüllen und zu verwenden. Somit liege aber eine Wechselbürgschaft vor, auf welche nach Lehre und Judikatur die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die Bürgschaft nicht anwendbar seien. Im Zweifel könne nicht angenommen werden, daß durch die Unterfertigung eines Wechsels eine Haftung sowohl nach Wechselrecht als auch nach bürgerlichem Recht übernommen werde. Die Übernahme einer Wechselbürgschaft begründe vielmehr nur dann auch eine Haftung nach bürgerlichem Recht, wenn dies vereinbart worden sei. Vorliegendenfalls habe die klagende Partei eine solche Vereinbarung gar nicht behauptet, sondern die Zweitbeklagte auch insoweit, als eine persönliche Haftung geltend gemacht wurde, aus ihren Wechselverpflichtungserklärungen und dem Blankowechsel belangt. Somit komme aber nur ein wechselmäßiger Anspruch in Frage. Diebezüglich habe die klagende Partei jedoch nicht dargetan, daß der Wechsel der Ermächtigung gemäß zur Ausfüllung gelangt sei, auch habe sie den vervollständigten Wechsel nicht vorgelegt, was anspruchsbegründende Voraussetzung sei. Vielmehr habe sie sich zur Begründung ihrer Forderung nach persönlicher Haftung der Zweitbeklagten insoweit lediglich auf die Unterfertigung des Blankoformblattes und der Widmungserklärung berufen. Hieraus allein ohne entsprechende Vervollständigung des Blankowechsels ergebe sich aber kein wechselmäßiger Bürgschaftsanspruch.

In der Rechtsrüge der Revision wird der Standpunkt vertreten, aus den Wechselwidmungserklärungen könne keinesfalls nur eine reine Wechselbürgschaft abgeleitet werden, darüberhinaus sei für die Inanspruchnahme dieser eine Vervollständigung des Wechsels nicht erforderlich. Im einzelnen wird hiezu ausgeführt:

Aus dem Wortlaut der Widmungserklärungen "Zur wechselmäßigen Deckung sämtlicher Ihnen gegen mich...zustehenden derzeitigen und künftighin entstehenden, wie immer gearteten Forderungen und Ansprüche übergebe ich Ihnen wie beigeschlossen Stk. Blankowechsel....Sollte ich die mit Ihnen getroffene Vereinbarung nicht einhalten....so sollen Sie berechtigt sein, diese Akzepte entsprechend dem gesamten, ihnen gegen mich im Zeitpunkt der Fälligstellung zustehenden Forderungen und Ansprüche aller Art....auszufüllen. Die Unterschriften auf den Ihnen übergebenen Blankowechseln bleiben während der ganzen Dauer ihrer Geschäftsverbindung mit uns verpflichtend und wirksam.", ergebe sich, daß durch die Unterfertigung der Widmungserklärung und die Unterschrift seitens des Wechselbürgen auf dem Blankowechsel ein Bürgschaftsvertrag auch im Umfang des bürgerlichen Rechtes zustandegekommen sei, der die Zweitbeklagte auch ohne Ausfüllung des Wechsels vollinhaltlich verpflichtet habe.

Diesen Ausführungen ist entgegenzuhalten, daß hiemit Teile der vom Akzeptanten der Blankowechsel hinsichtlich deren Widmung abgegebene Erklärungen wiedergegeben werden. Der auf die Zweitbeklagte als Bürge bezogene und von ihr unterzeichnete, vom übrigen Urkundentext äußerlich abgesetzte und den Abschluß der Urkunde bildende Teil der Widmungserklärung lautet dahin, daß die Zweitbeklagte "von obiger Widmungserklärung", d.h. also jener des Akzeptanten, "als Bürge für den Akzeptanten vollinhaltlich und einverständlich Kenntnis genommen hat." Aus dieser Erklärung der Zweitbeklagten folgt lediglich und unmißverständlich, daß sie als Wechselbürge der klagenden Partei gegenüber die Kenntnis der zwischen dieser und dem Akzeptanten der Blankowechsel vereinbarten Wechselwidmung bestätigt. Ein Anhaltspunkt dafür, daß sie nicht nur für die Wechselschuld des Akzeptanten, sondern für dessen Schulden überhaupt eine Bürgschaft übernehme, ist hierin in keiner Weise gelegen. Von einer Vereinbarung, nach welcher die Zweitbeklagte eine bürgerlich-rechtliche Bürgschaft übernommen habe, kann somit - das Schreiben der klagenden Partei vom 13.7.1981 Beilage ./S 1 bezieht sich nur auf eine Verlängerung der Kreditlaufzeit unter wechselmäßiger Sicherung - nicht die Rede sein. Eine solche Vereinbarung wäre aber im Sinne der zutreffenden, auf die ständige Judikatur gestützten, berufungsgerichtlichen Ansicht Vorausssetzung für die Annahme einer doppelten, d.h.nach Wechselrecht und nach bürgerlichem Recht gegebenen Haftung des einen Wechsel unterfertigenden Bürgen (SZ 53/75 und SZ 55/187 mit zahlreichen Literaturhinweisen; 3 Ob 586,587/81, 1 Ob 641,642/80, 4 Ob 579/79, 3 Ob 660/77, 5 Ob 189/68 u.a.). Ohne solche Absprache sind die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes auf eine Wechselbürgschaft nicht anwendbar.

Ist in der von der Zweitbeklagten unterfertigten Textstelle der Widmungserklärung in Zusammenhalt mit ihrer Unterschrift auf dem Blankowechsel eine bürgerlich-rechtliche Bürgschaftsvereinbarung nicht gelegen so sind alle auf die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 5 Ob 716/81 = SZ 55/187 bezogenen, eine Verschiedenheit des dort zugrundeliegenden Sachverhaltes behauptenden weiteren Revisionsausführungen von vornherein ohne Belang, weil sie ausdrücklich vom Vorliegen einer solchen Vereinbarung ausgehen. Schließlich behauptet die Revisionswerberin, für das Zustandekommen einer wechselmäßigen Bürgschaftsverpflichtung werde von der Judikatur und Lehre nur die Unterfertigung des Wechsels, nicht aber die vollständige Ausfüllung und Geltendmachung des Wechsels selbst gefordert. Letztere Voraussetzung sei nur bei Geltendmachung der Forderung im Wechselmandatsverfahren erforderlich. Somit müsse die persönliche Haftung der Zweitbeklagten für den Klagsanspruch auch allein schon im Hinblick auf ihre Wechselbürgschaft bejaht werden.

Diesen Ausführungen ist folgendes zu erwidern: Beim Blankowechsel wird die Berechtigung und Verpflichtung aus dem Papier erst mit der Vervollständigung des Wechsels wirksam (Kapfer, Handkommentar zum Wechselgesetz 64; Stanzl, Wechsel-, Scheck- und sonstiges Wertpapierrecht, 50; SZ 53/40; SZ 26/152 u.a.). Der Oberste Gerichtshof hat demgemäß auch in der von der Revisionswerberin zitierten, bereits oben genannten Entscheidung 5 Ob 716/81 = SZ 55/187 wie ebenso in den Entscheidungen SZ 53/75, 3 Ob 586,587/81 u.a., welche alle nicht im Wechselmandatsverfahren ergingen, ausdrücklich ausgesprochen, daß die Geltendmachung eines wechselmäßigen Anspruches gegen den Wechselbürgen nicht nur der Behauptung und des Beweises der Unterfertigung des Wechsels und der Hingabe des Blankoakzeptes bedarf. Die klagende Partei muß vielmehr auch dartun, daß der Wechsel der Ermächtigung gemäß zur Ausfüllung gelangt ist und sie muß den vervollständigten Wechsel vorlegen, um ihren Anspruch zu begründen.

Da die Revisionswerberin im vorliegenden Fall aber selbst zugibt, daß eine Vervollständigung des von der Zweitbeklagten als Bürgin unterfertigten Blankowechsels nicht erfolgt ist, kann sie die Zweitbeklagte auch aus ihrer wechselmäßigen Verpflichtung nicht in Anspruch nehmen.

Die in der Revision schließlich gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs3 ZPO). Der ungerechtfertigten Revision war demgemäß ein Erfolg zu versagen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E07987

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00636.84.0422.000

Dokumentnummer

JJT_19860422_OGH0002_0020OB00636_8400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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