TE OGH 1986/4/23 1Ob12/86

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Veröffentlicht am 23.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. Erich S***, Hotelier, Salzburg, Rottweg 65, vertreten durch Dr. Günter Stanonik, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen S 7,100.000,-- s.A. infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 9. Dezember 1985, GZ 5 R 193/85-16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 29. April 1985, GZ 19 Cg 174/84-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 26.919,-- bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der vom Bezirksgericht Spittal an der Drau mit Beschluß vom 25.6.1979 zu E 9064/79 bewilligten Zwangsversteigerung der dem Kläger gehörigen Liegenschaft EZ 388 KG Kleinkirchheim traten in der Folge zahlreiche Gläubiger des Klägers bei. Den Schätzwert der Liegenschaft bestimmte das Exekutionsgericht zuletzt mit S 7,639.425,-- (einschließlich Zubehör). Im Versteigerungstermin am 21.5.1981 wurde die Liegenschaft Egon M*** um das Meistbot von 6,9 Mill. S zugeschlagen.

Seit dem Frühjahr 1981 war der Kläger bemüht, die drohende Zwangsversteigerung durch Abverkauf von Appartements der Hotelliegenschaft in Form von Wohnungseigentum abzuwenden. Mit Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom 14.5.1981 verkaufte er dem Immobilienmakler Ewald B*** 304/10.000 Anteile der Liegenschaft, mit welchen Wohnungseigentum am Appartment Süd Nr.5/II verbunden sein sollte, um den Preis von S 450.000,--. Der Vertrag war durch die gerichtliche Nutzwertfeststellung, die grundverkehrsbehördliche Genehmigung und die Einstellung des Versteigerungsverfahrens bedingt. Mit Bescheid vom 20.5.1981 sprach die Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau aus, daß dieser Vertrag keiner Genehmigung nach dem Kärntner Grundverkehrsgesetz (LGBl.1974/70) und dem Kärntner Wohnsiedlungsgesetz (LGBl.1976/59) bedürfe. Am 20.5.1981 - am Tag vor dem Versteigerungstermin - brachte die H*** Gesellschaft mbH gegen die K*** L***, den führenden betreibenden

Gläubiger, eine Klage nach § 37 EO ein und beantragte deshalb die Aufschiebung der Exekution; das Exekutionsgericht bewilligte die Aufschiebung der von diesem Gläubiger betriebenen Exekution bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Exszindierungsklage. Der Kläger begehrt die Verurteilung der beklagten Partei zum Ersatz seines mit 7,1 Mill.S bezifferten Schadens. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des mit Ewald B*** abgeschlossenen "Pilotvertrages" komme einer Umwidmung der Liegenschaft gleich und habe deshalb eine Wertsteigerung auf zumindest 20 Mill.S bewirkt; selbst bei Verschleuderung der Wohnungseigentumseinheiten hätte ein Erlös von mindestens 14 Mill.S erzielt werden können. Obgleich der zuständige Richter des Exekutionsgerichtes, Dr. Arnold R***, von dem damals rechtsanwaltlich nicht vertretenen Kläger vor und auch bei dem Versteigerungstermin von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Vertrages und der damit verbundenen Wertsteigerung in Kenntnis gesetzt worden sei, habe der Richter den Kläger weder zu einem Antrag auf neuerliche Schätzung angeleitet noch selbst eine solche von Amts wegen angeordnet und deshalb den Versteigerungstermin abgesetzt. Der Kläger hätte die andrängenden Gläubiger durch den Verkauf einiger Appartements noch vor der neuerlichen Anberaumung eines Versteigerungstermins befriedigen und damit den für ihn ungünstigen Zuschlag verhindern können. Schon vor dem Versteigerungstermin habe er drei Wohneinheiten um insgesamt 1,9 Mill.S verkauft. Durch die Vorgangsweise des Richters sei ihm ein Schaden in der begehrten Höhe entstanden.

Die beklagte Partei bestritt, daß der Kläger den Richter vor oder bei dem Versteigerungstermin über eine derartige Wertsteigerung informiert habe; vielmehr habe der Kläger erst am 16.7.1981 einen Antrag auf neuerliche Schätzung gestellt. Durch den Kaufvertrag sei überdies keine Wertsteigerung der Liegenschaft eingetreten. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, der Kläger sei zwar einige Minuten vor Beginn der Versteigerungstagsatzung mit dem Richter Dr. Arnold R*** in der Exekutionsabteilung des Bezirksgerichtes Spittal an der Drau zusammengetroffen, habe diesem dabei aber nur mitgeteilt, daß sich unter den anwesenden Interessenten auch Egon M*** befinde, der ihm zugesichert habe, die Versteigerung zu verhindern. Er habe sich verblüfft gezeigt, daß der Versteigerungstermin trotz der Exszindierungsklage der H*** Gesellschaft mbH nicht abgesetzt worden sei; daß der Kläger den Richter vor dem Versteigerungstermin unter Vorweisung des mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 20.5.1981 genehmigten Kaufvertrages auf eine damit verbundene Wertsteigerung der Liegenschaft aufmerksam gemacht habe, könne nicht festgestellt werden; auch bei der Tagsatzung habe der Kläger den Richter von diesen Umständen nicht in Kenntnis gesetzt. Diesen Sachverhalt beurteilte das Erstgericht rechtlich dahin, der Richter habe den Kläger mangels Information über die werterhöhenden Umstände zu einem Antrag auf neuerliche Schätzung gar nicht anleiten können; die amtswegige Anordnung einer solchen Schätzung sei überdies mangels gesetzlicher Grundlage ohnedies mehr als fraglich. Dem Richter falle somit kein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten zur Last.

Das Berufungsgericht bestätigte das erstgerichtliche Urteil. Da nicht festgestellt habe werden können, daß der Kläger den Richter vor oder bei der Versteigerungstagsatzung auf eine bereits eingetretene Wertsteigerung hingewiesen habe, sei der Rechtsrüge der Boden entzogen. Den noch nicht konkretisierten Plänen des Klägers, das Hotel in Form von Appartements zu verkaufen, komme noch keine werterhöhende Bedeutung zu; das Exekutionsgericht sei auch zu Nachforschungen, inwieweit dieses Vorhaben verwirklicht worden sei, nicht verpflichtet gewesen. Selbst bei rechtzeitiger Bekanntgabe einer wesentlichen Änderung der wertbestimmenden Umstände könne der Klagsanspruch nicht auf Unterlassung einer amtswegigen Neuschätzung gestützt werden, weil weder die Exekutions- noch die Realschätzungsordnung in einem solchen Fall eine neuerliche Schätzung vorsähen; ohne gesetzliche Verpflichtung zu positivem Handeln sei eine Unterlassung weder rechtswidrig noch schuldhaft. Selbst die Ablehnung eines darauf abzielenden Antrags habe der Oberste Gerichtshof als Ergebnis vertretbarer Rechtsansicht beurteilt. Die Verpflichtung zur Anleitung zu einem solchen Antrag sei keinem strengeren Maßstab zu unterwerfen. Von Lehre und Rechtsprechung werde die neuerliche Schätzung nur dann als zulässig erachtet, wenn die Wertänderung glaubhaft gemacht werde. Die ins Treffen geführten Kaufverträge, die insgesamt bloß 15 % der Eigentumsanteile erfaßten, seien unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen worden, daß der Kläger die Einstellung des Versteigerungsverfahrens sowie die behördliche Genehmigung und die gerichtliche Nutzwertfeststellung erwirken könne. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau vom 20.5.1981 sei eine Negativbestätigung, daß der Vertrag keiner Genehmigung nach dem Grundverkehrs- und dem Wohnsiedlungsgesetz bedürfe; das Fehlen einer solchen Bestätigung hindere jedoch die Verbücherung nicht. Für die Parifizierung sei eine Bestätigung der Baubehörde über das Bestehen selbständiger Wohneinheiten erforderlich; sie sei jedoch wenige Tage vor dem Versteigerungstermin vom Bürgermeister von Bad Kleinkirchheim verweigert worden. Durch die wenigen in Schwebe befindlichen Verträge sei keine Wertsteigerung, jedenfalls aber keine solche bewirkt worden, daß die Ablehnung einer Neuschätzung oder die Unterlassung der Anleitung zu einer geeigneten Antragstellung als unvertretbare Rechtsauffassung bezeichnet werden müsse. Ein Termin dürfe jedenfalls nicht abberaumt werden, um dem Kläger Zahlungsfrist zu gewähren und Gelegenheit zu geben, alle Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Der Exekutionsrichter habe vor allem auch die schutzwürdigen Interessen der Gläubiger zu wahren; knapp vor dem Versteigerungstermin gestellte Anträge müßten überdies besonders sorgfältig geprüft werden. Der Versuch, den Klagsanspruch auch darauf zu stützen, daß infolge der Exszindierungsklage die Exekution auch, soweit sie von den übrigen Gläubigern betrieben wurde, aufzuschieben gewesen wäre, müsse schon deshalb scheitern, weil dieser Sachverhalt nicht zum Gegenstand des Aufforderungsschreibens des Klägers gemacht worden sei; überdies habe der Richter richtig gehandelt, weil die Exekution anderer Gläubiger weder behindert noch ungültig sei, wenn die Exekution nur eines betreibenden Gläubigers für unzulässig erklärt werde.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist nicht berechtigt.

Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach Prüfung durch den Obersten Gerichtshof nicht vor (§ 510 Abs2 ZPO). Die Rechtsrüge ist nicht gesetzmäßig ausgeführt, weil sie nicht von dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt ausgeht. Soweit der Kläger erstmals in der Berufung seinen Amtshaftungsanspruch auch darauf stützte, daß die Exekution trotz der Exszindierungsklage der H*** Gesellschaft mbH zu Unrecht nicht auch in bezug auf die beigetretenen betreibenden Gläubiger aufgeschoben worden sei, machte er entgegen § 482 Abs1 ZPO einen neuen Anspruch geltend, auf den er sich im Verfahren erster Instanz noch nicht berufen hatte; dieses Vorbringen ist deshalb unbeachtlich. Im übrigen war dieser Anspruch auch nicht Gegenstand seines Aufforderungsschreibens (JBl 1984, 559 ua).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E07980

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00012.86.0423.000

Dokumentnummer

JJT_19860423_OGH0002_0010OB00012_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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