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41/04 Sprengmittel Waffen Munition;Norm
WaffG 1996 §21 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Dr. Kleiser, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W B in W, vertreten durch DI Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 30. Juni 2003, Zl 404.791/3-III/3/03, betreffend Ausstellung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Waffenpasses im Devolutionswege gemäß § 21 Abs 2 iVm § 8 Abs 1 WaffG abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dem Beschwerdeführer seien seine waffenrechtlichen Urkunden bereits auf Grund zweier Vorfälle aus dem Jahr 1990 bzw aus dem Jahr 1999 rechtskräftig entzogen worden. Im Zuge einer Hausdurchsuchung sei am 16. August 1990 in der Wohnung der Mutter des Beschwerdeführers diverses Kriegsmaterial (unter anderem zwei Maschinenpistolen) sichergestellt worden, welches der Beschwerdeführer ohne die erforderlichen waffenrechtlichen Genehmigungen besessen habe. Am 16. Juni 1999 habe der Beschwerdeführer der Erstbehörde mitgeteilt, dass er neben einer Faustfeuerwaffe einen "Halbautomaten" einer näher bezeichneten Marke erworben habe, wobei es sich bei dieser Waffe um eine verbotene Pumpgun gehandelt habe. Wenn der Beschwerdeführer anführe, beide Vorfälle hätten vor mehreren Jahren (drei bzw über zehn) stattgefunden und es sei somit nicht mehr gerechtfertigt, ihm deshalb die Verlässlichkeit abzusprechen, sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. Dezember 1998, Zl. 98/20/0402, zu verweisen. Ausgehend von dieser Rechtsprechung sei als Richtwert anzunehmen, dass nach einem Zeitablauf von fünf Jahren ohne Hinzutreten von weiteren Umständen der Vorfall, welcher zur Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde geführt habe, nicht mehr als Tatsache der Unverlässlichkeit herangezogen werden dürfe. Im vorliegenden Fall seien seit dem letzten Vorfall vom Juni 1999 aber erst knapp mehr als vier Jahre vergangen, sodass dieser Vorfall für die Verlässlichkeitsprüfung miteinbezogen werden könne. Darüber hinaus dürfe nicht außer Acht gelassen werden, dass dem Beschwerdeführer bereits zwei Mal die waffenrechtlichen Urkunden entzogen worden seien. Zur Frage, ob der unbefugte Besitz einer Schusswaffe generell die Unverlässlichkeit des Besitzers begründe, sei auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 23. Juli 1990, Zl 99/20/0101, zu verweisen. Im vorliegenden Fall könne bei dem Besitz der verbotenen Pumpgun durch den Beschwerdeführer von keinem geringen Verschulden gesprochen werden, da der Beschwerdeführer bereits im Jahr 1990 im Besitz dieser Waffe gewesen sei und sie auch benützt habe. Darüber hinaus habe er die Waffe vom Vorbesitzer erworben, welcher dafür eine Genehmigung als verbotene Waffe gehabt habe. Weiters habe der Beschwerdeführer nicht versucht, die Pumpgun zu legalisieren, sondern habe diese lediglich als Kategorie B (genehmigungspflichtige) Schusswaffe der Behörde gemeldet. Auch müsse in die Beurteilung der Verlässlichkeit einbezogen werden, dass der Beschwerdeführer bereits einen Tag nach Ausfolgung der Waffenbesitzkarte wieder unrechtmäßig eine verbotene Waffe erworben habe. Sohin sei der Zeitraum des "Wohlverhaltens" seit der zweiten Entziehung zu kurz, um zu einer anderen Beurteilung der Verlässlichkeit zu gelangen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 21 Abs 2 WaffG 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), hat die Behörde verlässlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachweisen, einen Waffenpass auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verlässliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.
Gemäß § 8 Abs 1 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er
1.
Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird;
2.
mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird;
3. Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind.
2. Die Beschwerde wendet sich gegen die Auffassung der belangten Behörde, der Zeitablauf seit dem Vorfall vom 16. Juni 1999 sei zu kurz, um zu einer anderen Beurteilung der Verlässlichkeit zu gelangen, und bringt hiezu vor, aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Erkenntnis vom 15. Dezember 1998, Zl 98/20/0402, könne nicht geschlossen werden, dass erst nach einem Zeitablauf von fünf Jahren ein Vorfall nicht mehr als Tatsache der "Unverlässlichkeit" herangezogen werden dürfe. Vielmehr müsse auch die "Schwere" der Verfehlung bei der Berechnung des Zeitablaufes mit dem Ergebnis miteinbezogen werden, dass bei einer geringfügigen Verfehlung mit einem kürzeren Beobachtungszeitraum als fünf Jahren das Auslangen gefunden werden könne.
3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist im Falle einer in der Vergangenheit liegenden Tatsache im Sinne des § 8 Abs 1 WaffG bei der anzustellenden Beurteilung zukünftigen Verhaltens auch zu beachten, wie sich der Urkundeninhaber zwischenzeitig verhalten hat und ob angesichts des seither verstrichenen Zeitraumes unverändert vom Fehlen der Verlässlichkeit ausgegangen werden kann. Eine allgemeine Aussage darüber, wie viel Zeit seit einer gerichtlichen Verurteilung (im Falle des Vorliegens einer solchen) verstrichen sein muss, um die waffenrechtliche Verlässlichkeit wieder zu erlangen, könne freilich nicht gemacht werden. In einem Zeitablauf von mehr als fünf Jahren allein (und demnach ohne Hinzukommen weiterer Umstände) seit dem (dort zur Verweigerung der Ausstellung einer Waffenbesitzkarte führenden) Vorfall sei eine wesentliche Änderung des Sachverhaltes erblickt worden, die eine neue Sachentscheidung zulässig machte (vgl das hg Erkenntnis vom 15. Dezember 1998, Zl 98/20/0402, mit ausführlicher Darstellung der Vorjudikatur).
Im vorliegenden Fall kann die Auffassung der belangten Behörde, der seit dem Vorfall im Juni 1999 verstrichene Zeitraum von vier Jahren sei zu kurz, um zu einer anderen Beurteilung der Verlässlichkeit zu gelangen, schon aus folgendem Grund nicht als rechtswidrig erkannt werden:
4. Der Beschwerdeführer bringt für seine Auffassung, der im vorliegenden Fall verstrichene Zeitraum von knapp mehr als vier Jahren sei ausreichend, um zu einer anderen Beurteilung zu gelangen, vor, die Anzeige wegen des Verdachtes nach § 50 WaffG sei gemäß § 90 StPO zurückgelegt worden. Auch sei die vom Beschwerdeführer seinerzeit gesetzte Übertretung des Waffengesetzes eine bloß geringfügige Übertretung gewesen, die auf einem Rechtsirrtum beruht habe. So habe der Beschwerdeführer bei der waffenrechtlichen Einstufung der gegenständlichen Flinte einer näher bezeichneten Marke insofern geirrt, als es sich bei dieser Waffe um keine "klassische" Pumpgun (Vorderschaftsrepetierflinte) handle, sondern diese Waffe vielmehr ein Halbautomat sei, der grundsätzlich in die Kategorie B einzustufen wäre und nur zusätzlich eine Umschaltmöglichkeit auf Repetierbetrieb aufweise. Im Waffenhandel würden optisch nahezu identische Modelle wie die gegenständliche Flinte als reine Halbautomaten verkauft, sodass ein diesbezüglicher Irrtum des Beschwerdeführers nur eine geringfügige Verfehlung darstelle. Auch habe der Beschwerdeführer den Erwerb der gegenständlichen Waffe der Behörde binnen einem Tag gemeldet, sodass ihm eine vorsätzliche Begehung oder ein schweres Vergehen nicht zur Last gelegt werden könne.
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass die Behauptung eines Rechtsirrtums schon im seinerzeitigen Entziehungsverfahren als bloße Schutzbehauptung gewertet worden war.
Im Übrigen schweigt die Beschwerde zu den Ausführungen des angefochtenen Bescheides - die von der dem Verwaltungsgerichtshof vorliegenden Aktenlage bestätigt werden - wonach deshalb von keinem geringen Verschulden des Beschwerdeführers gesprochen werden könne, da dieser bereits im Jahre 1990 im Besitz dieser Waffe gewesen sei und diese auch benützt habe. Auch habe er die Waffe von einem Vorbesitzer erworben, der dafür eine Genehmigung als verbotene Waffe gehabt habe, ohne selbst zu versuchen, diese Waffe zu legalisieren.
5. Da sich die Beschwerde daher insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II Nr 333.
Wien, am 1. Juli 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005030018.X00Im RIS seit
04.08.2005