Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24.April 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Schneider als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller (Berichterstatter), Dr. Horak, Dr. Felzmann und Dr .Brustbauer als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Jagschitz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Albert A*** wegen des Verbrechens der versuchten Nötigung zum Beischlaf nach §§ 15, 202 Abs. 1 StGB über die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengerichts vom 11.Dezember 1985, GZ 21 Vr 2319/85-11, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Presslauer, der Privatbeteiligten Jaqueline P***, des Privatbeteiligtenvertreters Dr. Gruber, des Angeklagten und des Verteidigers Dr. Krainz zu Recht erkannt:
Spruch
Der Berufung wegen Strafe wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird der Berufung gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche Folge gegeben, der Ausspruch, der Angeklagte habe der Privatbeteiligten Jaqueline P*** eine Teilentschädigung von 1.000 S zu zahlen, aufgehoben und die genannte Privatbeteiligte gemäß § 366 Abs. 2 StPO mit ihren Ansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen.
Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Albert A*** gegen das oben bezeichnete Urteil, mit dem er des Verbrechens der versuchten Nötigung nach §§ 15, 202 Abs. 1 StGB schuldig erkannt worden war, wurde mit dem Beschluß des Obersten Gerichtshofs vom 10. April 1986, GZ 13 Os 23/86-8, dem der maßgebende Sachverhalt zu entnehmen ist, bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückgewiesen. Gegenstand des Gerichtstags war die Berufung des Angeklagten wegen Strafe und gegen den Ausspruch über die privatrechtlichen Ansprüche.
Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach § 202 Abs. 1 StGB eine Freiheitsstrafe von zehn Monaten, die es unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah. Dabei war nichts erschwerend, mildernd waren hingegen die Unbescholtenheit und die Enthemmung des Angeklagten durch Alkohol sowie der Umstand, daß die Tat beim Versuch blieb. Gemäß § 369 Abs. 1 StPO wurde der Angeklagte dazu verpflichtet, der Privatbeteiligten Jaqueline P*** eine "Teilentschädigung" von 1.000 S zu zahlen.
Mit seiner Berufung begehrt der Angeklagte, daß über ihn "unter Anwendung des § 37 Abs. 1 StGB eine schuldangemessene Freiheitsstrafe unter Anwendung des § 43 StGB bedingt festgesetzt wird" (S. 72). Weiters beantragt er die Aufhebung des Adhäsionserkenntnisses.
Rechtliche Beurteilung
Der Berufung wegen Strafe kommt nach keiner Richtung hin Berechtigung zu.
Die vom Erstgericht festgestellten Strafzumessungsgründe sind dahin zu ergänzen, daß die nicht unbeträchtlichen Verletzungen des Tatopfers (S. 60) als Erschwerungsumstand zu werten sind. Auf der Grundlage der berichtigten (besonderen) Strafzumessungsgründe und der allgemeinen Grundsätze für die Strafbemessung (§ 32 StGB), in deren Rahmen insbesondere das rücksichtslose Vorgehen gegen die zufällig des Weges kommende Passsantin Jaqueline P*** seinen Niederschlag zu finden hat, erweist sich die vom Landesgericht ausgemessene Strafe keineswegs als überhöht. Bleibt es aber bei der zehnmonatigen Freiheitsstrafe, kommt die Verhängung einer Geldstrafe anstelle der Freiheitsstrafe nicht in Betracht (§ 37 Abs. 1 StGB).
Der gegen das Adhäsionserkenntnis gerichteten Berufung mußte hingegen stattgegeben werden. Nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls hat die Privatbeteiligte Jaqueline P*** ihren Anspruch auf "Teilentschädigung" (allerdings ohne ausdrückliche oder sonst aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ersichtliche Spezifizierung) mit 1.000 S beziffert (S. 51). Entgegen der zwingenden Vorschrift des § 365 Abs. 2 StPO wurde hiezu weder der Angeklagte, der den Versuch der Nötigung zum Beischlaf bestritten hatte, gehört, noch ist dem (das Rechtsmittelgericht bindenden) Protokoll zu entnehmen, daß der Verteidiger zu diesem Privatbeteiligtenanspruch anstelle seines Klienten eine Stellungnahme abgab (SSt. 43/24, EvBl 1982/186, LSK. 1981/164 u.a.). Im Gerichtstag vor dem Obersten Gerichtshof hat der Verteidiger des Angeklagten die Berechtigung des geltend gemachten Anspruchs unter Hinweis darauf, daß kein Rechtsgrund für die Forderung der Privatbeteiligten angeführt, insbesondere keine Aufschlüsselung nach Schmerzengeld und Entschädigung für Verdienstentgang vorgenommen worden sei, den Berufungsantrag auf Verweisung der Privatbeteiligten auf den Zivilrechtsweg aufrecht erhalten.
Auch wenn der Privatbeteiligtenvertreter im selben Gerichtstag dazu die Erklärung abgab, daß es sich um "Schmerzengeldansprüche aus dem Titel des Schadenersatzes handle", vermag dies nicht darüber hinweg zu helfen, daß dem Erstgericht kein ordentlich geltend gemachter (§ 365 Abs. 2, erster Satz, StPO) Schadensbetrag vorlag, dessen Zuspruch ohne weiteres möglich gewesen wäre, zumal er ausdrücklich nur eine "Teilentschädigung" darstellen sollte. Da dieser Anspruch im Rechtsmittelverfahren weiterhin bestritten wird, ist auch in diesem Verfahrensstadium die Schaffung einer tragfähigen Grundlage, um über die Ersatzansprüche verläßlich urteilen zu können (§§ 366 Abs. 2, 369 StPO) nicht möglich (13 Os 114/85).
Anmerkung
E08092European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00023.86.0424.000Dokumentnummer
JJT_19860424_OGH0002_0130OS00023_8600000_000