Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 24.April 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Franz R*** und einen anderen wegen des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz R*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Jugendschöffengericht vom 9. Dezember 1985, GZ 4 Vr 2102/85-25, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 24.Juli 1968 geborene Franz R*** und der am 21.Juli 1970 geborene Karl Z*** der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs. 1 StGB (Urteilsfaktum I) und der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 StGB (Urteilsfaktum III) und Franz R*** ferner des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB (Urteilsfaktum II) schuldig gesprochen, weil sie in Graz
I. den Gernot H*** mit Gewalt und gefährlicher Drohung zu Handlungen und zu einer Unterlassung genötigt haben, und zwar:
1) Franz R*** und der abgesondert verfolgte Hans T*** zwischen dem 10.April 1985 und 29.Mai 1985 im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter durch wiederholtes Versetzen von Schlägen und dadurch, daß sie Gernot H*** mit dem Kopf nach unten am Türstock des Haftraumklosetts aufhängten, Franz R*** mit Gürteln seine Beine festband, Hans T*** seine Arme festhielt und Franz R*** mit einer Haarbürste an seinen Fußsohlen rieb, zum Aufräumen und Reinigen des Haftraumes,
2) Franz R*** und der abgesondert verfolgte Hans T*** zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen dem 10.April 1985 und 29. Mai 1985 im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter durch Würgen und Verdrehen eines Armes sowie durch Zuhalten der Nasenöffnungen, Franz R*** auch durch die Äußerung, er werde ihm sonst den Hals zudrücken, zum gleichzeitigen Rauchen von zwei Zigaretten,
3) Franz R*** und Karl Z*** zwischen dem 31.Mai 1985 und 4. Juni 1985 im bewußt gemeinsamen Zusammenwirken als unmittelbare Täter durch wiederholtes Versetzen von Schlägen, Franz R*** auch durch Versetzen von Tritten, zum Aufräumen und Reinigen des Haftraumes,
4) Franz R*** zwischen dem 31.Mai 1985 und 4.Juni 1985 durch die Äußerung, er werde ihn niederschlagen, wenn er durch Betätigung der Alarmglocke die Justizwachebeamten verständige, zur Unterlassung einer Meldung,
5) Franz R*** am 4.Juni 1985 durch die Äußerung, er werde ihm Schläge versetzen, wenn er Liegestütze auslasse, zur Durchführung von 20 Liegestützen,
II) Franz R*** Ende Mai 1985 den Gernot H*** dadurch vorsätzlich am Körper verletzt, daß er den erhitzten Teil eines Feuerzeuges zweimal gegen seinen linken Unterarm drückte, wodurch er zwei ca. 2 cm große Brandwunden erlitt,
III) Franz R*** und Karl Z*** am 5.Juni 1985 den Gernot H*** gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar:
1)
Franz R*** durch die Äußerung, er werde ihn umbringen,
2)
Karl Z*** durch die Äußerung, er werde ihn umhacken bzw. erschlagen.
Dieses Urteil, das hinsichtlich Karl Z*** in Rechtskraft erwachsen ist, wird von Franz R*** mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde und der Strafausspruch mit Berufung angefochten.
Der Angeklagte R*** hat in der Hauptverhandlung den Antrag auf Überprüfung des Leumunds des Zeugen H*** gestellt, zum Beweis dafür, daß seine Wahrheitsliebe nicht die größte ist, da im Hinblick auf die Verantwortung Z*** und R*** die Angaben des Zeugen unglaubwürdig erscheinen, ferner die Einvernahme des unter Anklage stehenden Hans T*** als Zeugen zum Beweis dafür, daß die vom Angeklagten R*** in der Hauptverhandlung gemachten Angaben der Wahrheit entsprechen (S 89). Das Schöffengericht hat die Beweisanträge mit der Begründung abgelehnt, daß an der Glaubwürdigkeit des Zeugen H*** im Laufe des Beweisverfahrens keine Zweifel entstanden sind, und überdies die Glaubwürdigkeit eines Zeugen der freien Beweiswürdigung durch das erkennende Gericht unterliege. Eine gesonderte Einvernahme des nicht erschienenen Angeklagten Hans T*** als Zeugen erübrige sich, weil durch die Beweisergebnisse der Sachverhalt eindeutig und zweifelsfrei geklärt sei. Überdies habe T*** im Zuge des Verfahrens ein Geständnis abgelegt, welches mit der Aussage des Zeugen H*** in vollem Umfang übereinstimme (S 91 f).
Durch dieses Zwischenerkenntnis erachtet sich der Angeklagte in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Beschwerde ist nicht berechtigt.
Die Überprüfung des Leumundes des Zeugen Gernot H*** wäre nur dann erforderlich gewesen, wenn mit Grund anzunehmen war, daß sich aus dem Vorleben des Zeugen Bedenken gegen seine Glaubwürdigkeit ergeben könnten. Solche Bedenken sind im Verfahren nicht entstanden. Der Angeklagte hat auch keine Tatsachen behauptet, die durch die Leumundserhebungen erhärtet werden sollten. Durch die Ablehnung des Antrags auf Überprüfung des Leumundes des Zeugen H*** wurden somit keine Verteidigungsrechte verletzt (Mayerhofer-Rieder 2 § 281 Z 4 StPO E 112).
Aber auch die Ablehnung des Antrages auf Einvernahme des Zeugen Hans T*** begründet keinen Verfahrensmangel. Die Verantwortung des Hans T*** im Vorverfahren (ON 5) wurde in der Hauptverhandlung gemäß § 252 Abs. 1 Z 1 StPO verlesen, ohne daß sich der Beschwerdeführer dagegen verwahrt hat (S 90). Wer einen Beweisantrag stellt, muß außer Beweisthema und Beweismittel noch angeben, aus welchen Gründen (insoweit sich dies nicht schon aus der Sachlage ergibt) erwartet werden kann, daß die Durchführung der beantragten Beweise das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde (Mayerhofer-Rieder aaO § 281 Z 4 StPO E 19). Hans T***, der nur an den ersten beiden Tathandlungen (Fakten 1 und 2) beteiligt war, hat diese beiden Vorfälle im Vorverfahren (ON 5) in Übereinstimmung mit der Aussage des Zeugen H*** so geschildert, wie sie das Gericht schließlich als erwiesen annahm. Keinerlei Umstände deuten darauf hin oder wurden im Antrag dargetan, daß er seine Angaben bei einer neuen Vernehmung ändern werde, zumal der Beschwerdeführer auch keine Behauptung in der Richtung aufgestellt hat, daß T*** von seiner im Vorverfahren abgelegten Aussage abgehen werde. Durch die Abweisung dieses Beweisantrages wurden somit im vorliegenden Fall keine Verteidigungsrechte verletzt.
Die Beschwerde war daher bereits in einer nichtöffentlichen Beratung als offenbar unbegründet sofort zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).
Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.
Anmerkung
E08703European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00058.86.0424.000Dokumentnummer
JJT_19860424_OGH0002_0120OS00058_8600000_000