TE OGH 1986/4/29 11Os45/86

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Veröffentlicht am 29.04.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat am 29.April 1986 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Piska als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter, Dr. Walenta, Dr. Schneider und Dr. Felzmann als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Breycha als Schriftführers, in der Strafsache gegen Viktor P*** und Rudolf T*** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, 2. Fall, StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten Rudolf T*** sowie die Berufung des Angeklagten Viktor P*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengerichts vom 11.Juli 1985, GZ 12 c Vr 6.851/84-115, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Scheibenpflug als Vertreters der Generalprokuratur und der Verteidiger Dr. Glatzl sowie Dr. Eltz, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf T*** wird verworfen.

Aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, im die Angeklagten Viktor P*** und Rudolf T*** betreffenden Punkt B/1./b/ des Schuldspruches, überdies im den Angeklagten Viktor P*** betreffenden Punkt B/2./a/ des Schuldspruches und dementsprechend auch im Strafausspruch, ferner im Ausspruch, daß der Privatbeteiligte Kurt K*** gemäß dem § 366 Abs. 2 StPO mit seinen Entschädigungsansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen wird, aufgehoben und gemäß dem § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang dieser Aufhebung in der Sache selbst erkannt:

Viktor P*** und Rudolf T*** werden von der Anklage, sich folgende als Kaufpreise erhaltene Beträge mit dem Vorsatz zugeeignet zu haben, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, nämlich 1./ beide im bewußten und gewollten Zusammenwirken im März 1983 den als Bezahlung des von Kurt K*** gekauften PKWs erhaltenen Betrag von 89.000 S,

2./ Viktor P*** allein im April 1983 den als Bezahlung des von Slobodan V*** gekauften PKWs erhaltenen Betrag von 76.000 S, und hiedurch in Verbindung mit anderen von ihnen zu verantwortenden Tathandlungen (wobei insgesamt ein 100.000 S übersteigender Schaden entstanden ist) das Verbrechen der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB begangen zu haben, gemäß dem § 259 Z 3 StPO freigesprochen. Viktor P*** und Rudolf T*** werden für die ihnen laut dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruches weiterhin zur Last liegenden strafbaren Handlungen, nämlich

1./ Viktor P*** für das Vergehen der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 StGB (Fakten A/1 und A/2 des Schuldspruches) und für das Verbrechen der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB (Fakten B/1./a/ und B/2./b/ des Schuldspruches),

2./ Rudolf T*** für das Verbrechen der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB (Faktum B/1./a/ des Schuldspruches) und für das Vergehen des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB (Faktum C/ des Schuldspruches) nach dem zweiten Strafsatz des § 133 Abs. 2 StGB unter Anwendung des § 28 Abs. 1 StGB, Viktor P*** gemäß den §§ 31, 40 StGB auch unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Strafbezirksgerichtes Wien vom 8. August 1984, AZ 7 U 1.066/84, zu Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar

Viktor P*** in der Dauer von 2 (zwei) Jahren, 5 (fünf)

Monaten und 15 (fünfzehn) Tagen und Rudolf T*** in der Dauer von 2 (zwei) Jahren.

Der Ausspruch über die Anrechnung der vom Angeklagten Rudolf T*** erlittenen Vorhaft wird aus dem Ersturteil übernommen. Der Privatbeteiligte Kurt K*** wird mit seinen Entschädigungsansprüchen gemäß dem § 366 Abs. 1 StPO auf den Zivilrechtsweg verwiesen.

Mit ihren Berufungen werden beide Angeklagten auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Rudolf T*** auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden der am 29.Juli 1940 geborene Taxilenker Viktor P*** des Vergehens der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB und des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB sowie der am 12. April 1942 geborene Kaufmann Rudolf T*** des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2, zweiter Fall, StGB und des Vergehens des schweren Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB schuldig erkannt. Von einem weiteren Anklagevorwurf in Richtung des Verbrechens der Veruntreuung wurden sie unter einem gemäß § 259 Z 3 StPO rechtskräftig freigesprochen.

Als Veruntreuung und schwerer Betrug - insoweit ficht der Angeklagte T*** den ihn betreffenden Schuldspruch mit Nichtigkeitsbeschwerde an - wird den beiden Angeklagten angelastet, I./ Viktor P*** und Rudolf T*** hätten sich in Wien teils allein, teils im bewußten und gewollten Zusammenwirken ihnen anvertraute Güter in einem 100.000 S übersteigenden Wert, nämlich Erlöse aus Verkäufen von PKW und zur (gemeint wohl: als) Entrichtung von Kaufpreisen erhaltene Beträge, mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern:

1./ Viktor P*** und Rudolf T***

a/ Ende 1982 den Erlös in Höhe von 370.000 S aus dem kommissionsweisen Verkauf eines PKWs Mercedes 280 SE der A***-E***-Gesellschaft m.b.H.,

b/ im März 1983 den als Bezahlung eines von Kurt K*** gekauften

PKWs erhaltenen Betrag von 89.000 S,

2./ Viktor P*** allein

a/ im April 1983 den als Bezahlung eines von Slobodan V***

gekauften PKWs erhaltenen Betrag von 76.000 S,

b/ im Juli 1983 den Erlös von 30.000 S aus dem kommissionsweisen Verkauf eines PKWs des Dr.Klaus N*** (Punkt B/ des Schuldspruches);

II./ Rudolf T*** habe Ende Februar oder Anfang März 1984 in Wien mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Oswald H*** durch die Vorspiegelung, ein zahlungsfähiger und zahlungswilliger Käufer zu sein, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Ausfolgung eines Brillanten von 1,01 Karat im Wert von mindestens 84.000 S und somit zu einer Handlung verleitet, welche den Getäuschten in der angeführten Höhe am Vermögen schädigte (Punkt C/ des Schuldspruches). Der Angeklagte Rudolf T*** macht nominell nur den Nichtigkeitsgrund der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO (der Sache nach jedoch auch jenen der Z 9 lit a der genannten Gesetzesstelle) geltend. Obgleich dem Beschwerdevorbringen nichts zu entnehmen ist, was inhaltlich (auch) auf den Schuldspruch wegen Vergehens des schweren Betrugs nach den §§ 146, 147 Abs. 2 StGB (Punkt C/) bezogen werden könnte und der primäre Rechtsmittelantrag bloß auf den Freispruch vom Verbrechen der "Untreue" (gemeint wohl: Veruntreuung) abzielt, muß der Schuldspruch des Angeklagten T*** zur Gänze als mit Nichtigkeitsbeschwerde angefochten angesehen werden, zumal der Beschwerdeführer eingangs seiner Rechtsmittelausführung ausdrücklich erklärt, das Urteil (gemeint wohl: den Schuldspruch) seinem "gesamten Inhalt nach" anzufechten (S 218/III. Band), und auch das auf eine kassatorische Entscheidung abzielende Eventualbegehren auf die Aufhebung des Urteiles und die Zurückverweisung der Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Gericht erster Instanz schlechthin gerichtet ist (S 220/III. Band).

Rechtliche Beurteilung

Vorweggenommen sei, daß inhaltlich eine Rechtsrüge ausgeführt wird, soweit der Angeklagte T*** nähere Feststellungen über seine Funktion bei der "B***"-R***-Ges.m.b.H., in deren

Betrieb die Veruntreuungshandlungen begangen worden sein sollen, sowie über das jeweilige Vorhandensein eines präsenten Deckungsfonds bei Begehung dieser Taten vermißt und damit Feststellungsmängel im Sinn des materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO releviert, zumal er die Rechtsmeinung vertritt, daß die Möglichkeit tatbestandsmäßigen Handelns im Sinn einer Veruntreuung von seiner Stellung im Unternehmen abhänge. In diesem Zusammenhang sei zu den einleitenden Ausführungen der Nichtigkeitsbeschwerde bemerkt, daß den Beschwerdebehauptungen zuwider in den Gründen des angefochtenen Urteils (Band III/S 163) keineswegs festgestellt ist, der Beschwerdeführer, der Zweitangeklagter war, habe 1 % des Stammkapitals der "B***"-R*** Ges.m.b.H. übernommen, sondern (zutreffend) konstatiert wird, daß der Erstangeklagte (Viktor P***) 1 % des Stammkapitals dieser Gesellschaft besaß, dessen Ehefrau Ingeborg P*** aber die restlichen 99 %. Bei der vom Beschwerdeführer als "Herr 'M***' (?)" (S 218/III. Band) apostrophierten Person handelt es sich um seine eigene, in der Türkei geborene Ehefrau Münevver T*** (vgl Band III/S 171, 188; Band II/S 235 ff); ob sie an einer Firma Josef D*** mit 25 % beteiligt war, spielt im Zusammenhang mit den dem Beschwerdeführer vorgeworfenen gerichtlich strafbaren Handlungen keine Rolle. Daß der Angeklagte T*** "Geschäftsführer" der "B***"-R*** Ges.m.b.H. gewesen sei, wird im Urteil gar nicht angenommen; diese Stellung wird vielmehr dem Erstangeklagten Viktor P*** zugewiesen (vgl Band III/S 157, 163, 164 und 170). Der Beschwerdeführer wird ausdrücklich als Verkäufer in diesem Unternehmen bezeichnet (Band III/S 165, 176), welche Stellung er auch selbst nicht bestreitet.

Welche Feststellungen das Erstgericht außerdem noch über die (allgemeine) Stellung des Angeklagten T*** innerhalb der "B***"-R*** Ges.m.b.H. hätte treffen sollen, ist nicht zu ersehen, zumal entgegen der Beschwerdemeinung auch der Angestellte eines Unternehmens an einer vom Geschäftsführer begangenen Veruntreuung in strafrechtlich relevanter Weise beteiligt sein kann, wobei das Bestehen und die Form einer solchen Beteiligung (§ 12 StGB) nur von Fall zu Fall auf Grund der jeweils gegebenen sonstigen Umstände feststellbar sind. Das Erstgericht hatte auch keine Veranlassung, sich zum Veruntreuungskomplex mit der Frage eines allfälligen präsenten Deckungsfonds auseinanderzusetzen und darüber Feststellungen zu treffen, weil sich weder der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren auf einen derartigen Umstand konkret berief, noch die Annahme eines präsenten Deckungsfonds durch sonstige Beweisergebnisse indiziert war (vgl im Gegenteil insbesondere die Feststellungen zum Vergehen der fahrlässigen Krida nach dem § 159 Abs. 1 Z 1 und 2 StGB, das dem Angeklagten Viktor P*** allein zur Last fällt).

Aus diesen Erwägungen kann dem der Sache nach als Rechtsrüge ausgeführten Teil der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf T*** ebensowenig Erfolg beschieden sein wie der Anfechtung seines Schuldspruches wegen Vergehens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 2 StGB (Punkt C/), zumal das Rechtsmittel in bezug auf dieses Delikt - welches mit der geschäftlichen Tätigkeit des Beschwerdeführers in der Firma "B***"-R*** Ges.m.b.H. in keinem Zusammenhang steht - jeder Substantiierung und damit einer gesetzmäßigen Ausführung entbehrt.

Der Mängelrüge des Angeklagten Rudolf T*** kommt aber auch keine Berechtigung zu, soweit dem Erstgericht zum Vorwurf gemacht wird, seine dem Punkt B/1./a/ des Schuldspruches zugrundeliegenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite (Band III/S 177 oben) unzureichend bzw nur zum Schein begründet haben. Das Erstgericht konstatierte hiezu, Rudolf T*** habe - bereits vor dem Verkauf des der "B***"-R*** Ges.m.b.H. zur kommissionsweisen

Veräußerung überlassenen PKWs Marke Mercedes 280 SE der A***-E***-Gesellschaft m.b.H. - zusammen mit dem Mitangeklagten Viktor P*** den Entschluß gefaßt, den Verkaufserlös vertragswidrig nicht an Othmar E*** herauszugeben, sondern zur Bezahlung von Schulden der Gesellschaft und des Viktor P*** zu verwenden. Diese Feststellung wurde teilweise auch auf die eigene Verantwortung des Beschwerdeführers (in der Hauptverhandlung; vgl Band III/S 125; die Zitierung der diesbezüglich nicht ergiebigen Verantwortung vor dem Untersuchungsrichter, Band I/S 491 a verso in Band III/S 180 geschah offensichtlich irrtümlich) gestützt, das Auto sei schon einige Zeit bei der "B***"-R*** Ges.m.b.H. gestanden und es seien schon Käufer dagewesen, P*** habe dann aber gesagt, daß er Geld brauche und T*** möge "ihm helfen" und schauen, das Auto gegen ein anderes und Bargeld einzutauschen, was er auch getan habe (Tausch/Kauf gegen einen PKW BMW Alpina und 200.000 S Bargeld, Weitergabe des eingetauschten PKW an einen anderen Käufer); den (Teil-)Erlös von 200.000 S habe er P*** übergeben, der damals schon 140.000 S bis 160.000 S Schulden aus der Platzmiete gehabt habe. Entgegen dieser Verantwortung nahm das Erstgericht auf Grund der Zeugenaussage des Käufers K*** (Band III/S 135, 136) als erwiesen an, daß der in Rede stehende PKW Mercedes 280 SE nur gegen Barzahlung verkauft wurde und der gesamte Kaufpreis von 380.000 S P*** zufloß (Band III/S 178, 179). Die aus der oben wiedergegebenen Verantwortung (des Angeklagten T***) vom Erstgericht gezogene Folgerung tatsächlicher Art, daß der Beschwerdeführer bei der Verwertung des zum kommissionsweisen Verkauf (um mindestens 370.000 S, S 124, 131/III. Band) übernommenen PKWs ebenso mit dolus im Sinn des Deliktes der Veruntreuung handelte wie sein Mitangeklagter Viktor P*** - ohne daß es im Hinblick auf die rechtliche Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen des § 12 StGB einer näheren Prüfung bedarf, welcher von ihnen das Verhalten des Beschwerdeführers entspricht -, steht im Einklang mit den Denkgesetzen und der allgemeinen Lebenserfahrung und ist folglich einer wirksamen Anfechtung mit Mängelrüge entzogen. Das Erstgericht setzte diesbezüglich einen Akt freier Beweiswürdigung und kam in entscheidungswesentlichen Punkten auch seiner Begründungspflicht - unter Bedachtnahme auf die Erfordernisse des § 270 Abs. 1 Z 5 StPO - voll nach.

Auch insoweit war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Rudolf T*** daher zu verwerfen.

Eine aus Anlaß dieser Nichtigkeitsbeschwerde vorgenommene Prüfung der Akten zeigt jedoch, daß das erstgerichtliche Urteil zum Nachteil der beiden Angeklagten in den Veruntreuungsfakten Punkt B/ 1./ b/ und Punkt B/ 2./ a/ des Schuldspruches (ersteres Faktum beide Angeklagte, letzteres nur den Angeklagten Viktor P*** betreffend) mit dem weder von Viktor P*** - der den Schuldspruch unbekämpft ließ - noch von Rudolf T*** in dieser Richtung geltend gemachten materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs. 1 StPO behaftet ist, was ein Vorgehen gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO erforderlich macht.

Nach den Feststellungen des Erstgerichtes zu Punkt B/ 1./ b/ des Schuldspruches kaufte Kurt K*** im März 1983 von der "B***"-R*** Ges.m.b.H. einen PKW Marke Mercedes 280 SE um den Preis von 89.000 S, wobei der Käufer bei der AVA-Bank einen Kredit aufnahm und die Kreditgeberin den kreditierten Betrag direkt an die Verkäuferin überwies. Nach Hervorkommen von Mängeln am Fahrzeug erklärte sich Rudolf T*** zur Rücknahme des Fahrzeuges und zur Abdeckung des Kredites bei der AVA-Bank bereit. In der Folge beschlossen die Angeklagten jedoch, die von der AVA-Bank an sie überwiesene Kaufpreissumme entgegen der nachträglich mit Kurt K*** getroffenen Vereinbarung nicht zurückzuerstatten, sondern für andere Zwecke zu verwenden, was auch geschah (Band III/S 180, 181). Zum Faktum B/ 2./ a/ konstatierte das Erstgericht, daß Slobodan V*** im April 1983 von der "B***"-R*** Ges.m.b.H.

einen PKW Marke Mercedes 280 SE zum Preis von 230.000 S kaufte, wobei der Käufer einen Teilbetrag von 80.000 S bei Vertragsabschluß entrichtete und der Rest von 150.000 S durch einen bei der AVA-Bank aufgenommenen Kredit in dieser Höhe aufgebracht wurde; diesen Betrag überwies die Bank unmittelbar an die Verkäuferfirma. In diesem Zusammenhang kann es als nicht entscheidungswesentlich auf sich beruhen, ob der Kaufpreis für den PKW 230.000 S betrug und zum Teil durch eine Anzahlung des V*** entrichtet wurde oder ob die Anzahlung nur fingiert war und der tatsächliche Preis 150.000 S ausmachte (vgl S 133, 134/III. Band). Als sich bei der Übergabe die Fahruntüchtigkeit des PKWs herausstellte, wurde der Kauf rückgängig gemacht, der Ankauf eines anderen Wagens mit Slobodan V*** (um 68.000 S) vereinbart und Viktor P*** verpflichtete sich V*** gegenüber, an die AVA-Bank 76.000 S zurückzuzahlen; er kam dieser Verpflichtung jedoch nicht nach, sondern führte den an ihn von der AVA-Bank ausbezahlten Betrag anderen Zwecken zu (Band III/S 182, 183).

In beiden Fällen nahm das Erstgericht ein Handeln der jeweils daran beteiligten Angeklagten mit Zueignungs- und Bereicherungsvorsatz für jene Geldbeträge, zu deren Rückzahlung an die AVA-Bank sie sich verpflichtet hatten, als gegeben und in rechtlicher Hinsicht (in Verbindung mit anderen als Veruntreuung zu wertenden Delikten) den Tatbestand des Verbrechens der Veruntreuung nach dem § 133 Abs. 1 und Abs. 2 zweiter Fall StGB als erfüllt an. Dieser Rechtsansicht kann nicht gefolgt werden. Die Angeklagten eigneten sich hier nämlich kein Gut zu, das ihnen in Form der Überlassung des Gewahrsams mit einer im Sinn des Gewaltgebers auszuübenden Rückstellungs- oder Verwendungspflicht "anvertraut" worden war: Bei den in Rede stehenden Geldbeträgen handelte es sich vielmehr um Kaufpreise für verkaufte PKW, die nach Erhalt in das freie Eigentum der Verkäuferin übergegangen waren und mit denen daher der Erstangeklagte P*** und in dessen Auftrag auch der Zweitangeklagte T*** nach Gutdünken verfahren durften. Daß es in beiden Fällen nachträglich zu einer einvernehmlichen Auflösung der Kaufverträge kam und die Angeklagten in diesem Zusammenhang gegenüber den Käufern, welche ihrerseits die von ihnen gekauften PKW zurückstellten, die Verpflichtung übernahmen, die AVA-Bank rücksichtlich der aushaftenden Kreditrückzahlungsforderungen klaglos zu stellen, welcher Vereinbarung sie aber nicht nachkamen, begründet - unbeschadet bestehender zivilrechtlicher Erfüllungsansprüche - keine strafrechtliche Verantwortlichkeit. Denn allein aus der allgemeinen Pflicht, einen Vertrag zu erfüllen, oder aus dem Umstand, jemandem eine bestimmte Summe oder Sachen zu schulden, läßt sich noch keine den Erfordernissen des § 133 StGB genügende sachbezogene Fürsorgepflicht (Verpflichtung, bestimmte Vermögensinteressen des Berechtigten wahrzunehmen) ableiten, zumal die Bestimmung des § 133 StGB keineswegs die Aufgabe hat, Vertragswidrigkeiten als solche zu pönalisieren (vgl Kienapfel, BT II, RN 33 zu § 133 StGB).

Das Erstgericht erkannte sohin, ausgehend von den von ihm getroffenen Feststellungen, die Angeklagten in diesen beiden Fakten zu Unrecht einer Veruntreuung schuldig.

Gemäß dem § 290 Abs. 1 StPO war daher das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt zu bleiben hatte, bezüglich der Angeklagten Viktor P*** und Rudolf T*** im Punkt B/ 1./ b/ des Schuldspruches, hinsichtlich des Angeklagten Viktor P*** überdies im Punkt B/ 2./ a/ des Schuldspruches und dementsprechend auch im Strafausspruch, ferner auch im Ausspruch, daß der Privatbeteiligte Kurt K*** gemäß dem § 366 Abs. 2 StPO mit seinen Entschädigungsansprüchen auf den Zivilrechtsweg verwiesen werde, aufzuheben und gemäß § 288 Abs. 2 Z 3 StPO im Umfang dieser Aufhebung in der Sache selbst wie im Spruch zu erkennen. Bei der durch die teilweise Kassation notwendig gewordenen Neubemessung der Strafen wertete der Oberste Gerichtshof das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, bei Rudolf T*** auch die Vorstrafenbelastung und bei Viktor P*** die Verwirklichung beider Tatbestände des § 159 Abs. 1 StGB bei zwei Gesellschaften unter grober, vorsatznaher Mißachtung jeglicher kaufmännischer Grundsätze als erschwerend.

Als mildernd wurden demgegenüber bei beiden Angeklagten die Teilgeständnisse, bei Viktor P*** auch seine Unbescholtenheit (zu den Tatzeitpunkten) berücksichtigt.

Bei Abwägung dieser Strafzumessungsgründe erschienen in Anbetracht des Wegfalls der angeführten Veruntreuungsfakten bei Viktor P*** - unter Bedachtnahme gemäß den §§ 31, 40 StGB auf das bereits in erster Instanz aktenkundige, rechtskräftige Erkenntnis des Strafbezirksgerichtes Wien vom 8.August 1984, AZ 7 U 1066/84 (§ 88 Abs. 1 StGB; 30 Tagessätze zu je 190 S, im Nichteinbringungsfall 15 Tage Freiheitsstrafe) - eine (Zusatz-)Freiheitsstrafe von zwei Jahren, fünf Monaten und fünfzehn Tagen, bei Rudolf T*** eine Freiheitsstrafe in der Dauer von zwei Jahren dem Unrechtsgehalt der Tathandlungen und den Täterpersönlichkeiten der beiden Angeklagten angemessen. Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf diese Entscheidung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung und die Verweisung des Privatbeteiligten Kurt K*** gemäß dem § 366 Abs. 1 StPO auf den Zivilrechtsweg gründen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

Anmerkung

E08313

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0110OS00045.86.0429.000

Dokumentnummer

JJT_19860429_OGH0002_0110OS00045_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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