TE OGH 1986/4/30 3Ob52/86

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Veröffentlicht am 30.04.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Kinzel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hule, Dr.Warta, Dr.Klinger und Mag.Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Herbert P***, Kaufmann, Haid, Wasserwerkstraße 38, vertreten durch Dr.Alfred Haslinger, DDr.Heinz Mück und Dr.Peter Wagner, Rechtsanwälte in Linz, wider die verpflichtete Partei Johann K***, Landwirt und Kaufmann, Höhnhart, Eigelsberg 5, vertreten durch Dr.Hans Estermann und Dr.Rudolf W. Dallinger, Rechtsanwälte in Mattighofen, wegen 202.580,26 S s.A., infolge Revisionsrekurses der verpflichteten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgerichtes vom 18.Februar 1986, GZ R 408/85-5, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mauerkirchen vom 3.Dezember 1985, GZ E 2749/85-2, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird in Ansehung der Entscheidung über die Verpfändung sowie im Kostenpunkt bestätigt, in Ansehung der Entscheidung über die Verwertung jedoch dahin abgeändert, daß die Entscheidung über den Verwertungsantrag vorbehalten wird. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekurses wird der Entscheidung über den Verwertungsantrag vorbehalten.

Text

Begründung:

Die betreibende Partei beantragte, ihr auf Grund eines näher bezeichneten Exekutionstitels zur Hereinbringung ihrer vollstreckbaren Forderung die Exekution durch Pfändung des von der verpflichteten Partei in Höhnhart, Eigelsberg 5, betriebenen Gewerbes der Schottergewinnung und des Schottertransportes und der dem Geschäftsbetrieb zugrundeliegenden Gewerbeberechtigung zu bewilligen und an die verpflichtete Partei das Gebot zu erlassen, sich jeder Verfügung über das genannte Gewerbe und die Gewerbeberechtigung zu enthalten, insbesondere ihr die Zurücklegung der Gewerbeberechtigung zu untersagen. Sie beantragte weiter die Verständigung der Gewerbebehörde und die Verpachtung des Gewerbes und der Gewerbeberechtigung durch öffentliche Versteigerung. Das Erstgericht wies den Antrag ab. Die Landwirtschaft des Verpflichteten und der auf einem Teil der Liegenschaft vom Verpflichteten geführte landwirtschaftliche Nebenbetrieb zur Schottergewinnung sei als betriebliche Einheit anzusehen; Pfändung und Verpachtung eines Teils eines Betriebes sei nicht möglich. Da sich das Unternehmen nicht nur zufällig auf der Liegenschaft befinde, sondern auf einer dem Unternehmen gewidmeten Liegenschaft betrieben werde (Betriebsliegenschaft), könne auf das Unternehmen nicht abgesondert Exekution geführt werden. Der vom Verpflichteten geführte landwirtschaftliche Nebenbetrieb sei als Liegenschaftszubehör anzusehen und dürfe daher nur mit der Liegenschaft selbst in Exekution gezogen werden. Die Verwertung der Konzession allein sei nur zulässig, wenn ein Gewerbebetrieb noch nicht oder nicht mehr bestehe.

Das Rekursgericht gab dem Antrag zur Gänze, also auch hinsichtlich der beantragten Verpachtung statt; es sprach aus, daß ein Rekurs gegen seinen Beschluß nicht zulässig sei. Es führte aus, von einer betrieblichen Einheit könne nicht ausgegangen werden, weil die beiden Erwerbsquellen des Verpflichteten kaum Gemeimsamkeiten aufwiesen. Eine engere betriebsorganisatorische Verbindung komme wegen der verschieden gelagerten Tätigkeitsbereiche nicht in Betracht, auch die zum Betrieb erforderliche spezielle Maschinenausstattung könne in der Regel nur im jeweiligen Bereich eingesetzt werden. Die Tatsache, daß die Schottergewinnung auf einem Teil der Liegenschaft "des Verpflichteten" erfolge, die auch der landwirtschaftlichen Nutzung diene, könne ebenfalls nicht zum Anlaß für die Bewertung als betriebliche Einheit genommen werden. Die Ansicht, wonach das Schottergewinnungsunternehmen als Zubehör zur Betriebsliegenschaft gelten müsse, sei verfehlt. Dem Unternehmen komme als selbständiger, organisierter Erwerbsgelegenheit der Charakter einer Hauptsache zu, der allenfalls die Liegenschaft als Zubehör gewidmet sein könne, und nicht umgekehrt. Der Revisionsrekurs sei nicht zuzulassen gewesen, weil aufklärungsbedürftige Rechtsfragen von weiterreichender Bedeutung nicht vorlägen.

Der Verpflichtete bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs und beantragt, ihn dahin abzuändern, daß der Exekutionsantrag abgewiesen wird; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Verpflichtete macht geltend, sein Rechtsmittel sei zulässig, weil eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Zwangsverpachtung eines Schotterabbaubetriebes fehle. Die Sand- und Schottergewinnung könne nicht Gegenstand einer Zwangsverpachtung sein. Der Abbau von Schottervorkommen könne auch unabhängig von einem Exekutionsverfahren nicht mittels eines Pachtvertrages vereinbart werden, da es sich hiebei nicht um die Nutzung einer unverbrauchbaren Sache handle, der Schotterabbau vielmehr die Substanz der Liegenschaft angreife und Schotter als solcher eine verbrauchbare Sache darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Festzuhalten ist vorerst, daß eine abgesonderte Exekutionsführung auf das gewerbliche Unternehmen des Verpflichteten ungeachtet der vom Erstgericht aufgezeigten Umstände - die dem Erstgericht aus dem gegen den Verpflichteten und seine Ehegattin Kreszenz K*** anhängigen Zwangsversteigerungsverfahren, AZ E 3033/84 des Erstgerichtes, das neben zahlreichen anderen in EZ 14 der KG Obermigelsbach eingetragenen Grundstücken auch jene umfaßt, auf denen der Schotterabbau betrieben wird, bekannt waren - durchaus zulässig ist. Wie sich aus § 161 Abs. 1 EO ergibt, wird selbst die Zwangsverwaltung der (gesamten) Liegenschaft durch deren Zwangsversteigerung nicht behindert; es kann auch nach Beginn der Zwangsversteigerung die Zwangsverwaltung eingeleitet werden, weil beide ganz selbständige Exekutionsarten sind und demnach nebeneinander durchgeführt werden können; erst mit dem Tag des Zuschlages endet die Zwangsverwaltung und geht in eine einstweilige Verwaltung zugunsten des Erstehers über (Heller-Berger-Stix 955). Unterschiedliche Ansichten werden zwar zur Frage der Abgrenzung zwischen der Zwangsverwaltung nach den §§ 97 ff EO und der Exekution auf gewerbliche Unternehmungen i.S. der §§ 341 ff EO vertreten (vgl. Heller-Berger-Stix 950). Für den vorliegenden Fall ist dies allerdings ohne weitere Bedeutung, da eine Zwangsverwaltung der Liegenschaft (nach den §§ 97 ff EO) nicht anhängig ist und der Schotterabbau nur auf einem Teil der Liegenschaft betrieben wird, die übrigens im Eigentum auch der Kreszenz K*** stehende Liegenschaft außerdem der Landwirtschaft dient und - namentlich ohne nähere Kenntnis der im gegenständlichen Verfahren überhaupt nicht aktenkundigen Umstände - nicht gesagt werden kann, daß der Schotterabbau wirtschaftlich überwiegt (Heller-Berger-Stix 949). Es kann daher auch nicht von einer Betriebsliegenschaft gesprochen werden; denn eine Betriebsliegenschaft liegt nur dann vor, wenn die Liegenschaft ausschließlich oder überwiegend dem Betrieb eines bestimmten Unternehmens gewidmet ist (SZ 47/96 u.a.). Die Exekutionsführung auf das Unternehmen des Verpflichteten gemäß den §§ 341 ff EO ist daher an sich nicht unzulässig.

Die Art der Verwertung hat das Exekutionsgericht gemäß § 331 Abs. 2 EO auf Antrag des betreibenden Gläubigers nach Vernehmung des Verpflichteten und aller Gläubiger, zu deren Gunsten die Pfändung vorgenommen wurde, zu bestimmen (Heller-Berger-Stix 2434). Der Umstand, daß das Rekursgericht eine derartige Vernehmung nicht durchgeführt hat, bildet einen Verfahrensverstoß, durch den der Anspruch des Verpflichteten (und der in § 331 Abs. 2 EO genannten Gläubiger) auf rechtliches Gehör verletzt wurde. Ein derartiger Verstoß ist grundsätzlich von erheblicher Bedeutung, besonders dann, wenn - wie hier - infolge dieser Verletzung sämtliche Voraussetzungen für eine fundierte Entscheidung über den Verwertungsantrag fehlen. Selbst bei Berücksichtigung des im Zwangsversteigerungsverfahren E 3033/84 des Erstgerichtes eingeholten Schätzungsgutachtens kann lediglich davon ausgegangen werden, daß sich auf mehreren Grundstücken der dem Verpflichteten und Kreszenz K*** je zur Hälfte gehörigen Liegenschaft EZ 14 KG Obermigelsbach eine Schotterabbauanlage befindet und daß die Bewilligung zum Betrieb der Schottergrube dem Verpflichteten von der zuständigen Bezirkshauptmannschaft am 23.November 1978 erteilt wurde. Es ist daher beispielsweise völlig unklar, wie die Rechtsverhältnisse zwischen dem Unternehmer und den Liegenschaftseigentümern in Ansehung des Schotterabbaues geregelt sind, insbesondere, ob Rechtsverhältnisse vorliegen, die als Schotterabbauvertrag angesehen werden und einer etwaigen Verpachtung zugrundegelegt werden könnten (zur rechtlichen Qualifikation der Abbauverträge vgl. etwa JBl. 1975, 145 mit Besprechung von Bydlinski, MietSlg. 36.183, Bydlinski in Klang 2 IV/2, 132 f und Klang in Klang 2 V/19).

Da ein Exekutionsantrag nur dann abzuweisen ist, wenn sich schon aus dem Antrag ergibt, daß es sich um ein nicht pfändbares (SZ 56/67, Heller-Berger-Stix 2336) oder einer Verwertung nicht zugängliches Recht handelt (SZ 46/17, Heller-Berger-Stix 2328), die Unpfändbarkeit oder Unverwertbarkeit des in Exekution gezogenen Objektes im vorliegenden Fall aber keineswegs von vornherein feststeht, war deshalb zwar die Pfändung zu bewilligen und der angefochtene Beschluß insoweit zu bestätigen, die Entscheidung über den Verwertungsantrag dagegen dem weiteren Verfahren (§ 331 Abs. 2 EO) vorzubehalten und die Entscheidung der zweiten Instanz insoweit abzuändern.

Das Rechtsmittel des Verpflichteten erweist sich daher als zulässig und im aufgezeigten Umfang auch berechtigt. Die Kostenentscheidung erfolgte nach § 78 EO, § 52 ZPO.

Anmerkung

E08146

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00052.86.0430.000

Dokumentnummer

JJT_19860430_OGH0002_0030OB00052_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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