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L55006 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Steiermark;Norm
NatSchG Stmk 1976 §4 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde der M H in K, vertreten durch Eisenberger - Herzog - Nierhaus - Forcher & Partner, Rechtsanwaltssozietät in 8010 Graz, Hilmgasse 10, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 28. Mai 2002, Zl. FA13C-55 K 12/3-2002, betreffend Entfernungsauftrag nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz 1976, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerdeführerin unter Berufung auf § 4 Abs. 7 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976, LGBl. Nr. 65 (in der Folge: Stmk NatSchG), - in Bestätigung des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 8. Mai 2000 - aufgetragen, die nicht bewilligte Ankündigung (Werbeeinrichtung) an der B 72 nach der Kumberger-Brücke bei Kilometer 13,6 binnen zwei Wochen zu entfernen.
In der Begründung vertrat die belangte Behörde nach Wiedergabe der angewendeten Rechtsgrundlagen die Auffassung, auf Grund des festgestellten Sachverhaltes durch die Behörde erster Instanz ergebe sich eindeutig, dass die Werbeeinrichtung "außerhalb geschlossener Ortschaft" gelegen sei. Die Werbeeinrichtung sei ca. 15 m vom letzten Gebäude der Ortschaft Frindorf in südlicher Richtung entfernt situiert und trete aus dem Schatten dieses Gebäudes deutlich hervor. Auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Berufung sei zu erwidern, dass im vorliegenden Fall weder die Nähe des Aufstellungsortes der Werbeeinrichtung zur Ortstafel von Frindorf, noch die Existenz des dort befindlichen Kreisverkehrs ein Beweis für das Vorhandensein eines geschlossen bebauten Gebietes sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 4 Abs. 1 Stmk NatSchG dürfen Ankündigungen (Werbeeinrichtungen, Bezeichnungen, Hinweise und nicht amtliche Bekanntmachungen) außerhalb geschlossener Ortschaften nur mit Bewilligung der Bezirksverwaltungsbehörde vorgenommen werden. Die Zustimmung des Grundeigentümers (Verfügungsberechtigten) ist nachzuweisen.
Nach § 4 Abs. 2 Stmk NatSchG ist eine Bewilligung nicht erforderlich für
1. Ankündigungen, die
a) in ihrer Ausführungsart durch Gesetz oder Verordnung festgelegt oder
b) zur Bezeichnung von Geschäfts- oder Betriebsstätten gesetzlich vorgeschrieben sind sowie
2. Hinweise ohne Werbezusätze, die zur Auffindung nahe gelegener Geschäfts- oder Betriebsstätten oder von Naturschönheiten und Kulturstätten dienen.
Nicht bewilligte Ankündigungen sind gemäß § 4 Abs. 7 Stmk NatSchG binnen zwei Wochen nach Aufforderung durch die Bezirksverwaltungsbehörde von demjenigen zu entfernen, der sie veranlasst hat oder, wenn dieser nicht mehr herangezogen werden kann, vom Grundeigentümer (Verfügungsberechtigten), wenn dieser dazu sein Einverständnis erteilte. Können beide nicht herangezogen werden, hat die Bezirksverwaltungsbehörde die Entfernung durchzuführen.
Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, dass die ohne naturschutzrechtliche Bewilligung aufgestellte Werbeeinrichtung außerhalb geschlossener Ortschaft errichtet worden ist.
In der Beschwerde wird dieser Umstand zunächst mit dem Hinweis darauf in Abrede gestellt, dass sich in südlicher Richtung der Werbetafel ein Kreisverkehr sowie die Ortstafel der Ortschaft Frindorf befinde. Direkt im Bereich südlich der Werbetafel bzw. im Bereich des Kreisverkehrs sei auch ein asphaltierter Parkplatz für 30 bis 40 Personenkraftwagen errichtet worden, der als Bestandteil der Ortschaft Frindorf einzustufen sei.
Eine "geschlossene Ortschaft" im Sinne des § 4 Abs. 1 Stmk NatSchG liegt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insoweit vor, als das äußere Erscheinungsbild des Ortes bzw. Ortsteiles überwiegend von einer größeren Ansammlung von Bauwerken einschließlich der sie etwa umgebenden Grünanlagen geprägt wird oder von einem räumlichen Zusammenschluss einer Vielheit von Bauwerken gesprochen werden kann, die sich durch den Zusammenschluss von einzelnen verstreut liegenden Baulichkeiten sichtbar abhebt. Es kommt dabei nicht auf den Ausblick in die Landschaft, sondern nur auf die Umgebung des Standortes der Ankündigungstafel an (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 29. Jänner 2001, Zl. 99/10/0132). Für die Beurteilung der Frage, ob eine geschlossene Ortschaft, die sich von der verbleibenden natürlichen Landschaft abhebt, vorliegt, ist eine großflächige Betrachtungsweise geboten. Ob sich der fragliche Bereich innerhalb oder außerhalb des Bereiches von Ortstafeln befindet, ist ohne Belang (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 31. Mai 1999, Zl. 99/10/0017). Werbeeinrichtungen, die außerhalb des letzten Gebäudes, das zu einer geschlossenen Ortschaft zählt, aufgestellt sind, liegen außerhalb der geschlossenen Ortschaft im Sinne des § 4 Abs. 1 Stmk NatSchG. Von diesem Grundsatz ist jedoch insofern eine Ausnahme denkbar, als eine Werbeeinrichtung an einem Gebäude selbst angebracht ist oder sich in einem derartigen räumlichen Naheverhältnis zu einem Gebäude befindet, dass die Werbeeinrichtung so zu sagen nicht aus dem Schatten des Gebäudes hervortritt (vgl. das Erkenntnis vom 19. Oktober 1998, Zl. 98/10/0058). Aber selbst dann, wenn die Tafel in 15 m Entfernung vom letzten Gebäude, das zu einer geschlossenen Ortschaft zählt, aufgestellt wäre, könnte nicht schon allein deshalb gesagt werden, dass sich die Werbetafel in einem solchen Naheverhältnis zu dem genannten Gebäude befinde, dass sie so zu sagen nicht aus dem Schatten dieses Gebäudes hervortrete (vgl. das Erkenntnis vom 14. Dezember 1998, Zl. 95/10/0176).
Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage ist die Auffassung der belangten Behörde nicht zu beanstanden, dass sich die gegenständliche Werbeanlage außerhalb geschlossener Ortschaft befindet.
Nach der Stellungnahme des Bezirksnaturschutzbeauftragten stehe die Tafel etwa 2 m neben dem Asphaltrand der Bundesstraße B 72 am südlichen Ortsende von Frindorf in der Gemeinde Kumberg. Das nächste Wohnobjekt befinde sich in westlicher Richtung in einer Entfernung von ca. 15 m, nach Norden hin schließe die Ortschaft Frindorf an, nach Süden hin sei die Landschaft auf mehrere hundert Meter unverbaut.
Im Hinblick auf die Entfernung der Tafel von 15 m vom nächsten Gebäude, bestehe kein Grund zur Annahme, dass sie nicht etwa deutlich aus dem Schatten dieses Gebäudes hervortritt.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zwar eine großflächige Betrachtungsweise bei der Beurteilung der Frage geboten, ob eine Vielzahl von Gebäuden in einem derartigen Siedlungszusammenhang steht, dass das betreffende Gebiet - gegebenenfalls einschließlich von Freiflächen - als geschlossene Ortschaft angesehen werden kann, dass aber die Grenze der solcherart bestimmten geschlossenen Ortschaft durch das jeweils äußerste Gebäude bestimmt wird. Außerhalb dieser Grenze aufgestellte Werbeeinrichtungen befinden sich demnach außerhalb der geschlossenen Ortschaft, mögen sie auch unter verschiedenen Blickpunkten als der Ortschaft zugehörig erscheinen (vgl. dazu das bereits genannte Erkenntnis vom 29. Jänner 2001). Danach kommt dem Umstand, dass sich südlich der Werbetafel ein asphaltierter Parkplatz befindet, keine Bedeutung zu. Auch das Beschwerdevorbringen, dass sich unmittelbar neben der Werbetafel eine Straßenkreuzung mit einem Kreisverkehr befindet, ist nicht geeignet, zu einer anderen Beurteilung zu führen.
Zur Verfahrensrüge, es fehlten Feststellungen, "wie" sich die Ortschaft Frindorf nach Norden hin anschließe, ist zu sagen, dass die Relevanz dieses Verfahrensmangels nicht dargetan wird. Dass die streitgegenständliche Plakatwand in einem solchen räumlichen Naheverhältnis zu einem (grenzbestimmenden) Bauwerk stünde, dass sie wie ein Bestandteil dieses Bauwerkes in Erscheinung trete, kann auch anhand der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegten Fotos verneint werden.
Entscheidend für die Erlassung eines Entfernungsauftrages nach § 4 Abs. 7 Stmk NatSchG ist, ob eine nicht bewilligte Ankündigung vorliegt, nicht jedoch - wie die Beschwerdeführerin meint -, ob ein schutzwürdiges Landschaftsbild gegeben ist.
In der Beschwerde wird schließlich darauf hingewiesen, dass Werbetafeln sowohl nach § 84 StVO einer straßenverkehrsrechtlichen als auch nach § 4 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes einer naturschutzrechtlichen Genehmigungspflicht unterlägen. Zu diesem doppelten Genehmigungstatbestand werde in den Materialien zum Steiermärkischen Naturschutzgesetz (Beilagen Nr. 30 zu den stenographischen Berichten des Steiermärkischen Landtages, 8. GP, S. 37) Folgendes festgehalten:
"Eine Doppelgleisigkeit der Genehmigungspflicht ist in der geltenden Rechtsordnung mehrfach gegeben und unvermeidbar. Vermeidbar ist aber ein unnotwendiger Verwaltungsaufwand dadurch, dass im Rahmen der Verhandlungskonzentration die Verfahren nach diesem Gesetz mit den Verfahren nach den Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung oder nach anderen Rechtsvorschriften gemeinsam durchgeführt werden können oder sollen."
Der Gesetzgeber des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes habe daher eine "Doppelgleisigkeit der Genehmigungspflicht" hinsichtlich ein und desselben Genehmigungstatbestandes vorgenommen. Aus den Materialien lasse sich eindeutig ableiten, dass der Genehmigungstatbestand nach dem Steiermärkischen Naturschutzgesetz gleich umgrenzt sei wie jener nach der Straßenverkehrsordnung. Eine teleologische Auslegung des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes ergebe daher, dass "der Begriff der geschlossenen Ortschaft iSd § 4 Stmk Naturschutzgesetz gleichlautend mit dem 'Ortsgebiet' nach der StVO auszulegen ist".
Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer allerdings nicht im Recht. Der Hinweis auf die Verhandlungskonzentration in den Gesetzesmaterialien ergibt vielmehr, dass es sich bei den Tatbeständen der Straßenverkehrsordnung und des Naturschutzgesetzes um zwei verschiedene Tatbestände handelt. Eine "Doppelgleisigkeit", von der in den Materialien die Rede ist, ist auch dann gegeben, wenn sich der Anwendungsbereich von Vorschriften nur zum (überwiegenden) Teil deckt. Aus den zitierten Formulierungen geht somit nicht hervor, dass der Naturschutzgesetzgeber den Anwendungsbereich der Bestimmung deckungsgleich mit § 84 StVO regeln wollte.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG und die VwGH-Kostenersatzverordnung 2003. Wien, am 4. Juli 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2002100115.X00Im RIS seit
14.09.2005Zuletzt aktualisiert am
19.07.2009