Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Isabella H***, Pensionistin, Lärchenstraße 4, 8720 Knittelfeld-Hautzenbichl, vertreten durch Dr. Harald Jesser und DDr.Manfred Erschen, Rechtsanwälte in Leoben, wider die beklagte Partei Ing. Rudolf K***, Kaufmann, Kärntner-Straße 18, 8720 Knittelfeld, vertreten durch Dr. Michael Stern und DDr. Peter Stern, Rechtsanwälte in Wien, wegen 382.660,-- S sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 3. Februar 1986, GZ 5 R 1/86-133, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Kreisgerichtes Leoben vom 14. November 1985, GZ 6 Cg 389/80-127, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 14.956,65 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 1.185,15 S an Umsatzsteuer und 1.920 S an Barauslagen) zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist die ehemalige Lebensgefährtin, der Beklagte der Sohn des am 2.Mai 1980 unter Hinterlassung zweier letztwilliger Anordnungen verstorbenen Johann K***. Mit den vor dem öffentlichen Notar Dr. N*** am 10.März und 12.März 1980 errichteten letztwilligen Verfügungen setzte Johann K*** - nach Belehrung über die Pflichtteilsberechtigung seines Sohnes - diesen zum Alleinerben ein und setzte seiner Lebensgefährtin (um seinem Sohn, den er vorerst enterben wollte, eine wirtschaftlich nur schwer verkraftbare Belastung aufzuerlegen) ein Legat von 300.000 S an Bargeld, zahlbar binnen 3 Monaten ab Todestag von seinem Erben, gebührenfrei und wertgesichert aus; falls diese das Legat nicht antreten könnte oder wollte, bestimmte er deren Nichte als Nachlegatarin. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 19. Dezember 1983 (A 185/80-24) wurde dem aus dem Titel des Testamentes vom 10.März 1980 unbedingt erbserklärten nunmehrigen Beklagten der Nachlaß seines Vaters eingeantwortet. Mit der am 11.November 1980 vorerst gegen die Verlassenschaft nach ihrem Lebensgefährten erhobenen Klage, begehrte die Klägerin - nunmehr vom Beklagten als Erben - die Bezahlung des ihr von Johann K*** ausgesetzten Legates einschließlich der Werterhöhungen im Gesamtbetrag von 382.660 S s.A.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Er bestritt zwar nicht seine Verpflichtung zur Legatszahlung, er wendete jedoch nach mehrfachen Modifikationen ein, daß sich die Klägerin ungerechtfertigt Vermögenswerte des Verstorbenen zugewendet habe, die in den Nachlaß fielen; er machte als Gegenforderung das Sparguthaben in der Höhe von etwa 1 Million S bis 1,5 Millionen Schilling aus zwei anonymen auf den Namen "St.Leonhard" und "Treibach" lautende, mit dem Losungswort "Isabella" gesperrte Sparbücher aufrechnungsweise geltend.
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung mit 382.660 S als zu Recht bestehend, die aufrechnungsweise eingewendete Gegenforderung als nicht zu Recht bestehend und sprach der Klägerin den Betrag von 382.660 S s.A. zu. Das Erstgericht legte seiner Entschedung ua die Feststellung zugrunde, daß der Erblasser etwa ein halbes Jahr oder ein dreiviertel Jahr vor seinem Ableben der Klägerin die beiden Sparbücher schenkungsweise mit dem Auftrag übergeben hat, darüber niemandem etwas zu erzählen. Rechtlich gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, daß der Kläger als Universalsukzessor seines Vaters das Legat zu erfüllen habe. Da zu Lebzeiten des Erblassers von diesem eine rechtsgültige Schenkung der Sparguthaben an die Klägerin vorgenommen worden sei, bestehe die Gegenforderung nicht zu Recht. Die Klagsforderung sei daher unter Bedachtnahme auf die eingetretene Wertsicherung zur Gänze berechtigt.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. Es erachtete die vom Beklagten erhobenen Verfahrens- und Beweisrügen als nicht berechtigt und übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen zur Gänze. Ausgehend von diesem Sachverhalt billigte es die Verneinung des Bestehens der Gegenforderung durch das Erstgericht. In der festgestellten Übergabe der beiden Sparbücher an die Klägerin liege ein Schenkungsvertrag, der nach § 943 ABGB formfrei gewesen sei und der Klägerin das Eigentum der Sparguthaben vermittelt habe. Die Klägerin sei somit nicht verpflichtet gewesen, die Sparbücher bei Ableben ihres Lebensgefährten als Nachlaßvermögen herauszugeben. Der Beklagte sei demnach auch nicht berechtigt, als Universalsukzessor seines Vaters, die Herausgabe des Sparguthabens zu fordern oder einen solchen Herausgabeanspruch dem Legatsanspruch der Klägerin aufrechnungsweise entgegenzusetzen.
Gegen dieses Urteil des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die allein auf den Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO gestützte Revision des Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Die Klägerin beantragte in ihrer Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist im Hinblick auf den Wert des Streitgegenstandes zulässig, aber nicht berechtigt.
In seiner Revision wendet sich der Beklagte ausschließlich gegen die Billigung der in der Berufung bekämpften Feststellung des Erstgerichtes, der Erblasser habe geraume Zeit vor seinem Tode der Klägerin die beiden Sparbücher schenkungsweise übergeben, durch das Berufungsgericht. Nach Ansicht des Revisionswerbers hätte das Berufungsgericht, die für diese Feststellung allein in Frage kommende Beweismittel der Aussage der Klägerin "näher durchleuchten" müssen und unter Bedachtnahme auf die Ergebnisse des gegen die Klägerin eingeleiteten Strafverfahrens den Angaben der Klägerin nicht Glauben schenken dürfen. Damit zeigt der Revisionswerber aber nicht den geltend gemachten Revisionsgrund auf, er versucht vielmehr nur in einer im Revisionsverfahren unzulässigen Weise, die Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellungen der Vorinstanzen, wozu auch das Vorhandensein der Schenkungsabsicht gehört (SZ 49/43 uva), zu bekämpfen. Es gehört zum Wesen der freien Beweiswürdigung, daß die Tatsacheninstanzen sich für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen des Sachverhaltes aufgrund ihrer Überzeugung, daß diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet. Eine mangelhafte und unzureichende Beweiswürdigung kann im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht angefochten werden. Nur dann, wenn sich das Berufungsgericht mit der gerügten Beweisfrage überhaupt nicht befaßt hat, ist sein Verfahren mangelhaft (JBl1956, 51; SZ 43/205; EFSlg.39.253, 44.103 uva). Das Berufungsgericht ist hingegen nicht genötigt, sich mit jedem einzelnen Beweisergebnis oder jedem Argument des Berufungswerbers auseinanderzusetzen (EFSlg.44.104 ua). Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht zu der Beweisrüge der Berufung ausführlich Stellung genommen, die Beweiswürdigung des Erstgerichtes überprüft und nachvollziehbare Überlegungen über die Beweiswürdigung angestellt; die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz über die Beweisrüge des Beklagten ist daher mangelfrei (EFSlg.34.489 ua). Da somit der allein geltend gemachte Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht gegeben ist, konnte der Revision kein Erfolg beschieden sein.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E08276European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0080OB00563.86.0507.000Dokumentnummer
JJT_19860507_OGH0002_0080OB00563_8600000_000