TE OGH 1986/5/7 9Os69/86

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Veröffentlicht am 07.05.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 7.Mai 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Faseth als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Steininger, Dr.Horak, Dr.Lachner sowie Dr.Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr.Enzenhofer als Schriftführer in der Strafsache gegen Günther S*** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles nach §§ 127 Abs. 1, 130 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 19.Feber 1986, GZ 22 Vr 5314/85-13, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in seinem freisprechenden Teil unberührt bleibt, im übrigen aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günther S*** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahles nach §§ 127 Abs. 1, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in Schwaz in der Zeit vom 20.September 1985 bis zum 28.Oktober 1985 gewerbsmäßig in insgesamt 8 Fällen den im Urteilsspruch im einzelnen angeführten Verfügungsberechtigten fremde bewegliche Sachen in einem 5.000 S nicht übersteigenden Wert, nämlich diverse Lebensmittel, mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern (Punkte 1 bis 8 des Urteilssatzes). Vom Vorwurf eines weiteren Diebstahles (am 16.Oktober 1985) wurde Günther S*** unter einem gemäß § 259 Z 3 StPO (rechtskräftig) freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Z 5, "9" und 10 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der im Ergebnis Berechtigung zukommt.

Der Beschwerde ist zunächst schon insoweit beizupflichten, als sie - formell aus der Z 5, der Sache nach damit aber einen Feststellungsmangel im Sinn der Z 10 des § 281 Abs. 1 StPO relevierend - einwendet, das Gericht habe in Ansehung der dem Beschwerdeführer angelasteten gewerbsmäßigen Begehung des Diebstahls keine zureichenden Feststellungen getroffen. Denn das angefochtene Urteil enthält keine hinreichende Konstatierung dahin, daß der Angeklagte den Diebstahl (die Diebstähle) in der (vorgefaßten) Absicht (§ 5 Abs. 2 StGB) begangen hat, sich durch ihre wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, wie dies die Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung im Sinn der §§ 70, 130 StGB voraussetzt. Das Urteil beschränkt sich vielmehr im Urteilsspruch auf die Wiedergabe des Wortes "gewerbsmäßig" und in den Gründen auf die Feststellung, daß der Angeklagte sich auf Grund seiner tristen finanziellen Lage entschlossen hat, Lebensmittel, die vor verschiedenen Geschäften abgestellt waren, zu stehlen und daß er seit Anfang September bis Ende Oktober 1985 seinen Lebensunterhalt ausschließlich durch diese Lebensmitteldiebstähle bestritten hat, wobei er die mehreren Angriffe auf Grund eines einheitlichen Willensentschlusses verübte (S 71). Damit hat das Schöffengericht zwar ein Handeln des Angeklagten aus einem vorgefaßten "Gesamtvorsatz", wie er für ein fortgesetztes Delikt charakteristisch ist (Leukauf-Steininger, Kommentar 3 § 28 RN 34 ff), konstatiert, woraus allein aber noch nicht auf eine gewerbsmäßige Absicht im Sinn der oben zitierten Gesetzesstellen geschlossen werden kann.

Dem angefochtenen Urteil haftet somit in Ansehung der angenommenen Qualifikation des Diebstahls nach § 130 erster Fall StGB ein - von der Beschwerde der Sache nach zutreffend gerügter - Feststellungsmangel an, der insoweit zur Kassierung des Urteils zwingt.

Darüber hinaus erweist sich das Urteil aber auch in Ansehung des Grundtatbestandes des Diebstahles mit einem von der Beschwerde zutreffend geltend gemachten Begründungsmangel in der Bedeutung der Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO behaftet, als es für die Annahme, der Angeklagte habe die mehreren Diebstahlsangriffe auf Grund eines (vorgefaßten) einheitlichen Willensentschlusses (in Form eines fortgesetzten Deliktes) begangen, keine zureichenden Gründe angibt. Denn die allgemeine Zielvorstellung eines Täters, den Lebensunterhalt aus Diebstählen zu bestreiten, auf welche das Schöffengericht zur Begründung des bekämpften Ausspruches ersichtlich allein abstellt, ist als einheitliches Motiv (noch) nicht geeignet, den für das fortgesetzte Verbrechen erforderlichen (äußeren und) inneren Zusammenhang der einzelnen diebischen Angriffe hinreichend zu begründen (vgl. Mayerhofer-Rieder StGB 2 ENr. 50 zu § 28); sie läßt vielmehr auch einen (bloßen) Wiederholungsvorsatz, der den einzelnen Angriffen ihre rechtliche Selbständigkeit nicht nimmt, als naheliegend erscheinen. Der dem Urteil somit anhaftende Begründungsmangel betrifft vorliegend insoweit eine entscheidende Tatsache, als das Gericht eben wegen des festgestellten einheitlichen Willensentschlusses bei Verübung der einzelnen diebischen Angriffe die Voraussetzungen der Entwendung nach § 141 StGB verneint hat (abermals S 71).

Mithin war in Stattgebung der begründeten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten der Schuldspruch zur Gänze aufzuheben (§ 285 e StPO), ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden braucht, und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen. Sollte im erneuerten Verfahren (abermals) die Begehung der diebischen Angriffe in einem Fortsetzungszusammenhang angenommen werden, wird zu berücksichtigen sein, daß - sofern die Tat aus einer der in § 141 Abs. 1 StGB angeführten Motivationen verübt worden ist - eine Tatbeurteilung als (fortgesetzte) Entwendung (nur) dann in Betracht kommt, wenn der Gesamtwert der bei den einzelnen Tathandlungen erlangten Beute (vgl. hiezu S 71) die Bagatellgrenze des § 141 Abs. 1 StGB nicht überschreitet (Kienapfel BT II § 141 RN 20; Rittler II 2 185).

Anmerkung

E08288

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0090OS00069.86.0507.000

Dokumentnummer

JJT_19860507_OGH0002_0090OS00069_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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