Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 13.Mai 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Jagschitz als Schriftführerin in der Strafsache gegen Helmut S*** wegen des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 5.März 1986, GZ 22 Vr 5311/85-12, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben sowie die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte darauf verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Helmut S*** des Verbrechens der falschen Beweisaussage vor Gericht nach § 288 Abs. 2 StGB schuldig erkannt.
Darnach liegt ihm zur Last, am 4.Juni 1984 in Kufstein durch die anläßlich der öffentlichen Tagsatzung zur Leistung des Offenbarungseides beim dortigen Bezirksgericht erhobene Behauptung, außer der notwendigen Kleidung und Wäsche überhaupt keine Fahrnisse zu besitzen, einen in den Gesetzen vorgesehenen Eid vor Gericht falsch geschworen zu haben.
In den Entscheidungsgründen nahm das Erstgericht als erwiesen an, daß der Angeklagte bei der Eidesleistung den Besitz von zwei Schreibtischen und von Schallplatten verschwiegen habe, um den betreibenden Gläubiger von Zugriffen auf diese Vermögensstücke abzuhalten, wobei nicht anzunehmen sei, daß er wertlose Platten aufbewahrt habe, und ihm dieser Umstand auch klar gewesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der auf § 281 Abs. 1 Z 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten gegen den Schuldspruch kommt aus dem erstbezeichneten Grund Berechtigung zu.
Die nicht näher begründete Annahme eines wirtschaftlichen Wertes der verschwiegenen Schallplatten ist, solcherart ohne reale Feststellungsgrundlage, in der Tat willkürlich, weil erfahrungsgemäß sehr häufig auch wertlose Erinnerungsstücke aufbewahrt werden; dementsprechend ist auch der weiteren Konstatierung, daß dem Beschwerdeführer ein derartiger Wert dieser Objekte klar gewesen sei, der Boden entzogen. Der gerügte Begründungsmangel betrifft eine entscheidende Tatsache, weil für den Fall einer wirtschaftlichen Wertlosigkeit der Schallplatten jene - einen vorsatzausschließenden Tatbildirrtum hinsichtlich des normativen Tatbestandsmerkmals "falsch" in § 288 Abs. 2 StGB (vgl. EvBl. 1983/162) behauptende - Verantwortung des Angeklagten aktuell wäre, wonach er geglaubt habe, wertlose Sachen beim Offenbarungseid nicht angeben zu müssen; dazu aber hat das Schöffengericht - im Hinblick auf seine in Rede stehenden (mangelhaften) Tatsachenannahmen folgerichtig - keine Feststellungen getroffen.
In Ansehung des als erwiesen angenommenen Verschweigens des Besitzes von zwei Schreibtischen hinwieder bemängelt der Beschwerdeführer mit Recht, daß dem Urteil nicht zu entnehmen ist, auf welchen Verfahrensergebnissen diese Konstatierung beruht. Da demnach eine Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz nicht zu umgehen ist, war nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen (§ 285 e StPO), ohne daß es einer Erörterung der weiteren Beschwerdeeinwände bedarf.
Im zweiten Rechtsgang wird zu beachten sein, daß sich die Anklage lediglich auf eine Unrichtigkeit des Offenbarungseides in bezug auf Punkt 15. des Vermögensverzeichnisses erstreckt (vgl. abermals EvBl. 1983/162).
Anmerkung
E08300European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00065.86.0513.000Dokumentnummer
JJT_19860513_OGH0002_0100OS00065_8600000_000