TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/4 2001/10/0064

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Veröffentlicht am 04.07.2005
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Index

L55002 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Kärnten;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
NatSchG Krnt 2002 §12 Abs1;
NatSchG Krnt 2002 §12 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer, über die Beschwerde des H R in B, vertreten durch Dr. Siegfried Leitner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz Nr. 17/I, gegen die Kärntner Landesregierung wegen Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Ersatzgeldvorschreibung nach dem Kärntner Naturschutzgesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG iVm den §§ 12 und 52 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 79/2002, sowie § 66 Abs. 4 AVG wird Punkt 5. der Auflagen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 21. August 2000 aufgehoben.

Das Land Kärnten hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 21. August 2000 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Villach (BH) dem Beschwerdeführer unter Berufung auf die §§ 8, 10 Abs. 3 lit. b, 12, 52 und 58 des Kärntner Naturschutzgesetzes, LGBl. Nr. 54/1986 (Krnt NatSchG), die naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung zur Beanspruchung einer Teilfläche des Grundstückes 737/37 der KG V. zum Zwecke der "Baulandschaffung" bzw. der damit verbundenen Zerstörung einer ca. 550 m2 umfassenden Moor- bzw. Sumpffläche nach Maßgabe des einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Lageplanes, datiert mit März 2000. Unter Punkt 5. der Auflagen wurde dem Beschwerdeführer als Ersatz für das durch die Bebauungsmaßnahme zerstörte Feuchtgebiet auf einer Fläche von ca. 550 m2 ein Ersatzgeldbetrag in der Höhe von S 113.300,-- (S 206,--/m2 zerstörter Feuchtfläche) vorgeschrieben, der vor Beginn der Bebauungsmaßnahme an die BH zu überweisen sei. Vor Überweisung dieses Geldbetrages dürfe die erteilte Bewilligung nicht in Anspruch genommen werden.

Nach der Begründung solle das genannte Grundstück, das aus fachlicher Sicht teilweise ein Feuchtgebiet darstelle, einer baulichen Nutzung zugeführt werden. Es sei als "Bauland-Kurgebiet" gewidmet, weise eine Fläche von 1.172 m2 auf und stelle eine Baulücke dar. 550 m2 davon seien als Feuchtfläche zu qualifizieren. Für das Nachbargrundstück, welches ebenfalls als Feuchtfläche qualifiziert worden sei, sei bereits vor Jahren eine Ausnahmebewilligung zum Zwecke der Bebauung erteilt worden. Die vorhandene Widmung indiziere ein grundsätzliches öffentliches Interesse an dem angegebenen Nutzungszweck im Lichte des Siedlungswesens. Aus raumplanerischer Sicht sei die Verdichtung der Bebauung im besagten Bereich durchaus zweckmäßig und zielführend. Vom naturschutzfachlichen Sachverständigen sei dargelegt worden, dass es sich beim gegenständlichen Feuchtgebietskomplex um einen isolierten Lebensraum handle, da er von Wohnbauten bzw. Verkehrsflächen umgeben sei. Nach Auffassung der Behörde sei daher im Lichte des öffentlichen Interesses dem Siedlungswesen ein höherer Stellenwert einzuräumen als der Erhaltung einer Teilfläche dieses Grundstückes als Feuchtfläche. Die beantragte Ausnahmebewilligung sei daher zu erteilen. Da die Bebauung im Ergebnis eine Zerstörung der Feuchtfläche zur Folge habe, sei für die Schaffung eines adäquaten Ersatzlebensraumes ein entsprechender Ersatzgeldbetrag nach § 12 Krnt NatSchG vorzuschreiben, der den Kosten der Errichtung einer Ersatzfläche entspreche.

Der Beschwerdeführer erhob lediglich gegen die Ersatzgeldvorschreibung "aus rechtlichen Erwägungen" Berufung. Er führte im Wesentlichen aus, der Bescheid der BH enthalte keine Feststellungen darüber, ob von der bewilligten Maßnahme seltene, gefährdete oder geschützte Tiere betroffen seien. In Ermangelung einer derartigen Feststellung bestehe daher keine Rechtsgrundlage für die Bereitstellung eines geeigneten Lebensraumes bzw. zur Erbringung von Geldleistungen zur Ersatzlebensraumbeschaffung. Als Vegetationsarten seien vom Sachverständigen Schilf, Segge, Schachtelhalm und Mädesüß sowie einzelne Schwarzerlen und Weiden festgestellt worden. Keine der genannten Pflanzenarten sei jedoch selten oder gefährdet bzw. geschützt. Alle genannten Pflanzenarten seien weit verbreitet und typische Indikatoren von Feuchtgebieten. Somit entfalle auch die Voraussetzung für eine Ersatzgeldvorschreibung. § 12 Abs. 2 Krnt NatSchG fehle auch eine materiell-rechtliche Determinierung; die Bestimmung sei als formalgesetzliche Delegation verfassungswidrig. Eine Gesetzwidrigkeit der genannten Bestimmung sei auch darin gelegen, dass der Bewilligungswerber einen Geldbetrag zu entrichten habe, der den Kosten der Beschaffung eines geeigneten Ersatzlebensraumes entspreche. Der Verwendungszweck sei dadurch deutlich abgeschwächt, dass der Geldbetrag eine Einnahme des Landes darstelle und für die Erreichung der Ziele dieses Gesetzes zu verwenden sei. Da die Ziele des Gesetzes auch andere seien als die Beschaffung von Ersatzflächen, stelle sich auch insoweit die Frage der Verfassungsmäßigkeit. Die unter Punkt 5. der Auflagen enthaltene Anordnung, wonach der Ersatzgeldbetrag bereits vor Beginn der Bebauungsmaßnahme bzw. vor Inanspruchnahme der Ausnahmebewilligung an die Behörde zu überweisen sei, finde im Gesetz keine Deckung. Ob bzw. welcher Ersatzlebensraum geschaffen werden solle, könne dem Bescheid der BH gleichfalls nicht entnommen werden.

Die belangte Behörde ersuchte die zuständige Fachabteilung mit Schreiben vom 4. Oktober 2000 um Mitteilung, welche seltenen gefährdeten oder geschützten Tier- oder Pflanzenarten von der Maßnahme des Beschwerdeführers betroffen seien, ob und wo allenfalls ein Ersatzlebensraum eingerichtet werden könnte, welche Maßnahmen getätigt werden müssten, um einen Ersatzlebensraum einzurichten und welche Kosten dadurch verursacht würden.

Die Fachabteilung teilte mit Schreiben vom 20. September 2000 mit, dass auf Grund der schütteren und teilweise fehlenden Vegetation derzeit eine genaue Erhebung nicht durchgeführt werden könne. Das gewünschte Gutachten könne daher erst im Frühjahr 2001 bei einem entsprechenden Vegetationsbestand erstattet werden.

Mit Schriftsatz vom 30. März 2001 erhob der Beschwerdeführer die vorliegende Säumnisbeschwerde. Er stellte den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge in der Sache selbst entscheiden oder der belangten Behörde auftragen, binnen einer zu bestimmenden, acht Wochen nicht übersteigenden Frist, den versäumten Bescheid zu erlassen.

Der Verwaltungsgerichtshof leitete mit Verfügung vom 23. April 2001 (bei der belangten Behörde am 9. Mai 2001 eingelangt) gemäß § 35 Abs. 3 VwGG das Vorverfahren ein. Der belangten Behörde wurde die Beschwerde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG mit der Aufforderung zugestellt, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliegt und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

Mit Schreiben vom 13. August 2001 teilte die belangte Behörde unter Bezugnahme auf die genannte Verfügung mit, dass ihrer Auffassung nach eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege. Der Beschwerdeführer habe in seiner Berufung vom 12. September 2000 umfangreiche Beweisanträge gestellt. Der Amtssachverständige für Naturschutz habe dazu mitgeteilt, dass ein naturschutzfachliches Gutachten nur innerhalb der Vegetationsperiode ausgearbeitet werden könne. Die belangte Behörde sei daher nicht in der Lage gewesen, über den Berufungsantrag binnen sechs Monaten gemäß § 73 AVG zu entscheiden.

Gleichzeitig wurden die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt.

Der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 28. August 2001 eine Entgegnung erstattet.

Gemäß § 27 Abs. 1 VwGG kann unter anderem Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Wege eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht, angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser in der Sache entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

Die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der BH ist bei dieser am 12. September 2000 eingelangt. Die Frist von sechs Monaten, berechnet ab der Zustellung der Berufung, war zur Zeit der Einbringung der Säumnisbeschwerde verstrichen.

Der Beschwerdeführer hat als Partei des Berufungsverfahrens in der Verwaltungsinstanz ein subjektives Recht auf Entscheidung über seine Berufung. Die Kärntner Landesregierung ist die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren im Instanzenzug angerufen werden konnte. Zum Unterschied von den Bestimmungen des § 73 Abs. 2 AVG ist der Übergang der Entscheidungspflicht an den Verwaltungsgerichtshof nicht von einer schuldhaften Verzögerung der Behörde abhängig, sodass bei Vorliegen der sonstigen gesetzlichen Voraussetzungen ein Rechtsanspruch auf eine sachliche Erledigung der Säumnisbeschwerde durch den Verwaltungsgerichtshof auch dann besteht, wenn die Verzögerung der Behörde nicht als Verschulden angerechnet werden kann (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 23. April 1993, Zl. 92/17/0170).

Da die Kärntner Landesregierung über die vorliegende Berufung nicht innerhalb der 6-Monats-Frist des § 27 VwGG entschied, ist die Säumnisbeschwerde daher zulässig.

Die versäumte Entscheidung wurde von der Kärntner Landesregierung auch nach Einbringung der Beschwerde nicht fristgerecht nachgeholt. Dadurch ist die Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen. Da auch in der Folge keine Nachholung der versäumten Berufung durch die Landesregierung erfolgt ist, hatte der Verwaltungsgerichtshof über die Berufung des Beschwerdeführers zu entscheiden.

Gemäß § 62 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof, soweit das Verwaltungsgerichtshofgesetz nicht anderes bestimmt, jene Verwaltungsvorschriften anzuwenden, die die säumig gewordene Behörde anzuwenden gehabt hätte. Es ist hiebei von der Sach- und Rechtslage zur Zeit des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes auszugehen (vgl. dazu das Erkenntnis des verstärkten Senates vom 4. Mai 1977, VwSlg. Nr. 9315/A, sowie das Erkenntnis vom 27. Juni 1990, Zl. 90/18/0010).

Der Verwaltungsgerichtshof hatte demnach das Kärntner Naturschutzgesetz in seiner wiederverlautbarten Fassung LGBl. Nr. 79/2002 (Kärntner Naturschutzgesetz 2002 - K-NSG 2002, in der Folge: Krnt NatSchG) anzuwenden.

Der mit "Ersatzlebensräume" überschriebene § 12 dieses Gesetzes hat folgenden Inhalt:

"(1) Wird in Fällen, in denen eine Bewilligung unter Heranziehung des § 9 Abs. 7 oder des § 10 Abs. 1, 2 oder 3 lit. b erteilt wird, durch die bewilligte Maßnahme der Lebensraum seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- oder Pflanzenarten wesentlich beeinträchtigt oder vernichtet, so ist dem Antragsteller die Schaffung eines geeigneten Ersatzlebensraumes vorzuschreiben.

(2) Ist eine Vorschreibung nach Abs. 1 nicht möglich oder nicht zumutbar, so hat der Bewilligungswerber einen Geldbetrag zu entrichten, der den Kosten der Schaffung eines geeigneten Ersatzlebensraumes entspricht. Der Geldbetrag ist von der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde unter sinngemäßer Anwendung der Kostenbestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze vorzuschreiben und einzuheben. Er bildet eine Einnahme des Landes und ist für die Erreichung der Ziele dieses Gesetzes zu verwenden."

Dem Beschwerdeführer wurde mit Bescheid der BH vom 21. August 2000 die naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung zur Bebauung einer Teilfläche des Grundstückes 737/37 der KG V. gemäß den §§ 8 und 10 Abs. 3 lit. b Krnt NatSchG erteilt. Danach darf eine Ausnahme von den Verboten des § 8 (Schutz von Feuchtgebieten) bewilligt werden, wenn das öffentliche Interesse an der beantragten Maßnahme unter dem Gesichtspunkt des Gemeinwohles höher zu bewerten ist als das öffentliche Interesse an der Bewahrung des Feuchtgebietes vor störenden Eingriffen.

Die Berufung des Beschwerdeführers richtet sich nur gegen Punkt 5. der Auflagen. Für den Verwaltungsgerichtshof ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, dass die Erteilung der Bewilligung und die Vorschreibung der weiteren Nebenbestimmungen gegen das Gesetz verstieße. Es besteht daher für den Verwaltungsgerichtshof kein Anlass, die erteilte Bewilligung sowie die Punkte 1. bis 4. der Auflage einer Änderung zu unterziehen.

Nach Lage der Verwaltungsakten hat der naturschutzfachliche Amtssachverständige am 27. Juni 2001 ein Gutachten mit folgendem Inhalt erstattet:

"Befund:

...

Die ggstdl. Parzelle weist auf einem Großteil ihrer Fläche eine hochwertige Feuchtvegetation - ein Schilf-Röhricht - auf, neben dem dominierenden Schilf (Phragmites australis) findet man: Binsen (Juncus sp.), Braunsegge (Carex nigra), Schlank-Segge (Carex acuta), Blutwurz (Potentilla erecta), Gilbweiderich (Lysimachia vulgaris) und Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis). Die Blütenköpfe des Großen Wiesenknopfes bilden die Nahrung des extrem seltenen Ameisenbläulings (Maculinea nausithous), ein Tier, das in den FFH-Richtlinien der EU im Anhang 2 und Anhang 4 geführt wird. Eine Artenliste solcher Röhrichte, entnommen aus den Roten Listen der gefährdeten Tiere Kärntens, weist u.a. 9 Arten mit dem Status 1 (vom Aussterben bedroht) aus (vgl. beigelegte Kopie).

Auf der gegenständlichen Parzelle wurden konsenslos Dränagierungen durchgeführt (dazu ist ein Verfahren bei der BH Villach anhängig) und die Feuchtvegetation dabei stark geschädigt (vgl. Foto).

Die ggstdl. Fläche wurde in die Biotopkartierung der Gemeinde Velden als Niedermoor mit Schilfbestand aufgenommen (vgl. beiliegende Kopie).

Gutachten:

Das ggstdl. Grundstück besitzt eine Gesamtfläche von

1.172 m2. Zumindest 550 m2 davon sind einwandfrei als hochwertiges Niedermoor zu klassifizieren. Eine Bebauung bzw. Baureifmachung der Parzelle hätte zur Folge, dass durch Anschüttungsmaßnahmen und/oder Entwässerungsmaßnahmen die Lebensraumbedingungen für diese Vegetation nicht mehr vorhanden wären und die Feuchtfläche zerstört würde. Auflagen zur Verringerung der Auswirkungen der Baureifmachung auf die Feuchtfläche sind nicht möglich. Im Zuge der erstinstanzlichen Interessensabwägung wurde zugunsten der Bebauung entschieden."

Zum Ersuchen der belangten Behörde führte der Sachverständige Folgendes aus:

"Die durch die Maßnahme betroffenen seltenen, gefährdeten und geschützten Tier- und Pflanzenarten sind oben angeführt.

-

Ersatzlebensraum ist prinzipiell außerhalb hochwertiger Flächen neu zu errichten. Ein Abtausch einer z.B. vorhandenen, ohnehin geschützten Fläche gegen eine zerstörte Feuchtfläche ist nicht möglich. Ein Ersatzlebensraum soll durch geeignete Maßnahmen neuen hochwertigen Lebensraum auf naturschutzfachlich geringwertiger Fläche schaffen. Für die Fläche eines etwaigen Ersatzlebensraumes sind seitens des Antragsstellers Vorschläge einzubringen. Direkt auf der betroffenen Parzelle ist ein Ersatzlebensraum nicht möglich, ein solcher könnte aber prinzipiell innerhalb Kärntens, nach Absprache mit dem Amtssachverständigen, an allen geeigneten Plätzen errichtet werden.

-

Für die Errichtung eines Ersatzlebensraumes fallen Kosten für den Ankauf der Fläche, Notariats- und Eintragungsgebühren sowie Vermessungskosten an. In weitere Folge kommt es zu Kosten für einen Bagger, LKW-Fuhren sowie zu Material- und Personalkosten. Die Gesamthöhe dieser Kosten für die Errichtung von Ersatzlebensräumen wird jährlich vom Amt der Kärntner Landesregierung errechnet und festgelegt. Laut diesem Kostenschlüssel für Ersatzlebensräume betrugen die Kosten für Flächen bis 1.000 m2 im Jahr 2000 pro Quadratmeter ATS 206,--. Im Jahr 2001 (lt. Schreiben Zl.: -20-S-7/112-2001) betragen die Kosten pro Quadratmeter ATS 209,--."

Dem Beschwerdeführer wurde mit Schreiben der Kärntner Landesregierung vom 17. Juli 2001 zum Gutachten des Amtssachverständigen Parteiengehör gewährt. Dabei wurde unter Hinweis auf § 12 Abs. 1 des Kärntner Naturschutzgesetzes dargelegt, dass im gegenständlichen Fall primär die Bereitstellung eines geeigneten Ersatzlebensraumes vorzuschreiben sei. Nur wenn eine solche Vorschreibung nicht möglich oder zumutbar sei, habe der Bewilligungswerber einen Geldbetrag zu entrichten, der den Kosten der Beschaffung eines geeigneten Ersatzlebensraumes entspreche. Der Beschwerdeführer wurde eingeladen, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht einen geeigneten Ersatzlebensraum bekannt zu geben bzw. vorzuschlagen oder eine Fläche zu benennen, auf der allenfalls ein Ersatzlebensraum eingerichtet werden solle. Im Übrigen wäre nach der genannten Bestimmung ein Geldbetrag vorzuschreiben. Hinsichtlich der Höhe des Geldbetrages sowie allgemein zur Einrichtung eines Ersatzlebensraumes werde auf die beiliegende Stellungnahme der Abteilung 20-Landesplanung des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 11. November 1988 verwiesen. Dem Beschwerdeführer wurde die Sach- und Rechtslage zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, binnen drei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens, eine Stellungnahme abzugeben. Sollte ein Ersatzlebensraum im Ausmaß von 550 m2 nicht angeboten werden, so müsste gemäß § 12 Abs. 2 leg. cit. die Entrichtung eines Geldbetrages vorgeschrieben werden. Dabei sei darauf hinzuweisen, dass nunmehr ein Geldbetrag in der Höhe von S 209,--/m2 vorgeschrieben werden müsste.

In einer Stellungnahme vom 8. August 2001 brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, dem Kärntner Naturschutzgesetz sei nicht zu entnehmen, dass ein gegebenenfalls zu schaffender Ersatzlebensraum im Bundesland Kärnten gelegen sein müsse. Er verweise darauf, dass er auf dem Grundstück Nr. 274/1 der Liegenschaft Grundbuch G, S, Grundbuch des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, eine Ersatzfläche geschaffen habe. Aus der beiliegenden Skizze ergebe sich schematisch dargestellt die Wasserfläche eines Teiches mit einer Fläche von ca. 150 m2, an die rundum ein Feuchtbiotop mit einer Fläche von ca. 300 m2 anschließe. Dieser Teich samt Feuchtbiotop sei der Lebensraum zahlreicher Tier- und Pflanzenarten. Das Grundstück Nr. 737/37 der KG V. stelle im Gegensatz dazu keinen schützenswerten Lebensraum dar. Der beigezogene Sachverständige habe aktenwidrig und widerrechtlich in die Beweiswürdigung eingreifend im Gutachten erklärt, dass eine konsenslose Dränagierung durchgeführt worden sei. Aktenkundig sei jedoch, dass der Bescheid der BH vom 21. August 2000 mit Ausnahme der angefochtenen Auflage 5. in Rechtskraft erwachsen sei und somit die Baureifmachung in Erfüllung des Bescheides vorgenommen worden sei. Das Kärntner Naturschutzgesetz enthalte im Übrigen keine Verpflichtung des Landes, einen Ersatzlebensraum zu schaffen. Eine derartige Verpflichtung sei aus den bezughabenden Bestimmungen nicht ableitbar. Die im § 1 des Naturschutzgesetzes enthaltene Zielsetzung stelle keine taugliche Rechtsgrundlage dar, sie sei bestenfalls als programmatische Präambel ohne normativen Gehalt zu bezeichnen. Die Vorschreibung von Geldleistungen werde aus § 12 Abs. 2 des Kärntner Naturschutzgesetzes abgeleitet. Diese Bestimmung sehe vor, dass der Geldbetrag von der für die Erteilung der Bewilligung zuständigen Behörde unter sinngemäßer Anwendung der Kostenbestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze vorzuschreiben und einzuheben sei. Offenbar werde auf die Bestimmungen der §§ 74 ff AVG abgestellt. Diese wie auch andere Bestimmungen der Verwaltungsverfahrensgesetze beinhalteten ausschließlich formelles Recht und regelten daher nur die Bestimmungen der Verfahrenskosten und, soweit vorgesehen, der Verfahrenskostenersätze. Kosten der Beschaffung geeigneter Ersatzlebensräume seien jedoch keine Verfahrenkosten, sondern stellten einen (vermeintlichen) materiellen Abspruch dar, der jedoch aus keiner materiell-rechtlichen Norm ableitbar sei. Die Bezug habenden gesetzlichen Regelungen seien insgesamt eine legistische Fehlleistung ohne materiell-rechtliche Wirkung. Dass das Land Kärnten eine Verpflichtung zur Schaffung von Ersatzlebensräumen aus dem Naturschutzgesetz nicht ableite, erkläre sich auch daraus, dass lediglich abstrakte Berechnungsgrundlagen wie jene vom 11. November 1988 und 21. Juni 2001 vorlägen. Offenbar habe das Land Kärnten bislang auch keine Ersatzlebensräume geschaffen, da widrigenfalls auf Aufwendungen für konkrete Vorhaben zurückgegriffen werden könnte. In keiner Weise könne angenommen werden, dass für eine geringfügige Fläche eine Fläche gleicher Größe als Ersatzfläche geschaffen werden solle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Verfügung vom 22. Oktober 2004 folgende Ergänzung des Gutachtens des Amtssachverständigen veranlasst:

"Der Geldbetrag ist nach der oben wiedergegebenen Bestimmung (gemeint: § 12 Krnt NatSchG) so zu bemessen, dass ein entsprechender Ersatzlebensraum geschaffen werden kann. Eine solche Bemessung setzt daher detaillierte Feststellungen über den Lebensraum in quantitativer und qualitativer Hinsicht voraus, ist es doch von Bedeutung, ob in dem betreffenden Lebensraum lediglich eine geschützte Art vorkommt oder ob es sich um einen Lebensraum handelt, der durch das Zusammenwirken einer Vielzahl von geschützten, seltenen oder gefährdeten Arten gekennzeichnet ist. Die bloße Aussage, dass sich auf dem Grundstück eine bestimmte Tier- oder Pflanzenart befindet, ist nicht ausreichend; vielmehr muss auch festgestellt werden, auf welcher Fläche und in welchem Umfang und in welcher Qualität die Tier- bzw. Pflanzenarten vorhanden sind. Derartige Feststellungen fehlen im eingeholten Gutachten ebenso wie Feststellungen, die Grundlage für die Berechnung einer Geldleistung im Sinne des § 12 Krnt NatSchG sein könnten. Diese Bestimmung kann nämlich nicht dahin verstanden werden, dass - unbeschadet des Wertes des vernichteten Lebensraumes - ein einheitlicher Betrag pro m2 zu entrichten ist.

Die belangte Behörde wird daher gemäß § 36 Abs. 9 VwGG aufgefordert, folgende Ergänzungen des eingeholten Gutachtens zu veranlassen:

Es sind konkrete Feststellungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht über den Bestand an gefährdeten, geschützten oder seltenen Tier- und Pflanzenarten auf dem gegenständlichen Grundstück zu treffen.

Ferner ist darzulegen, welche konkrete Maßnahmen gesetzt werden müssen, um ein Äquivalent für den vernichteten Lebensraum zu schaffen und welcher Betrag dafür in Rechnung zu stellen ist. Der vom Amt der Kärntner Landesregierung errechnete Kostenschlüssel alleine bietet - wie bereits dargelegt - keine ausreichende Grundlage für eine solche Festsetzung."

Die belangte Behörde hat dazu mit Schreiben vom 25. Februar 2005 Folgendes bekannt gegeben:

"Der Amtssachverständige für Naturschutz teilte mit Schreiben des Amtes der Kärntner Landesregierung, Abteilung 20 - Landesplanung, fachliche Angelegenheiten des Naturschutzes, vom 1. Februar 2005, Zl. 20-NSCH-220/325-2004, mit, dass konkrete Feststellungen in quantitativer und qualitativer Hinsicht über den Bestand an gefährdeten, geschützten oder seltenen Tier- und Pflanzenarten nicht mehr möglich sind, da das Grundstück zwischenzeitig angeschüttet und bebaut wurde."

Der Verwaltungsgerichtshof hat daraufhin der belangten Behörde zur Klarstellung folgende Verfügung vom 11. April 2005 übermittelt:

"Der belangten Behörde wird gemäß § 36 Abs. 9 VwGG aufgetragen, binnen acht Wochen geeignete Erhebungen, insbesondere durch Einholung von Befund und Gutachten eines Amtssachverständigen (zweckmäßiger Weise des mit der Sache bereits befasst gewesenen Amtssachverständigen) darüber zu veranlassen,

              1.              welche (in qualitativer und quantitativer Hinsicht detailliert zu beschreibenden) Vorkommen von Pflanzen und Tieren, insbesondere an seltenen, gefährdeten oder geschützten Arten, und sonstige die Qualität der Fläche als 'Lebensraum' im Sinne des § 12 Krnt NatSchG bestimmenden Gegebenheiten auf der fraglichen Fläche vor der Ausführung des mit Bescheid vom 21. August 2000 bewilligten Vorhabens vorhanden waren;

              2.              welcher Kostenaufwand voraussichtlich damit verbunden sein wird, eine geeignete, der vom bewilligten Vorhaben in Anspruch genommenen Fläche in Qualität und Ausmaß entsprechende Fläche in jenen Zustand zu versetzen, der sie zum Lebensraum jener seltenen, gefährdeten oder geschützten Pflanzen qualifiziert, deren Lebensraum die vom bewilligten Vorhaben in Anspruch genommenen Fläche vor der Ausführung des mit Bescheid vom 21. August 2000 bewilligten Vorhabens darstellte.

Befund und Gutachten sowie Aktenvermerke und Niederschriften über sonstige Erhebungen sind dem Verwaltungsgerichtshof in zweifacher Ausfertigung vorzulegen.

Zu 1. wird bemerkt, dass der Amtssachverständige bei der Ermittlung der im relevanten Zeitpunkt gegebenen Beschaffenheit auf seinen seinerzeit erhobenen Befund, allfällige weitere Aufzeichnungen und auch auf sonstige, allenfalls nicht schriftlich niedergelegte Wahrnehmungen zurückgreifen möge. Auch der Heranziehung sonstiger für die Ermittlung der maßgeblichen Tatsachen geeigneter Beweismittel steht nichts im Wege. Die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Beweisergebnisse werden von diesem dem Parteiengehör zu unterziehen und zu würdigen sein. Der mit Schreiben vom 25. Februar 2005 mitgeteilte Umstand, dass 'das Grundstück zwischenzeitig angeschüttet und bebaut wurde', ist - unbeschadet allfälliger Auswirkungen dieses Umstandes auf die Möglichkeit einer Befundaufnahme - nicht von rechtlicher Relevanz.

Es wird darauf hingewiesen, dass - nach vorläufiger Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichtshofes - die Vorschreibung eines Geldbetrages zu unterbleiben haben wird, wenn Feststellungen zu den oben zu 1. und 2. angeführten Beweisthemen nicht möglich sein sollten."

Mit Schreiben vom 10. Mai 2005 hat die belangte Behörde nunmehr folgende Stellungnahme des fachlichen Naturschutzes übermittelt:

"Das Grundstück 737/37, KG V. liegt im Ortsbereich von V. unmittelbar nördlich des Bäckerteiches, getrennt durch einen öffentlichen Weg. Im Osten und Norden schließt das Grundstück unmittelbar an verbaute Flächen an. In der Natur handelte es sich um eine weitestgehend ebene, niveaumäßig geringfügig gegenüber der Bäckerteichstraße tieferliegende Fläche.

Im Zuge der Baureifmachung wurde das Grundstück zum Teil angeschüttet bzw. eine Bodenauswechslung vorgenommen. Im Westen grenzt ein unverbautes Grundstück an, das ebenfalls ein Feuchtgebiet ist.

Im Jahr 1992 und zwar im Zeitraum vom 1. Juli bis 30. Oktober wurde im Rahmen der Biotopkartierung das gesamte Gemeindegebiet von V. flächendeckend begangen und nach erhebungswürdigen Flächen abgesucht. Die festgestellten Biotope wurden mittels Erhebungsbogen aufgenommen und fotografisch dokumentiert. Weiters wurde zu jedem Biotoptyp eine Vegetationsaufnahme nach Braun-Blanquet erstellt.

Das ggstl. Grundstück 737/37 KG V. scheint in der Biotopkartierung unter der BiotopNr. 20725 - 0429 auf. Das Biotop wird als eutrophierter Schilfbestand mit zusätzlichen Nährstoffzeigern beschrieben. Der in diesem Bereich vorkommende Feuchtgebietstyp wird der Biotopgruppe Niedermoor, dem Biotoptyp Schilfbestand zugeordnet.

Folgende Pflanzenarten wurden im Zuge der Biotopkartierung und Begehungen vor Ort festgestellt:

Filipendula ulmaria (Großes Mädesüß)

Phragmites australis (Schilf)

Solidago canadensis (Große Brennessel)

Carex acuta (Schlanksegge)

Carex nigra (Braunsegge)

Pontentilla erecta (Blutwurz)

Lysimachia vulgaris (Gilbweiderich)

Juncus sp. (Binse)

Sanguisorba officinalis (Großer Wiesenknopf)

Unter den oben angeführten Pflanzenarten befinden sich keine

geschützten, seltenen oder gefährdeten Arten.

Im Jahr 1999 wurde in der Schriftenreihe 'Naturschutz in Kärnten' Band 15 die Rote Liste gefährdeter Tiere publiziert. Im Verzeichnis der unterschiedlichen Lebensraumtypen wurden unter Pkt. 2 die Feuchtgebiete und Gewässerverlandungen behandelt. Für diese Lebensraumtypen wurden die gefährdeten und seltenen Tierarten, die eine mehr- oder minderenge Bindung an bestimmte Lebensräume aufweisen, aufgelistet. Anhand dieser Listen ist abschätzbar welche naturschutzfachlich besonders relevanten gefährdeten oder extrem seltenen Arten in einem Lebensraum vorkommen könnten, welche Arten von etwaigen Eingriffen besonders betroffen sein könnten. Im gegenständlichen Fall im Bereich des Grundstückes 737/37 KG V sind in der Roten Liste Kategorie gesamt 459 Arten potentiell auf solchen Flächen vorzufinden. Die Lebensraumangaben beruhen auf insgesamt 2447 Arten aus folgenden Tiergruppen:

Säugetiere, Vögel, Lurche, Fische, Schmetterlinge, Köcherfliegen, Bienen, Kurzflügelkäfer und Verwandte, Laufkäfer, Schwammhafte, Zykaden, Heuschrecken und Verwandte, Steinfliegen, Libellen, Großkrebse, Wasserflöhe, Ruderfusskrebse, Weberknechte, Spinnen, Skorpione, Rückenschaler, Moostierchen und Weichtiere.

In diesem natürlichen oder durch exzessives Bewirtschaften entstandenen Lebensraum kommen besonders viele Arten der Roten Liste vor. Zahlenmäßig dominieren hierbei Kurzflügler, Spinnen und Laufkäfer unter den Zoophagen sowie Schmetterlinge, Zykaden und Schnecken unter den phytophagen Wirbellosen (siehe Auszug aus roter Liste)

Die Gefährdungskategorien sind folgend:

     0 ... ausgestorben, ausgerottet oder verschollen

     1 ... vom Aussterben bedroht

     2 ... stark gefährdet

     3 ... gefährdet

     I ... gefährdete wandernde Tierart

     G .. Gefährdung anzunehmen

     R ... extrem selten

     V ... Vorwarnstufe

     - ... ungefährdet

     ? ... dringender Forschungsbedarf

Auf einer Feuchtfläche wie im ggstl. Fall wurden bei Kartierungen auf ähnlichen Flächen Kurzflügelkäfer, Schmetterlinge, Spinnen, Laufkäfer, Zykaden, Weichtiere, Heuschrecken, Vögel und Weberknechte nachgewiesen.

Unabhängig, ob geschützte oder gefährdete oder seltene Tier- und Pflanzenarten auf einer ökologisch wertvollen Fläche vorgefunden werden, ist der naturschutzfachliche Wert einer solchen unbestritten. Durch die Zerstörung solcher Lebensräume sind diese insbesondere in den Tallandschaften in den letzten Jahrzehnten massiv verloren gegangen. Der Wert einer Feuchtfläche kann nicht ausschließlich von geschützten Arten abgeleitet werden, da oft Flächen dieser Art für den Biotopverbund, d.h. für das Weiterbestehen von an diese Lebensräume gebundenen Tier- und Pflanzenarten, von Bedeutung ist.

In den letzten Jahren wurden seitens der Fachabteilung für Naturschutz unterschiedliche Artenschutzprojekte aus Mitteln der Ersatzgeldleistungen finanziert. Es wurden unter anderen Gewässer neu angelegt, Flussnebenarme wieder aktiviert, Feuchtwiesen geschaffen, aber auch Magerrasenbestände vor der Verwaldung geschützt. Weiters wurden Projekte für die Erhaltung von seltenen Tierarten wie z.B. den Dohlenkrebs umgesetzt."

Auf Grund der vorliegenden Gutachten des Amtssachverständigen ist nicht feststellbar, dass sich auf dem streitgegenständlichen Grundstück geschützte, seltene oder gefährdete Pflanzen befunden hätten. Anhand verschiedener Auflistungen sei auch lediglich "abschätzbar", welche naturschutzfachlich besonders relevanten gefährdeten oder extrem seltenen Tierarten auf dem Grundstück vorkommen "könnten".

Nun hat der Verwaltungsgerichtshof etwa im Zusammenhang mit dem Versagungsgrund des § 9 Abs. 1 lit. b Krnt NatschG die Auffassung vertreten, dass ein darauf beruhender Bescheid nur dann ordnungsgemäß begründet ist, wenn er Feststellungen darüber enthält, welche seltenen, gefährdeten oder geschützten Tier- oder Pflanzenarten in dem vom Vorhaben betroffenen Lebensraum vorkommen, wobei eine nachvollziehbare, auf die Lebensbedingungen konkreter Tiere und Pflanzen bezugnehmende, naturwissenschaftliche, auf die qualitativen und quantitativen Aspekte des konkreten Falles, insbesondere der Auswirkungen des Vorhabens, bedachtnehmende Begründung erforderlich sind (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 22. Dezember 1997, Zl. 95/10/0087, mit weiteren Hinweisen).

Die Schaffung eines geeigneten Ersatzlebensraumes bzw. die Vorschreibung eines entsprechenden Geldbetrages im Sinne des § 12 Krnt NatSchG hat nach dem Gesetz zur Voraussetzung, dass durch die bewilligte Maßnahme der Lebensraum (konkreter) seltener, gefährdeter oder geschützter Tier- oder Pflanzenarten wesentlich beeinträchtigt oder vernichtet wird. Die bloße Eignung eines Bereiches auf Grund seiner Beschaffenheit "potentiell" als "Lebensraum" geschützter, seltener oder gefährdeter Tier- oder Pflanzenarten zu dienen, mögen diese dort auch weder vorkommen noch jemals vorgekommen sein, erfüllt die Voraussetzung für die Vorschreibung einer Ersatzgeldzahlung nicht.

Da im Beschwerdefall somit die Voraussetzungen für eine Ersatzgeldzahlung im Sinne des § 12 Abs. 2 Krnt NatSchG nicht vorliegen, war Punkt 5. der Auflagen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Villach vom 21. August 2000 gemäß § 42 Abs. 4 VwGG iVm den §§ 12 und 52 Krnt NatSchG sowie § 66 Abs. 4 AVG aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003. Wien, am 4. Juli 2005

Schlagworte

Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2001100064.X00

Im RIS seit

14.09.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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