TE OGH 1986/5/13 4Ob326/86

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Veröffentlicht am 13.05.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Präsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurzinger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl, Dr. Resch, Dr. Kuderna und Dr. Gamerith als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei PEM Bau Gesellschaft m.b.H., Mauthausen, Oberhaiderstraße 43, vertreten durch Dr. Harry Zamponi, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagten Parteien 1.) Karl P*** Gesellschaft

m.b.H., Atzbach, Ritzling Nr.9, 2.) Karl P*** KG, ebendort, beide vertreten durch Dr. Franz Penninger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 450.000,-) infolge Revisionsrekurses der beklagten Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 13.Februar 1986, GZ 5 R 24/86-11, womit der Beschluß des Kreisgerichtes Wels vom 4. November 1985, GZ 3 Cg 422/85-4, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit S 13.5l9,94 (darin S 1.229,09 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung ON 8 und die mit S 16.213,40 (darin S 1.473,95 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekurses ON 12 binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die zweitbeklagte Kommanditgesellschaft, deren persönlich haftende Gesellschafterin die erstbeklagte GmbH ist, übt das Schlosser-, Schmiede- und Spenglergewerbe aus; keine der beiden Beklagten verfügt über eine Baumeisterkonzession.

Am 23.7.1985 übermittelte die Zweitbeklagte unter gleichzeitigem Hinweis auf ihre - dem Schreiben angeschlossenen - Liefer- und Montagebedingungen der Fa. Josef D***, Kunststoffwerk in St.Georgen an der Gusen, ein Angebot auf Lieferung und Errichtung einer Stahlhalle, Type Pen-FG, zur Verwendung als Lagerhalle (Beilage D). Nach einer genauen Beschreibung der im Rahmen der "Stahlkonstruktion", der "Dacheindeckung", der "Wandverkleidung" und der "Montage" samt "Zubehör" im einzelnen zu erbringenden Leistungen wurden als "im Preis enthalten" angeführt: "Unterlagen zur bauseitigen Einreichung, Angaben der Kräfte und Anschlußdetails zur Erstellung der Fundamente, geprüfte Hallenstatik"; nach Eingang der Anzahlung würden die "vereinbarten Ingenieurleistungen kurzfristig übergeben".

Die klagende Mitbewerberin sieht in diesem Verhalten der Beklagten einen Verstoß gegen § 1 UWG: Die Übernahme und Ausführung von Gesamtaufträgen zur Errichtung von Hochbauten sowie insbesondere die Übernahme von Aufträgen zu einer über bloße Vorentwürfe hinausgehenden Erstellung von Einreichplänen, geprüften Statiken udgl. sowie zur Montage der Stahlhalle im Rahmen des Gesamtauftrages seien gemäß § 156 Abs.1, § 157 GewO ausschließlich den konzessionierten Baumeistern vorbehalten. Zur Rechtfertigung einer solchen Tätigkeit könnten sich die Beklagten auch nicht mit Erfolg auf § 33 Abs.1 Z 3 GewO berufen. Die Klägerin beantragt daher, zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches den Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr Leistungen anzubieten und durchzuführen, die ausschließlich konzessionierten Baumeistern gemäß § 157 GewO vorbehalten sind, insbesondere Gesamtaufträge für die Planung und Errichtung (Montage) von Stahlhallen oder sonstigen Hochbauten entgegenzunehmen oder durchzuführen oder im Rahmen derartiger Aufträge die Pläne und die Statik für Stahlhallen oder sonstige Hochbauten selbst oder durch Dritte zu erstellen oder deren Erstellung anzubieten.

Die Beklagten haben sich aus rechtlichen Erwägungen gegen diesen Sicherungsantrag ausgesprochen. Die Übernahme der beanstandeten Gesamtaufträge durch die Beklagten sei durch § 33 Abs.1 Z 3 GewO gedeckt, sofern sie die ihnen nicht zustehenden Arbeiten durch befugte Gewerbetreibende ausführen ließen. Letzteres werde durch den Hinweis darauf, daß die vereinbarten Ingenieurleistungen "kurzfristig übergeben" würden, ausreichend deutlich klargestellt. Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die dem Baumeister gemäß § 157 Abs.1 und 2 GewO zustehenden Befugnissen umfaßten zwar - über § 33 Abs.1 Z 3 GewO hinaus - auch die Planung, Leitung und Ausführung von Hochbauten; im Rahmen des § 33 Abs.1 Z 3 GewO könne aber auch die Montage, Aufstellung und Instandsetzung von Erzeugnissen übernommen werden. Daß die Beklagten durch das beanstandete Angebot den Eindruck erweckt hätten, sie seien auch zur Ausführung von Baumeistertätigkeiten berechtigt, habe die Klägerin gar nicht behaupet; sie habe vielmehr selbst eingeräumt, daß die Erstellung über Vorentwürfe hinausgehender Bau- und Einreichungspläne sowie geprüfter Statiken von den Beklagten an konzessionierte Unternehmen weitergegeben wird. Das Angebot Beilage D, in welchem auf diesen Umstand ausdrücklich hingewiesen werde, verstoße somit nicht gegen die Gewerbeordnung und damit auch nicht gegen § 1 UWG.

Das Rekursgericht erließ die einstweilige Verfügung und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, S 300.000 übersteigt. Die Gewerbeordnung habe dem Baumeister als Gesamtunternehmer insofern weitergehende Befugnisse als den erzeugenden Gewerbetreibenden eingeräumt, als er gemäß § 157 Abs.1 und 2 GewO auch zur Planung und Leitung berechtigt sei, während § 33 Abs.1 Z 3 GewO zwar die Übernahme von Gesamtaufträgen zur Herstellung bestimmter Erzeugnisse, nicht aber auch die Planung und Leitung solcher Vorhaben umfasse; zur Erzeugung berechtigte Gewerbetreibende dürften vielmehr nur solche Arbeiten planen, die im zulässigen Umfang ihrer Gewerbeberechtigung liegen (§ 3 Abs.1 Z 1 GewO). Sei daher bei Übernahme eines Gesamtauftrages durch einen solchen Gewerbetreibenden auch eine Planung notwendig, welche - wie hier die Erstellung einer ganzen

Stahlhallenanlage - über die vom Gewerbetreibenden zulässigerweise ausgeführten Arbeiten hinausgehe, dann bedeute dies die Ausübung einer den konzessionierten Baumeistern vorbehaltenen Tätigkeit. Durch die wiederholte Übertretung dieser gewerberechtlichen Bestimmungen hätten die Beklagten zugleich gegen § 1 UWG verstoßen. Gegen diese Rekursentscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Beklagten mit dem Antrag auf Wiederherstellung des Beschlusses der ersten Instanz.

Die Klägerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Wie der Oberste Gerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat (SZ 56/2 = EvBl 1983/49 = ÖBl.1983, 40; ÖBl.1983, 136; ÖBl.1983, 165 ua) verlangt das jedem Vorwurf sittenwidrigen Verhaltens begrifflich innewohnende moralische Unwerturteil - im Sinne der Behauptung einer den anständigen Gebräuchen in Handel und Gewerbe zuwiderlaufenden, also gegen das Anstandsgefühl des durchschnittlichen Mitbewerbers oder die sittliche Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise verstoßenden Wettbewerbshandlung - jedenfalls dort eine besondere subjektive Komponente auf der Seite des Beklagten, wo der ihm angelastete Wettbewerbsverstoß aus der Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift abgeleitet wird. Sein sittenwidriges Verhalten soll in diesen Fällen darin bestehen, daß er sich über eine gesetzliche Norm hinweggesetzt habe, um auf diese Weise einen Wettbewerbsvorsprung vor seinen gesetzestreuen Mitbewerbern zu erlangen. Nur eine dem Beklagten auch subjektiv vorwerfbare Mißachtung einer derartigen Vorschrift rechtfertigt es aber, über die bloße Verantwortlichkeit nach der übertretenen Verwaltungsvorschrift hinaus auch eine unlautere, gegen die guten Sitten verstoßende Wettbewerbshandlung iS des § 1 UWG anzunehmen. Dieser Grundsatz muß vor allem dort gelten, wo es - wie hier - um eine unterschiedliche Auslegung der angeblich verletzten Rechtsvorschrift(en) geht. Auch bei der Prüfung der Frage, ob eine (vermeintliche) Verletzung gewerberechtlicher Vorschriften gegen die guten Sitten verstößt, kommt es daher vor allem darauf an, ob die Auffassung des Beklagten über den Umfang seiner Befugnisse durch das Gesetz so weit gedeckt ist, daß sie mit gutem Grund vertreten werden kann; trifft dies zu, dann kann eine solche Auslegung der gesetzlichen Vorschrift und die darauf beruhende Tätigkeit des Beklagten nicht mehr als Handlung angesehen werden, die gegen das Anstandsgefühl der betroffenen Verkehrskreise verstößt. Hält man aber an dieser Rechtsansicht fest, dann ist auch im vorliegenden Fall für die Annahme einer gegen die guten Sitten verstoßenden Handlungsweise der Beklagten kein Raum: Die Auffassung der Rechtsmittelwerber, daß die von der Klägerin beanstandete Übernahme des Gesamtauftrages zur Errichtung einer Stahlhalle jedenfalls dann durch § 33 Abs.1 Z 3 GewO gedeckt sei, wenn die nach § 157 Abs.1 GewO den konzessionierten Baumeistern vorbehaltenen Planungs- und Berechnungsarbeiten - hier: Das Verfassen des Einreichplanes, das Errechnen der Kräfte- und Anschlußdetails zur Erstellung der Fundamente sowie das Erstellen einer geprüften Hallenstatik - nach der Auftragserteilung an einen befugten Baumeister weitergegeben werden, ist durchaus vertretbar. Geht man nämlich davon aus, daß zur Ausführung einer Arbeit regelmäßig auch deren Planung gehört (vgl.Mache-Kinscher, GewO 5 , 166 § 33 Anm.5) und § 33 Abs.1 Z 1 GewO nur die Befugnis der zur Erzeugung berechtigten Gewerbetreibenden regelt, im zulässigen Umfang ihrer Gewerbeberechtigung liegende Arbeiten lediglich - ohne Beziehung auf eine spätere tatsächliche Durchführung - zu planen (Mache-Kinscher aaO), dann kann § 33 Abs.1 Z 3 GewO ohne weiteres auch dahin verstanden werden, daß zu jenen Arbeiten, die ein zur Erzeugung berechtigter Gewerbetreibender auf Grund eines Gesamtauftrages zwar übernehmen darf, mangels einer eigenen Berechtigung aber durch einen hiezu befugten Gewerbetreibenden ausführen lassen muß, auch die damit verbundenen, gemäß § 157 Abs.1 GewO an sich den konzessionierten Baumeistern vorbehaltenen Planungs- und Berechnungsarbeiten gehören. Da zu der hier strittigen Rechtsfrage, soweit ersichtlich, noch keine einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vorliegt und auch die EB zu § 33 Abs.1 Z 3 GewO (abgedruckt bei Mache-Kinscher aaO Anm.8) die von den Beklagten vertretene Auslegung keineswegs ausschließen, kann es den Rechtsmittelwerbern nach Ansicht des erkennenden Senates nicht als Verstoß gegen § 1 UWG angelastet werden, wenn ihre - nach dem Wortlaut des Gesetzes immerhin vertretbare - Rechtsauffassung in der Folge vom Rekursgericht nicht gebilligt worden ist. Der Vorwurf sittenwidrigen - also unlauteren, mit den anständigen Geschäftsgebräuchen nicht zu vereinbarenden - Verhaltens ist unter diesen Umständen nicht begründet; die beanstandete Handlungsweise könnte zwar möglicherweise als Verwaltungsübertretung nach den Strafbestimmungen (§§ 366 ff) der GewO geahndet werden, sie begründet aber keinen Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG:

Dem berechtigten Revisionsrekurs der Beklagten war daher Folge zu geben und der angefochtene Beschluß im Sinne der Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes abzuändern. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50, 52 ZPO iVm §§ 78, 402 Abs.2 EO.

Anmerkung

E08158

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0040OB00326.86.0513.000

Dokumentnummer

JJT_19860513_OGH0002_0040OB00326_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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