Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dkfm. Dr. Siegurd M***, Steuerberater, München 50, Negerlestraße 2, vertreten durch Dr. Karl Heinz Klee, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Dr. Dietmar M***, Zahnarzt, Neuss, Sebastianus-Straße 4, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Dietmar Ritzberger, Rechtsanwalt in Schwaz, wegen Unterfertigung einer Vertragsurkunde (Streitwert 1,636.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom 12.Juli 1984, GZ 2 R 162/84-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 19.März 1984, GZ 12 Cg 776/82-20, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird n i c h t stattgegeben.
Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 19.010,55 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Barauslagen 2.400 S und an Umsatzsteuer 1.510,05 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der im April 1951 geborene Beklagte ist Alleineigentümer einer Tiroler Liegenschaft (EZ 480/II KG Eben mit dem Grundstück 583/14). Sein Eigentum wurde auf Grund eines mit 22.September/7.Oktober 1965 datierten Kaufvertrages einverleibt; bei Abschluß dieses Kaufvertrages war der damals noch minderjährige Beklagte durch seinen Vater vertreten worden.
Der Kläger ist ein älterer Bruder des Beklagten. Nach seinem Vorbringen sei es übereinstimmende Absicht aller Familienmitglieder beim Erwerb des Tiroler Grundstückes aus dem Erlös eines im gleichteiligen Eigentum der beiden Streitteile und ihrer weiteren drei Geschwister gestandenen Liegenschaft und bei der Bauführung auf dem Tiroler Grund unter maßgeblicher Verwendung des aus der Veräußerung der deutschen Liegenschaft stammenden Erlöses gewesen, den Eltern einen Alterswohnsitz zu sichern und im übrigen Grund und Haus allen fünf Geschwistern zu einem gleichen Anteil zukommen zu lassen. Die formelle Käufer- und Eigentümerrolle des Beklagten sei aus Rücksichten auf die pflegschaftsgerichtliche Aufsicht über das aufgegebene, in einem Fünftelanteil an der deutschen Liegenschaft bestandene Vermögen und im Hinblick auf günstigere Bausparvertragsmöglichkeiten für das jüngste Familienmitglied gewählt worden. Im Jahre 1975 hätten die fünf Geschwister in Anerkennung der seit 1965 übereinstimmenden Auffassung sämtlicher Familienmitglieder einen sogenannten Treuhandvertrag geschlossen und in einer mit 20.September 1965 rückdatierten Urkunde niedergelegt. Der Beklagte habe diesen Vertrag im Jahre 1975 als voll geschäftsfähige Person geschlossen und als solche auch die Vertragsurkunde unterfertigt. Mit dieser Vereinbarung habe er die Treuhandschaft in Ansehung der seinen Geschwistern jeweils zu einem Fünftelanteil zustehenden Rechte an der Tiroler Liegenschaft anerkannt. Anläßlich der Beerdigung des gemeinsamen Vaters seien die fünf Geschwister am 22./23.November 1981 bindend übereingekommen, daß der Kläger die Tiroler Liegenschaft um den dem Schätzwert eines damals bereits vorliegenden Schätzungsgutachtens entsprechenden Preis von 1,636.000 S in sein Alleineigentum übernehme, sofern es einem bestimmt bezeichneten Makler nicht gelänge, bis 31.Mai 1982 einen Kaufinteressenten namhaft zu machen, der einen beträchtlich höheren Kaufpreis als den Schätzwert zu zahlen bereit wäre. Ein solcher Kaufinteressent sei nicht aufgetreten. Die drei Geschwister der Streitteile hätten dem Kläger überdies ihre Ansprüche gegen den Beklagten aus dem Treuhandverhältnis, das vorsorglich aufgekündigt worden sei, abgetreten. Der Beklagte verweigere seit September 1982 die Zuhaltung der im November 1981 mündlich geschlossenen Vereinbarung.
Der Kläger begehrte die Verurteilung des Beklagten zur Unterfertigung einer Vertragsurkunde über den Verkauf der Tiroler Liegenschaft um 1,636.000 S mit einem im Urteilsbegehren im einzelnen ausgeführten Wortlaut.
Der Beklagte bestritt ein rechtswirksames Zustandekommen sowohl des sogenannten Treuhandvertrages als auch der Vereinbarung vom November 1981. Er brachte vor, anläßlich der Beisetzung ihres Vaters hätten die Geschwister lediglich unverbindliche Gespräche geführt, die inhaltlich nicht einmal einen Vorvertrag, geschweige denn eine Punktation oder einen Hauptvertrag dargestellt hätten. Für einen vollständigen Kaufvertrag hätte es beispielsweise an einer Regelung über die vorhandenen Lasten gefehlt. Es hätte jedenfalls Einverständnis darüber bestanden, daß die Beteiligten und insbesondere der Beklagte vor einer schriftlichen Niederlegung des Geschäftsinhaltes nicht hätten gebunden sein sollen. Abgesehen davon verstieße die angebliche Vereinbarung über einen Grundstückskauf durch den Beklagten gegen das Tiroler Grundverkehrsrecht und sei deshalb nichtig. Abgesehen vom Fehlen eines entsprechenden Vertragswillens seien sowohl die sogenannte Treuhandvereinbarung als auch die Vereinbarung vom November 1981 formunwirksam. Beide Geschäfte seien nämlich nach dem Recht der Bundesrepulbik Deutschland zu beurteilen, da alle Erklärungen von Staatsangehörigen dieses Landes in diesem Staat abgegeben worden seien, ohne daß die Beteiligten in ausdrücklicher oder auch bloß schlüssiger Rechtswahl ihre vertraglichen Beziehungen dem inländischen Recht unterworfen hätten. Nach § 313 BGB hätten Vereinbarungen, wie sie der Kläger zur Stützung seines Begehrens behaupte, bei sonstiger Unwirksamkeit der notariellen Beurkundung bedurft. Aus diesen Erwägungen sei auch den drei Geschwistern der Streitteile kein Anspruch aus einem Treuhandverhältnis gegen den Beklagten zugestanden. Die Abtretung der behaupteten Ansprüche aus einem solchen Treuhandverhältnis an den Kläger sei nach allgemeinem Schuldrecht unzulässig gewesen, weil dem Beklagten nicht einseitig ein anderer Vertragspartner hätte aufgedrängt werden dürfen.
Zu den erst im Verlaufe des Rechtsstreites erörterten kollisionsrechtlichen Gesichtspunkten des Rechtsfalles entgegnete der Kläger, daß im Hinblick auf die Lage des Vertragsgegenstandes im Inland eine schlüssige Rechtswahl auf das inländische Recht anzunehmen sei. Unterlägen aber die in der Klage erwähnten Vereinbarungen einer Beurteilung nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland, so wäre die Formvorschrift des § 313 BGB deshalb nicht anwendbar, weil es sich sowohl beim sogenannten Treuhandvertrag als auch bei der Vereinbarung vom November 1981 um Vereinbarungen im Rahmen einer Grundstücksgemeinschaft gehandelt habe. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Dazu sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt. Aus den vom Berufungsgericht als Entscheidungsgrundlage übernommenen erstinstanzlichen Feststellungen ist hervorzuheben:
Der Vater der Streitteile hatte ein Grundstück in der Bundesrepublik Deutschland erworben und es seinen fünf Kindern, den beiden Streitteilen und ihren Geschwistern, zu gleichen Teilen geschenkt. Dieses Grundstück wurde wieder veräußert und hiefür das Tiroler Grundstück angekauft. Dabei war unter den Familienmitgliedern abgesprochen, daß auch die Tiroler Liegenschaft allen fünf Kindern zu gleichen Miteigentumsanteilen gehören sollte. Als Käufer der Tiroler Liegenschaft trat aber der damals noch minderjährige Beklagte allein auf. Auf Grund der mit 22.September und 7.Oktober 1965 datierten Kaufvertragsurkunde wurde auch sein Alleineigentum grundbücherlich einverleibt.
Unter Heranziehung finanzieller Mittel sämtlicher Familienangehörigen wurde auf der Tiroler Liegenschaft ein Einfamilienhaus errichtet. Es sollte vor allem den Eltern als Alterssitz dienen, aber ebenso wie der deutsche Grund den fünf Kindern zu je einem Fünftelanteil gehören.
Aus Anlaß von Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Vater und den übrigen Familienmitgliedern errichteten die fünf Geschwister im Jahre 1975 einen sogenannten Treuhandvertrag. Die hierüber errichtete Urkunde weist die Ortsdatierung "Maurach/Buchau" und die Zeitdatierung "20.September 1965" auf. Die fünf Geschwister beabsichtigten damals, die seit dem Erwerb des Grundstückes im Jahre 1965 bestehenden außerbücherlichen Rechtsverhältnisse in Ansehung der Tiroler Liegenschaft schriftlich festzulegen. Die Vertragsurkunde wurde in einem Umlaufverfahren von allen fünf Geschwistern unterfertigt. Nach dem Inhalt der Vereinbarung sollte der Beklagte die Tiroler Liegenschaft zu je einem Fünftel für seine vier Geschwister und zum restlichen Fünftel für sich selbst erwerben, zu denselben Anteilen darauf ein Einfamilienhaus errichten lassen und bis auf schriftlichen Widerruf treuhändig die Verwaltung der Liegenschaft führen.
Am 22. und 23.November 1981 vereinbarten die anläßlich der Beisetzung ihres Vaters in Prienbach/Inn in der Bundesrepublik Deutschland zusammengekommenen fünf Geschwister mündlich, daß die Tiroler Liegenschaft mit dem Einfamilienhaus um 1,636.000 S an den Kläger verkauft werde, wenn ein von einem Bruder der Streitteile zu beauftragender Innsbrucker Makler bis Ende Mai 1982 keinen Kaufinteressenten finden sollte, der einen höheren Preis zu zahlen bereit wäre, in welchem Fall immer noch der Kläger, wenn auch zu einem höheren Preis den Grund kaufen können sollte; mangels fristgerechten Vermittlungserfolges des Maklers sollte ein inländischer Rechtsanwalt mit der Abfassung einer verbücherungsfähigen Kaufvertragsurkunde betraut werden; diese Urkunde sollte die im Urteilsbegehren enthaltenen Vertragsregelungen zum Inhalt haben. Der vereinbarte Kaufpreis von 1,636.000 S entsprach einem Schätzungsgutachten vom 30.September 1981. Der Kläger sollte auf den Kaufpreis bei Errichtung der Kaufvertragsurkunde jedem seiner Geschwister 25.000 DM bar bezahlen, den Restbetrag nach Abzug der noch zu ermittelnden, in Anrechnung auf den Kaufpreis zu übernehmenden bücherlich sichergestellten Lasten anläßlich der grundbücherlichen Durchführung des Vertrages. Allen Geschwistern war bei ihrer mündlich getroffenen Einigung nicht nur das Erfordernis der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, sondern auch die Möglichkeit dabei auftretender Schwierigkeiten bewußt. Allen Geschwistern war bei ihrer Einigung klar, daß auf ihre Absprache und den zu errichtenden verbücherungsfähigen Kaufvertrag über die Tiroler Liegenschaft österreichisches Recht zur Anwendung zu gelangen habe.
Der von den Geschwistern beauftragte Bruder erteilte den Vermittlungsauftrag. Bis Ende Mai 1982 wurde kein tauglicher Käufer namhaft gemacht.
Der Kläger drängte daraufhin den Beklagten auf Vertragszuhaltung. Der Beklagte weigerte sich aber, die Liegenschaft dem Kläger zu verkaufen. Er erklärte, sie selbst behalten zu wollen. Die drei Geschwister der Streitteile haben den Kläger alle Rechte und Pflichten aus dem Treuhandvertrag abgetreten. Der Kläger hat in einem Schreiben an den Beklagten vom 8.November 1982 das Treuhandverhältnis mit sofortiger Wirkung aufgekündigt. Ob ein Verkauf mit dem Inhalt nach dem Klagebegehren die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erhalten werde, konnte nicht festgestellt werden.
Das Erstgericht folgerte in rechtlicher Beurteilung: Bereits beim Erwerb der Tiroler Liegenschaft durch den Beklagten als Ersatz für das im gleichteiligen Eigentum aller fünf Geschwister gestandene deutsche Grundstück, sei nach dem Willen aller Familienmitglieder im Innenverhältnis vereinbart worden, daß auch das Tiroler Grundstück allen fünf Geschwistern als Miteigentümern hätte zustehen sollen. Der 1975 errichtete schriftliche Treuhandvertrag habe einen bereits zehn Jahre lang bestehenden Rechtszustand nur bestätigen sollen und sei auch aus diesem Grunde rückdatiert worden. Er sei in diesem Sinne bloß rechtsfeststellend und nicht rechtsbegründend gewesen. Die im November 1981 mündlich getroffene Abrede der fünf Geschwister sei als Vorvertrag zum Kauf der Liegenschaft durch den Kläger zu verstehen. Dabei sei der ins Auge gefaßte Verkauf an einen dritten Interessenten zum einem höheren Preis als aufschiebende Bedingung anzusehen, die dem Vorvertrag seine verbindliche Kraft nicht zu benehmen vermocht habe. Die fünf Geschwister hätten zu ihrer Absprache vom November 1981 schlüssig die Anwendung österreichischen Rechtes vereinbart. Das Bewußtsein, daß eine in Österreich gelegene Liegenschaft den Vertragsgegenstand bilde, der Vertrag in einem österreichischen Grundbuch durchzuführen sein werde und die Vereinbarung, hiezu einen österreichischen Rechtsanwalt zu beauftragen, ließen keinen vernünftigen Grund übrig, an der auf die Anwendung österreichischen Rechtes zielenden Rechtswahl zu zweifeln. Auch ohne solche Rechtswahl wäre im übrigen nach dem im § 1 IPR-Gesetz zum Ausdruck gebrachten Grundsatz der Maßgeblichkeit der stärksten Beziehung österreichisches Recht anzuwenden, weil sich in den §§ 36 ff IPR-Gesetz kein besonderer Anknüpfungspunkt bezüglich eines Vorvertrages finden ließe.
Inhaltlich entspreche die im November 1981 getroffene Abrede allen Erfordernissen nach § 936 ABGB. Nach österreichischem Recht sei ein Kaufvertrag über unbewegliches Gut und auch ein Vorvertrag hiezu (im Gegensatz zu § 313 BGB) formfrei. Die Klagsfrist sei gewahrt. Der in das Klagebegehren aufgenommene Vertragstext entspreche dem Inhalt des Vorvertrages.
Das Berufungsgericht erwog zu den kollisionsrechtlichen Fragen:
Der im Jahre 1975 im Sinne der mit 20.September 1965 datierten und eine österreichische Ortsangabe aufweisenden Urkunde errichtete Treuhandvertrag sei nach der Rechtsordnung zu beurteilen, auf die die vor dem Inkrafttreten des IPR-Gesetzes in Geltung gestandenen Kollisionsnormen der §§ 36 und 37 ABGB hingewiesen hätten. Es sei davon auszugehen, daß sowohl die Streitteile selbst als auch ihre Geschwister Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland gewesen seien. Die drei Geschwister der Streitteile hätten ihre Unterschrift unter die Vertragsurkunde (und damit die Abgabe ihrer Rechtsgeschäftserklärung) im sogenannten Umlaufverfahren - wie in der Berufungsverhandlung außer Streit gestellt wurde - jeweils an ihren in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Wohnorten geleistet. Wo die beiden Streitteile ihrerseits die Urkunde unterschrieben hätten, habe in der Berufungsverhandlung nicht aufgeklärt werden können. Der Beklagte habe bereits im Verfahren erster Instanz die Unterfertigung an seinem in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Wohnsitz behauptet, dazu aber in seiner Parteienvernehmung nichts ausgesagt. Der Ort, an dem die beiden Streitteile jeweils die Treuhandvertragsurkunde unterschrieben hätten, müsse als "umstritten und unaufgeklärt" angesehen werden. In Betracht zu ziehen seien aber nur Orte in der Bundesrepublik Deutschland oder in Österreich. Soweit im Sinne des § 37 ABGB eine Verweisung auf das Recht der Bundesrepublik Deutschland anzunehmen wäre, wäre mangels Rechtswahl eine Rückverweisung auf das Recht des Staates zu beachten, in dem der Vertragsgegenstand gelegen gewesen sei, weil zu diesem Recht die engste Beziehung bestünde. In diesem Fall, wie auch bei Anwendbarbeit der Kollisionsregel des § 36 ABGB, unterläge der Treuhandvertrag des Jahres 1975 der Beurteilung nach österreichischem Sachrecht. Die Angabe eines zumindest für die Mehrheit der am Rechtsgeschäft beteiligten Personen nicht zutreffenden inländischen Vertragsortes sei aber ein Indiz für die schlüssige auf das inländische Recht gerichtete Rechtswahl. Nach inländischem Recht sei der 1975 abgeschlossene Treuhandvertrag keiner Formvorschrift unterworfen gewesen. Die Einhaltung der nach dem anzuwendenden Sachrecht ausreichenden Form habe - unabhängig von strengeren Formvorschriften nach dem Recht des Abschlußortes - jedenfalls hingereicht. Ähnliches habe für den im November 1981 in einem Ort in der Bundesrepublik Deutschland mündlich geschlossenen Vorvertrag zum Kauf der in Österreich gelegenen Liegenschaft zu gelten: Auf Grund des Bewußtseins aller Vertragsparteien, daß inländisches Recht anzuwenden sei, der Lage des Vertragsgrundstückes im Inland und der erforderlichen bücherlichen Durchführung des Vertrages im Inland sowie der Festlegung des Kaufpreises in inländischer Währung sei eine Unterwerfung des Vertragsverhältnisses unter das inländische Sachrecht anzunehmen. Mangels einer solchen Rechtswahl würde § 36 IPR-Gesetz auf das Recht der Bundesrepublik Deutschland verweisen, weil von einem in diesem Staat gelegenen gewöhnlichen Aufenthalt des Beklagten auszugehen sei. Es läge aber eine Rückverweisung auf das inländische Recht als das Recht des Staates vor, in dem sich der Vertragsgegenstand befinde. In jedem der beiden in Betracht kommenden Fälle sei auf die Vereinbarung vom November 1981 das inländische Sachrecht anzuwenden. Dieses sei gemäß § 8 IPR-Gesetz auch für die zu beachtenden Formerfordernisse bestimmend. Die als Vorvertrag zum Liegenschaftskauf zu wertende Vereinbarung sei daher ebenfalls keiner Formvorschrift, insbesondere nicht jener nach § 313 BGB unterworfen gewesen.
Im übrigen befand das Berufungsgericht, daß der im Urteilsbegehren enthaltene Inhalt des Vertrages durch den zugrundezulegenden Inhalt des Vorvertrages gedeckt sei. Der Beklagte sei im Jahre 1975 voll geschäftsfähig gewesen und habe mit dem damals abgeschlossenen Treuhandvertrag die Treugeberstellung seiner vier Geschwister in Ansehung je eines Fünftelanteiles an der Tiroler Liegenschaft anerkannt. Auch in Ansehung seines eigenen Fünftelanteiles sei der Beklagte an die sich aus dem Vorvertrag ergebenden Verpflichtungen gebunden. Daß er keinesfalls vor Unterfertigung einer Vertragsurkunde habe gebunden sein wollen, entspreche nicht dem festgestellten Sachverhalt. Die Jahresfrist des § 936 ABGB habe erst mit dem Nichteintritt der Bedingung, daß bis Ende Mai 1982 kein besserer Käufer gefunden würde, zu laufen begonnen und sei jedenfalls durch die noch im Dezember 1982 erfolgte Klagseinbringung gewahrt worden.
Der Beklagte ficht das bestätigende Berufungsurteil aus den Revisionsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit einem auf Abweisung des Klagebegehrens zielenden Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Der Kläger strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die bei der Entscheidung des Rechtsfalles im Vordergrund stehenden international privatrechtlichen Fragen haben bei der Bestimmung des festgestellten Rechtsverhältnisses, aus dem der Klagsanspruch abgeleitet werden soll, nach seiner rechtlichen Eigenart (Qualifikation) anzusetzen. In diesem Sinne ist zuerst die Abrede der fünf Geschwister vom November 1981 anläßlich der Beisetzung ihres Vaters in der Bundesrepublik Deutschland zu prüfen. Die Abrede bezog sich auf eine Tiroler Liegenschaft, an der das alleinige Eigentumsrecht des Beklagten als des jüngsten der Geschwister grundbücherlich einverleibt war und die der Kläger um den Schätzwert in sein Alleineigentum übernehmen sollte. Für die beiden Streitteile handelte es sich nicht oder jedenfalls nicht in erster Linie und in der Hauptsache um das nach außen hin in Erscheinung tretende Austauschgeschäft Liegenschaft gegen Geld, das alle Eigenarten des Geschäftstypus Kauf besäße, sondern vielmehr um den Vollzug eines anderen rechtserheblichen Aktes, worauf schon die Mitwirkung der übrigen drei Geschwister hinweist.
Alle fünf Geschwister handelten in einer Weise, als beendeten sie mit ihrer Willensübereinstimmung rechtsgeschäftlich ein Gemeinschaftsverhältnis in Ansehung der Tiroler Liegenschaft. Dabei traten sie so auf, als wären sie in ihren internen Beziehungen zueinander in Ansehung des sachenrechtlich im Alleineigentum des Beklagten stehenden Grundes gleichberechtigt, wie sie dies schon Jahre zuvor im sogenannten Treuhandvertrag schriftlich bekundet hatten. Die Vereinbarung vom November 1981 zielte eindeutig auf eine Aufhebung der im Sinne der Treuhandvereinbarung des Jahres 1975 zugrunde gelegten Rechtsgemeinschaft. Dabei ist vorerst für die zur Anknüpfung erforderliche Qualifikation außer Betracht zu lassen, ob die zugrunde gelegte Rechtsgemeinschaft wirksam begründet worden war und aufrecht bestand, weil das zwar ein für die Wirksamkeit, nicht aber ein für die Eigenart der im November 1981 beabsichtigten Rechtsakte erheblicher Umstand sein konnte. Die fünf Geschwister, die sich ungeachtet der abweichenden sachenrechtlichen Lage intern wechselseitig als "wirtschaftliche" Miteigentümer der Liegenschaft ansahen, faßten eine Aufhebung ihrer Rechtsgemeinschaft ins Auge und trafen eine Einigung über die Vornahme und die Art der Auseinandersetzung. Hätte ihre sachenrechtliche Position der internen Absicht entsprochen, das heißt, wären die fünf Geschwister als Miteigentümer grundbücherlich einverleibt gewesen, wäre ihre Einigung über die Aufhebung der Rechtsgemeinschaft und die Art der Durchführung (Zivilteilung in bestimmter Form) als Regelung eines sachenrechtlichen Anspruches nach § 31 IPR-Gesetz der Beurteilung nach inländischem Recht unterlegen. Der Beklagte als grundbücherlicher Alleineigentümer erachtete sich gegenüber seinen einzelnen Geschwistern ebenso wie diese untereinander nur in einer schuldrechtlich wirksamen Weise verbunden, sich gegenseitig wie Miteigentümer zu behandeln. Das Verhältnis des Beklagten zu seinen Geschwistern war danach als uneigennützige Treuhand (Verwaltungstreuhand) zu qualifizieren, die nach inländischem Recht ebensowenig wie nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsinstitut gesetzlich geregelt ist und für die das inländische internationale Privatrecht keine besonderen Kollisionsregeln aufgestellt hat. Soweit es sich, wie im vorliegenden Rechtsfall, ausschließlich um die Beziehungen der durch das Treuhandverhältnis untereinander verbundenen Personen handelt, ist es angemessen, das anzuwendende Recht, wenn nicht unmittelbar nach § 1 Abs 1 IPR-Gesetz, so nach § 35 Abs 1 IPR-Gesetz zu ermitteln. Mangels Behauptung und Feststellung einer ausdrücklichen Rechtswahl und mangels Behauptung und Feststellung von Tatsachen, die für eine schlüssige Rechtswahl hinreichten, ist das anzuwendende Recht nach einer hypothetischen Rechtswahl zu bestimmen. Diese weist - ebenso wie ein unmittelbarer Rückgriff auf § 1 Abs 1 IPR-Gesetz - auf das inländische Recht, weil davon auszugehen ist, daß sich die fünf Geschwister in Ansehung der Tiroler Liegenschaft wie Miteigentümer zu behandeln bestrebt waren, als solche nach § 31 Abs 1 IPR-Gesetz der inländischen Rechtsordnung unterworfen gewesen wären und eine derartige rechtsgeschäftliche Unterwerfung mangels eindeutig bekundeten gegenteiligen übereinstimmenden Willens von ihrem Willen, sich wie Miteigentümer einer inländischen Liegenschaft zu behandeln, als miterfaßt unterstellt werden muß.
Zum selben Ergebnis führten Erwägungen im Sinne der Ausführungen von Staudinger-Stoll, BGB 12 , Internationales Sachenrecht, Rz 99, unter der Voraussetzung, daß mit Rücksicht auf die Ortsdatierung in der 1975 errichteten Vertragsurkunde und mit Rücksicht auf eventuelle weitere Tatumstände das Tiroler Haus ungeachtet des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland als "Verwaltungssitz" aufzufassen wäre. Diese Überlegung soll aber nicht der Ableitung des gewonnenen Ergebnisses, sondern lediglich seiner grundsätzlichen Verträglichkeit mit anerkannten kollisionsrechtlichen Grundsätzen dienen.
Geht man von der dargestellten rechtlichen Verbundenheit der fünf Geschwister in Ansehung der im grundbücherlichen Alleineigentum des Beklagten stehenden Tiroler Liegenschaft kraft unterstellter wechselseitiger interner Mitberechtigung und der daraus folgenden Anwendung inländischen Rechtes kraft hypothetischer Rechtswahl aus, erfaßte diese mangels erkennbar geäußerten übereinstimmenden gegenteiligen Willens auch die Kaufvereinbarung als das die Auflösung der Rechtsgemeinschaft konkretisierende Ausführungsgeschäft.
Das Revisionsgericht erachtet die vom Berufungsgericht hervorgehobenen Umstände allein für eine schlüssige Rechtswahl im Sinne des § 863 Abs 1 ABGB nicht zwingend genug, zumal das Berufungsgericht der Sache nach nicht auf individuelle Umstände, sondern vielmehr auf typische Umstände, die für eine bestimmte Rechtswahl sprächen (vgl. dazu Soergel-Kegel, BGB 11 , Rz 344 vor Art.7), abgestellt hat. Das Revisionsgericht gelangt aber nach den dargelegten besonderen Voraussetzungen der Vereinbarung vom November 1981 zu einer hypothetischen Wahl des inländischen Rechtes. Ist aber auf die Vereinbarung vom November 1981 inländisches Sachrecht anzuwenden, ist gemäß § 8 IPR-Gesetz dessen Regelung inhaltlich mit der nach § 11 Abs 1 EGBGB übereinstimmt - das inländische Sachrecht auch in erster Linie zur Prüfung der Formgebundenheit maßgebend.
Zur Frage des auf die Vereinbarung vom November 1981 anzuwendenden Rechtes liegt weder die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens noch eine unrichtige rechtliche Beurteilung kollisionsrechtlicher Vorschriften vor. Die festgestellte Willenseinigung der fünf Geschwister einschließlich der beiden Streitteile vom November 1981 war, wie bereits zur Qualifikation des Rechtsaktes dargelegt, einerseits Einigung über die grundsätzliche Vornahme, aber andererseits auch über die konkrete Art der Aufhebung der internen Bindungen in Ansehung der Tiroler Liegenschaft. Darin lag zugleich eine Weisung des Klägers und der übrigen Geschwister des Beklagten an diesen, als Treuhänder im Sinne des beschlossenen Ausführungsgeschäftes zu verfahren, und in Ansehung des dem Beklagten auch kraft interner Zuordnung zustehenden Anteiles die Unterwerfung unter den übereinstimmend geäußerten Willen zur Aufhebung der Rechtsgemeinschaft.
Die Vorinstanzen haben nach dem zugrundezulegenden Sachverhalt zutreffend eine Verpflichtung des Beklagten zur Unterfertigung der Urkunde mit dem in das Urteilsbegehren aufgenommenen Wortlaut angenommen. Dagegen führt der Beklagte in seiner Revision auch nichts mehr aus.
Der Beklagte hat in erster Instanz nichts vorgebracht, was als Irrtumseinwendung oder ähnliches hätte gewertet werden können. Deshalb erübrigen sich Erwägungen zum sogenannten Treuhandvertrag des Jahres 1975. Zu den Ausführungen der Vorinstanzen über die Rechtsbeziehung der fünf Geschwister in Ansehung der Tiroler Liegenschaft ist aber anzumerken: Gegen die Beurteilung des Erstgerichtes, der Vater des damals noch minderjährigen Beklagten hätte als dessen gesetzlicher Vertreter im Jahre 1965 mit den Geschwistern des Beklagten ohne pflegschaftsgerichtliche Genehmigung, ja geradezu in Täuschung des Pflegschaftsgerichtes, wirksam vereinbaren können, die Einverleibung des Alleineigentums des Beklagten erfolgte nur, um die Veräußerung des Fünftelanteiles des Minderjährigen an dem in der Bundesrepublik Deutschland gelegenen Grundstück gegenüber der Pflegschaftsbehörde zu rechtfertigen, intern werde der Minderjährige in Ansehung von vier Fünftelanteilen auf die Rolle eines Treuhänders seiner Geschwister beschränkt, bestünden erhebliche Bedenken. Der volljährig gewordene Beklagte vermochte aber im Jahre 1975 wirksam Beschränkungen im Sinne des nach dem festgestellten Sachverhalt seit dem Ankauf der Tiroler Liegenschaft bestandenen realen Willens aller Familienmitglieder im Sinne der Treuhandschaft auf sich zu nehmen. Soweit der Beklagte als eigenberechtigte Person nicht etwa schon vorher, wenn auch nur schlüssig, seine interne Beschränkung auf die Stellung eines Treuhänders seiner Geschwister in Ansehung von vier Fünftelanteilen der Tiroler Liegenschaft anerkannt gehabt hätte, wozu aber Behauptungen und Feststellungen fehlen, müßte die Vereinbarung des Jahres 1975 als rechtsbegründend gewertet werden. Mangels Rechtswahl hätte sich aus den bereits zitierten Erwägungen von Staudinger-Stoll, BGB 12 , Internationales Sachenrecht, Rz 99 eine Verweisung auf das inländische Recht und damit auf die Maßgeblichkeit der inländischen Formvorschriften ergeben. Es bestehen keine Bedenken gegen die formgerechte und wirksame interne Beschränkung des Beklagten gegenüber seinen Geschwistern im Sinne der sogenannten Treuhandvereinbarung aus dem Jahre 1975. Das Bestehen dieses Treuhandverhältnisses ist für die Vereinbarung vom November 1981 nur insoweit erheblich, als es den Rechtsgrund für die Vereinbarung darstellt, ob also die Treuhand und ihre Aufhebung eine zureichende causa für das Verpflichtungsgeschäft abgeben. Soweit die Einwendung des Beklagten, die Treuhandvereinbarung des Jahres 1975 sei formunwirksam, als eine derartige Einwendung fehlenden Rechtsgrundes für die Vereinbarung vom November 1981 aufzufassen wäre, wäre sie nach den angestellten Überlegungen nicht stichhältig. Die Versuche des Revisionswerbers, nach dem Scheitern seiner sonstigen Einwendungen die Schutzwirkung der Formvorschrift des § 313 BGB für sich in Anspruch zu nehmen, muß nach den dargelegten kollisionsrechtlichen Erwägungen erfolglos bleiben. Der Revision war daher nicht stattzugeben.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO. Die Eingabengebühr für die Revisionsbeantwortung beträgt S 2.400 (AnwBl.1971 Nr.71).
Anmerkung
E08219European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00699.84.0515.000Dokumentnummer
JJT_19860515_OGH0002_0060OB00699_8400000_000