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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1997 §33 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des I, vertreten durch Mag. Felix Wallner, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Kaiser Franz-Ring 2/7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 29. Jänner 2004, Zl. Fr 1335/03, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 29. Jänner 2004 wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen albanischen Staatsangehörigen, gemäß § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, aus dem Bundesgebiet aus. Die belangte Behörde begründete diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass sich der am 5. Juni 1997 illegal nach Österreich eingereiste Beschwerdeführer seit Zurückziehung seines - am 9. Juni 1997 gestellten - Asylantrages am 22. Oktober 2002 nunmehr unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte. Die Zurückziehung des Asylantrages sei im Zusammenhang mit dem Ersuchen um Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis nach § 10 Abs. 4 FrG erfolgt, der Bundesminister für Inneres habe der Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis aber nicht zugestimmt. Trotzdem sei der Beschwerdeführer, der eine Arbeitserlaubnis mit Gültigkeit vom 20. Juni 2002 bis 19. Juni 2004 besitze, der schon seit 17. Mai 2001 über eine Beschäftigungsbewilligung verfügt habe und einer Arbeit als Fliesenleger nachgegangen sei, in Österreich verblieben. Angesichts seines unrechtmäßigen Aufenthaltes erweise sich seine Ausweisung im Grund des § 33 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich des § 37 Abs. 1 leg. cit. - als zulässig. Was die letztgenannte Bestimmung anlange, so sei auf Grund des sechseinhalbjährigen Aufenthalts des Beschwerdeführers im Bundesgebiet und der von ihm in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Ausweisungsbescheid vorgebrachten Umstände - über den von der belangten Behörde festgestellten Besitz einer Arbeitserlaubnis hinaus hatte der Beschwerdeführer in der besagten Berufung vorgebracht, in einem aufrechten Dienstverhältnis zu stehen, monatlich bis zu 2.000,-- EUR ins Verdienen zu bringen, gut Deutsch zu sprechen, einen großen Freundes- bzw. Kollegenkreis aufzuweisen und mit einer Österreicherin im gemeinsamen Haushalt zu wohnen; außerdem hatte er betont, dass er aufrecht gemeldet sei, eine Wohnung angemietet habe, keinerlei Vorstrafen aufweise und dass auch seine Schwester, eine Österreicherin, mit ihrer Familie in Österreich lebe und dass er mit seiner sechsjährigen Nichte viel Zeit verbringe - davon auszugehen, dass eine Ausweisung in sein Privat- und Familienleben eingreifen würde. Allerdings reiche die Dauer des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nicht aus, die Zulässigkeit der Ausweisung "generell" auszuschließen. Durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt seit dem Ende seiner Aufenthaltsberechtigung nach § 19 AsylG habe er die den Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet regelnden Normen "gebrochen". Den Normen, die die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelten, komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zu. Dieses maßgebliche öffentliche Interesse habe der Beschwerdeführer durch seine illegale Einreise, vor allem aber durch seinen illegalen Aufenthalt seit der Zurückziehung seines Asylantrages, erheblich beeinträchtigt. Der Beschwerdeführer habe keine Ausreisewilligkeit gezeigt und es bestünde auch keine Möglichkeit, seinen Aufenthalt vom Inland aus zu legalisieren. Würde sich "generell betrachtet" ein Fremder "in solch einer Situation" erfolgreich auf § 37 Abs. 1 FrG berufen können, so würde das dem FrG zuwiderlaufen. Damit ergebe sich, dass die Ausweisung des Beschwerdeführers trotz seiner familiären und beruflichen Anknüpfungspunkte in Österreich gemäß § 37 Abs. 1 FrG zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Es seien schließlich keine Umstände ersichtlich, die für eine Ermessensübung zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechen würden.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Auch der Beschwerdeführer stellt letztlich nicht in Frage, dass er sich nunmehr unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Er vertritt jedoch den Standpunkt, dass seine Ausweisung im Grunde des § 37 Abs. 1 FrG nicht zulässig sei.
Gemäß der genannten Bestimmung ist, würde durch die Ausweisung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, eine solche Maßnahme nur zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
Die belangte Behörde ging davon aus, dass mit der Ausweisung des Beschwerdeführers ein Eingriff in sein Privat- und Familienleben verbunden sei. Dieser Eingriff sei jedoch zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (auf dem Gebiet des Fremdenwesens) dringend geboten. Dieser Auffassung vermag sich der Verwaltungsgerichtshof nicht anzuschließen. Zwar trifft es zu, dass dem öffentlichen Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung ein hoher Stellenwert zukommt. Im vorliegenden Fall hat dieses öffentliche Interesse allerdings angesichts der von der belangten Behörde - durch vorbehaltlose Übernahme des Berufungsvorbringens - zu Grunde gelegten Verankerung des Beschwerdeführers im Inland hinter dessen gegenläufiges persönliches Interesse zurückzutreten. Dafür sind neben dem knapp siebenjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers, der bereits 19-jährig nach Österreich gelangte, insbesondere - aber nicht nur - seine berufliche und soziale Verfestigung maßgeblich, die eine gelungene Integration erkennen lassen.
Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil eine Zuerkennung von Umsatzsteuer neben dem Pauschbetrag für Schriftsatzaufwand nicht in Betracht kommt.
Wien, am 5. Juli 2005
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004210124.X00Im RIS seit
19.08.2005