Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Irmgard K***, Hausfrau, Wien 19., Telekygasse 2, vertreten durch Dr. Herwig Hammerer, Rechtsanwalt in Krems, wider die beklagte Partei Med.Rat.Dr. Friedrich K***, praktischer Arzt, Weikertschlag, Hauptplatz 19, vertreten durch Dr. Otto Kern und Dr. Wulf Kern, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterhalt (Streitwert im Revisionsverfahren S 258.963,18), infolge 1. Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Krems a.d. Donau als Berufungsgerichtes vom 15. Jänner 1986, GZ 1 a R 81/85-143, womit das Urteil dieses Gerichtes vom 29. August 1985, GZ 1 a R 81/85-137, berichtigt wurde und 2. der ao. Revisionen beider Parteien gegen das oben genannte Urteil, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Raabs an der Thaya vom 6. November 1984, GZ C 5/84-122, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
1.
Dem Rekurs des Beklagten wird nicht Folge gegeben.
2.
Die Revisionen werden zurückgewiesen.
Der Antrag des Beklagten auf Zuspruch von Kosten des Revisionsverfahrens wird abgewiesen.
Text
Begründung:
Die Ehe der Streitteile wurde im Jahre 1966 geschieden. In einem am 30.6.1974 abgeschlossenen Vergleich verpflichtete sich der Beklagte zur monatlichen Unterhaltszahlung eines wertgesicherten Betrages von S 5.000,- an die Klägerin. Ab dem Monatsersten, der auf jenen Monat folgt, in dem der Beklagte als Gemeindearzt in Pension geht, sollte sich der vereinbarte Unterhalt auf monatlich S 3.500,-
wertgesichert verringern. Die Unterhaltsverpflichtung sollte erlöschen, wenn die Klägerin sich neuerlich verehelicht oder eine eheähnliche Lebensgemeinschaft eingeht.
Anläßlich des Abschlusses dieses Vergleiches wurde zwischen den Parteien weder über ein bestimmtes Einkommen der Klägerin noch des Beklagten in Gegenwart und Zukunft noch über eine bestimmte Relation zwischen Einkommen und Unterhalt gesprochen. Dem Beklagten war im Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches nicht bekannt, daß die Klägerin ein eigenes Einkommen aus Pensionszahlungen zu erwarten habe. Tatsächlich leistete der Beklagte im wesentlichen die im Vergleich vereinbarten Beträge, und zwar auch dann noch, als die Klägerin bereits ein eigenes Pensionseinkommen bezog. Das Erstgericht hat festgestellt, daß die Klagsforderung bezüglich eines Unterhaltsrückstandes bis 30.6.1981 mit S 34.826,88 und die vom Beklagten aus dem Titel irrtümlich gezahlter Unterhaltsbeträge eingewendete Gegenforderung bis zu dem oben erwähnten Betrag zu Recht bestehen. Es hat das gesamte Klagebegehren einschließlich des Begehrens auf Zahlung eines monatlichen laufenden Unterhaltes von S 12.000,- abgewiesen.
Das Berufungsgericht hat der Berufung der Klägerin teilweise Folge gegeben. Es hat wohl das Zurechtbestehen der der Klagsforderung mit S 34.826,88 bestätigt, jedoch den Antrag des Beklagten, die Klagsforderung mit der eingewendeten Gegenforderung von S 271.144,20 aufzurechnen, abgewiesen. Ferner bestätigte das Berufungsgericht die Abweisung des Begehrens auf Zahlung laufenden Unterhaltes, soweit dieses noch Gegenstand des Berufungsverfahrens war.
Nachdem beide Streitteile gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes eine Revision erhoben hatten, berichtigte das Berufungsgericht seine Entscheidung durch Beifügung des Satzes "die Revision wird nicht zugelassen". Es errechnete den Streitwert, über den es entschieden hatte, mit S 258.963,18, wobei es ausführte, bei der Streitwertberechnung sei die compensando eingewendete Gegenforderung nicht zu berücksichtigen. Sowohl die Frage der Anwendbarkeit der Umstandsklausel auf Unterhaltsvergleiche als auch die Frage der Aufrechenbarkeit gegen gesetzliche Unterhaltsansprüche sei im Sinne der berufungsgerichtlichen Entscheidung ausjudiziert. Demnach lägen die Voraussetzungen des § 502 Abs 4 Z 1 ZPO für die Zulassung einer Revision nicht vor.
Der vom Beklagten gegen den Berichtigungsbeschluß erhobene Rekurs ist nicht gerechtfertigt.
Bezüglich der Streitwertberechnung, die im Rekurs nicht bekämpft wird, kann auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes im angefochtenen Beschluß verwiesen werden. Auch die Revision der Klägerin, die zu ihrer Zulässigkeit Ausführungen enthält, geht nur von einem Gesamtstreitwert von S 258.963,18 aus. Zu dem von ihr angenommenen Streitwert von S 530.107,38 gelangt sie nur dadurch, daß sie die vom Beklagten eingewendete Gegenforderung von S 271.144,20 zur noch strittigen Klagsforderung dazurechnet. Zutreffend hat aber das Berufungsgericht erkannt, daß unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 500 Abs 2 Z 3 ZPO im Zusammenhang mit den §§ 54 bis 60 JN eine compensando eingewendete Gegenforderung keinen Einfluß auf die Höhe des Streitwertes hat. Mit Recht ist demnach das Berufungsgericht davon ausgegangen, daß es über einen S 300.000,- nicht übersteigenden Streitwert entschieden hat.
Die Rechtsansicht des Beklagten, der Ausspruch über die Zulassung einer Revision könne nicht Gegenstand einer Berichtigung des Urteiles sein, findet im Gesetz keine Deckung. Übersteigt der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, nicht S 300.000,-, so legt das Gesetz (§ 500 Abs 3 ZPO) dem Berufungsgericht zwingend die Verpflichtung auf, einen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision in seine Entscheidung aufzunehmen. Die Aufnahme dieses Ausspruches an sich ist daher nicht in das Ermessen des Berufungsgerichtes gestellt. Das Unterlassen eines solchen Ausspruches führt demnach dazu, daß dem Urteil ein vom Gesetz zwingend vorgeschriebener Bestandteil fehlt. Hätte das Berufungsgericht auf Grund einer irrigen Rechtsansicht bewußt einen solchen Ausspruch unterlassen, so könnte dieser Fehler allerdings nicht mittels eines Berichtigungsbeschlusses behoben werden. Hat das Berufungsgericht jedoch lediglich aus einem Versehen heraus den vorgeschriebenen Ausspruch nicht aufgenommen, so handelt es sich hiebei um eine offenbare Unrichtigkeit des Urteiles, die gemäß § 419 Abs 1 ZPO berichtigt werden kann. Die Berichtigung betrifft immer Umstände, die entgegen der Vorschrift des § 417 Abs 3 ZPO übergangen worden sind. § 417 Abs 1 Z 3 ZPO führt ausdrücklich den Urteilsspruch an. Auf Grund der Bestimmung des § 500 Abs 2 Zif. 3 ZPO ist der Zulassungsausspruch in den dort genannten Fällen ein vom Gesetz zwingend vorgeschriebener Bestandteil des Urteilsspruches. Ist ein solcher Ausspruch daher lediglich auf Grund eines Versehens des Berufungsgerichtes unterblieben, so ist das Berufungsgericht berechtigt, ja sogar verpflichtet, diesen Fehler gemäß § 419 Abs 1 ZPO zu beheben. Ob bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 500 Abs 2 ZPO der Zulassungsausspruch sachlich gerechtfertigt war oder nicht, kann gemäß § 500 Abs 4 ZPO nicht Gegenstand eines Rechtsmittels sein.
Rechtliche Beurteilung
Der Rekurs des Beklagten erweist sich demnach als nicht gerechtfertigt.
Geht man von der Zulässigkeit und demnach von der Wirkung des Ausspruches des Berufungsgerichtes im Sinne des § 500 Abs 3 ZPO aus, so erweisen sich die Revisionen mangels Vorliegens der Voraussetzungen nach § 502 Abs 4 Z 1 ZPO gemäß § 508 a Abs 2 ZPO als nicht zulässig. Die Rechtsfragen wurden vom Berufungsgericht in Übereinstimmung mit der Judikatur gelöst. Diesbezüglich kann auf die Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden. Im übrigen handelt es sich um Fragen des Einzelfalles, die für die Wahrung der Rechtssicherheit, Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung nicht von erheblicher Bedeutung sind.
Der Ausspruch über die Kosten der Revisionsbeantwortung des Beklagten gründet sich auf § 508 a Abs 2 Satz 3 ZPO.
Anmerkung
E08234European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00571.86.0522.000Dokumentnummer
JJT_19860522_OGH0002_0070OB00571_8600000_000