TE Vfgh Beschluss 2001/9/24 B720/01

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Veröffentlicht am 24.09.2001
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33
ZPO §63 Abs1 / Aussichtslosigkeit

Leitsatz

Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand mangels Vorliegens einer versäumten Prozeßhandlung; Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof und nicht an den Verfassungsgerichtshof beabsichtigt; Abweisung des gleichzeitig eingebrachten Verfahrenshilfeantrags als aussichtslos

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

I. Mit dem am 3. Mai 2001 eingelangten Antrag begehrt der Einschreiter die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Antragstellung auf Bewilligung der Verfahrenshilfe (in vollem Umfang) zwecks Erhebung einer Beschwerde gemäß Art144 B-VG gegen den an ihn ergangenen (am 6. März 2001 zugestellten) Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. März 2001. Unter einem wird der entsprechende Verfahrenshilfeantrag eingebracht.

II. Der Wiedereinsetzungsantrag wird begründet wie folgt:

"Über Empfehlung von RA Dr. E. war der Ast. in Kontakt mit Herrn Richard Sch. vom 'Verein für Ausländerhilfe in Österreich POMOC', Ainringweg 16, 5020 Salzburg, geraten. Der Ast. war der Meinung, Richard Sch. sei in Asylsachen rechtlich kundig und sei befugt, als Rechtsvertreter in Asylangelegenheiten tätig zu sein.

3.

Richard Sch. hatte dem Ast. mitgeteilt, dass er, Richard Sch., bereit sei, dem Ast. als Rechtsbeistand zur Seite zu stehen, wenn dieser nach der mündlichen Verhandlung beim UBAS einen negativen Bescheid erhalte. Der Ast. müsse dann S 3.000,-- an Richard Sch. bezahlen und werde dieser dann alles rechtlich notwendige für den Ast. vorkehren.

4.

Nach Zustellung des negativen Bescheides des UBAS vom 28.2.01 hat sich der Ast. sofort mit Richard Sch. noch am nächsten Tage in Verbindung gesetzt und bei diesem vorgesprochen. Er bezahlte dabei auch die von Richard Sch. geforderten S 3.000,--. Richard Sch. verfasste in Gegenwart des Ast. eine Eingabe (Ausfüllung eines Formulars), welches der Ast. unterschreiben musste. Sch. adressierte dieses Schriftstück an das LG Salzburg.

Der Ast. selbst brachte das Schriftstück zur Post und sendete dieses noch am 7.3.01 per Einschreiben an das LG ab, wobei der Postaufgabeschein beim Ast. verblieb.

5.

Richard Sch. hatte dem Ast. erklärt, dass er für den Ast. einen Antrag an das 'Hohe Gericht' ('high court in Vienna') in Wien stelle. Um welchen Antrag es sich im einzelnen handle, wurde von Richard Sch. nicht gesagt.

Dass das von Richard Sch. für des Ast. verfasste Schriftstück, welches vom Ast. in Gegenwart von Richard Sch. unterfertigt werden musste, nicht an ein Wiener Höchstgericht (Verfassungsgerichtshof oder Verwaltungsgerichtshof), sondern an das LG Salzburg adressiert war, fiel dem Ast. zwar auf. Ihm war jedoch von Richard Sch. erklärt worden, dass dieser Antrag deshalb an das LG Salzburg zu richten sei, da der Ast. in Salzburg wohnhaft sei. Aufgrund dieser Information war der Ast. der Überzeugung, dass die Antragstellung an das LG Salzburg zutreffend sei.

6.

Aufgrund der Erklärungen des Richard Sch. wartete der Ast. in der Folge auf die Antwort des Gerichtes auf den am 7.3.01 zur Post gegebenen Antrag. Als diese Antwort mehrere Wochen auf sich warten ließ, wurde der Ast. unruhig und suchte deshalb in der Woche vor Ostern Richard Sch. auf. Dieser beruhigte den Ast und erklärte ihm, er solle unbesorgt sein, die Antwort werde schon kommen.

7.

Am Karfreitag wurde dem Ast. von seinem Dienstgeber der Zurückweisungsbeschluss des LG Salzburg vom 13.3.01, 1 Nc 3/01 a-2, ausgefolgt. Am darauffolgenden Tag, den Karsamstag Vormittag, begab sich der Ast. zum Wohnhaus des Richard Sch., konnte jedoch nur dessen Mutter vorfinden. Diese erklärte, dass Richard Sch. auf Urlaub in der Türkei weile. Über Ersuchen des Ast. rief die Mutter daraufhin Richard Sch. an und konnte der Ast. mit Richard Sch. telefonieren. Dabei erklärte Sch. dem Ast., dass die Sache bis zum darauffolgenden Montag, den 23.4., an welchem Werktag Herr Sch. wiederum in seinem Büro sei, Zeit habe. Der Ast. solle sogleich am 23.4. vormittags bei Richard Sch. vorsprechen.

Da der Ast. aufgrund der Ausführungen in der Rechtsmittelbelehrung des Beschlusses mitbekommen hatte, dass für eine Antwort auf das gerichtliche Schriftstück eine Frist von 14 Tagen besteht, war er nicht beunruhigt und dachte sich, dass eine Weiterbearbeitung der Angelegenheit durch Richard Sch. am Montag, den 23.4.01 noch zeitgerecht sei. Der Ast. kannte den Inhalt des gerichtlichen Beschlusses nicht. Er wusste daher bis zum 23.4.01 auch nicht, dass mit diesem Beschluss der Antrag auf Verfahrenshilfe wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen worden war.

8.

Am Vormittag des 23.4.01 suchte der Ast. - wie vereinbart - Richard Sch. in dessen Büro/Wohnhaus auf und erfuhr nunmehr von diesem, dass das Gericht die Bezahlung der Kosten für eine Höchstgerichtsbeschwerde abgelehnt habe. Der Ast. fasste die Erklärungen von Richard Sch. dahingehend auf, dass abgelehnt worden sei, dass die für die Beschwerdeerhebung anfallenden Kosten des Richard Sch. vom Staat getragen werden.

Erst jetzt teilte Sch. dem Ast. mit, dass er selbst die Beschwerde an das Höchstgericht nicht verfassen könne, sondern dies ein Anwalt tun müsse und dass dazu ein Geldbetrag von S 12.500,-- notwendig sei, welchen der Ast. bezahlen müsse.

9.

Der Ast. hatte nunmehr das Vertrauen zu Richard Sch. verloren, zumal dieser ursprünglich erklärt hatte, dass der Ast. nur S 3.000,-- bezahlen müsse.

Der Ast. hatte von Freunden von RA Dr. Gerhard M. sowie davon gehört, dass dieser Asylwerber rechtsfreundlich vertritt. Er rief daraufhin noch am 23.4.01 RA Dr. M. an und bat um einen raschen Termin. Dr. M. erklärte sich bereit, mit dem Ast. noch am 23.4.01 zu sprechen. Bei diesem Gespräch, welches am Nachmittag des 23.4.01 stattfand, prüfte Dr. M. anhand der vom Ast. mitgebrachten Unterlagen und Schriftstücke sofort den Fristablauf bezüglich der 6-Wochen-Frist für eine Bescheidbeschwerde gegen den UBAS-Bescheid und teilte daraufhin dem Ast. mit, dass diese Frist versäumt worden sei. Erst jetzt, durch RA Dr. M., erfuhr der Ast., dass Herr Sch. den Fehler gemacht hat, den Antrag auf Verfahrenshilfe an das falsche Gericht zu adressieren."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Wiedereinsetzungsantrag erwogen:

1. Gemäß §33 VerfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VerfGG im §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff ZPO sinngemäß anzuwenden.

Nach §146 Abs1 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

2. Wie sich aus dem vom Verfassungsgerichtshof beigeschafften Akt des Landesgerichtes Salzburg 1 Nc 3/01 a ergibt, wurde der an das Landesgericht Salzburg gesendete Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ausdrücklich zwecks Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof eingebracht. Sowohl aus dem vom Einschreiter (der in der Folge von einem Rechtsanwalt vertreten wurde) am 26. April 2001 an das Landesgericht Salzburg gestellten "Antrag auf Überweisung der gegenständlichen Verfahrenshilfesache an den Verwaltungsgerichtshof" als auch aus dem am selben Tag eingebrachten Rekurs an das Oberlandesgericht Linz geht gleichfalls hervor, daß der Antragsteller (ausschließlich) die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beabsichtigte. Zusammenfassend folgt daraus, daß die den Wiedereinsetzungsantrag stützenden Umstände solche sind, die den Einschreiter allenfalls an der rechtzeitigen Antragstellung auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof hinderte. Hingegen findet sich überhaupt kein Anhaltspunkt für die Annahme, daß der Einschreiter beabsichtigte, eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu erheben; die verfehlte Adressierung des Verfahrenshilfeantrages an das Landesgericht Salzburg war daher nicht geeignet, die Versäumung einer im verfassungsgerichtlichen Verfahren maßgebenden Frist zur Einbringung eines Antrages zu bewirken. Wenn aber jene Prozeßhandlung, für die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt wird, nicht beabsichtigt war und sohin auch nicht versäumt wurde, fehlt es an einer unerläßlichen Voraussetzung für einen Wiedereinsetzungsantrag (s. VfSlg. 10.631/1985).

IV. Bei diesem Ergebnis war der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe abzuweisen, weil die vom Einschreiter beabsichtigte Rechtsverfolgung als offenbar aussichtslos erscheint (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VerfGG).

V. Diese Beschlüsse konnten gemäß §33 zweiter Satz und §19 Abs3 Z2. litb VerfGG sowie gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 VerfGG ohne weiters Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.

Schlagworte

VfGH / Verfahrenshilfe, VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B720.2001

Dokumentnummer

JFT_09989076_01B00720_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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