TE OGH 1986/5/27 5Ob532/86

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.05.1986
beobachten
merken

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik, Dr.Kropfitsch, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Pflegschaftssache der minderjährigen ehelichen Kinder Alexander L***, geboren am 25. März 1972, und Christoph L***, geboren am 25.Mai 1974, infolge Revisionsrekurses des Vaters Michael von L***, DK-2000 Kopenhagen (Dänemark), Nyelandsvej 4 b St. Th., vertreten durch Mag.Elisabeth Pachta-Reyhofen, Wien 8., Lerchenfelderstraße 30/7, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 27.Februar 1986, GZ47 R 797/85-309, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Döbling vom 29.November 1985, GZ2 P 137/85-304, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Eltern der beiden Minderjährigen ist seit 1975 geschieden; die Kinder verblieben in Pflege und Erziehung ihrer Mutter.

Das Erstgericht erhöhte die monatliche Unterhaltsleistungspflicht des Vaters auf Antrag des Jugendamtes als besonderen Sachwalters ab dem 28.Mai 1985 hinsichtlich des minderjährigen Alexander von S 2.800,-- auf S 5.100,-- und hinsichtlich des minderjährigen Christoph von S 2.500,-- auf S 5.100,--. Es ging von folgendem wesentlichen Sachverhalt aus:

Der Vater hat außer für die beiden Minderjährigen noch für sein weiteres Kind Caroline (im Alter von unter 10 Jahren) gesetzlich zu sorgen. Aufgrund der vier von ihm vorgelegten Ablichtungen der Gehaltsbestätigungen für die Monate Februar bis Mai 1985 errechnet sich ein durchschnittliches Monatsnettoeinkommen des Vaters von 10.939,72 dänischen Kronen, das umgerechnet 21.277,75 österreichischen Schillingen entspricht. Da es der Vater ungeachtet einer Aufforderung des Gerichtes unterlassen hat, Einkommensunterlagen über einen längeren Zeitraum zwecks sicherer Beurteilung der Höhe seiner Bezüge vorzulegen, könne angenommen werden, daß sein Monatsbezug über dem aus den vorgelegten Kopien errechenbaren Durchschnittsnettoeinkommen liegt und möglicherweise die vom Jugendamt angenommene Höhe von S 30.000,-- monatlich erreicht. Der Vater ist weiter zu 1/6 Erbe des Nachlasses seines verstorbenen Vaters; die Einantwortung erfolgte am 20.November 1984. Am 23.Juni 1983 wurde zwischen den Erben ein Erbteilungsübereinkommen geschlossen, wonach seitens der Witwe des Verstorbenen an den Vater der Minderjährigen unter anderem S 900.000,-- sowie Schmuck und Münzen im Schätzwert von S 109.292,-- vier Wochen nach Erhalt des vom Vater der Minderjährigen unterfertigten Erbteilungsübereinkommens zu leisten sind. Die Vertreterin des Vaters der Minderjährigen hat (am 24.Jänner 1984) vor dem Jugendamt namens des Vaters den Erlag des auf ihn zukommenden Erbteilsbetrages in einem Ausmaß von S 663.317,-- für fällige und zukünftige Unterhaltsforderungen der beiden Minderjährigen bis zu deren Volljährigkeit angeboten, und zwar mit Beendigung der Verlassenschaft. Tatsächlich ist die Witwe bis heute ihrer Zahlungsverpflichtung laut Erbteilungsübereinkommen nicht nachgekommen und wurden vom Jugendamt gegen sie Zwangsmaßnahmen eingeleitet. Der vom Vater angebotene Erlag konnte jedenfalls bis heute nicht getätigt werden. Die Minderjährigen leben im Haushalt ihrer Mutter, welche für sie die Familienbeihilfe bezieht. Beide Kinder besuchen die Mittelschule, betreiben Sport und verbringen ausgiebige Ferien. Alexander hat einen starken Wachstumsschub mitgemacht, weshalb er Kleidung in Erwachsenengröße benötigt. Christoph braucht Nachhilfeunterricht.

Das vom Vater angerufene Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß in Ansehung der Erhöhung der väterlichen Unterhaltsleistungspflicht auf S 3.600,-- monatlich je Kind und wies das Unterhaltsmehrbegehren des Jugendamtes von S 1.500,-- monatlich je Kind ab. Es stellte aus dem Akt noch folgendes fest:

Aus den am 17.Dezember 1985 vorgelegten ergänzenden Kopien von Gehaltsauskünften ergibt sich für die Zeit von Juni bis einschließlich November 1985 ein monatliches Gesamtnettoeinkommen des Vaters von rund 64.478,-- dänischen Kronen. Danach errechnet sich für die Zeit von Februar bis einschließlich November 1985 ein Gesamtnettoeinkommen des Vaters von rund 108.235,-- dänischen Kronen und ein monatliches Durchschnittseinkommen von rund 10.823,-- dänischen Kronen. Das entspricht bei dem vom Erstgericht erhobenen Umrechnungskurs (100,-- Dänenkronen = 194,50 österreichische Schillinge) einem Betrag von rund S 21.050,--.

Das Anbot des Vaters vom 24.Jänner 1984, aus dem auf ihn zukommenden Erbteil nach seinem verstorbenen Vater einen Betrag von S 663.317,-- für fällige Unterhaltsrückstände und zukünftige Unterhaltsforderungen der beiden Minderjährigen bis zu deren Volljährigkeit zu erlegen, wobei bei Bezahlung dieses Betrages den Vater keine laufende Unterhaltsverpflichtung hinsichtlich der beiden Kinder mehr treffen würde, ist bisher noch nicht pflegschaftsbehördlich genehmigt worden. Dieser Betrag konnte mangels Zahlung durch die Witwe Emilie L*** auch nicht beim Jugendamt erlegt werden. Nach der Mitteilung des Bezirksjugendamtes für den 1., 8. und 9. Wiener Gemeindebezirk vom 24.Oktober 1985 ist das Verlassenschaftsverfahren zwar abgeschlossen, jedoch haben bisher Exekutionshandlungen gegen die Witwe noch nicht Erfolg gehabt.

Zur Begründung seiner Entscheidung führte das Rekursgericht an:

Gemäß § 140 ABGB hätten die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes nach ihren Kräften anteilig beizutragen, wobei der Elternteil, der den Haushalt führe, in dem er das Kind betreue, dadurch seinen Beitrag leiste. Der Unterhaltsanspruch eines Kindes nach § 140 ABGB sei im wesentlichen nach der Prozentkomponente zu bemessen, um damit das angemessene Teilhaben des Kindes an den Lebensverhältnissen des geldunterhaltspflichtigen Elternteils sicherzustellen. Entgegen der vom Erstgericht vertretenen Rechtsansicht könnten allfällige Einkünfte des Vaters aus der Erbschaft nach seinem Vater derzeit bei der Unterhaltsbemessung noch nicht berücksichtigt werden, weil der Vater nach der Aktenlage tatsächlich noch nichts aus der Verlassenschaft erhalten habe können. Sogar Exekutionsmaßnahmen des Jugendamtes gegen die Witwe seien bisher erfolglos geblieben.

Aus den im Akt erliegenden Lohnauskünften betreffend den Zeitraum Februar bis einschließlich November 1985 ergebe sich ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters von rund S 21.050,--. Konkrete Anhaltspunkte dafür, daß der Vater ein diesen Betrag übersteigendes Einkommen erziele, fänden sich derzeit nicht, weshalb die Unterhaltsverpflichtung des Vaters nach dieser Bemessungsgrundlage festzusetzen sei.

Ausgehend von einem monatlichen Durchschnittsnettoeinkommen des Vaters von rund S 21.050,-- erweise sich im Rahmen der gerundeten Prozentkomponente (20 % abzüglich 2 % wegen der Sorgepflicht für den jeweils anderen Minderjährigen und abzüglich 1 % wegen der Sorgepflicht für die zweiteheliche, 1979 geborene Tochter des Vaters, also 17 %) ein Unterhaltsbetrag von je S 3.600,-- als angemessen, um die beiden Minderjährigen entsprechend an den Lebensverhältnissen ihres Vaters teilhaben zu lassen. Dieser Betrag liege über dem Durchschnittsbedarf von Kindern im Alter der beiden Minderjährigen (derzeit monatlich S 2.700,--) und im Rahmen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Vaters, weshalb er als angemessen im Sinne des § 140 ABGB gewertet werden könne. Gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters mit dem Antrag, den Unterhaltserhöhungsantrag des Jugendamtes zur Gänze abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist unzulässig.

Der Vater strebt die gänzliche Abweisung des Unterhaltserhöhungsantrages des Jugendamtes in erster Linie unter Hinweis auf den Vergleich vom 24.Jänner 1984 an, den er durch seine Vertreterin mit dem Jugendamt als dem besonderen Sachwalter der Kinder "mit dem ausdrücklichen Wohlwollen des damals zuständigen Bezirksgerichtes Innere Stadt" geschlossen habe; im erstgerichtlichen Beschluß vom 19.April 1984, ON 259, sei denn auch davon die Rede, daß dem Vergleich "keine pflegschaftsgerichtlichen Bedenken gegenüberstehen".

Mit diesen Ausführungen wendet sich der Vater zwar nicht gegen die Unterhaltsbemessung durch die zweite Instanz - dies wäre nach § 14 Abs.2 AußStrG ohne Rücksicht darauf unstatthaft, ob es sich um eine bestätigende, abändernde oder aufhebende Entscheidung der zweiten Instanz handelte -, sondern gegen deren Beurteilung der Frage, ob und inwieweit die Bemessung eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches von der Wirksamkeit oder Auslegung einer vertraglichen Regelung abhängt - dies ist im Sinne des Jud.60 neu (= SZ 27/177) nach § 14 Abs.2 AußStrG nicht ausgeschlossen -; der Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil einer rekursgerichtlichen Entscheidung ist aber gemäß § 16 Abs.1 AußStrG nur dann zulässig, wenn dieser mit offenbarer Gesetz- oder Aktenwidrigkeit oder mit Nullität behaftet ist (vgl. RZ 1985/35, 5 Ob 572/85 u.a.). Keiner dieser Beschwerdegründe liegt hier vor:

Der Antrag des Jugendamtes vom 24.Jänner 1984, ON 245, auf pflegschaftsbehördliche Genehmigung der Niederschrift vom selben Tag wurde bis heute nicht erledigt. Mit dem vom Vater zitierten Beschluß vom 19.April 1984, ON 259, nahm das Erstgericht lediglich (die Zurückziehung des Antrages des Vaters vom 14.September 1983 auf Aussetzung bzw. Herabsetzung der Unterhaltsleistungspflicht und) die Zurückziehung des Antrages des Jugendamtes vom 10.Oktober 1983 auf Unterhaltserhöhung zur Kenntnis, die unter dem Vorbehalt erfolgt war, daß der Alimentationsrückstand und die Zahlung der künftigen Unterhaltsforderungen wie in der Niederschrift vom 24.Jänner 1984 geleistet werden. Eine schlüssige pflegschaftsbehördliche Genehmigung eines Vertrages ist nach ständiger Rechtsprechung nicht möglich (SZ 31/52; MietSlg.16.105; GesRZ 1978, 169; JBl 1981, 148; 5 Ob 54/82, 6 Ob 518/82 u.a.). Der Auffassung des Rekursgerichtes, dem Vergleich(sanbot) vom 24.Jänner 1984 komme bei der Entscheidung über das Unterhaltserhöhungsbegehren des Jugendamtes keine Bedeutung zu, kann daher im Rahmen des § 16 Abs.1 AußStrG nicht entgegengetreten werden.

Subsidiär macht der Vater geltend, daß das Unterhaltserhöhungsbegehren des Jugendamtes bei Berücksichtigung seines gegenwärtigen Einkommens und seiner derzeitigen Sorgepflicht für die Tochter aus der zweiten Ehe im Hinblick auf die höheren Lebenshaltungskosten in Dänemark zur Gänze unberechtigt sei. Mit diesen Darlegungen werden ausschließlich dem Bemessungskomplex zugehörende Fragen berührt, die gemäß § 14 Abs.2 AußStrG - wie bereits erwähnt - an den Obersten Gerichtshof nicht herangetragen werden können.

Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

Anmerkung

E08191

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00532.86.0527.000

Dokumentnummer

JJT_19860527_OGH0002_0050OB00532_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten