TE OGH 1986/5/27 10Os73/86

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Veröffentlicht am 27.05.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 27.Mai 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Friedrich, Dr. Reisenleitner, Dr. Kuch sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gumpinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Florian R*** wegen des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 9.April 1986, GZ 13 Vr 820/86-19, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen wird der Akt dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch seine Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch unbekämpft gebliebene Freisprüche enthält, wurde der Angeklagte Florian R*** des Verbrechens der Nötigung zum Beischlaf nach § 202 Abs 1 StGB (I 1), des Vergehens der Blutschande nach § 211 Abs 1 StGB (I 2) und des Verbrechens der teils vollendeten, teils versuchten schweren Nötigung nach §§ 105 Abs 1, 106 Abs 1 Z 1 und 3 sowie 15 StGB (II und III) schuldig erkannt.

In den - unangefochtenen - Schuldspruchsfakten I 1 und I 2 wird ihm angelastet, am 19.Februar 1986 in Flamberg seine Tochter Maria R*** mit Gewalt zum außerehelichen Beischlaf genötigt zu haben. In den bekämpften Schuldspruchsfakten II und III wurde er schuldig erkannt, am 4.März 1986 in Flamberg seinen Schwiegersohn Mario R*** und seine Tochter Maria R*** durch die Äußerung:

"Tagwache, raus mit euch Gesindel, sonst bring ich euch um", wobei er ein Küchenmesser in der Hand hielt, sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Handlung, nämlich zum Verlassen des Zimmers genötigt (den Mario R***) bzw. zu nötigen versucht (die Maria R***) zu haben und seine Tochter Maria R*** durch die Äußerung: "Wo ist diese Kröte, diese verlogene, sie soll herkommen, ich erschlage sie, wenn sie die Goschen noch einmal aufmacht", sohin durch gefährliche Drohung mit dem Tod zu einer Unterlassung, die besonders wichtige Interessen der Genötigten und deren Ehemannes verletzte, nämlich zum Schweigen über die von ihm an Maria R*** unter Nötigung zum Beischlaf verübte Blutschande, zu nötigen versucht zu haben.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten gegen den Schuldspruch zu den Punkten II und III erhobene, auf die Z 9 lit b, 9 lit c und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde, die zunächst aus dem letztbezeichneten Nichtigkeitsgrund auf eine Subsumierung der den angefochtenen Schuldspruchsfakten zugrundeliegenden Äußerungen "maximal als gefährliche Drohung" abzielt, ist nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt.

Die gesetzmäßige Ausführung einer Rechtsrüge erfordert nämlich ein Festhalten am gesamten vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt und den Vergleich dieses Sachverhaltes mit dem Gesetz. Die Rechtsrüge des Angeklagten geht dagegen von einem urteilsfremden Sachverhalt aus, indem sie die Urteilskonstatierung negiert, daß der Angeklagte im Urteilsfaktum II Tochter und Schwiegersohn bedrohte, um sie zum Verlassen des Schlafzimmers oder des Hauses zu nötigen (S 86) und dabei überdies die Urteilsfeststellung, daß der Schwiegersohn aus Angst flüchtete, durch die Behauptung ersetzt, dies sei "aus schlechtem Gewissen heraus" geschehen.

Ebenso weicht der Beschwerdeführer in seinen Ausführungen zum Schuldspruchsfaktum III von der Urteilsfeststellung ab, daß seine Drohung das Ziel hatte, die Tochter von weiteren Schilderungen und Erzählungen über seine blutschänderische Tat abzuhalten (S 87), wenn er nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung aus der Tatsache, daß diese Tat schon bekannt war, die Schlußfolgerung abzuleiten versucht, er könne diesen Zweck gar nicht verfolgt haben. Demgemäß gehen die weiteren, auf das Fehlen der Ermächtigung zur Verfolgung (§ 107 Abs 4 StGB) abstellenden Beschwerdeausführungen - mit denen übrigens nur der Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 9 lit b (und nicht auch jener der lit c derselben Gesetzesstelle) releviert wird (Mayerhofer-Rieder, StPO2 ENr. 10 zu § 281 Abs 1 Z 9 lit b ua) - von vornherein ins Leere.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten erweist sich daher zur Gänze als nicht gesetzmäßig ausgeführt, weshalb sie sofort bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen war (§ 285 d Abs 1 Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

In sinngemäßer Anwendung des § 285 b Abs 6 StPO war der Akt dem Oberlandesgericht Graz zur Entscheidung über die Berufungen zuzuleiten.

Anmerkung

E21545

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00073.86.0527.000

Dokumentnummer

JJT_19860527_OGH0002_0100OS00073_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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