Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Vormundschaftssache des mj. Manuel Oliver S***, geb. am 11. März 1983, vertreten durch die Jugendwohlfahrt-Außenstelle Neufelden der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach als Amtsvormund, infolge Revisionsrekurses der Wahleltern Walter B***, VOEST-Arbeiter, und Hedwig B***, Büroangestellte, beide wohnhaft in 4113 St. Martin Nr. 178, beide vertreten durch Dr. Erhard Hackl und Dr. Karl Hatak, Rechtsanwälte in Linz, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgerichtes vom 21. Jänner 1986, GZ. 13 R 828/85-37, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neufelden vom 31. Oktober 1985, GZ. P 73/83-30, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach, Jugendwohlfahrt-Außenstelle Neufelden, als Amtsvormund, beantragte am 30. Mai 1984 die Genehmigung des von ihr vorgelegten Adoptionsvertrages, wonach der mj. Manuel Oliver S***, geboren am 11. März 1983, von seiner 42-jährigen Großmutter Hedwig B***, geschiedene S***, und deren zweitem Ehemann, dem 35-jährigen Walter B***, adoptiert wird, ferner, daß die von der Mutter Claudia S***, geboren am 14. August 1962, verweigerte Zustimmung zur Adoption vom Gericht ersetzt werde.
Das Erstgericht wies beide Anträge ab.
Das Rekursgericht bestätigte den erstgerichtlichen Beschluß. Gegen die rekursgerichtliche Entscheidung erheben die Wahleltern Beschwerde gemäß § 16 AußStrG, wobei sie eine offenbare Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend machen. Diese erblicken sie darin, daß das Rekursgericht das Wohl des Kindes gänzlich außer acht gelassen habe. Die Mutter gehe der Prostitution nach, woraus sich ein deutlicher Hinweis auf ihre labile Persönlichkeitsstruktur ergebe. Nicht sie, sondern die Rekurswerber hätten eine Verwahrlosung des Kindes verhindert. Die Mutter sei nicht einmal in der Lage, "für ihre Dinge selbst ausreichend zu sorgen" und habe keinen Versuch unternommen, beim Kind die "Mutterposition einzunehmen". Das Kind werde ausschließlich von den Rechtsmittelwerbern erzogen und erhalten.
Rechtliche Beurteilung
Der behauptete Beschwerdegrund ist nicht gegeben.
Welche konkreten tatsächlichen Umstände im Einzelfall die Ersetzung der verweigerten Zustimmung durch das Gericht gemäß § 181 Abs. 3 ABGB rechtfertigen, ist im Gesetz nicht näher bestimmt (3 Ob 54/74, 1 Ob 629/84, 2 Ob 569/85 u.a.). Ob eine Adoption dem Wohl des Kindes dient und ob die verweigerte Zustimmung mangels gerechtfertigter Weigerungsgründe zu ersetzen ist, hat das Gericht auf Grund der Verfahrensergebnisse nach freiem, pflichtgemäßem Ermessen zu beurteilen. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit ist daher insoweit, von einem Ermessensmißbrauch abgesehen, nicht möglich (4 Ob 652/71, 1 Ob 696/80, 8 Ob 535/85 uva.).
Vorliegendenfalls haben die Unterinstanzen festgestellt, daß die Mutter ein ständiges Interesse am Kind gezeigt habe und an diesem hänge, doch seien ihr die Kontakte zum Kind von der mütterlichen Großmutter und Rekurswerberin sehr erschwert worden. Die Mutter sei, wenngleich Prostituierte, bisher unbescholten, eine schuldhafte gröbliche Vernachlässigung des Kindes sei nicht gegeben. Daß die Adoption dem Wohle des Kindes diene, also bessere Entwicklungsmöglichkeiten bringe, könne nicht gesagt werden. Das Jugendamt als Amtsvormund selbst habe erklärt, daß es die Rekurswerber im Hinblick auf ihre Persönlichkeit nicht als Adoptiveltern aussuchen würde, es aber wegen der bereits bestehenden engen Bindung zwischen ihnen und dem Kind derzeit auch keinen Grund gebe, das Kind nicht in ihrer Pflege zu belassen. Nach der gesamten Sachlage erscheine vorliegendenfalls die von der Mutter erklärte Weigerung, der Adoption zuzustimmen, gerechtfertigt. Im Hinblick auf diese Entscheidungsbegründung kann von einem im Sinne der obgenannten Grundsätze für die Annahme einer offenbaren Gesetzwidrigkeit vorausgesetzten Ermessensmißbrauch des Rekursgerichtes in keiner Richtung die Rede sein. Auch eine - von Amts wegen wahrzunehmende - Nichtigkeit haftet der angefochtenen Entscheidung nicht an.
Mangels Vorliegens eines der im § 16 AußStrG genannten Beschwerdegründe war der Revisionsrekurs somit zurückzuweisen.
Anmerkung
E08123European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00591.86.0527.000Dokumentnummer
JJT_19860527_OGH0002_0020OB00591_8600000_000