TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/5 2005/21/0025

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.07.2005
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §58 Abs2;
AVG §60;
FrG 1997 §56 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des J, vertreten durch Dr. Werner Heissig, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Johannesgasse 14, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 5. Oktober 2004, Zl. III- 1061600/FrB/04, betreffend Abschiebungsaufschub, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den bei ihr am 13. August 2004 eingelangten Antrag des Beschwerdeführers, seinen Angaben zufolge ein Staatsangehöriger der DR Kongo, auf Erteilung eines Abschiebungsaufschubes gemäß § 56 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ab.

Die Begründung dieses Bescheides lautet folgendermaßen:

"Sie beantragten am 13.08.2004 die Erteilung eines Abschiebungsaufschubes und gaben lediglich an, dass eine Abschiebung in den Kongo aus rechtlichen und tatsächlichen Gründen unmöglich erscheint. Sie wurden daher aufgefordert, Ihre Angaben zu konkretisieren und weiters einen Nachweis Ihrer Staatsangehörigkeit zu übermitteln. Sie gaben an, dass Ihr Vater vor 4 Jahren verstorben ist und Ihre Mutter selbst keine Arbeit hat. Weitere Familienmitglieder gibt es nicht. Es ist Ihnen auch nicht möglich, im Kongo eine Lebensgrundlage aufzubauen. Sie haben weder eine Unterkunft noch Arbeit, noch Ersparnisse welche Sie zur Beschaffung der notwendigsten Lebensmittel heranziehen können. Es ist auch im Kongo nicht möglich, eine Arbeit zu finden und ist die medizinische Versorgung extrem mangelhaft.

Gemäß § 56 Abs. 2 FrG ist die Abschiebung eines Fremden auf Antrag oder von Amts wegen auf bestimmte, jeweils ein Jahr nicht übersteigende Zeit aufzuschieben (Abschiebungsaufschub), wenn sie unzulässig ist (§ 57) oder aus tatsächlichen Gründen unmöglich scheint.

Ihr Asylverfahren wurde am 04.02.2002 in 2. Instanz rechtskräftig negativ beschieden und haben Sie es auch im Zuge des Asylerfahrens unterlassen, Ihre Identität mittels Dokumente darzulegen. Es ist daher an Ihrer Staatsangehörigkeit zu zweifeln.

Es wurde Ihr Asylantrag nach § 6 Asylgesetz abgewiesen und wurde auch seitens des Bundesasylamtes festgestellt, dass eine Abschiebung in Ihr Heimatland zulässig ist.

Auf Grund des im § 46 AVG verankerten Grundsatzes der Unbeschränktheit der Beweismittel war es der Behörde nicht verwehrt, die Ergebnisse im bereits durchgeführten Asylverfahren zu berücksichtigen. Bei der Entscheidungsfindung erachtete sich die Behörde allerdings nicht an die Ausführungen der Asylbehörde gebunden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Fremder im Rahmen eines Verfahrens zur Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in ein bestimmtes Land das Bestehen einer aktuellen, also im Fall der Abschiebung des Fremden in den von seinem Antrag erfassten Staat dort gegebenen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung im Sinne des § 57 Abs. 1 oder Abs. 2 FrG glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende, durch entsprechende Bescheinungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist. Da diese Umstände auch im Verfahren wegen Erteilung eines Abschiebungsaufschubes zu überprüfen sind, gelten diese Ausführungen auch für dieses Verfahren.

Bei einer Entscheidung gemäß § 75 FrG stellt zweifellos das Vorbringen des Antragstellers die zentrale Entscheidungsgrundlage dar, wobei es ihm obliegt, alles Zweckdienliche vorzubringen, um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 57 FrG prüfbar und nachvollziehbar zu machen. Dieses Vorbringen hat die Behörde auf ihre Stichhaltigkeit hin zu überprüfen. Als stichhaltig können Angaben im Allgemeinen dann nicht angesehen werden, wenn diese so allgemein und abstrakt sind, dass sie einer Überprüfung nicht zugänglich sind, sodass sie auch nicht als glaubwürdig angesehen werden können, oder wenn die Ausführungen sonst das Vorliegen der Voraussetzungen des § 57 FrG nicht erkennen lassen. Da die Umstände, die eine Bedrohung im Sinne des § 75 FrG bewirken würden, auch im Verfahren wegen Erteilung eines Abschiebungsaufschubes zu überprüfen sind, gelten diese Ausführungen auch für dieses Verfahren.

Entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine tatsächliche Unmöglichkeit der Abschiebung im Sinne des § 56 Abs. 2 FrG nur dann vor, wenn der einer Abschiebung entgegenstehende Grund vom Fremden nicht selbst auf zumutbare Weise beseitigt werden kann."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Die Begründung eines Bescheides muss erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die Behörde zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einem bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet hat. Die Bescheidbegründung hat in eindeutiger, einer nachprüfenden Kontrolle zugänglichen Weise darzutun, von welchen konkreten Tatsachenfeststellungen bei der getroffenen Entscheidung ausgegangen wurde (vgl. die bei Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren6, § 60 AVG/E 6 f angeführte Rechtsprechung).

Dem widersprechend enthält der angefochtene Bescheid - wie aus der Wiedergabe ersichtlich ist - lediglich das Vorbringen des Beschwerdeführers und allgemein gehaltene Rechtsausführungen. Nicht einmal in Ansätzen ist eine fallbezogene konkrete Begründung zu erkennen, die den Gerichtshof in die Lage versetzen würde, das von der belangten Behörde offensichtlich angenommene Nichtvorliegen der Voraussetzungen für einen Abschiebungsaufschub nach § 56 Abs. 2 FrG überprüfen zu können. Unzulässig ist die Nachholung der Begründung in der Gegenschrift zur Beschwerde (Hauer/Leukauf, a.a.O., Rdzl. 36).

Nach dem Gesagten war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 5. Juli 2005

Schlagworte

Begründung Begründungsmangel Begründungspflicht und Verfahren vor dem VwGH Begründungsmangel als wesentlicher Verfahrensmangel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2005210025.X00

Im RIS seit

19.08.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten