Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Robert Fluck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kohlmarkt 6/Wallnerstraße 2, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien vom 14. März 2005, Zl. III- 1125367/FrB/05, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses und eines Lichtbildausweises für Fremde,
Spruch
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Antrages vom 11. März 2005 auf Ausstellung eines Fremdenpasses richtet, zurückgewiesen.
2. zu Recht erkannt:
Im Übrigen (hinsichtlich der Zurückweisung des Antrages vom 11. März 2005 auf Ausstellung eines Lichtbildausweises für Fremde) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien (der belangten Behörde) vom 14. März 2005 wurden die Anträge des Beschwerdeführers, nach seinen Angaben ein Staatsangehöriger von Mazedonien, vom 11. März 2005 auf Ausstellung eines Fremdenpasses und eines Lichtbildausweises für Fremde gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Die belangte Behörde - so die Begründung - habe gegen den Beschwerdeführer auf Grund einer Verurteilung nach dem SGG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren mit Bescheid vom 30. Oktober 1993 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen. Die Verurteilung sei bisher nicht getilgt. Auf Grund dieser Verurteilung sei die Annahme gerechtfertigt, dass er auch weiterhin gegen die Bestimmungen des Suchtmittelgesetzes verstoße, womit der Versagungsgrund des § 81 Abs. 1 Z 3 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, verwirklicht sei.
Die Ausstellung eines Fremdenpasses liege wegen der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Beschwerdeführer, die durch die Verurteilung nach dem SGG gegeben sei, keinesfalls im Interesse der Republik Österreich. Bemerkt werde, dass ihm auch der lediglich auf Grund tatsächlicher Unmöglichkeit der Abschiebung erteilte Abschiebungsaufschub keine Aufenthaltsberechtigung verschaffen könne.
Zuletzt habe der Beschwerdeführer am 31. Jänner 2000, 17. April 2000, 2. April 2001 und 9. Jänner 2002 Anträge auf Ausstellung eines Fremdenpasses bzw. Lichtbildausweises für Fremde gestellt. Sämtliche Anträge seien bescheidmäßig abgewiesen worden.
Da sich der Sachverhalt, der zur Ablehnung der Anträge des Beschwerdeführers auf Ausstellung fremdenrechtlicher Dokumente geführt habe, nur dahingehend verändert habe, dass er zwischenzeitlich "neuerlich" vom Landesgericht für Strafsachen Wien gemäß § 223 Abs. 2, § 224 StGB zu einer bedingt nachgesehenen viermonatigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden sei, würden seine Anträge vom 11. März 2005 wegen bereits entschiedener Sache zurückgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zu Spruchpunkt 1.:
Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen behaupteter Rechtsverletzung erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges Beschwerde erhoben werden.
Nach § 94 Abs. 1 FrG entscheidet über Berufungen gegen Bescheide nach diesem Bundesgesetz, sofern nicht anderes bestimmt ist, die Sicherheitsdirektion in letzter Instanz. Hiebei unterliegen verfahrensrechtliche Bescheide, die formell ihre gesetzliche Grundlage aus dem AVG schöpfen - wie im vorliegenden Fall der angefochtene Bescheid aus § 68 Abs. 1 AVG -, denselben Vorschriften, die für den Instanzenzug in der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Verwaltungsangelegenheit maßgebend sind (vgl. etwa die in Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren6, zu § 63 Abs. 1 AVG E 15a ff zitierte Judikatur).
Das FrG trifft hinsichtlich des Instanzenzuges gegen einen Bescheid, mit dem die Ausstellung eines Fremdenpasses versagt wurde, keine von § 94 Abs. 1 FrG abweichende Regelung. Demzufolge handelt es sich beim angefochtenen Bescheid um keinen letztinstanzlichen Bescheid.
Die Beschwerde war daher, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses richtet, infolge Nichterschöpfung des Instanzenzuges wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen, wobei am dargestellten Ergebnis nichts zu ändern vermag, dass im angefochtenen Bescheid eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung enthalten ist.
Zu Spruchpunkt 2.:
Gemäß § 94 Abs. 5 FrG ist gegen die Versagung der Ausstellung eines Lichtbildausweises für Fremde eine Berufung nicht zulässig, weshalb die Beschwerdeberechtigung insoweit gegeben ist.
Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht den Anlass zu einer Verfügung gemäß den Abs. 2 bis 4 findet.
Gemäß § 85 Abs. 1 FrG ist Fremden, die zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind, auf Antrag ein Lichtbildausweis für Fremde auszustellen; dieser dient der Legitimation und der Bescheinigung der Aufenthaltsberechtigung des Fremden.
Die Beschwerde bringt vor, dass gegen den Beschwerdeführer mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Oktober 1993 ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen worden sei, er mit seiner Frau, einer polnischen Staatsangehörigen, und seinen Kindern Österreich nicht verlassen könne, und zwar weder zu Geschäftsnoch zu Erholungszwecken, und er sich in Österreich nicht einmal mit einem Lichtbildausweis legitimieren könne. Er sei seinerzeit rechtmäßig in das Bundesgebiet eingereist und habe bis zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes durchgehend Aufenthaltsbewilligungen besessen. Da er "aus menschenrechtlichen Gründen" nicht abgeschoben werden könne und sich seit 1982 im Bundesgebiet aufhalte, sei ihm die Ausstellung eines zum Grenzübertritt geeigneten Lichtbildausweises rechtlich nicht zu versagen. Die belangte Behörde habe gegen EU-Rechtsnormen verstoßen, weil dem Beschwerdeführer nach 23-jährigem Aufenthalt im Bundesgebiet nicht zugemutet werden könne, sich nicht ausweisen zu können. Er werde auch in den nächsten zehn Jahren nicht abzuschieben sein, ganz abgesehen davon, dass die "Vorverurteilungen" nach dem Tilgungsgesetz dann getilgt sein würden. Die österreichische Rechtslage übersehe eklatant die in der EU geltenden Menschenrechts-Mindeststandards, zu denen es u.a. gehöre, die Reisefreiheit auch für Nicht-Staatsbürger zu gewährleisten.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.
Dem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides stehen Ansuchen gleich, die eine erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken. Entschiedene Sache liegt dann vor, wenn sich gegenüber dem früheren Bescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt. Dies muss in erster Linie aus einer rechtlichen Betrachtungsweise heraus beurteilt werden, was bedeutet, dass den behaupteten geänderten Umständen Entscheidungsrelevanz zukommen muss. Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhaltes bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteibegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann. (Vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 3. November 2004, Zl. 2004/18/0215, mwN.)
Die Beschwerde legt mit ihrem oben wiedergegebenen Vorbringen nicht dar, inwieweit sich die Umstände seit der letzten rechtskräftigen Sachentscheidung über einen gleich lautenden Antrag in einer Weise geändert hätten, dass nach § 85 Abs. 1 FrG eine andere Beurteilung der Frage, ob die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Lichtbildausweises für Fremde verwirklicht seien, möglich wäre. Insbesondere bestreitet die Beschwerde nicht, dass gegen den Beschwerdeführer ein aufrechtes unbefristetes Aufenthaltsverbot besteht, und sie behauptet auch nicht, dass dem Beschwerdeführer mittlerweile eine Aufenthaltsberechtigung zukomme, deren Bescheinigung (u.a.) ein solcher Lichtbildausweis dient. Die Erteilung eines Abschiebungsaufschubes nach § 56 Abs. 2 FrG begründet keine Aufenthaltsberechtigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 12. Dezember 2002, Zl. 2002/20/0388).
Auch mit dem auf das Gemeinschaftsrecht abzielenden Vorbringen, dass sich der Beschwerdeführer seit 23 Jahren im Bundesgebiet aufhalte, weshalb ihm die Ausstellung eines zum Grenzübertritt geeigneten Lichtbildausweises nicht versagt werden dürfe, seine Ehegattin als polnische Staatsangehörige EWR-Bürgerin geworden sei, es zu den in der EU geltenden Menschenrechts-Mindeststandards gehöre, die Reisefreiheit auch für Nicht-Staatsbürger zu gewährleisten und sich der Beschwerdeführer in unzumutbarer Weise nicht ausweisen könne, wird kein für die Ausstellung eines Lichtbildausweises für Fremde relevanter Umstand - für eine Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung - aufgezeigt. Zum einen handelt es sich bei einem solchen Dokument nicht - wie etwa bei einem Fremdenpass (vgl. § 76 FrG) - um ein für die Einreise oder die Ausreise erforderliches Reisedokument (vgl. § 2 Abs. 1 leg. cit.), sondern es dient ein solcher Lichtbildausweis, wie bereits erwähnt, (lediglich) der Legitimation und der Bescheinigung einer Aufenthaltsberechtigung. Zum anderen stellt der Umstand, dass der Beschwerdeführer nunmehr ein begünstigter Drittstaatsangehöriger ist, (bloß) einen Grund für eine allfällige Aufhebung des Aufenthaltsverbots nach § 44 FrG dar (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 8. November 2001, Zl. 2001/21/0043).
Die Ansicht der belangten Behörde, es sei keine eine neuerliche Sachentscheidung rechtfertigende Änderung eingetreten, kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden.
Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass bezüglich der Zurückweisung des Antrags auf Ausstellung eines Lichtbildausweises für Fremde die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde insoweit gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 5. Juli 2005
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Materielle Wahrheit Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005210093.X00Im RIS seit
02.08.2005