Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Norbert K***, Generalsekretär, Wien 13., Erzbischofgasse 63 e, vertreten durch Dr. Johann Angermann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei prot. Firma Dipl.Ing. Hugo D***, Bauunternehmung, Wien 1., Postgasse 16, vertreten durch Dr. Rudolf Gürtler und Dr. Friedrich Halzl, Rechtsanwälte in Wien, wegen S 395.714,-- s.A. und Feststellung infolge Revision der klagenden und der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 25.November 1985, GZ 14 R 266/85-51, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 6.August 1985, GZ 5 Cg 271/82-45, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
1.) Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit
S 14.957,01 bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten S 1.185,51 Umsatzsteuer und S 1.920,-- Barauslagen) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen;
2.) den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Berufungsgericht wird aufgetragen, das Urteil vom 25. November 1985, 14 R 266/85-51, dahin zu ergänzen, daß für den abändernden Teil (Abweisung des Feststellungsbegehrens) der Ausspruch nachgetragen wird, ob der davon betroffene Wert des Streitgegenstandes S 15.000,-- übersteigt.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Eigentümer der im Obergeschoß des Hauses Wien 13., Erzbischofgasse 63 e, gelegenen Wohnungen 3 und 4. Die beklagte Partei war als Bauunternehmer deren Bauführer. Die Wohnungen wurden am 27.September 1973 übergeben. Bald nach Fertigstellung traten Risse in den Zwischenwänden auf. Im Sommer 1975 wurden diese Risse von der beklagten Partei, die erklärte, es handle sich um Risse, die bei einem Neubau auftreten könnten, mit Spachtelgips verschlossen. Nach dieser Reparatur bildeten sich aber schon 1975 erneut leichte Risse in den Zwischenwänden, insbesondere beim Abschluß zur Decke hin. Der Kläger schlug damals vor, die Entwicklung der Risse abzuwarten, weil sich die Haftung der beklagten Partei vereinbarungsgemäß verlängere. Im Jahre 1977 besserte die beklagte Partei die Risse erneut aus. Die Zwischenwände wurden teilweise abgetragen und die so entstandenen Freiräume mit Gips fest verschlossen. Im Bereich des Wohnzimmers wurden Metallkeile gegen die Decke verkeilt und eingegipst, die Risse selbst wurden mit Spachtelgips verschlossen. Erneut wurde von der beklagten Partei erklärt, es handle sich um Setzungsrisse. Im Mai 1980 zeigte die tapezierte Garderobewand einen starken Riß. Dem Kläger kamen darauf Bedenken über die Ursache dieser Rißbildungen. Er holte im Mai 1981 ein Gutachten von Dipl.Ing.Dr. Richard Ahorner ein. Dieser kam in dem im Juli 1981 erstatteten Gutachten zu dem Schluß, daß die Entstehung der Risse auf das Verformungsverhalten des statischen Systems und die Viscoelastizität des Betons zurückzuführen sei. Das Entstehen der Risse sei offensichtlich durch Ausführungsfehler bedingt. Auch ein im November 1981 über Auftrag des Klägers von Ing. Peter B*** erstattetes Gutachten kam zu dem Schluß, daß beim Aufstellen der Zwischenwände gegen anerkannte Regeln der Technik verstoßen worden sei. Bis zum Jahre 1984 traten schließlich an mehreren Zwischenwänden 3 bis 5 mm starke Risse, teils mit Verschiebung aus der Lotrechten, auf. Die Rißbildungen waren auch 1984 noch nicht zur Ruhe gekommen. Diese Rißbildungen sind auf mehrere Ursachen zurückzuführen. Da die Decken zwischen dem Erdgeschoß und dem Obergeschoß durch Zwischenwände ausgesteift wurden, solche Zwischenwände aber unter der Kellerdecke fehlen, können sich die Erdgeschoß- und Obergeschoßdecken nicht frei verformen, während die Kellerdecke in ihrer Durchbiegung weitgehend ungehindert blieb. Dies führt zu einer Lastabtragung über die Gipswände, die dadurch reißen. Das durch die Viscoelastizität des Betons bewirkte "Kriechen" führt zu Verformungen und Durchbiegungen. Die Neigung zu Rißbildungen wird durch unterschiedliche Wärmespannung der obersten Decke im Sommer und Winter verstärkt. Die Schäden sind nicht auf eine mangelhafte statische Berechnung, sonder auf Mängel der Bauausführung zurückzuführen. Die von der beklagten Partei vorgenommenen Verbesserungsversuche waren zur endgültigen Behebung der Mängel ungeeignet.
Der Kläger begehrte mit der am 6.August 1982 eingebrachten Klage ursprünglich den Zuspruch des sich aus dem Gutachten des Dipl.Ing.Dr. Richard Ahorner ergebenden Schadensbetrages von S 151.159,20 s.A. Das Begehren wurde auf die Rechtsgründe der Gewährleistung und des Schadenersatzes gestützt. Erst aufgrund des Gutachtens von Dipl.Ing.Dr. Richard Ahorner habe der Kläger Kenntnis von Schaden, Schädiger und Schadensursache erhalten sowie in Erfahrung gebracht, daß die Mängel der Zwischenwände auf eine unsachgemäße Bauausführung zurückzuführen seien und zur Behebung der Mängel die Herstellung einer elastischen Verbindung zwischen den Decken und den Zwischenwänden erforderlich sein werde. Die frühere Einholung eines Sachverständigengutachtens sei nicht erforderlich gewesen, weil die beklagte Partei versichert habe, daß es sich um Haarrisse, die bei jedem Neubau auftreten und bei Tapezierung nicht störten, handle; deren Behebung habe die beklagte Partei zugesichert. Auf die Richtigkeit dieser Angaben habe der Kläger ursprünglich vertraut, erst seit 1980 (Riß in der Tapete) habe er daran gezweifelt. Auf die Sorgfaltspflicht der beklagten Partei sei die Vorschrift des § 1299 ABGB anzuwenden.
Der vom Bericht bestellte Sachverständige Dipl.Ing. Imre Balogh hielt es aufgrund einer Besichtigung vom 31.Mai 1983 zur Sanierung ebenso wie der vom Kläger beigezogene Privatgutachter Dr. Richard Ahorner in seinem Alternativvorschlag für notwendig, eine Fuge zwischen den Gipstrennwänden und der darüber befindlichen Decke zu schaffen und diese mit dauerelastischem Material zu füllen. Bei einer weiteren Besichtigung durch den gerichtlichen Sachverständigen am 11.Jänner 1984 ergab sich aber, daß sich die Risse seit 31. Mai 1983 verstärkt hatten. Die ursprünglich vorgeschlagene Sanierung erschien dem gerichtlichen Sachverständigen daher nicht mehr zielführend. Nach seinem Vorschlag sollte vielmehr der Großteil der Wände einer Wohnung und zwei Wände der zweiten Wohnung entfernt und durch sogenannte Stahlständerwände ersetzt werden. Die Sanierungskosten würden sich dadurch erhöhen.
Aufgrund dieses Gutachtens dehnte der Kläger mit Schriftsatz vom 14. Mai 1984, der in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 19.September 1984 vorgetragen wurde, das Leistungsbegehren auf S 436.500,-- samt Anhang und in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 20.März 1985 auf S 458.787,-- s.A. aus. In der Tagsatzung vom 19.September 1984 stellte er weiters das Feststellungsbegehren, die beklagte Partei hafte dem Kläger für die ihm und seiner Familie während der Zeitdauer der in seiner Wohnung vorzunehmenden Sanierungsarbeiten auflaufenden Beherbergungskosten. In der Tagsatzung vom 20.März 1985 dehnte der Kläger das Feststellungsbegehren auf die Haftung der beklagten Partei für die Tragung von Transport- und Einlagerungskosten in diesem Zeitraum aus
Die beklagte Partei wendete ein, die Gewährleistungsfristen seien längst verstrichen; an einem allfälligen Schaden des Klägers träfe sie kein Verschulden. Allfällige Ansprüche wären auch verjährt, weil der Kläger vor Geltendmachung die Einholung eines Sachverständigengutachtens nicht hätte abwarten müssen. Da die beklagte Partei Bauführerin gewesen sei, hätten Zweifel am Verursacher der Schäden nicht bestanden.
Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren mit einem Betrag von S 395.714,-- samt Anhang sowie dem gesamten Feststellungsbegehren statt. Das Leistungsmehrbegehren von S 63.073,-- samt Anhang wies es unangefochten ab. Es stellte fest, die nach 1977 aufgetretenen Risse seien ursprünglich nicht auffallend stark gewesen. Eine verstärkte Rißbildung sei erst im Jahre 1980 eingetreten. Dem Kläger seien als Laien die Ursache der Rißbildungen (deren wahre Beschaffenheit) vor Einholung des Privatgutachtens nicht erkennbar gewesen. Um die Mängel endgültig zu beseitigen, seien die vom gerichtlich bestellten Sachverständigen schließlich vorgeschlagenen Maßnahmen erforderlich. Rechtlich führte das Erstgericht aus, daß zwar aufgrund des Reparaturversuches des Jahres 1977 Gewährleistungsansprüche verfristet, die geltend gemachten Ansprüche aber aus dem Titel des Schadenersatzes berechtigt seien. Bloß vorhandene Mängel, die noch keinen weiteren Schaden auch nicht am hergestellten Werk, verursacht hätten, könnten zwar keinen Schadenersatzanspruch begründen; habe aber ein solcher Mangel nicht nur an anderen Sachen einen Schaden herbeigeführt, sondern sei das Werk selbst infolge des Mangels beschädigt worden, so sei, Verschulden des Unternehmers vorausgesetzt, ein Schadenersatzanspruch gegeben. Ein Verschulden der beklagten Partei sei zu bejahen. Die beklagte Partei treffe als Fachmann die besondere Diligenzpflicht des § 1299 ABGB. Ihr sei jedes Verhalten zuzurechnen, das ursächlich für den Schadenseintritt gewesen sei und auf einer Verletzung der Sachkunde beruht habe. Daß die beklagte Partei die Eigenschaften des Betons nicht berücksichtigt und die Besonderheiten des vorliegenden statischen Systems verkannt habe, gehe eindeutig daraus hervor, daß trotz dieser besonderen Umstände die Deckenstärke an der Grenze des Mindestwertes gewählt und durch das Verkeilen der Wohnzimmerwand jedenfalls eine falsche Sanierungsmaßnahme getroffen worden sei. Der Einwand der Verjährung sei nicht berechtigt. Der Beginn der Verjährungsfrist dürfe nicht früher als zu dem Zeitpunkt angenommen werden, zu dem der Geschädigte vom ganzen Sachverhalt der den Grund des Verjährungsanspruches darstelle, Kenntnis erlangt habe. Zu den anspruchsbegründenden Tatsachen gehöre bei der Verschuldenshaftung auch die Kenntnis des Geschädigten von den Umständen, aus denen das Verschulden des Schädigers hervorgehe. In der Regel werde dem Beschädigten die schädliche Wirkung eines Ereignisses bekannt sein, wenn dessen Ursache irgendein dem Schädiger anzulastendes Verhalten sei. Wenn allerdings der Geschädigte erst durch ein Sachverständigengutachten von dem schuldhaften verhalten des Schädigers erfahre, beginne die Verjährung solange nicht, als diese Unkenntnis andauere.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei teilweise Folge. Es bestätigte den Zuspruch des Betrages von S 395.714,-- s.A., das Feststellungsbegehren wies es aber ab. Einen Ausspruch nach § 500 Abs.2 Z.1 ZPO unterließ es. Das Berufungsgericht übernahm die aufgrund eines mängelfreien Verfahrens getroffenen Feststellungen des Erstgerichtes. Nach herrschender Ansicht beginne die Verjährungsfrist zwar nicht erst ab dem Eintritt des vollen Schadens, sondern grundsätzlich schon mit der Kenntnis des Geschädigten von der schädigenden Handlung, sofern der Schaden in diesem Zeitpunkt schon vorhersehbar sei. Die Kenntnis des Geschädigten habe aber den gesamten Sachverhalt zu umfassen, aus dem sich der Anspruch ableiten lasse. Dazu gehöre im Falle der Verschuldenshaftung auch die Klarheit über das Verschulden des Schädigers sowie die Kenntnis des Ursachenzusammenhanges zwischen dem Schaden und einem bestimmten, dem Schädiger anzulastenden Verhalten. Von einer Klarheit über das Verschulden des Schädigers könne aber keine Rede sein, wenn die Erkennbarkeit der für das Verschulden maßgebenden Zusammenhänge eine besondere Fachkunde erfordere, über die der Geschädigte als Laie nicht verfüge. In einem solchen Fall beginne die Verjährungsfrist so lange nicht zu laufen, als die Unkenntnis des Geschädigten über die für das Verschulden des Schädigers maßgebenden Umstände andauere, möge auch der Schaden und die Person des Schädigers bekannt gewesen sein. Die bloße Möglichkeit der Ermittlung einschlägiger Tatsachen durch den Geschädigten vermöge ihr Bekanntsein nicht zu ersetzen. Da die beklagte Partei dem Kläger gegenüber darauf hingewiesen habe, es handle sich um unvermeidbare Haarrisse, wie sie bei jedem Neubau auftreten könnten, habe der Kläger nach dem zweiten Verbesserungsversuch nicht mit einer weiteren Verschlechterung dieses Zustandes durch Auftreten zusätzlicher Risse und einer Verbreiterung der Risse rechnen müssen. Bei dieser Verschlechterung handle es sich um eine für den Laien nicht vorhersehbare Schadenausweitung. Die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen ließen daher nicht den Schluß zu, daß die dreijährige Verjährungsfrist bereits vor Juli 1981 in Lauf gesetzt worden wäre. Das Feststellungsbegehren sei aber erst nach Ablauf der mit Juli 1981 in Lauf gesetzten dreijährigen Verjährungsfrist erhoben worden.
Gegen dieses Urteil richten sich die Revisionen des Klägers und der beklagten Partei.
Rechtliche Beurteilung
Ob die Revision des Klägers zulässig ist, kann noch nicht beurteilt werden. Gemäß § 502 Abs.2 Z.2 ZPO ist gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes ein weiterer Rechtszug unzulässig, soweit der Beschwerdegegenstand an Geld oder Geldeswert S 15.000,-- nicht übersteigt. Ob dies bei einem Feststellungsbegehren der Fall ist, hat der Oberste Gerichtshof nach dem ihn bindenden Ausspruch des Berufungsgerichtes gemäß § 500 Abs.2 Z.1 ZPO zu beurteilen (Fasching, Zivilprozeßrecht Rz 1868). Da Streitgegenstand des abändernden Teiles des Urteiles des Berufungsgerichtes nur das vom Kläger gestellte Feststellungsbegehren war, ist im Hinblick auf § 502 Abs.2 Z.2 ZPO eine Bewertung dieses Teiles des Streitgegenstandes durch das Berufungsgericht gemäß § 500 Abs.2 Z.1 ZPO notwendig. Das Berufungsgericht wird seinen Urteilsspruch in dieser Richtung zu ergänzen haben.
Die Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt. Zutreffend geht die beklagte Partei in ihrer Revision selbst davon aus, der Kläger könne das von ihm gestellte Leistungsbegehren auf den Titel des Schadenersatzes stützen. Die beklagte Partei nahm, wie sich später herausstellte, mit untauglichen Mitteln und daher erfolglos zwei Verbesserungsversuche vor, die, da sie die wahre Ursache der Mißbildung nicht erkannte, aus ihrem Verschulden fehlschlugen. Einen weiteren Verbesserungsversuch bot die beklagte Partei weder an noch führte sie ihn aus; sie war vielmehr auch weiterhin der Ansicht es handle sich um geringfügige Haarrisse (Setzungsrisse), wie sie in jedem Neubau auftreten könnten. Da es sich aber in Wahrheit um schwerwiegende, auf Verstöße gegen allgemeine Regeln der Technik zurückzuführende Schäden handelt, die eine umfangreiche Verbesserung durch Aufstellen neuer Zwischenwände notwendig macht, kam die beklagte Partei der ihr obliegenden Verpflichtung zur Verbesserung als eines fortwirkenden Erfüllungsanspruches (SZ 55/67; SZ 55/29 ua) in verschuldeten Verzug, der den Kläger berechtigte, sein Erfüllungsinteresse geltend zu machen (SZ 55/29; SZ 54/99; SZ 53/107; SZ 49/66 ua; Welser, JBl 1972, 134 ff; Koziol-Welser 7 I 245; Reischauer in Rummel Rdz 20 zu § 932).
Die beklagte Partei vertritt in ihrer Revision weiterhin den Standpunkt, daß die nach § 1489 ABGB zu beurteilende Verjährungsfrist für den geltend gemachten Schadenersatzanspruch nach dem Auftritt neuer Schäden im Jahr 1977 bereits bei Klagseinbringung abgelaufen gewesen sei. Die Frist des § 1489 ABGB wird jedoch erst dann in Gang gesetzt, wenn neben der Kenntnis des Schadens dem Geschädigten der gesamte, seinen Anspruch begründende Sachverhalt so weit bekannt ist oder zumutbarerweise bekannt sein müßte, daß er eine Klage mit Aussicht auf Erfolg erheben kann (SZ 56/36 mwN; Schubert in Rummel, ABGB Rdz 3 zu § 1489). Die Verjährungszeit begann daher erst dann zu laufen, als dem Kläger Tatsachen bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, daß es sich nicht um bloße, durch geringfügige Ausspachtelungen oder Tapezierungen zu beseitigende Haarrisse in den Zwischenwänden und Deckenabschlüssen handelte, sondern um Baufehler der beklagten Partei, die bei der Errichtung des Werkes gegen allgemein anerkannte Regeln der Technik verstieß und die nur mit großem Aufwand beseitigt werden können. Anders als im Fall der von der Revision wiederholt zitierten Entscheidung 7 Ob 627, 628/77 (der hier maßgebliche Rechtssatz findet sich in MietSlg. 29.217), in welchem Fall dem Kläger der Mangel als solcher bekannt war, war im vorliegenden Fall für den Kläger als Nichtfachmann insbesondere auch aufgrund der Beteuerungen der beklagten Partei, es handle sich um geringfügige, bei jedem Bau auftretende Risse in den Zwischenwänden, der Mangel weder bekannt noch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens erkennbar. Wiederholt wurde ausgesprochen, daß die Verjährungszeit nicht zu laufen beginnt, wenn der Geschädigte als Laie keinen Einblick in die für das Verschulden maßgeblichen Zusammenhänge hat (MietSlg. 29.217; 1 Ob 19/80; 7 Ob 572/77 ua; Schubert aa0). Dies muß umso mehr dann gelten, wenn für den Kläger als Laien die Ursache des Schadens ohne Beiziehung eines Sachverständigen gar nicht erkennbar war. Voraussetzung für den Beginn des Laufes der Verjährungszeit war aber, daß der Kläger als Geschädigter die Ursache des Schadenseintritts wenn schon nicht mit Sicherheit, so doch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vorhersehen konnte (6 Ob 511/86; 7 Ob 605/84). Dies war vor Einholung des Sachverständigengutachtens von Dipl.Ing.Dr. Richard Ahorner nicht der Fall. Die Verjährungszeit begann daher erst im Juli 1981 mit Einlangen des vom Kläger in Auftrag gegebenen Gutachtens zu laufen. Der geltend gemachte Schadenersatzanspruch war daher bei Klagseinbringung (6.Augsut 1982) nicht verjährt.
Es ist aber auch eine Verjährung des darüber hinausgehenden, aufgrund einer Klagsausdehnung zugesprochenen Betrages von weiteren S 244.554,80 zu verneinen. Wohl tritt die Unterbrechungswirkung der nicht auf den Zeitpunkt der Klagseinbringung zurückwirkenden Klagsausdehnung nicht bereits mit dem sie enthaltenden Schriftsatz, sondern erst nach ausdrücklicher oder konkludenter Zustimmung des Beklagten oder den sie ersetzenden Gerichtsbeschluß mit ihrem Vorbringen in einer Tagsatzung ein (SZ 56/157 mwN). Demnach wäre die Klagsausdehnung erst nach Ablauf der dreijährigen Verjährungszeit am 19. September 1984 wirksam geworden. Für weitere nicht vorhersehbare schädigende Wirkungen eines Schadensfalles beginnt aber, die Verjährungszeit erst mit Kenntnis solcher Schäden, frühestens aber zum Zeitpunkt, zu dem mit künftigen Schäden solcher Art mit Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist (ZVR 1982/269; ZVR 1980/238; ZVR 1979/22; SZ 48/27 ua, vgl. Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht 2 I 318). Für unvorhersehbare neue Folgewirkungen beginnt vom Zeitpunkt der (möglichen) Kenntnisnahme ein neuer Lauf der Verjährungsfrist (ZVR 1979/287; Schubert aa0 Rdz 3 zu § 1489 ABGB). Selbst der gerichtlich bestellte Sachverständige vertrat vorerst die Ansicht, daß eine vollständige Beseitigung der Zwischenwände nicht erforderlich sein werde. Erst die selbst für den Sachverständigen überraschende fortschreitende Rißbildung als weitere unvorhersehbare neue Folgewirkung machte umfangreichere Verbesserungsarbeiten notwendig. Zum Zeitpunkt der Ausdehnung des Leistungsbegehrens war daher der Mehranspruch nicht verjährt. Der Revision der beklagten Partei ist der Erfolg zu versagen. Die Entscheidung über die (bisher entstandenen) Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.
Anmerkung
E08104European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0010OB00540.86.0528.000Dokumentnummer
JJT_19860528_OGH0002_0010OB00540_8600000_000