TE OGH 1986/6/12 13Os72/86

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Veröffentlicht am 12.06.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.Juni 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Harbich als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Müller, Dr. Schneider, Dr. Felzmann und Dr. Brustbauer (Berichterstatter) als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinberger als Schriftführers in der Strafsache gegen Walter D*** wegen des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG. über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Jugendgerichtshofs Wien als Schöffengerichts vom 21.Jänner 1986, GZ 3 b Vr 851/84-44, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalts Dr. Tschulik, und des Verteidigers Dr. Gahleithner, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO. fallen dem Angeklagten die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Der am 20.Mai 1951 geborene Kaufmann Walter D*** wurde des Vergehens nach § 1 Abs 1 lit a und c PornG. schuldig erkannt. Er hat am 21. Mai 1984 in Wien in gewinnsüchtiger Absicht die im Spruch des Ersturteils angeführten unzüchtigen Druckwerke zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten und anderen angeboten.

Rechtliche Beurteilung

Der Angeklagte macht Urteilsnichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z. 9 lit a StPO. geltend.

Mit dem Einwand, das Beweisverfahren habe "massive Hinweise" gegeben, daß er sich im Zeitpunkt der Beschlagnahme der inkriminierten Druckwerke nicht im Geschäft aufgehalten habe, sondern auf Dienstreise gewesen sei, bringt der Beschwerdeführer keinen materiellen Nichtigkeitsgrund zur Darstellung. Im übrigen hat das Gericht dieser erstmals in der Hauptverhandlung vorgebrachten Version mit dem Hinweis auf die geänderte Verantwortung den Glauben versagt. Ein solcher Akt der Beweiswürdigung entzieht sich der Anfechtung mit einer Rechtsrüge.

Der Beschwerdeführer bestreitet die (absolute) Unzüchtigkeit der inkriminierten, zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehaltenen und zum Verkauf angebotenen Druckwerke. Er wendet sich gegen die oberstgerichtliche Judikatur, wonach pornographische Darstellungen von Unzuchtsakten, die als solche ihrer Art nach verboten sind oder - wie Unzucht mit Personen gleichen Geschlechts - keinesfalls propagiert werden dürfen (§ 220 StGB.), generell und ohne Rücksicht auf den angesprochenen Personenkreis unzüchtig sind (EvBl 1977/186, verstärkter Senat). Die Strafbarkeit solcher Darstellungen setzt weder eine (über eine bei Druckwerken und Laufbildern regelmäßig zu bejahende Werbekomponente hinausgehende) propagandistische Wirkung im Sinn einer Massenbeeinflussung noch die Eignung voraus, eine zur gleichgeschlechtlichen Unzucht anregende Wirkung zu erzielen (SSt. 51/51, verstärkter Senat). Die Beschwerdeausführungen, wonach die Unterscheidung zwischen "harter" und "nicht harter" Pornographie nicht mehr dem Denken aufgeschlossener und toleranter Menschen entspreche und auf Grund der geänderten Einstellung zu Homosexualität und lesbischer Liebe nicht aufrechterhalten werden könne, geben keinen Anlaß, von der bisherigen Judikatur abzugehen. Neben der gewinnsüchtigen Absicht ist nur erforderlich, daß der Täter die Eigenschaft des Gegenstands, welche das Merkmal der Unzüchtigkeit verwirklicht, kennt oder eine solche Eigenschaft doch ernstlich für möglich hält und sich damit abfindet. Mit der Behauptung, der Angeklagte habe die Verbreitung von Darstellungen gleichgeschlechtlicher Unzucht nicht für strafbares Unrecht gehalten, wird ein Rechtsirrtum geltend gemacht. Ein derartiger Irrtum wäre dem Beschwerdeführer auf Grund seiner kaufmännischen Tätigkeit auf diesem Gebiet und der daraus ihm erwachsenden Verpflichtung, sich mit den Vorschriften des Pornographiegesetzes und deren Auslegung vertraut zu machen, gemäß § 9 Abs 2 StGB. vorzuwerfen (Leukauf-Steininger, Strafrechtliche Nebengesetze 2 , ENr. 82 ff. zu § 1 PornG.). Wenn der Angeklagte die inkriminierten Druckwerke nicht als "unzüchtig" wertet und sich hiemit über die herrschenden Ansichten hinwegsetzt, kommt ihm kein schuldausschließender Rechtsirrtum (§ 281 Abs 1 Z. 9 lit b StPO.) zustatten.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.

Der Angeklagte wurde nach § 1 Abs 2 PornG. unter Anwendung von § 37 StGB. zu 120 Tagessätzen (je 150 S) verurteilt. Nichts wurde dabei als erschwerend, als mildernd hingegen der bisher ordentliche Lebenswandel gewertet.

Der Angeklagte beruft gegen die Zahl der Tagessätze und verlangt die Gewährung bedingter Strafnachsicht.

Der Wahrheitsfindung wesentlich dienlich waren - entgegen den Berufungsausführungen - die Angaben des Angeklagten nicht, wie schon die umfangreiche, gegen seine Einlassung argumentierende Beweiswürdigung des Schöffensenats zeigt. Zu einer Reduktion der Zahl der Tagessätze bestand daher kein Anlaß.

Die im Unrecht durchaus bedeutsame, professionelle Begehung der Straftat verlangt schon aus generalpräventiven Gründen eine entsprechende Effektivität der Strafe, die mit einer bloß angedrohten Geldstrafe hier nicht erreicht werden kann (vgl. LSK. 1983/169).

Anmerkung

E08712

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0130OS00072.86.0612.000

Dokumentnummer

JJT_19860612_OGH0002_0130OS00072_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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