TE OGH 1986/6/17 14Ob106/86

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Veröffentlicht am 17.06.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuderna und Dr. Gamerith sowie Dr. Walter Haindl und Johann Herzog als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Anton S***, Maschinist, Pörtschach, Sekull Nr.116, vertreten durch Dr. Hans Primus, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei B*** M*** & Comp. Gesellschaft mbH KG in Klagenfurt, Koschatstraße Nr.5, vertreten durch Dr. Gottfried Hammerschlag und Dr. Wilhelm Dieter Eckhart, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen S 170.154,60 sA infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Berufungsgerichtes in arbeitsgerichtlichen Rechtsstreitigkeiten vom 22. Jänner 1986, GZ 3 Cg 35/85-11, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Arbeitsgerichtes Klagenfurt vom 29. Juli 1985, GZ 2 Cr 72/85-5, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit S 6.793,05 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (davon S 617,55 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit 14.Dezember 1958 ununterbrochen bei der beklagten Partei als Maschinist beschäftigt. Mit Schreiben vom 10.12.1984 kündigte die beklagte Partei sein Dienstverhältnis zum 21.12.1984 auf. Mit Brief vom 20.12.1984 forderte der Kläger von der beklagten Partei die Bezahlung der Abfertigung. Mit Schreiben vom 21.12.1984 sicherte die beklagte Partei dem Kläger die Wiedereinstellung zum 7.1.1985 zu. Der Kläger ist seit 21.1.1985 wieder bei der beklagten Partei als Maschinist beschäftigt. Auf sein Dienstverhältnis findet der Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe, Stand 1.April 1983 (im folgenden kurz: KV) Anwendung, der ua folgende Bestimmungen enthält:

"§ 13 Abfertigung

Der Anspruch und das Ausmaß der Abfertigung richtet sich nach den Betimmungen des Arbeiter-Abfertigungsgesetzes 1979 (BGBl. Nr.107/1979) einschließlich der darin enthaltenen Übergangsbestimmungen mit folgenden Ergänzungen:

......

7.) Regelung bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses

    beim selben Arbeitgeber

Wird innerhalb von 120 Tagen nach der letzten Beendigung das

Dienstverhältnis beim selben Arbeitgeber fortgesetzt, erfolgt

anstelle der Auszahlung der Abfertigung gemäß Ziffer 6 die

Anrechnung der der Abfertigung zugrundeliegenden anrechenbaren

Dienstzeiten auf das neue Dienstverhältnis.

.......

11.) Anspruchsbegrenzung

Durch die Zusammenrechnung von unterbrochenen Dienstzeiten im

Sinne dieses Kollektivvertrages mit Zeiten des ununterbrochenen

Dienstverhältnisses gemäß dem Abfertigungsgesetz kann kein höherer

Anspruch erworben werden, als das Abfertigungsgesetz für

ununterbrochene Dienstzeiten gleicher Dauer vorsieht.

..........."

Der Kläger begehrt von der beklagten Partei, gestützt auf die Bestimmungen des Arbeiter-Abfertigungsgesetzes vom 23.2.1979, BGBl.107 (ArbAbfG) die Bezahlung der Abfertigung im Ausmaß des Zwölffachen des monatlichen Entgelts (§ 23 Abs 1 AngG) in der außer Streit stehenden Höhe von S 170.154,60 sA.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß der Anspruch des Klägers auf Abfertigung erloschen sei, weil er innerhalb von 120 Tagen nach Beendigung des letzten Dienstverhältnisses wieder eingestellt worden sei (§ 13 Z 7 KV).

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es war der Ansicht, daß der Kläger keinen Abfertigungsanspruch habe, weil er sein Dienstverhältnis bei der beklagten Partei innerhalb von 120 Tagen nach der Beendigung des früheren Dienstverhälnisses fortgesetzt habe. Gemäß § 13 Z 7 KV sei daher (an Stelle der Auszahlung der Abfertigung) die Anrechnung der der Abfertigung zugrundeliegenden anrechenbaren Dienstzeiten auf das neue Dienstverhältnis erfolgt. Das Berufungsgericht verhandelte die Rechtssache gemäß § 25 Abs 1 Z 3 ArbGG von neuem. Es traf die selben Feststellungen wie das Erstgericht, ergänzte sie unter Wiedergabe weiterer Bestimmungen aus dem einschlägigen Kollektivvertrag und sprach dem Kläger in Stattgebung der Berufung die begehrte Abfertigung zu. Das Berufungsgericht war der Ansicht, daß der Kläger gemäß Art I § 2 Abs 1 ArbAbfG iVm § 23 Abs 1 AngG infolge eines ununterbrochenen Dienstverhältnisses von mehr als 25 Jahren den gesetzlichen Abfertigungsanspruch in der Höhe des Zwölffachen des monatlichen Entgelts erworben habe. Gemäß § 13 Z 7 KV stünde ihm dieser Anspruch nicht zu, doch bilde diese Bestimmung, wie sich aus dem Wortlaut der Präambel ergebe, nur eine Ergänzung und keine Einschränkung des Arbeiter-Abfertigungsgesetzes. Gemäß Art I § 3 ArbAbfG könnten die Rechte, die dem Arbeitnehmer auf Grund des § 2 ArbAbfG zustehen, durch Arbeitsverträge oder Normen der kollektiven Rechtsgestaltung weder aufgehoben noch beschränkt werden. Vielmehr könnte durch Kollektivvertrag die Rechtsstellung des Arbeitnehmers nur im Sinne des Günstigkeitsprinzips verbessert werden. Der Kläger sei aber nach dem ArbAbfG günstiger gestellt als nach dem Kollektivvetrag, zumal es bei der Berechnung des ihm zustehenden Abfertigungsanspruches nicht auf die Zusammenrechnung unterbrochener Dienstzeiten ankomme.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der beklagten Partei ist nicht berechtigt.

Der Kläger stützt seinen Anspruch ausschließlich auf das ArbAbfG. Schon deshalb ist ein Günstigkeitsvergleich zwischen dieser Norm und den Abfertigungsbestimmungen des § 13 KV, den die Revisionswerberin nicht für möglich hält, nicht anzustellen. Da sich der Kläger für die Geltendmachung des gesetzlichen Abfertigungsanspruches entschieden hat und dies vor der Fortsetzung des Dienstverhältnisses beim selben Dienstgeber durch sein Forderungsschreiben vom 20.12.1984 unmißverständlich zum Ausdruck brachte, kann ihm die beklagte Partei die Bestimmung des § 13 Z 7 KV nicht entgegenhalten, zumal der gesetzliche Abfertigungsanspruch gemäß § 3 ArbAbfG durch Normen der kollektiven Rechtsgestaltung weder aufgehoben noch beschränkt werden kann. Zudem beziehen sich die Vorschriften des § 13 KV, wie sich aus der Präambel und aus Z 6-8 ergibt (Z 6 spricht von der "Abfertigung im Sinne dieses Kollektivvertrages", Z 7 und 8 sprechen von der "Abfertigung gemäß Z 6"), nur auf den durch § 13 KV geschaffenen kollektivvertraglichen Abfertigungsanspruch, der die Bestimmungen des ArbAbfG ergänzt. § 13 KV schafft unter bestimmten Voraussetzungen einen Abfertigungsanspruch, der gemäß dem ArbAbfG nicht bestünde, und setzt die Bedingungen fest, unter denen dieser gesetzlich nicht vorgesehene Abfertigunganspruch kraft kollektivvertraglicher Bestimmung trotzdem zuwächst (Adametz-Schenk-Tscheppl, Komm z Abfertigung für Bauarbeiter 26 u 37 f). Da Bauarbeiter wegen der branchenüblichen Unterbrechung der Beschäftigung im Winter fast nie die gesetzlichen Abfertigungsansprüche erreichen können, wurde im § 13 KV (zum Teil schon vor Inkrafttreten des ArbAbfG) bestimmt, unter welchen Voraussetzungen unterbrochene Dienstzeiten für den Erwerb eines kollektivvertraglichen Abfertigungsanspruches zusammenzurechnen sind. Die Auslegung dieser - zum Teil äußerst komplizierten - Bestimmungen war bereits mehrmals Gegenstand von Entscheidungen des erkennenden Senates.

Im vorliegenden Fall konnte sich jedoch der Kläger auf die Geltendmachung des gesetzlichen Abfertigungsanspruches beschränken, weil er infolge mehr als 25-jähriger ununterbrochener Dauer des (früheren) Dienstverhältnisses bei der beklagten Partei gemäß § 2 Abs 1 ArbAbfG iVm § 23 Abs 1 AngG den gesetzlichen Höchstanspruch auf Abfertigung bereits erreicht hatte.

Was die Revision dagegen vorbringt, schlägt nicht durch. Daß der Kläger infolge seiner Wiedereinstellung durch die beklagte Partei von der Einforderung der gesetzlichen Abfertigung Abstand genommen habe, behauptete die beklagte Partei in den Tatsacheninstanzen selbst nicht. Das bereits zitierte Schreiben des Klägers spricht im übrigen für das Gegenteil. Daß aber der Kläger aus dem neuen Dienstverhältnis zur beklagten Partei bei entsprechender Dauer wieder Abfertigungsansprüche erwerben kann, obwohl ihm aus seinem früheren Dienstverhältnis die gesetzliche Höchstabfertigung zusteht, ergibt sich als Rechtsfolge aus dem Gesetz, das eine Zusammenrechnung unterbrochener Dienstzeiten nicht vorsieht. Diese gesetzliche Folge könnte durch Bestimmungen des Kollektivvertrages (vgl § 13 Z 11 KV) nicht eingeschränkt werden. Aus der Sonderregelung des Abfertigungsanspruches bei Unternehmensübertragung (§ 23 Abs 3 AngG) ist für den gegenständlichen Fall nichts zu gewinnen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

Anmerkung

E08404

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0140OB00106.86.0617.000

Dokumentnummer

JJT_19860617_OGH0002_0140OB00106_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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