Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Hule als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Warta, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Mag. Engelmaier als Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1. Friedrich G***, 2. Erich A***, 3. Roswitha D***,
4. Christine S***, 5. Johann S***, 6. Erich S***, 7. Walter P***, 8. Rosemarie P***, 9. Karl M***, 10. Eleonore S***, 11. Maria J***, 12. Maria R***, 13. Karl
H***, 14. Gerhard M***, 15. Robert W***, 16. Auguste M***, 17. Johanna K***, 18. Stefan H***, 19. Gisela T***,
20.
Maria L***, 21. Alexander T***, 22. Emilie V***,
23.
DDr. Helmut S***, 24. Mag.Ingrid B***, 25. Dr. Heinz K***, 26. Christine S***, 27. Ing. Johann S***,
28.
Heinz S***, 29. Anna D***, 30. Günther H***,
31.
Gerlinde W***, 32. Franz S***, 33. Dr. Gustav K***,
34.
Michael Z***, 35. Dr. Harald M***, 36. August N***,
37.
Eleonore F***, 38. Hannelore K***, 39. Josef K***,
40.
protokollierte Firma Richard S*** & Co., 41. Josef S***,
42.
Willy R***, 43. Hermann W***, 44. Waltraud W***, 45. Hans W***,
46.
Walter S***, 47. Manfred S***, 48. Dr. Franz J***, 49. Eva Maria S***, 50. Evelinie B***, 51. protokollierte Firma St.A*** A*** Dr.Mr.P*** KG, 52. Dr. Gerhard P***, 53. Friedrich B***, 54. "BOCARA" Handel mit Bijouterie-Strickwaren- und Geschenkartikel H*** & H*** Gesellschaft mit beschränkter Haftung, 55. Helga B***, 56. Dr. Friedrich H***, 57. Brigitte S***, 58. Walter S***, alle Wohnungseigentümer in
1120 Wien, Meidlinger Hauptstraße 84, alle vertreten durch Dr. Walter Prunbauer, Rechtsanwalt in Wien, wider die verpflichtete Partei Maria K***, Pensionistin, Gumpendorferstraße 118 a/19, 1060 Wien, wegen Durchsetzung der Ausschließung aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (Streitwert S 20.000,-), infolge Revisionsrekurses der betreibenden Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 29. Jänner 1986, GZ. 46 R 349/85-38, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18. Dezember 1984, GZ. 29 C 102/81-28, über den Rekurs des Veräußerungsverbotsberechtigten Dr. Friedrich Wilhelm K***, Pensionist, Mittersteig 25, 1050 Wien, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluß des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß der erstgerichtliche Exekutionsbewilligungsbeschluß wieder hergestellt wird.
Der Verbotsberechtigte Dr. Friedrich Wilhelm K*** ist schuldig, den betreibenden Parteien die mit S 2.959,20 (darin S 247,10 Umsatzsteuer und S 240,- Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen vierzehn Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Verpflichtete ist Eigentümerin von 137/8983 Anteilen der Liegenschaft EZ 1081 KG Meidling. Mit ihren Anteilen ist untrennbar das Wohnungseigentum an der Wohnung Meidlinger Hauptstraße 84/1/44, 1120 Wien, verbunden. Zu Gunsten ihres Sohnes ist das vertraglich eingeräumte Veräußerungs- und Belastungsverbot einverleibt (CLN 13). Am 5. Februar 1981 erhob die Mehrheit der übrigen Miteigentümer gegen die Verpflichtete die Klage auf Ausschließung aus der Gemeinschaft nach § 22 WEG, weil die Verpflichtete die ihr obliegenden Zahlungen nicht leiste.
Das Erstgericht erkannte mit dem Urteil vom 1. Juli 1983, GZ 29 C 102/81-24, idF des Berichtigungsbeschlusses vom 28. September 1984, GZ 29 C 102/81-26, nach dem Anerkenntnis der Beklagten auf ihre Ausschließung aus der Gemeinschaft der Miteigentümer an der Liegenschaft EZ 1081 KG Meidling in Ansehung ihrer 137/8983 Anteile, mit denen das Wohnungseigentum an der Wohnung top.Nr.44 der Stiege 1 des Hauses Meidlinger Hauptstraße 84 untrennbar verbunden ist, gemäß dem § 22 Abs.1 Z 1 WEG unbeschadet des laut TZ 1243/80 einverleibten Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu Gunsten ihres Sohnes Dr. Friedrich Wilhelm K***.
Auf Grund dieses rechtskräftigen Anerkenntnisurteiles bewilligte das Erstgericht als Titelgericht den betreibenden Mit- und Wohnungseigentümern mit dem Beschluß vom 18. Dezember 1984, GZ 29 C 102/81-28, zur Durchsetzung der Ausschließung nach § 22 Abs.3 WEG die Versteigerung des Miteigentumsanteils der Verpflichteten und bestimmte das Bezirksgericht Fünfhaus zum Exekutionsgericht, das die Versteigerung des Miteigentumsanteils und des damit verbundenen Wohnungseigentums nach den Bestimmungen der Exekutionsordnung über die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft durchführen sollte.
Gegen diesen Exekutionsbewilligungsbeschluß erhob der Verbotsberechtigte Rekurs. Das zu seinen Gunsten begründete und bücherlich einverleibte Veräußerungsverbot stehe der Bewilligung der Exekution gegen die Verpflichtete hindernd entgegen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Verbotsberechtigten Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß der Antrag auf Bewilligung der Exekution durch die Versteigerung des mit Wohnungseigentum verbundenen Miteigentumsanteiles zur Erwirkung der Ausschließung aus der Gemeinschaft der Miteigentümer und zur Hereinbringung der Kosten des Exekutionsantrages abgewiesen wird. Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Beschwerdegegenstandes S 15.000,- nicht aber S 300.000,- übersteigt und daß der Revisionsrekurs zulässig sei. Ein Veräußerungsverbot hindere zwar nicht die Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums, wohl aber die Durchsetzung des auf Ausschließung aus der Gemeinschaft der Miteigentümer nach § 22 WEG, solange der dinglich Berechtigte nicht zustimme. Ein Anspruch der betreibenden Parteien auf Erteilung der Zustimmung sei im Rechtsweg durchzusetzen. Das Fehlen der Zustimmung des Verbotsberechtigten stehe der Bewilligung der beantragten Exekution entgegen.
Der von den betreibenden Parteien erhobene Revisionsrekurs ist nach dem § 528 Abs.2 und dem § 502 Abs.4 Z 1 ZPO, die nach § 78 EO anzuwenden sind, zulässig, weil zu der hier zu lösenden Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung soweit überblickbar eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht vorliegt. Der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Wie schon das Rekursgericht aufzeigte, steht das einverleibte Veräußerungsverbot nach § 364 c ABGB zwar der Bewilligung der Zwangsversteigerung entgegen (Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 364 c; Heller-Berger-Stix 1090; SZ 19/265; SZ 28/50; SZ 30/52; NZ 1985, 114 ua.), hindert aber nicht die Geltendmachung und Durchsetzung des Anspruches auf Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums durch die Versteigerung der Liegenschaft (Klang in Klang 2 II 185; Spielbüchler in Rummel, ABGB, Rdz.14 zu § 364 c;
Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 13 zu § 830; Koziol-Welser 7 II 42;
SZ 31/79; SZ 50/63; SZ 51/65; MietSlg. 32.056 uva.). Die Bestimmung des § 22 WEG folgt in ihrer Grundkonzeption der vorangegangenen Vorschrift des § 10 WEG 1948 und enthält zwingendes Recht (Faistenberger-Barta-Call, WEG 1975, 583;
JBl 1977, 491 = MietSlg. 28.491). Beide Bestimmungen sehen unter bestimmten Voraussetzungen die Ausschließung eines Wohnungseigentümers aus der Gemeinschaft als Gegengewicht gegen den Ausschluß des Anspruches auf Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums, der den dauernden Bestand des Wohnungseigentums sichern soll (§ 9 WEG 1948; § 21 Abs.2 WEG 1975; AB 676 BlgNR 5.GP zu § 10 WEG 1948), vor. Während das 16.Hauptstück des ABGB bei Vorliegen wirtschaftlich oder gesellschaftlich unerträglicher Verhältnisse nur die Sanktion der gegen alle Teilhaber gerichteten, nicht begründungspflichtigen Aufhebung durch Klage kennt (§ 830 ABGB, § 841 ff ABGB), schließt § 21 Abs.2 WEG 1975 die Aufhebungsklage für den Bereich des Wohnungseigentums aus und bietet als Abhilfe in Fällen der Unerträglichkeit der Aufrechterhaltung der Gemeinschaft mit einem Wohnungseigentümer, der seinen Pflichten aus der Gemeinschaft beharrlich nicht nachkommt, von seinem Wohnungseigentum einen die Interessen der übrigen Miteigentümer empfindlich schädigenden Gebrauch macht oder durch sein rücksichtsloses, anstößiges oder sonst grob ungehöriges Verhalten den Mitbewohnern das Zusammenwohnen verleidet, die Möglichkeit der Ausschließung bei Vorliegen bestimmter, erschöpfend aufgezählter und Kündigungsgründen im Mietrecht nachgeformter Gründe (Meinhart, WEG 1975, 184; Faistenberger-Barta-Call, WEG 1975, 583). Schon aus der Funktion der Ausschließungsklage und ihrer nur wegen der Besonderheiten des Wohnungseigentums in ein nach den Vorschriften über die Exekution durch Zwangsversteigerung des Anteils abzuführendes Verfahren gezwängten Durchsetzung kann der Fall der Exekution zur Vollstreckung des rechtskräftig erworbenen Ausschließungsanspruches nur dem des auf Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums durch Versteigerung der Liegenschaft vorgesehenen Exekutionsverfahren vergleichbar angesehen werden. Die besondere Ausgestaltung der Vollstreckung des Ausschließungsanspruches kann nicht dazu führen, daß sie der Zwangsversteigerung zur Hereinbringung von Geldforderungen gleichgehalten und durch das einverleibte vertraglich begründete Veräußerungsverbot verhindert wird. Dies spricht gegen die Ansicht von Faistenberger-Barta-Call, die ohne nähere Auseinandersetzung mit der Problematik meinen, ein intabuliertes Veräußerungsverbot nach § 364 c ABGB hindere die Durchsetzung des Ausschlußurteiles, wenn der Verbotsberechtigte der Versteigerung nicht zustimme (Kommentar zum WEG 1975,614 RN 52). Der Oberste Gerichtshof gelangt gegen diese vom Rekursgericht übernommene Lehrmeinung zu dem Ergebnis, daß das Veräußerungs- und Belastungsverbot nach § 364 c ABGB die Durchsetzung des Anspruches der Mehrheit auf Ausschließung aus der Gemeinschaft der Miteigentümer im Prozeß und im anschließenden Vollstreckungsverfahren ebensowenig hindert, wie den Anspruch auf Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums in Fällen einer sonstigen Teilhaberschaft am Miteigentum, wo dieser Anspruch nicht vertraglich oder durch Gesetz ausgeschlossen oder aufgeschoben ist. Auch dort muß der Verbotsberechtigte es hinnehmen, daß die ganze Liegenschaft und damit auch der mit dem Veräußerungsverbot belastete Anteil durch gerichtliche Feilbietung versteigert wird (§ 352 EO). Gerade der Fall der Säumnis mit den Zahlungspflichten eines Wohnungseigentümers, dessen Anteil mit einem Belastungs- und Veräußerungsverbot für jede Exekution zur Hereinbringung von Geldforderungen gesperrt ist, zeigt, daß es unerträglich wäre, die Interessen des Verbotsberechtigten über die der übrigen Miteigentümer an der Liegenschaft mit Wohnungseigentum zu stellen und ihnen trotz Vorliegen von Ausschließungsgründen ja sogar des auf Ausschließung lautenden vollstreckbaren Anerkenntnisurteiles die Aufrechterhaltung der Gemeinschaft mit dem seine Pflichten grob verletzenden Wohnungseigentümer zuzumuten. Hier muß, wie bei der Teilungsklage, der Anspruch des Verbotsberechtigten zurücktreten, wenn es ihm nicht gelingt, den Ausschließungsanspruch dadurch abzuwenden, daß er den Belasteten rechtzeitig zur Erbringung der geschuldeten Leistungen bewegt oder diese selbst bis zum Schluß der Verhandlung nachholt (§ 22 Abs.1 Z 1 WEG 1975).
In Abänderung der Rekursentscheidung ist daher ungeachtet des schon im Titel erwähnten Veräußerungsverbotes für den Sohn der Verpflichteten die erstrichterliche Exekutionsbewilligung wieder herzustellen, weil das Veräußerungsverbot der Durchsetzung des Ausschließungsanspruches nach dem Wohnungseigentumsgesetz nicht hindernd entgegensteht.
Die Kostenentscheidung beruht auf dem § 78 EO und den §§ 41 und 50 ZPO. Durch Erhebung seines Rekurses hat der Verbotsberechtigte einen Zwischenstreit ausgelöst, in welchem er unterlegen ist, so daß ihn als Dritten eine Kostenersatzpflicht trifft.
Anmerkung
E08390European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0030OB00030.86.0618.000Dokumentnummer
JJT_19860618_OGH0002_0030OB00030_8600000_000