TE Vwgh Erkenntnis 2005/7/7 2004/07/0157

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Veröffentlicht am 07.07.2005
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Index

81/01 Wasserrechtsgesetz;

Norm

WRG 1959 §105 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs1;
WRG 1959 §138;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde der Kurzentrum V GmbH & Co KG in K, vertreten durch Waldbauer & Baumgartner & Naschberger, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6332 Kufstein, Josef-Egger-Straße 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 24. September 2004, Zl. WA1-W-42.051/2-04, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Bezirkshauptmannschaft B (BH) verpflichtete mit Mandatsbescheid vom 30. April 2004 unter Berufung auf § 138 Abs. 1 lit. a des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) die beschwerdeführende Partei, die Ableitung der während der Bauarbeiten bei der Errichtung des Kurzentrums in V im Rahmen der Wasserhaltung anzutreffenden Grund- und Kluftwässer in die Regenwasserkanalisation der Stadtgemeinde V mit sofortiger Wirkung einzustellen.

In der Begründung heißt es, mit Bescheid der BH vom 12. März 2003 sei der beschwerdeführenden Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Ableitung des bei den Bauarbeiten anfallenden Grund- und Kluftwassers im Ausmaß von 5 l/s in die Regenwasserkanalisation der Stadtgemeinde V befristet bis 30. März 2004 erteilt worden.

Eine am 14. April 2004 durchgeführte Erhebung durch den Gendarmerieposten V habe ergeben, dass nach wie vor eine Ableitung der bei den Bauarbeiten anfallenden Grund- und Kluftwässer in die Regenwasserkanalisation der Stadtgemeinde V erfolge.

Die derzeitige Ableitung der Grund- und Kluftwässer in die Regenwasserkanalisation der Stadtgemeinde V sei somit konsenslos.

Mit Ansuchen vom 26. Jänner 2004 habe die beschwerdeführende Partei um Verlängerung der wasserrechtlichen Bewilligung über den 30. März 2004 hinaus angesucht. Dieses Ansuchen sei nicht rechtzeitig im Sinne des § 21 WRG 1959 erfolgt, weil es nicht spätestens sechs Monate vor Ablauf der Bewilligungsdauer gestellt worden sei. Somit sei von einem neuen Ansuchen um wasserrechtliche Bewilligung für die Ableitung auszugehen. Eine wasserrechtliche Bewilligung liege für die derzeitige Art der Ableitung nicht vor.

Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe anhand der Aktenlage folgendes Gutachten abgegeben:

Zu dem Antrag bzw. dem Neuansuchen um wasserrechtliche Bewilligung für Wasserhaltungsmaßnahmen mit einer Abpumpmenge von 10 l/s könne aus fachlicher Sicht festgestellt werden, dass dadurch eine massive Beeinträchtigung fremder Rechte auftreten werde. Dies hätten die konsenslosen Wasserhaltungen und die offensichtlich tiefere Bauführung bereits Mitte März 2004 deutlich gezeigt.

Durch diese Wasserhaltung im nunmehr beantragten Ausmaß werde eine nicht abschätzbare Grundwasserspiegelabsenkung erfolgen, die auch öffentlichen Interessen nachteilig sei. Hier werde auf eine mögliche Schädigung des Naturdenkmals hingewiesen.

Zusammenfassend seien daher bereits fremde Rechte und öffentliche Interessen nachteilig beeinträchtigt worden. Das Ausmaß dieser Auswirkungen sei durch rasches Eingreifen der wasserrechtlichen Bauaufsicht zwar minimiert worden. Schädigende Auswirkungen seien jedoch nicht auszuschließen.

Da die Arbeiten derzeit konsenslos weitergeführt würden und Wasser im Ausmaß von 6 l/s abgepumpt werde, erhöhe sich dieses Gefährdungsmoment weiter. Alternative Maßnahmen, um dieses Gefährdungsmoment zu reduzieren, wie z.B. Verregnung auf Nachbargrundstücken, Bewässerung der Bäume wie bereits im Betriebsanlagenbescheid vorgeschrieben, würden nicht gesetzt.

Da im Sinne des Wasserrechtsgesetzes immer dann Gefahr im Verzug vorliege, wenn Grundwasserspiegellagen massiv verändert würden, erscheine es "nach fachrechtlicher Sicht" angebracht, den konsenslosen Pumpbetrieb einzustellen.

In dem Gutachten des Amtssachverständigen - so fährt die BH fort - werde dargelegt, dass die Ableitung der während der Bauarbeiten anfallenden Grund- und Kluftwässer in die Regenwasserkanalisation der Stadtgemeinde V im Hinblick auf den derzeitigen technischen und wasserwirtschaftlichen Standard einer wasserrechtlichen Bewilligung nicht fähig sei. Dies deshalb, weil aus dem Gutachten des Amtssachverständigen eindeutig hervorgehe, dass eine Schädigung des nahegelegenen Naturdenkmales (sechs Nadelbäume in der S-straße) nicht ausgeschlossen sei.

Auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage habe die Behörde die Einstellung der eigenmächtigen Neuerung zu veranlassen gehabt.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Vorstellung. Sie machte geltend, die BH sei bei der Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages von unrichtigen Tatsachen ausgegangen. Der von ihr zitierte Amtssachverständige beschreibe nur die möglichen Folgen bei der Erhöhung der Wasserabpumpmenge von 5 l/s auf 10 l/s. Bis 30. März 2004 habe die beschwerdeführende Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Ableitung des bei den Bauarbeiten anfallenden Grund- und Kluftwassers im Ausmaß von 5 l/s in die Regenwasserkanalisation der Stadtgemeinde V gehabt. Diese Bewilligung sei erteilt worden, da diesem Vorhaben keine öffentlichen Interessen entgegen gestanden seien. Die beschwerdeführende Partei habe um die wasserrechtliche Bewilligung für Wasserhaltungsmaßnahmen mit einer Abpumpmenge von 10 l/s angesucht, was aber nicht damit gleichzusetzen sei, dass von ihr bereits eine Wassermenge von 10 l/s abgepumpt werde. Bisher sei von der beschwerdeführenden Partei eine Wassermenge von 5 l/s ohne Beanstandungen seitens der Behörde abgepumpt worden. Die Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des § 138 Abs. 1 WRG 1959 lägen nicht vor. Es entspreche auch nicht den Tatsachen, dass die auf dem Grundstück der beschwerdeführenden Partei befindlichen Bäume nicht bewässert würden. Die beschwerdeführende Partei lasse Wasser zu den betroffenen Bäumen pumpen und es sei eine Beregnungsanlage installiert worden, weshalb die Bewässerung dieser Bäume gewährleistet sei. Mit dieser Bewässerung sei nach der Frostperiode begonnen worden, sodass sichergestellt sei, dass diese Bäume während der Vegetationsperiode dauernd bewässert würden. Die Wurzel der Bäume werde durch Wurzelvorhänge geschützt, sodass von einer Gefährdung der Bäume keine Rede sein könne. Die Einstellung der Ableitung der während der Bauarbeiten anfallenden Grund- und Kluftwässer in die Regenwasserkanalisation sei unverhältnismäßig und nicht sachgerecht.

Mit Bescheid vom 13. August 2004 gab die BH der Vorstellung keine Folge.

In der Begründung heißt es, der wasserbautechnische Amtssachverständige sei um eine fachliche Stellungnahme zu den in der Vorstellung vorgebrachten Argumenten ersucht worden.

In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 8. Juli 2004 habe der Amtssachverständige im Wesentlichen ausgeführt, dass die Wasserhaltungsmaßnahmen die Beeinträchtigung fremder Rechte gezeigt hätten. Nach den Bauberichten der wasserrechtlichen Bauaufsicht sei z.B. die Gärtnereiquelle gänzlich abgefallen und die Thermalquelle (Vöslauer Ursprungsquelle) beeinträchtigt worden. Es habe einen Rückgang von 40 l/s auf 2 l/s bei der Schüttung dieser Quelle festgestellt werden können. Damit seien die diesbezüglichen Angaben in der Vorstellung durch die Berichte der eigenen Bauaufsicht widerlegt. Dies werde weiters durch den Überprüfungsbericht der technischen Gewässeraufsicht vom 14. Mai 2004 untermauert. Eine Überprüfung am 13. Mai 2004 habe ergeben, dass der Zählerstand des Wasserzählers um 9.28 Uhr 62.024 m2 und um 10.28 Uhr 62.052 m3 betragen habe. Somit seien 28 m3 pro Stunde in den Regenwasserkanal abgeleitet worden, was einer Menge von 7,78 l/s entspreche. Auf Grund des Betriebsbuches und der diesbezüglichen Aufzeichnungen sei in diesem Zusammenhang festgestellt worden, dass vom Nordtrakt und vom Südtrakt vom 11. Mai 2004, 17 Uhr, bis 12. Mai 2004, 17 Uhr, eine Menge von 735 m3 in 24 Stunden in die Kanalisation abgeleitet worden sei, was einem Durchschnittswert von 8,51 l/s entspreche.

Zusammenfassend ergebe sich daher zweifelsfrei, dass im Hinblick auf die fortgesetzte konsenslose Wasserhaltung sehr wohl eine eigenmächtige Neuerung im Sinne des WRG 1959 vorliege.

Die beschwerdeführende Partei berief.

Sie bestritt, dass eine eigenmächtige Neuerung vorliege und dass öffentliche Interessen an der sofortigen Einstellung der Wasserableitung bestünden.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 24. September 2004 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und sprach aus, dass die Einleitung der Grund- und Kluftwässer beim Bau des Kurzentrums V einzustellen ist.

In der Begründung wird zunächst der Verfahrensablauf wiedergegeben, wobei auch auf ein Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen verwiesen wird, das dieser bei einer wasserrechtlichen Bewilligungsverhandlung am 19. Mai 2004 abgegeben hat.

Nach den Ausführungen im angefochtenen Bescheid hat der forsttechnische Amtssachverständige in diesem Gutachten festgehalten, dass hinsichtlich schädlicher Auswirkungen auf den Baumbestand nachbarlich angrenzender Grundstücke zwei mögliche Schadwirkungen durch die Wasserhaltungsmaßnahmen in den Baugruben vorliegen, weil zum Einen durch den Wegfall der Dotation durch die Grundwasseraustritte ein Durchfeuchtungsdefizit für den Baumbestand eintritt und zum Anderen im Nahbereich der Baugrubenränder Aussickerungstrichter zu erwarten sind. Weiters habe der Amtssachverständige ausgeführt, dass grundsätzlich Änderungen eines bislang stabilen Feuchtigkeitshaushaltes massive Auswirkungen auf Altbäume hätten und Absenkungen des Grundwassers, welche eine Änderung von 50 cm bewirkten und länger als drei Wochen dauerten, bereits geeignet seien, eine erhebliche Gefährdung des betroffenen Baumes herbeizuführen. Nach Auffassung des Amtssachverständigen sei eine derartige Änderung der Feuchtigkeitsverhältnisse im durchwurzelbaren Bereich des Substrates im gegenständlichen Fall nicht auszuschließen und es könne auch eine nachteilige Beeinträchtigung des auf nachbarlichen Grundstücken befindlichen Baumbestandes nicht ausgeschlossen werden.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides heißt es, der Mandatsbescheid der BH vom 30. April 2004 sei auf Grund eines Gutachtens des wasserbautechnischen Amtssachverständigen anhand der Aktenlage erlassen worden. Der Amtssachverständige habe in diesem Gutachten, welches im Mandatsbescheid inhaltlich wiedergegeben sei, unter anderem ausgeführt, dass durch die gegenständliche Abpumpung eine nicht abschätzbare Grundwasserspiegelabsenkung erfolgen werde, die auch öffentlichen Interessen nachteilig sei. Er weise in diesem Zusammenhang auf eine mögliche Schädigung des Naturdenkmales (alter Baumbestand) hin. Zusammenfassend halte der Sachverständige fest, dass bereits fremde Rechte und öffentliche Interessen nachteilig beeinträchtigt worden seien. Aus seiner fachlichen Sicht erscheine es auf Grund der massiven Veränderung von Grundwasserspiegellagen geboten, den konsenslosen Pumpbetrieb einzustellen.

Diesem Gutachten sei die beschwerdeführende Partei nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten.

Das angeführte Gutachten werde durch ein weiteres wasserbautechnisches Gutachten im Rahmen der Bewilligungsverhandlung vom 19. Mai 2004 bestätigt, in dem ausgeführt werde, dass anstelle der ursprünglich genehmigten 5 l/s die doppelte Wassermenge mit ca. 10 l/s abgepumpt werde und außerdem beim Aushub der Baugrube um 1,5 m zu tief gegenüber dem ursprünglich genehmigten Projekt abgegraben worden sei. Der Amtssachverständige weise auch ausdrücklich darauf hin, dass durch das Eingreifen der wasserrechtlichen Bauaufsicht im unmittelbaren Baugeschehen noch stärkere Auswirkungen negativer Art auf die Thermalquellen hätten vermieden werden können. Er führe schließlich auch aus, dass darauf zu drängen sei, möglichst schnell die Wasserhaltung im Bauteil Süd zu beenden und dass beim Bauteil Nord durchaus andere Methoden in Erwägung gezogen werden könnten.

In dem auf Grund der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid eingeleiteten Ermittlungsverfahren habe der wasserbautechnische Amtssachverständige ein Gutachten vom 8. Juli 2004 abgegeben, welches der beschwerdeführenden Partei zur Kenntnis gebracht worden sei. Der Amtssachverständige führe darin zum Vorbringen in der Vorstellung aus, die Aussagen in der Vorstellung seien nicht richtig und durch die eigenen Bauaufsichtsberichte widerlegt. Er halte fest, dass die Wasserhaltungsmaßnahmen gezeigt hätten, dass Rechte beeinträchtigt würden.

Der forstfachliche Amtssachverständige halte bereits in der Verhandlung am 19. Mai 2004 fachlich fundiert fest, dass eine erhebliche Gefährdung betroffener Bäume durch die Wasserhaltungsmaßnahmen herbeigeführt werde. Durch Änderung des bislang stabilen Feuchtigkeitshaushaltes komme es nach seiner Ansicht zu massiven Auswirkungen auf Altbäume.

Nach Ansicht des LH sei somit die sofortige Einstellung der Einleitung in den Regenwasserkanal der Stadtgemeinde V unaufschiebbar gewesen.

Entgegen den Ausführungen der beschwerdeführenden Partei seien von dieser laut Aktenlage höhere Mengen an Wasser abgepumpt worden als mit Bescheid der BH vom 12. März 2003 genehmigt.

Zum angeblichen Nichtvorliegen eines öffentlichen Interesses werde auf das Gutachten des Amtssachverständigen für Wasserbautechnik verwiesen (Naturdenkmal).

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die belangte Behörde habe eine Gefährdung öffentlicher Interessen in einer möglichen Schädigung eines Naturdenkmals gesehen. Richtig sei zwar, dass hinsichtlich einer auf dem Areal der beschwerdeführenden Partei befindlichen Baumreihe ein Verfahren zur Erklärung zum Naturdenkmal eingeleitet worden sei. Dieses Verfahren sei aber mangels Schutzwürdigkeit der Bäume eingestellt worden, sodass es kein Naturdenkmal gebe, welches gefährdet werden könne. Eine Gefährdung eines anderen Naturdenkmals sei nicht nachvollziehbar und es seien vom Amtssachverständigen diesbezüglich auch keine näheren Ausführungen gemacht worden. Eine Gefährdung öffentlicher Interessen im Sinne des Gesetzes liege nicht vor, ein Naturdenkmal sei nicht vorhanden. Auch sei in der angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt worden, dass die BH mit dem Bescheid vom 25. Juni 2004 die nunmehr kritisierte Wasserentnahme bewilligt habe und sohin selbst davon ausgegangen sei, dass ein öffentliches Interesse gegen die Wasserentnahme im bewilligten Umfang nicht vorliege. Darüber hinaus sei auch der von der Behörde allgemein zu beachtende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit einer Maßnahme nicht berücksichtigt worden.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

In der Gegenschrift weist die belangte Behörde darauf hin, dass die von der beschwerdeführenden Partei erwähnte Bewilligung vom 25. Juni 2004 bereits wieder aufgehoben worden sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 138 Abs. 1 WRG 1959 lautet auszugsweise:

"Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

........

(2) In allen anderen Fällen einer eigenmächtig vorgenommenen Neuerung oder unterlassenen Arbeit hat die Wasserrechtsbehörde eine angemessene Frist zu bestimmen, innerhalb deren entweder um die erforderliche wasserrechtliche Bewilligung nachträglich anzusuchen, die Neuerung zu beseitigen oder die unterlassene Arbeit nachzuholen ist."

§ 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 verlangt für einen wasserpolizeilichen Auftrag zwei Voraussetzungen, nämlich das Vorliegen einer eigenmächtigen Neuerung und das Verlangen eines Betroffenen nach deren Beseitigung oder ein öffentliches Interesse an der Beseitigung.

Dass ein Verlangen eines Betroffenen vorliegt, ist weder den erstinstanzlichen Bescheiden noch dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen.

Die belangte Behörde geht davon aus, dass durch die Wasserableitung seitens der beschwerdeführenden Partei ein Naturdenkmal gefährdet werde, weshalb öffentliche Interessen die Einstellung der Wasserableitung erforderten. Sie verweist in diesem Zusammenhang auf den Mandatsbescheid der BH und ein diesem zugrunde liegendes Gutachten eines wasserbautechnischen Amtssachverständigen.

In der Gegenschrift bringt die belangte Behörde vor, die beschwerdeführende Partei sei diesem Gutachten hinsichtlich der Gefährdung des Naturdenkmales im Berufungsverfahren nicht mehr entgegen getreten.

Als öffentliches Interesse, welches durch die Wasserableitung gefährdet werde, nannte der Mandatsbescheid der BH die Gefährdung eines Naturdenkmals, bei dem es sich, wie aus einem Klammerausdruck hervorgeht, um sechs Nadelbäume in der S-straße handeln soll.

Die BH beruft sich dabei auf ein Amtssachverständigengutachten, wobei aber außer dem Satz "hier wird auf eine mögliche Schädigung des Naturdenkmales hingewiesen" keine weiteren Aussagen des Sachverständigen zu diesem Thema vorhanden sind.

Die beschwerdeführende Partei hat in der Vorstellung gegen den Mandatsbescheid erklärt, die Bäume würden bewässert, sodass keine Gefahr für diese bestehe.

In dem über die Vorstellung der beschwerdeführenden Partei ergangenen Bescheid der BH vom 13. August 2004 wird die mögliche Schädigung des Naturdenkmales nicht mehr erwähnt. Für die beschwerdeführende Partei bestand daher auch kein Anlass, in der Berufung darauf einzugehen.

Erst im angefochtenen Bescheid wird wieder mit der Schädigung eines Naturdenkmals argumentiert.

Der Umstand, dass die beschwerdeführende Partei in der Berufung nicht (mehr) auf die Naturdenkmalschädigung eingegangen ist, ist daher ohne Bedeutung.

Ob es sich bei der in der Beschwerde aufgestellten Behauptung, es gebe gar kein Naturdenkmal, weil das Verfahren zur Naturdenkmalerklärung eingestellt worden sei, um ein zulässiges Vorbringen oder um eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung handelt, braucht nicht untersucht werden, weil sich auch ohne Bezugnahme auf diese Behauptung der angefochtene Bescheid als rechtswidrig erweist.

Das von der belangten Behörde angesprochene, dem Mandatsbescheid der BH zugrunde gelegte Amtssachverständigengutachten ist nicht geeignet, den Bestand und die Gefährdung eines Naturdenkmals ausreichend zu belegen, enthält es doch zu diesem Thema nur den Satz, dass auf eine mögliche Gefährdung eines Naturdenkmals hingewiesen werde.

Ob sich das von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid angeführte Gutachten eines forsttechnischen Amtssachverständigen auf eben dieses Naturdenkmal bezieht, ist weder diesem Gutachten selbst noch dem angefochtenen Bescheid zu entnehmen.

Bei dem Naturdenkmal handelt es sich laut Mandatsbescheid der BH um Bäume.

Mit dem Einfluss der Wasserableitung auf Bäume beschäftigt sich auch das forsttechnische Gutachten; dies allerdings nicht unter dem Aspekt einer Beeinträchtigung eines Naturdenkmales, sondern unter dem Gesichtspunkt der Schädigung von Nachbarn durch Auswirkungen der Wasserableitung auf ihre Bäume. Nach dem Vorbringen in der Beschwerde befinden sich aber jene Bäume, die als Naturdenkmal in Frage kämen, auf Grundstücken der beschwerdeführenden Partei, nicht auf Nachbargrundstücken.

Davon abgesehen ist das Gutachten des forsttechnischen Amtssachverständigen auch nicht geeignet, eine Gefährdung des Naturdenkmals zu belegen, die die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages aus öffentlichen Interessen erforderlich machte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung im Zusammenhang mit wasserrechtlichen Bewilligungen ausgesprochen, dass die bloße Möglichkeit einer Gefährdung fremder Rechte zur Abweisung eines wasserrechtlichen Bewilligungsantrages nicht ausreicht. Absolute Gewissheit ist hiefür jedoch nicht erforderlich. Es genügt hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer Verletzung fremder Rechte (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 21. November 1996, 94/07/0041, VwSlgNF 14.564/A).

Der selbe Maßstab ist auch anzuwenden, wenn es um die Frage geht, ob öffentliche Interessen die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages erfordern. Auch hier reicht die bloße Möglichkeit einer Beeinträchtigung öffentlicher Interessen nicht aus. Es muss vielmehr eine hohe Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer solchen Beeinträchtigung bestehen.

In dem forsttechnischen Gutachten ist zwar allgemein davon die Rede, dass grundsätzlich Änderungen eines bislang stabilen Feuchtigkeitshaushaltes massive Auswirkungen auf Altbäume hätten und Absenkungen des Grundwassers, welche eine Änderung von 50 cm bewirkten und länger als drei Wochen dauerten, bereits geeignet seien, eine erhebliche Gefährdung des betroffenen Baumes herbeizuführen. Bei der Anwendung dieser allgemeinen Ausführungen auf den konkreten Fall spricht der Amtssachverständige dann aber lediglich davon, dass eine nachteilige Beeinträchtigung des auf nachbarlichen Grundstücken befindlichen Baumbestandes nicht ausgeschlossen werden könne. Aus dieser Aussage ist nicht zu entnehmen, ob mit einer Gefährdung der Bäume mit der erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit zu rechnen ist oder nicht.

Davon abgesehen hat sich die belangte Behörde auch nicht mit dem Einwand der beschwerdeführenden Partei auseinander gesetzt, die Bäume würden beregnet und ihre Wurzeln geschützt, sodass keine Gefahr für sie bestehe.

Sonstige öffentliche Interessen, welche die Erlassung des wasserpolizeilichen Auftrages gebieten könnten, sind dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 3 VwGG abgesehen werden.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 7. Juli 2005

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2004070157.X00

Im RIS seit

29.07.2005

Zuletzt aktualisiert am

07.10.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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