Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Petrasch und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M. u. D. G*** KG, Fillgradergasse 7, vertreten durch Dr. Franz
J. Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien
1. Dipl.Ing. Kurt Z***, Kaufmann, Wien 18.,
Haitzingergasse 45, und 2. Verlassenschaft nach dem am 12. Juli 1984 verstorbenen Ing. Otto Z***-G***, Kaufmann, zuletzt wohnhaft Wien 19., Gregor-Mendel-Straße 41, beide vertreten durch Dr. Otto Pichler, Rechtsanwalt in Wien, sowie der auf Seite der Beklagten beigetretene Nebenintervenientin Elfriede H***, Private, Wien 1., Sterngasse 11, vertreten durch Dr. Michael Hiller, Rechtsanwalt in Wien, wegen 450.000 S s.A., infolge Rekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 7. Jänner 1986, GZ. 12 R 307/85-31, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 1. Oktober 1985, GZ. 55 Cg 85/83-27, aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Klägerin ist schuldig, den Beklagten die mit 16.950,36 S (darin 1.540,94 S Umsatzsteuer) und der Nebenintervenientin die mit S 17.910,36 (darin 1.540,94 S Umsatzsteuer und 960 S Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Erstbeklagte und Ing. Otto Z***-G*** waren
Komplementäre der prot. Fa. Maschinenfabrik Z*** KG (im folgenden kurz: KG). Im Jahre 1980 errichteten sie zusammen mit der Kommanditistin Magdalena D***-Z*** eine Gesellschaft m.b.H. mit der später "auf Maschinenfabrik Z*** Gesellschaft m.b.H."
geänderten Firma (im folgenden kurz: GesmbH). Diese Firma wurde am 20. August 1980 in das Handelsregister eingetragen. Das auf 20 Millionen Schilling erhöhte Stammkapital wurde durch die Gesellschafter derart aufgebracht, daß das Unternehmen der Kommanditgesellschaft "im Bilanzwert" per 1. Jänner 1980 von 19,9 Millionen Schilling nach den Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes in die GesmbH eingebracht wurde. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 22. September 1980 wurde die Maschinenfabrik Z*** KG im Handelsregister gelöscht und die Einbringung dieses Unternehmens in die GesmbH im Handelsregister eingetragen. Diese Beschlüsse wurden am 12. November 1980 im Amtsblatt der Wiener Zeitung kundgemacht.
Die Klägerin führte zu 12 Cg 12/79 (später 17 Cg 132/80) des Handelsgerichtes Wien Klage auf Zahlung von 23,756.022,83 S und 470.117,50 DM samt Anhang. Beklagte war lediglich die Kommanditgesellschaft. In der Tagsatzung vom 7. November 1980, bei der als ausgewiesener Vertreter der Kommanditgesellschaft Dr. Sepp H***, die beiden Beklagten, der Anwalt der Klägerin und deren Geschäftsführer Dr. Marian G*** anwesend waren, wurde ein Vergleich dahin geschlossen, daß sich die KG verpflichtete, 20 Millionen Schilling samt Anhang bei Terminsverlust zu zahlen. Bei pünktlicher Zahlung hätte sich die Klägerin mit 10 Millionen Schilling zufrieden gegeben. Dieser Vergleich wurde von sämtlichen anwesenden Personen unterfertigt. In der Folge zahlte die GesmbH 17 Raten auf die Vergleichssumme. Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 25. Juni 1982, S 167/82, wurde über das Vermögen der GesmbH der Konkurs eröffnet.
Die Klägerin begehrt im vorliegenden Prozeß von den Beklagten 450.000 S s.A. mit der Begründung, diese seien als Vertreter der KG aufgetreten, obwohl zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses infolge Untergangs der KG ein Vertretungsverhältnis nicht mehr bestanden habe. Sie haften daher als falsus procurator für den aushaftenden Vergleichsbetrag.
Die Beklagten wendeten unter anderem Verjährung der eingeklagten Forderung ein.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Hiebei führte es in rechtlicher Hinsicht aus, durch die Einbringung der KG in die GesmbH sei keine Gesamtrechtsnachfolge, sondern lediglich eine Einzelrechtsnachfolge eingetreten. Da in Form der Forderung der Klägerin nach wie vor Vermögen der KG vorhanden gewesen sei, habe diese, ungeachtet der Löschung im Handelsregister, weiter bestanden. Der gerichtliche Vergleich vom 7. November 1980 habe die Wirkung einer Novation. Gemäß § 128 HGB haften die Beklagten, als seinerzeitige Gesellschafter der KG, für die neu begründete Forderung. Selbst wenn man aber von dem Untergang der KG zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses ausginge, hätten die Beklagten durch Nichtbekanntgabe dieser Tatsache gegen Treu und Glauben verstoßen. Darin läge ein Verschulden, das sie für den Schaden der Klägerin haftbar mache. Dieser Schaden sei in der Höhe des Klagebegehrens eingetreten.
Das Berufungsgericht hob die erstgerichtliche Entscheidung unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es billigte zwar die Rechtsansicht des Erstgerichtes, durch die Einbringung der KG in die GesmbH sei ein Untergang der erstgenannten Gesellschaft nicht bewirkt worden. Demnach wäre diese Gesellschaft bezüglich der klägerischen Forderung nach wie vor passiv legitimiert gewesen. Durch die Einbringung einer Klage gegen die KG sei jedoch eine laufende Verjährung jedoch nur gegen die KG unterbrochen worden. Bei der Einwendung der Verjährung handle es sich um eine persönliche Einwendung desjenigen, der von der Forderung betroffen sei, weshalb eine Unterbrechung der Verjährung gegenüber einer Personenhandelsgesellschaft nicht auch gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern wirke. Durch die Klagseinbringung sei also die Verjährung der klägerischen Forderung gegen die Beklagten als persönlich haftende Gesellschafter der KG nicht unterbrochen worden. Die Tatsache, daß die Beklagten als Vertreter der Gesellschaft den Vergleich mitunterfertigt hätten, habe sie nicht zu Parteien des Vergleiches gemacht. Entgegen der Rechtsauffassung des Erstgerichtes komme dem Vergleich keine Novationswirkung zu, weil weder der Hauptgegenstand noch der Rechtsgrund der eingeklagten Forderung geändert worden sei. Demnach sei durch den Vergleich keine neue Forderung begründet worden. Sollte allerdings die Forderung gegen die Beklagten zum Zeitpunkt des Eintrittes des Liquidationsstadiums noch nicht verjährt gewesen sein, so würde gemäß § 160 HGB die Klagseinbringung auch eine Unterbrechung der Verjährung gegenüber den Beklagten bewirken. § 160 HGB gelte jedoch nur für das Liquidationsstadium einer Gesellschaft, nicht jedoch für die Gesellschaft vor der Liquidation. Demnach müsse erörtert und geprüft werden, ob die Forderung gegen die Beklagten bereits zum Zeitpunkt des Beginnes der Liquidation der KG verjährt gewesen sei. Außerdem könnte die Klage auch als Schadenersatzklage aufgefaßt werden. Diesbezüglich fehle es jedoch an einem entsprechenden Substrat, weshalb auch zu dieser Frage eine Erörterung erforderlich wäre.
Rechtliche Beurteilung
Der von der Klägerin gegen die Entscheidung des Berufungsgerichtes gerichtete Rekurs ist nicht gerechtfertigt. Zu den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes bezüglich der Wirkungen einer Einbringung einer Personalhandelsgesellschaft in eine Kapitalhandelsgesellschaft nach dem Strukturverbesserungsgesetz und zu dem Weiterbestehen einer Gesellschaft trotz Löschung im Handelsregister nimmt der Rekurs nicht Stellung, weshalb diesbezüglich auf die Darlegungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden kann. Ebensowenig bekämpft der Rekurs die durch Lehre und Judikatur gestützte Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Unterbrechung der Verjährung einer Forderung gegen eine Personalhandelsgesellschaft führe nicht automatisch zu einer Unterbrechung der Verjährung gegenüber den persönlich haftenden Gesellschaftern. Auch hier kann auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes verwiesen werden. Richtig ist auch schließlich die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die Bestimmung des § 160 HGB nur für Gesellschaften im Liquidationsstadium ("aufgelöste Gesellschaft") gilt, weshalb die Klagseinbringung gegen die KG nur dann zu einer Unterbrechung der Verjährung gegen die Beklagten geführt hätte, wenn die Forderung gegen die Beklagten zum Zeitpunkt des Beginnes der Liquidation der KG noch nicht verjährt gewesen wäre. Die Klägerin vertritt in ihrem Rekurs nun nicht mehr den Standpunkt, durch ihre Klagsführung gegen die KG wäre die Verjährung ihrer Forderungen gegen die beiden Beklagten unterbrochen worden, sondern führt aus, der abgeschlossene Vergleich hätte eine neue Forderung begründet, für die die beiden Beklagten als persönlich haftende Gesellschaft der KG zu haften hätten. Da es sich hiebei um eine neu begründete Forderung handle, komme eine Verjährung nicht in Frage.
Die Ausführungen des Rekurses übersehen, daß ein Vergleich, entgegen dem Wortlaut des § 1380 ABGB, nicht unter allen Umständen ein Neuerungsvertrag ist. Ein Neuerungsvertrag liegt nur dann vor, wenn nach dem Willen der Parteien das ursprüngliche Schuldverhältnis durch Änderung des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstandes durch ein neues ersetzt wird. Die Absicht der Parteien muß dahin gehen, durch die Konstituierung der neuen Verbindlichkeit die alte zu tilgen, sodaß auf das alte Schuldverhältnis nicht mehr zurückgegriffen werden soll. Diese Absicht wird nicht vermutet, sondern muß nachgewiesen werden. Eine Änderung des Rechtsgrundes ist unter diesen Voraussetzungen dann anzunehmen, wenn jene rechtserzeugende Tatsache, aus der die Obligation entspringt, somit der Entstehungsgrund des Anspruches, geändert wird. Eine Änderung des Hauptgegenstandes des Schuldverhältnisses tritt hingegen ein, wenn ein wesentlich anderer an seine Stelle tritt. Es muß eine artliche Verschiedenheit vorliegen, eine bloß maßliche genügt nicht (SZ 55/152; SZ 44/179, EvBl. 1955, 23 ua.). Im vorliegenden Fall wurde nun durch den im Vorprozeß abgeschlossenen Vergleich weder der Rechtsgrund noch der Hauptgegenstand der Forderung geändert. Vielmehr hatte der Vergleich lediglich eine betragsmäßige Reduzierung der ihrem Rechtsgrund nach unveränderten Forderung zum Gegenstand. Demnach ist durch den Vergleich keine neue Forderung begründet worden, bezüglich derer eine neue Verjährungsfrist zu laufen begonnen hätte. In diesem Zusammenhang erscheint auch ein weiteres Argument des Berufungsgerichtes beachtlich, nämlich der Hinweis auf den Wertungswiderspruch der entstünde, wenn einer Verurteilung der KG keinerlei Rechtswirkungen bezüglich der Verjährung der Forderung gegen die Beklagten zukäme, wohl aber einer vorzeitigen Beendigung des Prozesses im Vergleichswege. Richtig hat demnach das Berufungsgericht erkannt, daß die Klagsführung gegen die KG die Verjährung der Forderung gegen die Beklagten nur dann unterbrochen hätte, wenn diese Forderung zum Zeitpunkt des Eintrittes der Liquidation der KG noch nicht verjährt gewesen wäre.
Der in der Rekursbeantwortung der Nebenintervenientin vertretenen Rechtsansicht, die Beklagten wären keinesfalls passiv legitimiert, weil sie zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses nicht mehr Gesellschafter der KG waren, ist allerdings nicht zutreffend. Geht man von der Fiktion des Weiterbestehens der KG aus und folgt man der oben dargestellten Rechtsansicht, daß durch die Überführung in die GesmbH auf Grund der Bestimmungen des Strukturverbesserungsgesetzes am Weiterbestand der KG nichts geändert wurde, so kann ohne einen besonderen Rechtsakt auch keine Änderung hinsichtlich der Gesellschafter eingetreten sein. Würde man dem Rechtsstandpunkt der Nebenintervenientin folgen, so hätte zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses eine Personenhandelsgesellschaft ohne Gesellschafter bestanden, was rechtlich undenkbar ist. Die Fiktion des Weiterbestehens der Personenhandelsgesellschaft hat zur Folge, daß diese Gesellschaft mit ihren bisherigen Gesellschaftern im allgemeinen weiterbesteht.
Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ist jedoch die Frage einer Schadenersatzpflicht der Beklagten nicht mehr zu erörtern. Richtig hat das Berufungsgericht nämlich erkannt, daß der von der Klägerin behauptete Schadenersatzanspruch völlig unsubstantiiert ist und nach dem Klagsvorbringen ein solcher Anspruch überhaupt nicht bestehen könnte, weil nicht ersichtlich ist, welchen Schaden das angeblich schädigende Verhalten der Beklagten verursacht haben könnte. Unterläßt es aber eine Partei, ein notwendiges Sachvorbringen zu erstatten und ist auch nach dem bisherigen Prozeßverlauf keinerlei Anhaltspunkt dafür gegeben, daß ein solcher Anspruch begründet sein könnte, so ist es nicht Aufgabe des Gerichtes, im Rahmen der Prozeßleitungspflicht die Parteien zu einem Vorbringen anzuleiten, dessen Inhalt auch nicht einmal andeutungsweise aus ihrem bisherigen Prozeßverhalten erschlossen werden könnte.
Ungeachtet dieser Einwände gegen die berufungsgerichtliche Entscheidung erweist sich jedoch aus den dargelegten Gründe die Aufhebung des erstgerichtlichen Urteiles als gerechtfertigt. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
Anmerkung
E08612European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0070OB00575.86.0626.000Dokumentnummer
JJT_19860626_OGH0002_0070OB00575_8600000_000