TE OGH 1986/7/3 6Ob703/84 (6Ob704/84)

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Veröffentlicht am 03.07.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Resch, Dr. Schobel, Dr. Hule und Dr. Riedler als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Traute H*****, vertreten durch Dr. Anton Baier, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Annie H*****, vertreten durch Dr. Johannes Hock, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung und Einverleibung des Eigentums (Streitwert 1.500.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. August 1984, GZ 14 R 136/84-89, und infolge des Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 27. August 1984, GZ 14 R 136/84-89, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 19. März 1984, GZ 39a Cg 344/78-84, teilweise bestätigt und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Dem Rekurs der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben. Hingegen wird der Revision der klagenden Partei Folge gegeben und das angefochtene Teilurteil aufgehoben. Gleichzeitig werden die Punkte A, B I und B II des Ersturteils aufgehoben und wird die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Rechtsmittelkosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Klägerin, eine Nichte der Beklagten, begehrte zunächst die Feststellung, dass sie Eigentümerin der Liegenschaft EZ 897 KG E*****, Grundbuch N*****, mit den Grundstücken Baustelle 32, Garten Nr 2004 und Garten Nr 2005 in O*****, E***** sei, sowie die Beklagte, die im Grundbuch als Eigentümerin dieser Liegenschaft aufscheine, zu verpflichten, in die grundbücherliche Einverleibung des Eigentumsrechts der Klägerin an dieser Liegenschaft einzuwilligen. Neben diesem Hauptbegehren stellte die Klägerin ein auf Zahlung von 1.500.000 S gerichtetes Eventualbegehren. Später (I. Band, AS 402 ff) stellte die Klägerin folgende weitere Eventualbegehren, die so gestaffelt sind, dass im Falle der Abweisung des jeweils vorhergehenden Begehrens dem jeweils folgenden stattzugeben wäre: Ein Begehren auf Feststellung des Eigentumsrechts der Klägerin hinsichtlich des Grundstücks Nr 2004, Baustelle 32 Garten, inneliegend in EZ 897 der KG E*****, Grundbuch N*****, sowie die Beklagte schuldig zu erklären, in die Abschreibung des Grundstücks 2004, Baustelle 32, Garten, von der EZ 897, in die Eröffnung einer neuen Einlagezahl hiefür und in die Einverleibung des Eigentumsrechts an dieser neuen Einlagezahl für die Klägerin einzuwilligen (Punkt B II des erstgerichtlichen Urteilsspruchs), ein weiteres Begehren auf Feststellung des Eigentums der Klägerin an der für die Benützung des in E*****, stehenden Gebäudes unentbehrlichen und anschließenden Grundfläche sowie die Beklagte schuldig zu erkennen, in eine Neuvermessung des Teilstücks, auf dem das Gebäude in E*****, steht und welches für die Benützung des Gebäudes unentbehrlich ist, einzuwilligen, weiters in die Unterteilung des Grundstücks Nr 2004 in die für das Gebäude unentbehrliche Teilfläche als neues Grundstück Nr 2004/2 und die verbleibende Fläche als Grundstück Nr 2004/1, wobei die Unterteilung im Gutsbestandsblatt der EZ 897, KG E***** einzutragen sei, sowie in die Abschreibung des Grundstücks Nr 2004/2 von der EZ 897 und in die Eröffnung einer neuen Einlagezahl hiefür und in die Einverleibung des Eigentums an dieser Einlagezahl für die klagende Partei einzuwilligen, sowie schließlich das Begehren auf Feststellung, dass der klagenden Partei ein lebenslängliches Wohnrecht hinsichtlich sämtlicher Räumlichkeiten des Gebäudes E*****, sowie „das Recht der lebenslänglichen Fruchtnutzung“ an der Liegenschaft EZ 897, KG E*****, zustehe, und die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ob der Liegenschaft EZ 897 KG E***** in die Einverleibung der Dienstbarkeit der lebenslänglichen Wohnung für die klagende Partei in Ansehung sämtlicher Räumlichkeiten des auf dieser Liegenschaft stehenden Gebäudes sowie in die Einverleibung des Rechts der lebenslänglichen Fruchtnießung für die klagende Partei einzuwilligen.

Die Klägerin brachte im Wesentlichen vor, die Parteien hätten vereinbart, dass die Klägerin auf dem Grundstück der Beklagten ein Haus bauen könne und Eigentümerin des Grundstücks werden solle. Lediglich zum Schutz der Klägerin vor eventuellen Forderungen ihres damaligen Gatten sei besprochen worden, „dass die Liegenschaft weiter auf den Namen“ ihrer Tante (der Beklagten) „verbleiben solle“. „Formell“ habe die Liegenschaft im Erbwege auf die Klägerin übergehen sollen, weshalb die Beklagte ein diesbezügliches Testament bereits hinterlegt habe. Nur deshalb habe die Klägerin auf der Liegenschaft 1967 mit dem Hausbau begonnen. Die Beklagte habe ihr die Liegenschaft so überlassen, dass sie mit ihr wie eine Eigentümerin habe schalten und walten können. Der Anspruch der Klägerin stütze sich somit auf die erwähnte Vereinbarung, derzufolge ihr als Bauführerin der Grund hätte zufallen sollen, überdies auf den Eigentumserwerb iSd § 418 ABGB. Vorsichtshalber werde auch vorgebracht, dass die Klägerin sich seit mehr als 30 Jahren im tatsächlichen Besitz des in Rede stehenden Grundstücks befinde, das sie ununterbrochen und ungehindert während dieses Zeitraums zu eigenem Nutzen bewirtschaftet habe. Die Grundsteuer sei auch von ihr geleistet worden. Ihr auf Zahlung von 1.500.000 S gerichtetes Eventualbegehren stützte die Klägerin darauf, dass ihr als redliche Besitzerin nach den Bestimmungen des ABGB Ersatz der notwendigen und nützlichen Aufwendungen zustehe; sie habe das Grundstück jahrzehntelang gepflegt und erhalten. Zum Eventualbegehren „Wohn- und Fruchtgenussrecht“ führte die Klägerin aus, dass ihr aufgrund der Vereinbarung jedenfalls ein lebenslängliches Wohn- und Fruchtgenussrecht zustehen müsse.

Die Beklagte beantragte Abweisung des Klagebegehrens und wendete im Wesentlichen ein, sie sei zwar mit dem Hausbau einverstanden gewesen, damit für die Klägerin ein Heim und eine Erwerbsquelle geschaffen werden könne, doch habe das Eigentum an der Liegenschaft ihr, der Beklagten, verbleiben sollen, während die Klägerin lediglich die Nutzung der Liegenschaft nach deren Gutdünken zugestanden worden sei.

Das Erstgericht hat das Haupt- und sämtliche Eventualbegehren abgewiesen. Es traf folgende Feststellungen:

Die Beklagte ist grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 897 der KG E***** und hat ihren Wohnsitz in N*****. Die Klägerin ist die Nichte der Beklagten und bewohnt bzw benützt seit dem Jahre 1946 die Liegenschaft in E*****, auf welcher sich ursprünglich nur ein kleines Wochenendhaus befand. Zwischen den Streitteilen bestanden seit jeher sehr enge familiäre Bande und nahm die Beklagte gegenüber der Klägerin die Rolle der Mutter ein. Ende des Jahres 1967 fasste die Klägerin den Entschluss, auf der genannten Liegenschaft ein Haus zu bauen. Sie teilte dies der Beklagten brieflich mit. Es kam zwischen den Streitteilen zu einer Übereinstimmung dahingehend, dass die Klägerin auf dieser Liegenschaft ein Haus bauen solle, damit einerseits die Klägerin mit ihrem damaligen Gatten dort wohnen könne und andererseits auch die Beklagte ein zu Hause finden solle, falls sie nach Österreich zurückkehre. Weiterer Zweck dieses Bauvorhabens war, der Klägerin durch Pensionsgäste, die die Beklagte in ihrem Bekanntenkreis werben sollte, ein Einkommen zu verschaffen, um sie von ihrem Gatten finanziell unabhängig zu machen. Jedenfalls sollte die Beklagte nach dem übereinstimmenden Parteiwillen lediglich grundbücherliche Eigentümerin des Grundstücks bleiben, während die gesamte Nutzung des Grundes und des Hauses der Klägerin zukommen sollte. Im August 1968 war der Bau fertiggestellt. Seither bewohnt die Klägerin das Haus. Im Sommer 1968 kam die Beklagte zu Besuch nach E*****. Die Klägerin trat bei dieser Gelegenheit an die Beklagte heran, damit diese einen Teil der Liegenschaft schenkungsweise an sie übertrage. Die Beklagte sagte vorerst zu, fühlte sich dann jedoch beeinflusst und lehnte schließlich eine solche Schenkung ab, wobei sie auch ihr Misstrauen gegen den Gatten der Klägerin und dessen Familie betonte. Sie sagte der Klägerin wiederum zu, dass diese das Haus nützen könne, wie sie wolle, und ihr im Falle des Todes das Grundstück ohnedies testamentarisch zufallen würde. Sie übergab der Klägerin auch einen Betrag von 4.000 $, weil ein diesbezüglicher Kredit nicht zustandegekommen war. Insgesamt hatte der Bau einen Betrag von ca 1,3 Mio S erfordert, der durch die Klägerin und ihren damaligen Gatten durch Eigenmittel und Fremdfinanzierung aufgebracht wurde. Im Jahre 1969 besuchte die Klägerin die Beklagte in N*****. Anlässlich dieses Besuchs telefonierte sie mit ihrem Gatten in E***** und ersuchte ihn, die Beklagte brieflich zu ersuchen, das Eigentum am Grundstück an die Klägerin zu übertragen, wobei jedoch in diesem Schreiben nicht ersichtlich sein sollte, dass die Initiative dazu von der Klägerin ausgegangen war. Der Gatte der Klägerin schickte ein solches Schreiben an die Beklagte ab, die jedoch antwortete, dass zu ihren Lebzeiten eine Eigentumsübertragung an die Klägerin nicht in Frage käme. In der Folge gestaltete sich das Verhältnis der Streitteile wieder harmonisch und versicherte die Beklagte wiederholt, dass das Grundstück der Klägerin gehören sollte und sie in dem Haus machen könne, was ihr beliebe. Im Jahr 1971 wurde die Ehe der Klägerin geschieden und zeigte sich die Klägerin sehr besorgt, dass ihr geschiedener Gatte Ansprüche hinsichtlich des Hauses stellen könne. Der Anwalt der Klägerin vereinbarte daher aus Gründen der anwaltlichen Vorsicht im Zuge der Scheidung, dass der Gatte der Klägerin auch auf allfällige Ansprüche gegenüber der Beklagten verzichte. Bei dieser Gelegenheit betonte die Beklagte wieder, dass das Haus das Heim der Klägerin sei und sie es benützen könne, wie sie wolle. In der Folge kam es dann nicht zum erhofften Einkommen der Klägerin aus der Zimmervermietung. Die Beklagte leistete bis in das Jahr 1976 für die Erhaltung des Hauses Zuschüsse im Gesamtbetrag von ca 70.000 S. Die Klägerin hatte mit immer größeren finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen, sodass sie im Jahre 1977 der Beklagten brieflich vorschlug, das Haus zu verkaufen. Die Beklagte war damit einverstanden und sagte der Klägerin auch zu, dass sie nach dem Verkauf einen Teil des Kaufpreises erhalten solle. Zu einem solchen Verkauf kam es jedoch nicht, weil sich die Klägerin weigerte, das Haus durch Kaufinteressenten besichtigen zu lassen, und die vorliegende Klage einbrachte. Die Beklagte steht nach wie vor auf dem Standpunkt, die Klägerin könne das Haus nutzen. Sie hat auch niemals die Räumung des Hauses verlangt.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, es sei nach dem „oben dargestellten Parteiwillen der Streitteile“ zu einer zumindest konkludent geschlossenen Vereinbarung gekommen, wonach die Beklagte der Klägerin unentgeltlich die Erlaubnis gab, auf deren Kosten auf dem gegenständlichen Grundstück ein Haus zu bauen, wo sie wohnen könne und das für sie auch eine Einkommensquelle darstellen sollte. Dieser Zustand hätte jedenfalls bis zum Tode der beklagten Grundeigentümerin andauern sollen; die Beklagte habe sich bis zu ihrem Tode auf das „nudum ius“ des Eigentums beschränkt, während alle wirtschaftlichen Nutzungen des Grundstücks bei der Klägerin lägen. Aus dem Inhalt dieser Vereinbarung ergebe sich, dass jedenfalls niemals an eine - auch nur teilweise - Eigentumsübertragung an die Klägerin gedacht gewesen sei. Auch ein Fruchtgenussrecht auf Lebenszeit der Klägerin sei nicht Inhalt des Parteiwillens gewesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin insoweit, als sie sich gegen die Punkte A, B I und II richtete, nicht statt und bestätigte das Urteil des Erstgerichts insoweit als Teilurteil. Im Übrigen, also hinsichtlich der Punkte B III und IV des Ersturteils gab es der Berufung Folge, hob das angefochtene Urteil insoweit sowie im Kostenpunkt auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands zu Punkt A und Punkt B II des erstgerichtlichen Urteils und auch der Wert des von der Aufhebung betroffenen Streitgegenstands jeweils 300.000 S übersteigt. Weiters sprach es aus, das Verfahren in erster Instanz sei erst nach Rechtskraft des Aufhebungsbeschlusses fortzusetzen.

Das Berufungsgericht meinte aufgrund der von ihm vertretenen Rechtsauffassungen, das erstgerichtliche Urteil leide hinsichtlich der Punkte B III und IV an wesentlichen Feststellungsmängeln und überdies an Begründungsmängeln, die einem wesentlichen Verfahrensmangel gleichzuhalten seien. Zu bestätigen sei das Erstgericht hinsichtlich der Punkte A und B I und II, weil insofern das Klagebegehren schon nach dem Vorbringen der Klägerin unbegründet sei. Der Umstand, dass die Klägerin als drittes Eventualbegehren die Feststellung begehre, sie sei Eigentümerin der für die Benützung des in Rede stehenden Gebäudes unentbehrlichen und anschließenden Grundfläche, und nach Vermessung und Abteilung dieser Grundfläche die Einverleibung ihres Eigentums daran anstrebe, zeige mit aller Deutlichkeit, dass ihre diesem Begehren vorangehenden Begehren, nämlich das Hauptbegehren laut Punkt A und das Eventualbegehren laut Punkt B II des Urteilsspruchs des Erstgerichts, auf Feststellung des Eigentums und dessen bücherliche Einverleibung an Grundflächen gerichtet seien, die ausgedehnter seien als der Baugrund und die Grundfläche, die zur Benützung des Gebäudes unentbehrlich seien. Auf mehr als auf die unentbehrliche Grundfläche könne sich aber der Eigentumserwerb im Rahmen einer die Anwendung des § 418 Satz 3 ABGB mittelbar zum Inhalt habenden Vereinbarung nicht beziehen. Bezüglich der dieses Ausmaß überschreitenden Flächenstücke bedürfe es zum Eigentumserwerb jedenfalls der bücherlichen Einverleibung. Denn auch eine Ersitzung komme entgegen der Ansicht der Klägerin aufgrund ihres Vorbringens nicht in Betracht, weil ihr für eine solche zumindest bis zur Vereinbarung über die Bauführung, welche 1967 erfolgt sei, die Redlichkeit fehlen würde, da sie sich jedenfalls bis zu diesem Zeitpunkt nicht im guten Glauben habe befinden können, dass sie die Eigentümerin sei, und der restliche Zeitraum von 1967 bis jetzt die erforderliche 30-jährige Ersitzungszeit nicht abdecke. Das Eventualbegehren auf Zahlung von 1,5 Mio S aus dem Titel der auf die Liegenschaft und den Hausbau getätigten Aufwendungen sei abzuweisen, weil sich die Klägerin unbestrittenermaßen bis jetzt de facto im Besitz der Liegenschaft befinde und diese nutzen könne, während der Beklagten ebenso unbestrittenermaßen eine solche Nutzung bis jetzt nicht zugutegekommen sei.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen das Teilurteil des Berufungsgerichts gerichtete Revision ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrags berechtigt, der Rekurs der Beklagten gegen den Aufhebungsbeschlusses des Berufungsgerichts ist nicht berechtigt.

Mit Rücksicht auf die Ausführungen der Klägerin, ihr Begehren auch auf eine Vereinbarung zu stützen, ist nicht klar, ob das Hauptbegehren ausschließlich als Feststellungsbegehren eines bereits bestehenden Eigentums und eines sich nur daraus ergebenden Anspruchs auf Einwilligung in die grundbücherliche Einverleibung oder ob es (auch) dahin zu verstehen ist, dass die Verpflichtung der Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts aus einer die Übereignung der gesamten Liegenschaft EZ 897 KG E***** beeinhaltenden Vereinbarung abgeleitet wird. Das Berufungsgericht hat bei seiner Bestätigung der Abweisung des Hauptbegehrens die erstere Auslegung des Klagebegehrens unterstellt, dabei aber außer Acht gelassen, dass die Klägerin das in der Klage gestellte Hauptbegehren auch auf eine Vereinbarung gestützt hat. Solange nicht klargestellt ist, wie das Hauptbegehren zu verstehen ist, käme eine Entscheidung darüber nur in Betracht, wenn bei beiden Auslegungen die Feststellungen zur Entscheidung ausreichten. Dies ist nicht der Fall. Stattgegeben könnte dem Hauptbegehren nur werden, wenn ein originärer Eigentumserwerb hinsichtlich der gesamten Liegenschaft vorläge. Die Klägerin hat einen solchen durch ihre Behauptung über eine erfolgte Ersitzung geltend gemacht. Diese hat das Berufungsgericht - insoweit wurde zu Recht österreichisches Recht zugrundegelegt, weil der originäre Eigentumserwerb sich aufgrund des vor dem 1. 1. 1979 noch in Geltung gestandenen § 300 ABGB nach dem österreichischen Recht als der lex rei sitae gerichtet hätte (Walker, Verdroß-Droßberg, Satter in Klang-Kommentar2 I/1, 231 f) - zu Recht abgelehnt. Für einen Eigentumserwerb durch Ersitzung fehlt es schon an schlüssigen Behauptungen, weil in dem Vorbringen der Klägerin keine Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass sie sich vor der (behaupteten) Vereinbarung und/oder vor der Bauführung in den Jahren 1967/1968 für die Eigentümerin der Liegenschaft hätte halten können. Die Bejahung eines originären Eigentumserwerbs gemäß § 418 Satz 3 ABGB, der ebenfalls nach österreichischem Recht zu beurteilen ist, kommt aber für die gesamte Liegenschaft schon deshalb nicht in Betracht, weil die Formulierung des Klagebegehrens zu Punkt B III des erstgerichtlichen Urteils jedenfalls dahin zu verstehen ist, dass die gesamte Liegenschaft größer ist als die Baufläche selbst und die zur Benützung des Gebäudes unbedingt erforderlichen Teile. Ob ein originärer Eigentumserwerb gemäß § 418 Satz 3 ABGB hinsichtlich eines Teils der Liegenschaft, nämlich der Baufläche und des zur Benützung des Gebäudes unbedingt erforderlichen Grundes in Frage kommt, ist Gegenstand eines der gestellten Eventualbegehren, in deren Prüfung aber erst einzugehen ist, wenn über das Hauptbegehren abgesprochen wurde. Wenn daher auch dem Hauptbegehren im Sinne der Feststellung des originär erworbenen Eigentumsrechts schon nach dem Vorbringen der Klägerin nicht stattgegeben werden kann, so kann es doch nicht abgewiesen werden, solange nicht klargestellt ist, ob die Klägerin damit nicht die Verpflichtung der Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts aufgrund einer die Übereigung des gesamten Grundstücks betreffenden Vereinbarung begehrt.

Schon diese Überlegungen müssen, ohne dass auf die Ausführungen der Revision eingegangen werden muss, zur Aufhebung der Bestätigung der Abweisung des Punkts A des erstgerichtlichen Urteils und zur Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils in diesem Umfang führen. Die Aufhebung des das Hauptbegehren betreffenden Urteils führt aber notwendigerweise auch zur Aufhebung des die Eventualbegehren betreffenden Teilurteils und der Punkte B I und II des erstgerichtlichen Urteils, weil - wie schon oben ausgeführt - die Eventualbegehren erst behandelt werden dürfen, wenn über das Hauptbegehren abgesprochen wurde. Aus demselben Grund war aber auch, ohne dass es einer Auseinandersetzung mit dem vom Berufungsgericht gebrauchten Aufhebungsgründen und mit dessen rechtlichen Ausführungen bedarf, der Aufhebungsbeschluss der zweiten Instanz zu bestätigen.

Das Erstgericht wird daher zunächst mit der Klägerin zu erörtern haben, ob sie das Hauptbegehren in dem oben aufgezeigten Sinne versteht. Bejahendenfalls wird mit der Klägerin zu erörtern sein, welche tatsächliche Erklärungen wo und auf welche Weise abgegeben worden sind. Dies wird deshalb notwendig sein, um die kollisionsrechtliche Frage des anzuwendenden Rechts lösen zu können. Weder die Parteien noch die Vorinstanzen haben bisher die Frage des anzuwendenden Rechts aufgeworfen. Die Frage, ob österreichisches oder fremdes Recht anzuwenden ist, ist von Amts wegen zu prüfen, soferne Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Sache ausländischem Recht unterliegen könnte. Solche Anhaltspunkte sind hier gegeben, weil das Vorbringen, die Beklagte habe im Jahr 1969 ein Darlehen nicht bekommen können, da sie nicht Inländerin gewesen sei (I. Band, AS 259 f), dafür spricht, dass die Beklagte auch zum Zeitpunkt der behaupteten Vereinbarung Ausländerin war. Welches Recht auf die noch zu erhebenden Erklärungen, die, soweit sie das Hauptbegehren stützen sollen, nur schuldrechtlicher Art sein können, anzuwenden sein wird, richtet sich mit Rücksicht auf den vor dem Inkrafttreten des IPR-Gesetzes (1. 1. 1979) gelegenen Zeitpunkt derselben nach den §§ 35 ff ABGB. Dabei kommt es mit Rücksicht darauf, dass die behauptete Vereinbarung offensichtlich zwischen der Klägerin als Inländerin und der Beklagten als Ausländerin geschlossen worden sein soll, auf den Abschlussort an. Im vorliegenden Fall ist jedoch nicht geklärt, ob die behauptete Vereinbarung auf schriftlichem Wege zustandegekommen sein soll, weil die Klägerin schon in der Klage nicht nur von einem Brief, sondern auch davon gesprochen hat, es habe nie ein Zweifel darüber bestanden, dass sie das Grundstück bekommen solle, die Beklagte habe dies bei wiederholten Gesprächen - die Klägerin behauptete auch, einmal jährlich die Beklagte in N***** besucht zu haben - immer wieder bestätigt. Festgestellt ist diesbezüglich nur, dass die Klägerin Ende des Jahres 1967 den Entschluss gefasst hat, auf der Liegenschaft ein Haus zu bauen, dies der Beklagten brieflich mitgeteilt hat und es zwischen den Streitteilen zu einer Übereinstimmung dahin gekommen ist, die Klägerin solle auf dieser Liegenschaft ein Haus bauen und die Beklagte lediglich grundbücherliche Eigentümerin des Grundstücks bleiben, sowie dass die Beklagte im Jahre 1968 zwar eine Schenkung abgelehnt, aber zugesagt hat, die Klägerin könne das Haus nutzen wie sie wolle und das Grundstück würde ihr im Falle des Todes (der Beklagten) ohnedies testamentarisch zufallen. Es ist also weder behauptet noch festgestellt, aufgrund welcher tatsächlicher Erklärungen die behauptete Vereinbarung zustandegekommen sein soll, noch auf welche Weise und wo die Erklärungen abgegeben worden sind. Es liegt auch keine Behauptung, geschweige denn eine Feststellung darüber vor, dass die Parteien ausdrücklich oder schlüssig österreichisches Recht vereinbart oder die Maßgeblichkeit des österreichischen Rechts als selbstverständlich angesehen hätten. Mangels einer Vereinbarung oder Geltungsannahme (vgl dazu Schwimann in Anm zu JBl 1981, 368; derselbe, Grundriss des Internationalen Privatrechts, 117) des österreichischen Rechts müssten die objektiven Anknüpfungen der §§ 35 ff ABGB zum Tragen kommen. Zu diesem Zweck ist aber klarzustellen, wo der Abschlussort der Vereinbarung war.

Dem Verfahren haftet daher ein Verfahrensmangel eigener Art an.

Das Erstgericht wird daher das Verfahren zunächst im oben aufgezeigten Sinne zu ergänzen haben, um die Beurteilung der Frage zu ermöglichen, welches Recht auf die behauptete Vereinbarung anzuwenden ist, dann aber auch den Inhalt der Erklärungen, festzustellen haben, damit die rechtliche Qualifikation derselben nach dem anzuwendenden Recht möglich ist.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

Textnummer

E96355

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00703.84.0703.000

Im RIS seit

03.03.2011

Zuletzt aktualisiert am

03.03.2011
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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