TE OGH 1986/7/3 12Os2/86

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Veröffentlicht am 03.07.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 3.Juli 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Günther A*** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Schöffengericht vom 14. November 1985, GZ 19 Vr 1104/84-36, nach Anhörung der Generalprokurtur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil, das in Ansehung des Betruges zum Nachteil des Dipl.Ing. Wilhelm Philip R*** mit einem Schaden in der Höhe von 24.000 S (als unangefochten) unberührt bleibt, im übrigen, nämlich in Ansehung des Betruges zum Nachteil des Genannten mit einem Schaden von (weiteren) insgesamt 257.500 S und damit auch in der Unterstellung der Betrugsstraftaten unter die Bestimmung des § 147 Abs. 3 StGB sowie demgemäß auch im Strafausspruch und im Adhäsionserkenntnis aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf obige Entscheidung verwiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der 36-jährige Baukaufmann Günther A*** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs. 3 StGB schuldig erkannt. Darnach hat er in der Zeit von April bis August 1981 in Bregenz mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten des Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Dipl.Ing. Wilhelm Philip R*** durch Erstellung einer überhöhten Abrechnung im Zuge der Vermittlung der Liegenschaft EZ 1320 der Katastralgemeinde Hörbranz, somit durch Täuschung über Tatsachen, zur Zahlung eines um 281.500 S überhöhten Kaufpreises und damit zu einer Handlung verleitet, welche den Genannten in dieser Höhe an seinem Vermögen schädigte, wobei der Schaden 100.000 S überstiegen hat.

Günther A*** wurde hiefür nach § 147 Abs. 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe und überdies gemäß § 369 StPO zur Zahlung eines Betrages von 100.000 S an den Privatbeteiligten Dipl.Ing. Wilhelm Philip R*** verurteilt.

Nach dem Urteilsspruch in Verbindung mit dem Inhalt der Entscheidungsgründe lastete das Schöffengericht dem Angeklagten an, den deutschen Staatsangehörigen Dipl.Ing. Wilhelm Philip R***, der in Vorarlberg ein Haus erwerben wollte, dadurch um insgesamt 281.500 S betrügerisch geschädigt zu haben, daß er

1. ihn zur Bezahlung eines Betrages von 2,500.000 S für den außerbücherlichen Erwerb der Liegenschaft (samt Haus) der Eheleute Peter und Evelyn D*** in Hörbranz, in deren Auftrag der Angeklagte (als Vermittler) die Liegenschaft verkaufen sollte, verleitete, wobei er ihm verschwieg, daß die Verkäufer lediglich einen Kaufpreis von 2,250.000 S begehrten (und auch tatsächlich erhielten), wodurch Dipl.Ing. R*** einen Schaden in der Höhe von 250.000 S erlitt;

2. ihm das Vermittlungshonorar (3 % des Kaufpreises) auf der Basis von 2,500.000 S und nicht nach dem von den Verkäufern tatsächlich begehrten und ihnen zugekommenen Preis von 2,250.000 S in Rechnung stellte, sodaß Dipl.Ing. R*** um weitere 7.500 S geschädigt wurde; und schließlich

3. ihm (unter Vorlage eines verfälschten Zahlungsbeleges) vorspiegelte, einen Betrag von 160.000 S an Grunderwerbssteuer bezahlt zu haben, wiewohl er in Wahrheit nur 136.000 S (auf der Grundlage eines gegenüber dem Finanzamt erklärten Kaufpreises von nur 1,700.000 S) bezahlt hatte, wodurch Dipl.Ing. R*** durch Bezahlung des Differenzbetrages von 24.000 S einen weiteren Schaden in dieser Höhe erlitt.

Nach den hiezu getroffenen wesentlichen Feststellungen erteilten die Eheleute Peter und Evelyn D***, die in finanzielle Schwierigkeiten geraten waren, Ende April 1981 dem Angeklagten, der damals in Bregenz ein Realitätenbüro betrieb, den Alleinauftrag, das ihnen gehörende Mehrfamilienhaus in Hörbranz zum Preis von 2,250.000 S zu verkaufen. Diesen Kaufpreis hatte der Angeklagte auf Grund einer Eigenschätzung festgestellt und waren die Eheleute D*** damit einverstanden. Kurze Zeit später bot der Angeklagte das Objekt dem deutschen Staatsangehörigen Dipl.Ing. Wilhelm Philip R***, von dem er wußte, daß er in Vorarlberg ein Haus erwerben wollte, zum Kauf an. Da Dipl.Ing. R*** zum Erwerb des Hauses der Eheleute D*** bereit war, schloß der Angeklagte am 11.Mai 1981 einerseits als Vermittler bzw. Auftragnehmer der Verkäufer Peter und Evelyn D*** und andererseits als Vermittler bzw. Auftragnehmer des Käufers Dipl.Ing. R*** einen Vorvertrag über den Verkauf bzw. Ankauf der in Rede stehenden Liegenschaft ab, in welchem als Kaufpreis der Betrag von 2,500.000 S vereinbart und der Angeklagte von den Vertragsparteien beauftragt wurde, die Verfassung der entsprechenden Verträge für die Durchführung des Kaufes zu besorgen. Vom Inhalt dieses Vorvertrages, insbesondere von der Höhe des vereinbarten Kaufpreises mit 2,500.000 S, setzte der Angeklagte die Eheleute D*** nicht in Kenntnis; diese waren daher der Meinung, ihre Liegenschaft um 2,250.000 S zu verkaufen. Dem Käufer Dipl.Ing. R*** hinwieder verschwieg er, daß die Verkäufer lediglich 2,250.000 S begehrten, wobei er dies deshalb tat, um den Genannten um 250.000 S zu schädigen (S 503). Da Dipl.Ing. R*** als deutscher Staatsangehöriger die Liegenschaft mangels Genehmigung des Eigentumserwerbs durch die Grundverkehrsbehörde nicht recte erwerben konnte, schloß der Angeklagte in der Folge mehrere Umgehungsgeschäfte (Mietvertrag auf 99 Jahre; Option; Kodizill) und schließlich formal einen Kaufvertrag zwischen den Eheleuten D*** und ihm selbst (als Käufer der Liegenschaft) ab, wobei er jedoch lediglich zum Schein als Käufer auftrat, in Wahrheit aber als Vermittler der Eheleute D*** einerseits und des Dipl.Ing. R*** andererseits agierte und von seinen Auftraggebern jeweils auch Vermittlungsgebühren kassierte.

Nach Auffassung des Schöffengerichtes hat der Angeklagte, da er dem Dipl.Ing. R*** den wahren, von den Eheleuten D*** begehrten (und kassierten) Kaufpreis von 2,250.000 S verschwieg, diesen um 250.000 S zuzüglich der hievon berechneten Provision in der Höhe von 7.500 S geschädigt.

In dem zwischen den Eheleuten D*** und dem Angeklagten abgeschlossenen Scheinkaufvertrag wies der Angeklagte den Kaufpreis (aus steuerlichen Erwägungen) lediglich mit 1,700.000 S aus, sodaß er lediglich 136.000 S an Grunderwerbssteuer zu bezahlen hatte. Er verfälschte jedoch in der Folge den betreffenden Zahlungsbeleg und kassierte von Dipl.Ing. R***, dem er erklärte, den Kaufpreis mit 2,000.000 S deklariert zu haben, insgesamt 160.000 S aus dem Titel bezahlter Grunderwerbssteuer, sodaß R*** dadurch um weitere 24.000 S geschädigt wurde.

Der Angeklagte bekämpft den Schuldspruch mit einer auf die Gründe der Z 5 und 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, wobei sich jedoch der Sache nach die Anfechtung nur auf die betrügerische Schädigung des Dipl.Ing. R*** in Ansehung der Kaufpreisdifferenz von 250.000 S und in Ansehung der hievon berechneten Vermittlungsprovision von 7.500 S bezieht, sodaß der Schuldspruch hinsichtlich der Herauslockung eines Betrages von 24.000 S aus dem Titel der bezahlten Grunderwerbssteuer unangefochten geblieben ist; der Strafausspruch wird sowohl vom Angeklagten als auch von der Anklagebehörde mit Berufung angefochten. Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt Berechtigung zu.

Aus dem Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit. a des § 281 Abs. 1 StPO macht der Angeklagte nämlich zutreffend einen Feststellungsmangel dahin geltend, daß das Erstgericht keine Konstatierungen über den wahren Wert der in Rede stehenden Liegenschaft getroffen hat, sodaß die Frage, ob Dipl.Ing. R*** überhaupt einen Vermögensschaden erlitten hat, derzeit nicht beurteilt werden kann. Für die Annahme eines Schadens im Sinn des § 146 StGB reicht die Feststellung, daß Dipl.Ing. R*** die Liegenschaft nicht um 2,500.000 S gekauft hätte, wenn er darüber informiert gewesen wäre, daß das Ehepaar D*** um 2,250.000 S verkaufen wollte, nicht aus; eine (betrügerisch bewirkte) Vermögensschädigung des Dipl.Ing. R***, der ja von sich aus am Erwerb der Liegenschaft interessiert war, könnte vielmehr nur dann angenommen werden, wenn feststeht, daß der Genannte für den von ihm hingegebenen Betrag von 2,500.000 S nach Lage des Falles kein entsprechendes wirtschaftliches Äquivalent erlangt hat (vgl. Leukauf-Steininger Kommentar 2 § 146 RN 33; Mayerhofer-Rieder StGB 2 ENr. 38 ff, insb. auch ENr. 41 zu § 146), mithin der wahre Wert der Liegenschaft weniger als 2,500.000 S betragen hat.

Rechtliche Beurteilung

Diesbezüglich enthält das angefochtene Urteil, wie die Beschwerde im Ergebnis zutreffend aufzeigt, keine Konstatierungen; daß nach den Annahmen des Erstgerichtes der Angeklagte gegenüber den Eheleuten den zu erzielenden Preis mit 2,250.000 S eingeschätzt hat (S 502), besagt nichts über den wirklichen Wert der Liegenschaft, sodaß diesbezüglich daraus keine verläßlichen Rückschlüsse gezogen werden können. Schon infolge des mithin dem Urteil anhaftenden Feststellungsmangels ist demnach das Urteil im Umfang der Anfechtung zu kassieren und insoweit die entsprechende Erneuerung des Verfahrens in erster Instanz anzuordnen (§ 285 e StPO), weshalb - übereinstimmend mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - spruchgemäß zu erkennen war, ohne daß auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen zu werden braucht. Im erneuerten Verfahren wird im übrigen auch zu berücksichtigen sein, daß das bloße Fordern eines (allenfalls auch) überhöhten Preises durch den Verkaufsbeauftragten für sich allein nach Lage des Falles nicht stets bereits eine betrügerische Täuschung über Tatsachen gegenüber dem Käufer begründet (vgl. Mayerhofer-Rieder aaO ENr. 8 zu § 146) und es kann ein Verkaufsbeauftragter bei Berufung auf den Willen der Verkäufer in der Regel von deren (zumindest konkludenter) Zustimmung ausgehen, bestmöglich zu verkaufen, wobei vorliegend allerdings der Angeklagte als Vermittler und gleichzeitiger Treuhänder beider Vertragsteile eine rechtlich unvereinbare Stellung hatte. Zu klären wäre aber auch, ob der Angeklagte allenfalls durch die Zueignung der Kaufpreisdifferenz (von 250.000 S) gegenüber seinen Machtgebern Peter und Evelyn D*** sich einer strafbaren Handlung (etwa im Sinn des § 153 StGB) schuldig gemacht haben könnte, die allerdings von der derzeit vorliegenden Anklage nicht erfaßt wäre, weil diese lediglich auf die betrügerische Schädigung des Käufers abstellt (ON 26). Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und der öffentliche Ankläger auf die getroffene kassatorische Entscheidung zu verweisen.

Anmerkung

E08696

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00002.86.0703.000

Dokumentnummer

JJT_19860703_OGH0002_0120OS00002_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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