Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Herta J***, Landwirtin, Eisenstädterstraße 8, 7100 Neusiedl am See, vertreten durch Dr. Peter Armstark, Rechtsanwalt in Wien, wider den Antragsgegner Ing. Albert J***, Kaufmann, Eisenstädterstraße 8, 7100 Neusiedl am See, vertreten durch Dr. Walter Mardetschläger, Dr. Peter Mardetschläger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Festsetzung eines Benützungsentgeltes, infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Eisenstadt als Rekursgerichtes vom 5. Mai 1986, GZ R 157/86-17, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Neusiedl am See vom 12. März 1986, GZ Nc 12/85-14, bestätigt wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die Entscheidungen der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung des Mehrbegehrens und der Verweisung der Gegenforderungen auf den Rechtsweg als unangefochten unberührt bleiben, werden in ihrem stattgebenden Teil aufgehoben; dem Erstgericht wird insoweit eine neuerliche, nach Verfahrensergänzung zu fällende, Entscheidung aufgetragen.
Text
Begründung:
Die Streitteile sind miteinander verheiratet, es ist jedoch ein Ehescheidungsverfahren anhängig. Sie sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft Neusiedl am See, Eisenstädterstraße 4 a. Als sie diese Liegenschaft im Jahre 1974 kauften, befand sich darauf ein Bauernhaus samt Scheune, die Liegenschaft wurde in der Folge vorwiegend zum Ab- und Einstellen von landwirtschaftlichen Fahrzeugen und Fahrschulwagen verwendet. Im Jahre 1981 errichtete der Antragsgegner mit Zustimmung der Antragstellerin auf dem Grundstück ein Fahrschulgebäude um einen Betrag von etwa S 2 Mio. Außerdem renovierte er die Baulichkeiten, die sich bereits auf der Liegenschaft befanden. Die für den Neubau und die Renovierung benötigten Mittel wurden aus Einnahmen der vom Antragsgegner betriebenen Fahrschule bezahlt.
Die Antragstellerin begehrt die Festsetzung eines monatlichen Benützungsentgeltes von mindestens S 7.000,-- monatlich wertgesichert zuzüglich Umsatzsteuer ab 1. April 1985. Sie brachte zunächst vor, sie begehre das Benützungsentgelt, weil sie zufolge Alleinbenützung durch den Antragsgegner die Liegenschaft nicht benützen könne, für das vom Antragsgegner finanzierte Gebäude verlange sie kein Benützungsentgelt. Später führte sie aus, bei Berechnung des Benützungsentgeltes sei auch das errichtete Gebäude zu berücksichtigen.
Der Antragsgegner wendete ein, er habe die Aufwendungen für die Errichtung des neuen Gebäudes und für die Renovierung allein getragen, der Antragstellerin stehe daher kein Benützungsentgelt zu. Überdies wendete der Antragsgegner verschiedene Gegenforderungen aufrechnungsweise ein.
Das Erstgericht verpflichtete den Antrgsgegner zur Zahlung eines wertgesicherten Benützungsentgeltes von monatlich S 6.949,-- ab 1. April 1985, wies das Mehrbegehren ab und verwies den Antragsgegner mit den eingewendeten Gegenforderungen auf den streitigen Rechtsweg.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners nicht Folge. Es führte aus, das Erstgericht habe ohne Rechtsirrtum bei der Festsetzung des Benützungsentgelts unberücksichtigt gelassen, wessen finanzielle Mittel zur Verbesserung der Liegenschaft verwendet worden seien. Soweit ein Hälfteeigentümer einer Liegenschaft Investitionen und Reparaturen an der gemeinsamen Liegenschaft durchführe, besorge er zugleich mit der Führung der eigenen Geschäfte auch noch jene des anderen Hälfteeigentümers mit und habe Ansprüche nach den §§ 1036, 1037 ABGB. Das Benützungsentgelt sei so zu berechnen, als ob der Miteigentümer Bestandnehmer des seinen Anteil übersteigenden Teiles der Sache wäre, wobei das Benützungsentgelt entsprechend ortsüblicher bestmöglicher Verwertung der gemeinschaftlichen Sache zu bemessen sei. Die erstinstanzliche Entscheidung sei daher richtig.
Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners. Er macht offenbare Gesetzwidrigkeit geltend und beantragt Abänderung dahin, daß der Antrag auf Festsetzung eines Benützungsentgeltes abgewiesen werde, hilfsweise beantragt er Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist im Sinne seines Eventualantrages berechtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Benützungsentgelt vom Außerstreitrichter auch dann festzusetzen, wenn sich die Miteigentümer zwar über die Benützung des gemeinsamen Grundstückes, nicht aber über das hiefür zu leistende Entgelt einig sind (Gamerith in Rummel, ABGB, Rdz 8 zu § 835; MietSlg. 25.059/21, 27.096, 33.077; 1 Ob 617/85 u.a.). Erfolgte aber auch eine Einigung über das Benützungsentgelt, dann ist für eine Entscheidung im Verfahren außer Streitsachen kein Raum (vgl. Gamerith aaO., Rdz 4 zu § 834 und Rdz 5 zu § 835). Im vorliegenden Fall hat die Antragstellerin zugestimmt, daß der Antragsgegner auf der Liegenschaft ein Gebäude für seine Zwecke errichtet. Es erfolgte somit eine Vereinbarung über die Benützung der Liegenschaft durch den Antragsgegner. Da die Gestattung der Bauführung auf einem gemeinsamen Grund durch den anderen Miteigentümer im Zweifel dahin zu verstehen ist, daß für den Wertzuwachs, den dieser geschaffen hat, kein Benützungsentgelt zu bezahlen ist (1 Ob 617/85), liegt eine Vereinbarung über das Benützungsentgelt insofern vor, als der Wertzuwachs durch die Bauführung auf das Benützungsentgelt keinen Einfluß haben soll. Die Festsetzung eines Benützungsentgeltes ohne Rücksicht auf diese Vereinbarung verstößt gegen den allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß Vereinbarungen einzuhalten sind und ist daher offenbar gesetzwidrig. Das Benützungsentgelt ist ohne Bedachtnahme auf die vom Antragsgegner unter Heranziehung eigener Mittel getätigten Investitionen festzusetzen (1 Ob 617/85).
Da bisher keine Verfahrensergebnisse vorhanden sind, die eine Bemessung des Benützungsentgeltes nach diesen Grundsätzen ermöglichen, mußten die Entscheidungen im Umfang der Anfechtung aufgehoben werden.
Anmerkung
E08515European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00624.86.0708.000Dokumentnummer
JJT_19860708_OGH0002_0020OB00624_8600000_000