TE OGH 1986/7/8 5Ob537/86

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Veröffentlicht am 08.07.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L*** O***, Linz,

Klosterstraße 7, vertreten durch Dr.Helmut Wildmoser, Rechtsanwalt in Linz, wider die beklagte Partei Ö*** Aktiengesellschaft, Wien 9., Otto Wagner Platz 5, vertreten durch Dr.Wilhelm Rosenzweig und Dr.Otto Dietrich, Rechtsanwälte in Wien, sowie der Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei R*** Ö***, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17-19, wegen Feststellung, Rechnungslegung und Leistung (Gesamtstreitwert 2,500.000 S) infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 3.Februar 1986, GZ 4 R 243/85-34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 30.August 1985, GZ 16 Cg 29/85-27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 24.424,65 S (darin enthalten 3.600 S an Barauslagen und 1.893,15 S an Umsatzsteuer) und der Nebenintervenientin die mit 18.931,50 S (darin weder Barauslagen noch Umsatzsteuer enthalten) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

In der Zeit vor März 1938 hatte die klagende Partei Freischurfrechte zur Aufsuchung und Gewinnung von Bitumen (in Oberösterreich) erworben und entsprechende Vorbereitungen für die damit verbundenen Aktivitäten getroffen. Diese Schurfrechte waren (gemäß § 5 Abs. 1 Bitumengesetz GBlÖ 1938/375) mit Ablauf des 31. Juli 1940 erloschen.

Da die klagende Partei so wie in der Vergangenheit (auch nach 1945) an der Mitwirkung bei der Aufschließung von Bitumenvorkommen in Oberösterreich interessiert war, beantragte sie am 25.Mai 1956 beim Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau/Oberste Bergbehörde, die R*** Ö*** möge mit ihr gemäß § 2 BitumenG einen "Betriebsdurchführungsvertrag" zur Aufsuchung und Gewinnung von Bitumen in den ehemaligen Vertragsgebieten Wels, Linz, Pettenbach und in dem auf Oberösterreich entfallenden Teil des ehemaligen Vertragsgebietes Amstetten abschließen (Beilage X). Nachdem die klagende Partei in mehreren dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau/Oberste Bergbehörde übersendeten Memoranden und in einem an die Österreichische Bundesregierung übermittelten Schreiben ihren Wunsch zum Ausdruck gebracht hatte, gegen Verzicht auf die Zuweisung von Ölschurfrechten in den ölhöffigen Restgebieten von Oberösterreich zeitlich unbeschränkt an dem Förderzins und an dem Flächen(Feld-)zins beteiligt zu werden, den die R*** Ö*** in den oberösterreichischen Aufsuchungs- und Gewinnungsgebieten einhebt, wobei die Unternehmen, welche die Konzession (Aufsuchungs- und Gewinnungsbewilligung) zur Erdölgewinnung in Oberösterreich erhalten, dieses Recht nur mit der Auflage erhalten sollten, daß sie das im oberösterreichischen Raum gefundene Erdgas der O*** F*** m.b.H.

zur Verteilung zu einem angemessenen Preis anbieten und ihr das Vorkaufsrecht auf dieses Erdgas einräumen müssen (Beilage Y, Z, AA), brachte die klagende Partei am 30.Jänner 1961 ihre Eingabe vom 25. Mai 1956 in Erinnerung; in deren Ergänzung beantragte sie nunmehr, ihr gemäß § 2 BitumenG die Genehmigung zur Aufsuchung und Gewinnung von Bitumen im gesamten südlich der Aufsuchungs- und Gewinnungsgebiete der R***-G***-AG (RAG) gelegenen Landgebiet von Oberösterreich zu erteilen; sie habe die ernste Absicht, in den beantragten Gebieten zusammen mit einer namhaften Erdölfirma den Aufschluß von Erdöl und Erdgas durchzuführen (Beilage A). Das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau/Oberste Bergbehörde antwortete darauf am 14.Februar 1961, daß es bereit sei, den Abschluß eines Aufsuchungs- und Gewinnungsvertrages hinsichtlich der genannten noch freien Gebiete im Bereich des Bundeslandes Oberösterreich in Erwägung zu ziehen. Dementsprechend hätte das Amt der Oberösterreichischen Landesregierung dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau/Oberste Bergbehörde ein in technischer, finanzieller und organisatorischer Hinsicht entsprechendes oder ein unter allfälliger Beteiligung des Bundeslandes Oberösterreich neu zu gründendes Erdölunternehmen vorzuschlagen, mit dem sodann ein Aufsuchungs- und Gewinnungsvertrag gemäß § 3 (richtig wohl 2) BitumenG abzuschließen wäre (Beilage B). Das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau/Oberste Bergbehörde trat hiebei als Organ der Privatwirtschafsverwaltung des Bundes auf.

In der Folge versuchte die klagende Partei, einen Partner eines Aufsuchungs- und Gewinnungsvertrages zu finden; sie führte diesbezügliche Verhandlungen unter anderem auch mit der Beklagten. Mit Schreiben vom 15.März 1965 (Beilage 1), gerichtet an das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau als Oberste Bergbehörde, nahm die Beklagte auf die Verhandlungen (mit diesem Ministerium) betreffend die Verleihung der Aufsuchungsgebiete in Oberösterreich Bezug - die Verhandlungen zwischen der klagenden Partei und der Beklagten über den Abschluß eines Konsortialvertrages ruhten - und gab bekannt, daß sie gerne bereit wäre, die Aufsuchungsgebiete zu den üblichen Bedingungen, nämlich gegen einen Förderzins von 8 % für Erdöl und 4 % für Erdgas zu erwerben. Im Schreiben vom 13.Mai 1965 (Beilage 2) teilte die Beklagte diesem Bundesministerium mit, sie sei ebenso wie die R***-G***-AG (RAG) der Auffassung, daß Sonderleistungen an das Land Oberösterreich oder an eine oberösterreichische Landesgesellschaft nur unter der Voraussetzung in Betracht kämen, daß der Förderzins für Rohöl von 8 % auf 6 % herabgesetzt werde. Diesfalls wären sie und die RAG bereit, die Differenz von 2 % entweder unmittelbar an die Oberösterreichische Landesregierung oder an eine von dieser zu bestimmende Gesellschaft abzuführen. Sie ersuchte demnach, in den mit der Beklagten abzuschließenden Aufsuchungs- und Gewinnungsverträgen für die Gebiete Linz, Wels und Windischgarsten den Förderzins für Rohöl mit 6 % festzusetzen. Im Schreiben vom 18. Mai 1965 (Beilage 3), an das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau/Oberste Bergbehörde teilte die klagende Partei mit, daß die Beklagte sie gebeten habe, der Obersten Bergbehörde die Zustimmung zum Abschluß der Verträge zwischen dem Bund, der Beklagten und der RAG zu geben. Die Beklagte sei bereit, eine entsprechende Abgabe von der Förderung zu leisten. Die Abgabe an die Klägerin würde, sofern der Bund von der ÖMV und der RAG 6 % Förderzins einhebe, für die Klägerin in der Höhe von 2 weiteren Prozenten des Förderzinses geleistet werden. Die Oberösterreichische Landesregierung habe in ihrer Sitzung vom 17.Mai 1965 das Ansuchen der Beklagten behandelt und beschlossen, der Obersten Bergbehörde bekanntzugeben, daß sie dem Abschluß von Aufsuchungs- und Gewinnungsverträgen des Bundes mit der Beklagten und der RAG unter der Voraussetzung zustimmt, daß die Klägerin eine Abgabe in der Höhe von 2 % des Förderzinses erhalte. Mit Schreiben vom 20.Mai 1965 (Beilage 4) übersandte die Klägerin eine Abschrift ihres Briefes vom 18. Mai 1965 der Beklagten. Mit Schreiben vom 24.Mai 1965 (Beilage 5) an die Klägerin wiederholte die Beklagte ihre Bereitschaft, bei Festsetzung des Erdöl-Förderzinses mit 6 % der Klägerin zwei weitere Förderzins-Prozente abzuführen. Im Schreiben vom 9.Juli 1965 (Beilage 7) teilte die Klägerin der Beklagten mit, daß sie dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau den Abschluß von Aufsuchungs- und Gewinnungsverträgen gemäß § 2 BitumenG für die Gebiete Linz, Wels und Windischgarsten mit der Beklagten vorgeschlagen habe. Bedingung hiefür sei unter anderem, daß sich die Beklagte verpflichte, an die Klägerin einen Förderzins für Erdöl in der Höhe von 2 % zu zahlen. Gleichzeitig übersandte die Klägerin der Beklagten eine Gleichschrift ihres Schreibens an das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau vom 9.Juli 1965 (Beilage 8), in dem dieser Vorschlag unter anderem unter der Bedingung, daß der Förderzins für Erdöl mit 6 % festgesetzt wird, gemacht worden war. Mit Schreiben vom 14.Juli 1965 (Beilage C), gerichtet an die klagende Partei, nahm die Beklagte den ihr mit Schreiben der klagenden Partei, Beilage 7, mitgeteilten Vorschlag an das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau zur Kenntnis. Sie gab nachstehende Erklärung ab:

"Für den Fall, daß diese Aufsuchungs- und Gewinnungsverträge mit uns abgeschlossen werden und der Förderzins für Erdöl mit 6 % festgesetzt wird, übernehmen wir gegenüber dem Land Oberösterreich hiemit verbindlich und unwiderruflich folgende Verpflichtung:

1. Wir zahlen an das Land Oberösterreich einen Förderzins für Erdöl in der Höhe von 2 % für das in diesem Gebiet gewonnene Erdöl. Für die Zahlung des Förderzinses von 2 % gelten uneingeschränkt die Bestimmungen, die die mit der R*** Ö*** abzuschließenden Aufsuchungs- und Gewinnungsverträge über die Zahlung des Förderzinses für Erdöl von 6 % an die R*** Ö*** enthalten.

2. Wir bieten das in diesem Gebiet gewonnene Erdgas dem Land Oberösterreich oder einem von ihm namhaft zu machenden Unternehmen zu normalen wirtschaftlichen Bedingungen zum Kauf an. Wir verzichten darauf, diese Verpflichtungserklärung wegen allfälliger Verletzung über die Hälfte des wahren Wertes anzufechten. Wir bitten um Kenntnisnahme und Bekanntgabe Ihres Einverständnisses."

Die klagende Partei nahm dieses Schreiben zur Kenntnis und erklärte sich damit einverstanden; zugleich verständigte sie das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau von der Verpflichtungserklärung der Beklagten vom 14.Juli 1965 (Schreiben vom 26.Juli 1965, Beilagen D und E).

Am 22. November 1965 schloß die R*** Ö***, vertreten durch das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau, mit der Beklagten gemäß § 2 BitumenG Verträge über die Übertragung der Ausübung des Rechtes der Aufsuchung und Gewinnung von Bitumen in den Gebieten Linz, Wels-Nord und Windischgarsten ab (Beilagen 10 bis 12). In diesen Verträgen verpflichtete die R*** Ö*** die Beklagte, ihr einen Förderzins für Erdöl (flüssige Kohlenwasserstoffe) von 6 % des loco Verladestelle oder loco Kopfstation einer Pipeline tatsächlich erzielten Verkaufserlöses zu zahlen. Die Gewinnungsermächtigung der Beklagten wurde auf die Dauer von 30 Jahren befristet, eine Verlängerung unter bestimmten Voraussetzungen vorgesehen.

Dieselben Vorgänge spielten sich in bezug auf das Aufsuchungs- und Gewinnungsgebiet Bad Ischl ab (Anbot der Beklagten vom 15.Juni 1967, Beilage F, Annahme der klagenden Partei vom 8. August 1967, Beilage G, Verständigung des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau/Oberste Bergbehörde hievon vom 8.August 1967, Beilage H, Aufsuchungs- und Gewinnungsvertrag zwischen der R*** Ö*** und der Beklagten vom 7.Juni 1968, Beilage 13). Die Beklagte hatte auf Grund der mit der R*** Ö***

geschlossenen Aufsuchungs- und Gewinnungsverträge vom 12.Juni 1957 für die Gebiete Wiener Becken, Tulln-Klosterneuburg und Kilb 15 %, auf Grund der Verträge vom 1.August 1957 für die Gebiete Scheibbs und Amstetten 15 %, auf Grund der Verträge vom 17.Juni 1960 für die Gebiete Laa an der Thaya, Hollabrunn, St. Corona und St. Pölten 8 %, auf Grund des Vertrages vom 15.November 1962 für das Gebiet Türnitz 8 %, auf Grund der Verträge vom 7.Juni 1968 für die Gebiete Neunkirchen, St. Gilgen und Bad Aussee 8 % und auf Grund des Vertrages vom 13.August 1975 für das Gebiet Graz 8 % Förderzins zu zahlen (Beilage 24).

Am 18. September 1969 hat die Beklagte erstmals die monatliche Förderzinsabrechnung vorgelegt und die Überweisung des Förderzinses vorgenommen. Ab diesem Zeitpunkt erfolgte die Abwicklung zwischen den Streitteilen reibungslos. Im Jahre 1975 wurde erstmals neben den Monatsabrechnungen eine Jahresabrechnung erstellt und auf einen durchschnittlichen jährlichen Importwert abgestellt. Dies geschah im Hinblick auf die enorm gestiegenen Rohölpreise infolge des Oktoberkrieges des Jahres 1973.

Zwischen der R*** Ö*** und der Beklagten wurden im Jahre 1979 eine Erhöhung des Förderzinses von 6 % auf 8 %, im Jahr 1980 eine solche auf 10 % und im Jahr 1981 mit Wirksamkeit vom 1. Jänner 1981 eine solche auf 15 % vereinbart.

Am 24. Jänner 1980 teilte die Beklagte der Klägerin mit, daß es der Bund abgelehnt habe, nach Inkrafttreten des neuen Berggesetzes (Berggesetz 1975, BGBl. 259) die bestehenden Verträge zu verlängern. Man habe lediglich mit kurzfristigen Interimsvereinbarungen den vertragslosen Zustand überbrückt. Im Dezember des vergangenen Jahres habe das Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie Vertragsentwürfe vorgelegt und in den Erläuterungen zur Frage der Förderzinszahlungen bemerkt, daß freiwillig eingegangene Verpflichtungen der Beklagten den Förderzins an den Bund nicht mindern könnten. Es sei zu befürchten, daß sich der Bund an den Geist der seinerzeitigen Vereinbarungen nicht mehr gebunden erachte. Sollte die 2 %-ige Förderzinszahlung an die Länder künftig keine entsprechende Berücksichtigung finden, sehe sich die Beklagte auf Grund der hohen finanziellen Belastungen, welche die Entwürfe vorsähen, bedauerlicherweise nicht in der Lage, die auf die alten Aufsuchungs- und Gewinnungsverträge abgestellte Verpflichtung aufrecht zu erhalten. Die geänderten Verhältnisse zwängen die Beklagte daher, die Vereinbarungen mit der klagenden Partei (von 1965 und 1967) zum Tag des Inkrafttretens der neuen Aufsuchungs- und Gewinnungsverträge mit dem Bund vorsorglich aufzulösen (Beilage M). Dem widersprach die klagende Partei (Beilage N).

Am 19. Mai 1981 teilte die Beklagte, die bis dahin stets die vertraglichen 2 % bezahlt hatte, der klagenden Partei mit, daß Zahlungen nach dem 8.April 1981, d.h. nach Abschluß der neuen Gewinnungsverträge (vom 8.April 1981, Beilage 14), über Verlangen des Bundes nur mehr ohne Anerkennung der Rechtsgrundlage und mit Vorbehalt der Rückforderung geleistet würden (Beilage O). Auch dem widersprach die klagende Partei (Beilage Q).

Mit Schreiben vom 14. Dezember 1982 teilte die Beklagte der klagenden Partei mit, daß sie auf Grund einer Rechtsauskunft des Bundesministeriums für Handel, Gewerbe und Industrie im Hinblick auf die neue gesetzliche Regelung (§ 77 Abs. 2 bis 4 BergG 1975 i.d.F. der Berggesetz-Novelle 1982, BGBl. 520), der klagenden Partei keinen Förderzins mehr zahlen werde, weil die Geschäftsgrundlage weggefallen sei. Die seit 1.Jänner 1982 für die Fördermenge aus 1982 bereits bezahlten Beträge seien zurückzuerstatten (Beilage S). Auch dem widersprach die klagende Partei (Beilage T). Die Zahlungen hatte die Beklagte bereits mit Oktober 1982 eingestellt.

Mit der am 10.Jänner 1984 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die klagende Partei:

1. die Feststellung, daß die zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vereinbarungen, und zwar

a) die auf Grund des Anbotschreibens der Beklagten vom 14.Juli 1965 und des Annahmeschreibens der Oberösterreichischen Landesregierung vom 26.Juli 1965 zustandegekommene sowie

b) die auf Grund des Anbotschreibens der Beklagten vom 15.Juni 1967 und des Annahmeschreibens der Oberösterreichischen Landesregierung vom 8.August 1967 zustandegekommene, betreffend die Übernahme der Verpflichtung der Beklagten zur Leistung eines Förderzinses an das Land Oberösterreich in den Aufsuchungsgebieten

zu a) Linz, Wels-Nord und Windischgarsten,

zu b) Bad Ischl,

je Tonne geförderten Rohöls in der Höhe von 2 % des durchschnittlichen jährlichen Importwertes loco Grenze pro Tonne Rohöl im Kalenderjahr der Förderung, errechnet auf Grund der Einfuhrstatistik des Österreichischen Statistischen Zentralamtes, aufrecht bestehen;

2. die Beklagte schuldig zu erkennen, der Klägerin binnen 14

Tagen

A) in Anwendung der zwischen ihr und dem Bund (der R*** Ö***) bestehenden Aufsuchungs- und Gewinnungsverträge Abrechnung über die in dem Gewinnungsgebiet Linz geförderten förderzinspflichtigen Mengen Rohöl, und zwar

a) über die in den Fördermonaten Oktober bis Dezember 1982 sowie Jänner bis November 1983 jeweils geförderten förderzinspflichtigen Mengen Rohöl unter Angabe des jeweiligen durchschnittlichen monatlichen Importwertes loco Grenze im Fördermonat,

b) über die Jahresförderung 1982 unter Zugrundelegung des durchschnittlichen jährlichen Importwertes loco Grenze pro Tonne im Jahre 1982 geförderten förderzinspflichtigen Rohöls, errechnet auf Grund der Einfuhrstatistik des Österreichischen Statistischen Zentralamtes, zu legen;

B) den sich aus den Abrechnungen gemäß A) a) und b) des Klagebegehrens unter Berücksichtigung der bereits geleisteten Zahlungen ergebenden Betrag des 2 %-igen Förderzinses binnen 14 Tagen bei Exekution zu zahlen.

Die klagende Partei brachte vor, daß die im Klagebegehren genannten, zwischen den Streitteilen in den Jahren 1965 und 1967 abgeschlossenen Vereinbarungen über die von der Beklagten der klagenden Partei zu leistenden Zahlungen von 2 % mit den seit 1979 zwischen der Beklagten und der R*** Ö*** abgeschlossenen Vereinbarungen über die von der Beklagten der R*** Ö*** zu leistenden jeweils erhöhten Zahlungen nichts zu tun hätten. Vereinbarungen wie die in den Jahren 1965 und 1967 zwischen den Streitteilen geschlossenen seien weder durch das Berggesetz 1975 noch durch die Berggesetz-Novelle 1982 untersagt worden. Ein wichtiger Grund zu deren vorzeitiger Auflösung sei nicht gegeben, die Geschäftsgrundlage sei nicht weggefallen.

Die Beklagte bestritt das Klabebegehren, beantragte Klageabweisung und wendete, soweit dies im Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, ein: Aus den Vorverhandlungen der Streitteile und der R*** Ö*** zu den Aufsuchungs- und Gewinnungsverträgen hinsichtlich der Gebiete Linz, Wels-Nord und Windischgarsten vom 22. November 1965, wie sie aus den einzelnen Schreiben hervorgingen, ergebe sich, daß ein dreiseitiges Dauerschuldverhältnis zwischen Bund, Land Oberösterreich und der Beklagten begründet worden sei und die Absicht der Parteien darauf gerichtet gewesen sei, daß der Bund mit der Beklagten einen Aufsuchungs- und Gewinnungsvertrag für Gebiete in Oberösterreich nach dem Muster der für andere Aufsuchungsgebiete in Österreich bestehenden Verträge abschließt, jedoch mit der Abweichung, daß statt des üblichen Förderzinses für Rohöl von 8 % nur ein solcher von 6 % an den Bund bezahlt werden soll. Die 2 %, um welche der Bund den von der Beklagten zu zahlenden Förderzins ermäßigt, sollte die Beklagte jeweils an die Klägerin leisten. Es sei den drei Vertragsparteien des Dauerschuldverhältnisses klar gewesen, daß die Beklagte nicht bereit sei, an die klagende Partei aus dem Titel des Vorschlagsrechtes oder aus einem anderen Titel eine Zahlung zu leisten, die ihr nicht vom Bund durch Herabsetzung des Förderzinses von 8 % auf 6 % jeweils vergütet werde. Nach dem Inkrafttreten des Berggesetzes 1975, BGBl. 259, seien zwischen dem Bund und der Beklagten Verhandlungen geführt worden, um die bestehenden Aufsuchungs- und Gewinnungsverträge dem Berggesetz 1975 anzugleichen. In Interimsvereinbarungen habe die Beklagte provisorischen Erhöhungen des Förderzinses von 8 % bzw. in den Aufsuchungsgebieten in Oberösterreich von 6 % zugestimmt. In den Aufsuchungsgebieten in Oberösterreich sei der an den Bund abgeführte Förderzins jeweils um 2 % niedriger als in allen anderen Aufsuchungsgebieten gewesen. Diese 2 % seien jeweils an die Klägerin abgeführt worden. Mit Inkrafttreten der Berggesetz-Novelle 1982 sei an die Stelle der am 8. April 1981 zustandegekommenen vertraglichen Vereinbarungen eines Förderzinses von 15 % die gesetzliche Bestimmung eines Förderzinses in der Höhe von 20 % getreten. Normadressat dieses Gesetzes seien außer dem Bund die erdölfördernden Firmen, von denen es nur zwei gebe, nämlich die Beklagte und die RAG. Es sei in den Jahren 1965 und 1967 bzw. 1968 nicht vorherzusehen gewesen, daß ein Gesetz kommen werde, welches dem Bund die Möglichkeit nehme, den Förderzins für in Oberösterreich gewonnenes Erdöl um 2 % niedriger zu halten, damit diese 2 % dem Land Oberösterreich als weiterer Förderzins zufließen könne. Die rechtliche Möglichkeit, dies zu tun, sei Geschäftsgrundlage der 1965 bis 1968 zwischen dem Bund, dem Land Oberösterreich und der Beklagten abgeschlossenen Vereinbarungen gewesen. Solange die Privatautonomie des Bundes hinsichtlich der Höhe des Förderzinses nicht beschränkt bzw. beseitigt gewesen sei, habe der Bund dem Abzug von 2 % Förderzins zugunsten der Klägerin immer zugestimmt.

Die R*** Ö*** trat der Beklagten im vorliegenden

Rechtsstreit als Nebenintervenientin bei.

Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren auf Grund der von den Streitteilen und der Nebenintervenientin vorgelegten Urkunden sowie auf Grund der Aussagen der Zeugen Ministerialrat Dipl.Ing.Dr. Kurt M***, Wirklicher Hofrat i.R. Dr. Josef H*** und Dr. Lelio S*** zur Gänze ab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 300.000 S übersteigt.

Das Erstgericht beurteilte den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht wie folgt:

Die Verträge zwischen den Streitteilen seien als Dauerschuldverhältnisse zu beurteilen. Grundsätzlich sei nach Beginn der Dauerleistung ein Rücktritt nicht möglich.

Dauerschuldverhältnisse könnten jedoch jederzeit aus wichtigen Gründen vorzeitig aufgelöst werden. Als wichtige Gründe seien solche anzusehen, die egner Partei die Aufrechterhaltung des Vertragsverhältnisses billigerweise nicht mehr zumutbar erscheinen ließen. Zu einer derartigen Kündigung sei jedoch nur jener Vertragsteil berechtigt, der für das Auftreten der Mißhelligkeiten nicht allein oder doch überwiegend verantwortlich sei. Dies bedeute für den gegenständlichen Fall, daß die Erhöhung des von der Beklagten an den Bund zu zahlenden Förderzinses mit Sicherheit nicht der Beklagten zuzurechnen sei. Durch die Bestimmungen d%e Berggesetz-Novelle 1982 werde dem Vertragspartner der Beklagten, nämlich dem Bund, die vertragliche Dispositionsmöglichkeit, Förderzinse zu vereinbaren, entzogen, obgleich der privatrechtliche Charakter des Vertrages nicht berührt werde. Es werde normiert, daß grundsätzlich der dem Bund zustehende Förderzins 20 % betragen müsse. Berücksichtige man, daß der Vertrag von vornherein eine ermäßigte Quote des an den Bund zu zahlenden Förderzinses vorgesehen habe, so könne wohl spätestens ab diesem Zeitpunkt die Zahlung einer weiteren Zinsleistung an die Klägerin der Beklagten billigerweise nicht zugemutet werden. Daß der Beklagten eine weitere Zahlung etwa durch Überwälzung höherer Kosten auf den Verbraucher dennoch möglich gewesen wäre, sei nicht einmal behauptet worden. Mit den in der Folge eingetretenen Veränderungen habe bei Vertragsabschluß nicht gerechnet werden müssen.

Das Berufungsgericht führte in rechtlicher Beziehung nachstehendes aus:

Die Beklagte habe in der Klagebeantwortung unter anderem eingewendet, daß die Geschäftsgrundlage, die zu den Vereinbarungen der Streitteile geführt habe, durch die Bestimmungen der Berggesetz-Novelle 1982 weggefallen sei, weil anstelle des von der Beklagten zu entrichtenden Förderzinses, dessen Höhe auf Grund von Vereinbarungen zwischen dem zuständigen Bundesministerium und der Beklagten festgelegt worden sei, ein gesetzlich vorgeschriebener Förderzins von 20 % getreten sei. Damit sei die Möglichkeit der Vereinbarung eines um 2 % niedrigeren Förderzinses mit der Beklagten für die in Oberösterreich gelegenen Aufsuchungsgebiete mit dem Zweck, diese 2 % dem Land Oberösterreich zufließen zu lassen, entfallen. Es sei in den Jahren 1965, 1967 bzw. 1968 nicht vorhersehbar gewesen, daß eine gesetzliche Regelung diese Möglichkeit ausschalten werde.

Dieser Einwand der Beklagten erweise sich als berechtigt. In der Regel erfordere es die Vertragstreue, daß jeder Vertragsteil die von ihm übernommenen Verpflichtungen erfülle und das Risiko eines Fehlschlagens seiner Erwartungen tragen müsse. Die Auslegung eines Vertrages nach den für jeden Vertragsteil geltenden Regeln von Treu und Glauben könne aber auch dazu führen, daß ein Vertrag gelöst werden dürfe, wenn im Festhalten am Vertrag, im Beharren auf Verpflichtungen, deren Erfüllung dem Schuldner nicht zumutbar sei, geradezu ein Verstoß gegen diese Grundsätze erblickt werden müsse. Die Abwägung der Interessen der Vertragspartner habe unter Bedachtnahme auf die Umstände des Einzelfalles zu geschehen und könne auch dazu führen, daß nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs ein einseitiger Vertragsrücktritt ohne Schadenersatzpflicht als vereinbart angesehen werden könne, ohne daß dies ausdrücklich vereinbart gewesen wäre (JBl. 1980, 652 mit weiteren Nachweisen; Rummel in Rummel, ABGB, Rdz 6 zu § 901). Dieses Recht müsse einem Vertragsteil insbesondere bei Wegfall der objektiven Geschäftsgrundlage, also dann eingeräumt werden, wenn der im Vertrag zum Ausdruck gebrachte oder ihm zugrundegelegte Vertragszweck nicht nur zeitweilig unerreichbar geworden sei (Gschnitzer in Klang 2 IV/1, 337 ff.; Larenz, Geschäftsgrundlage und Vertragserfüllung 2 185). Der Wegfall der objektiven Geschäftsgrundlage könne auch durch eine Gesetzesänderung herbeigeführt werden, wenn das Rechtsverhältnis auf einer bestimmten Gesetzeslage aufgebaut gewesen sei (SZ 43/63; EvBl. 1972/142; MietSlg. 29.104 u.a.). Gehe man von diesen Erwägungen aus, so erweise sich der Einwand des Wegfalles der objektiven Geschäftsgrundlage durch die Beklagte als berechtigt. Aus den Vorverhandlungen zwischen der Klägerin, der Beklagten und dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau zu den Verträgen betreffend die Aufsuchungsgebiete in Oberösterreich lasse sich entnehmen, daß die Beklagte ihre Bereitschaft, der Klägerin einen Förderzins von 2 % zu zahlen, davon abhängig gemacht habe, daß sie statt des Förderzinses von 8 %, der zu dieser Zeit "üblicherweise" vereinbart worden sei, der R*** Ö*** einen Förderzins von 6 % entrichte. Diese "Bedingung" sei auch der Klägerin bekannt gewesen, die ihrerseits dem Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau im Schreiben vom 18.Mai 1965 (Beilage 3) unter Wiedergabe des Standpunktes der Beklagten die Bereitschaft mitgeteilt habe, dem Abschluß eines Aufsuchungsvertrages mit der Beklagten für die Gebiete in Oberösterreich unter der Voraussetzung zuzustimmen, daß sie von der Beklagten eine Abgabe von 2 % des Förderzinses erhalte. Den an den Vorverhandlungen Beteiligten, nämlich der R*** Ö***, der Klägerin und der Beklagten, sei sohin klar gewesen, daß die Beklagte nur unter der Voraussetzung der Herabsetzung der Höhe des "üblicherweise" vereinbarten Förderzinses um 2 % bereit gewesen sei, einen (weiteren) Förderzins in dieser Höhe der Klägerin zu entrichten. Für die drei Vertragspartner sei erkennbar gewesen, daß die Beklagte nicht bereit gewesen sei, aus dem Titel eines "Vorschlagsrechtes" oder aus anderen Gründen der Klägerin einen Förderzins zu zahlen, der ihr nicht im Wege einer Herabsetzung des ansonsten zu entrichtenden Förderzinses durch den Bund "vergütet" werde. Wirtschaftlich betrachtet habe offenkundig die Leistung des Förderzinses von 2 % an die Klägerin zu Lasten des Bundes im Wege der Reduzierung des sonst für andere Aufsuchungsgebiete damals vereinbarten Förderzinses gehen sollen, sei es als Gegenleistung für das der Klägerin (vermeintlich ?) zustehende Vorschlagsrecht oder aus politischen Erwägungen. Aus den Vorverhandlungen, die sich aus den vorgelegten Urkunden ergäben, lasse sich kein anderer Grund dafür entnehmen, warum der Bund mit der Herabsetzung des Förderzinses von 8 % (den die Beklagte grundsätzlich zu zahlen bereit gewesen sei, wie sie im Schreiben vom 15. März 1965, Beilage 1, bekanntgegeben habe) auf 6 % einverstanden gewesen sei.

Lege man zugrunde, daß eine "Reduzierung" des in den weiteren Verträgen zwischen der R*** Ö*** und der Beklagten jeweils vereinbarten Förderzinses für die Aufsuchungsgebiete in Oberösterreich um jeweils 2 % im Vergleich zu anderen Aufsuchungsgebieten infolge der Berggesetz-Novelle 1982 nicht mehr möglich gewesen sei, weil die Höhe des zu entrichtenden Förderzinses seither gesetzlich festgelegt sei, so wäre ein Festhalten der Klägerin an der vertraglichen Verpflichtung der Beklagten, ihr weiterhin einen Förderzins von 2 % zu zahlen, als Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben zu werten. Der Klägerin sei nämlich von Anfang an bekannt gewesen, daß das Rechtsverhältnis mit der Beklagten hinsichtlich des zu entrichtenden Förderzinses jeweils auf entsprechenden Vereinbarungen zwischen dem Bund und der Beklagten aufgebaut gewesen sei, die eben einen "reduzierten" Förderzins vorgesehen hätten. Die gesetzlich zwingend festgelegte Höhe des Förderzinses hätte zur Folge, daß die Beklagte der Klägerin Zahlungen zu leisten hätte, die sie nunmehr wirtschaftlich allein tragen müßte, weil sie ihr nicht vom Bund im Wege einer "Reduzierung" des Förderzinses vergütet würden.

Der Beklagten sei darin beizupflichten, daß hierin der Wegfall einer typischen Geschäftsgrundlage liege, der die Beklagte zur Vertragsauflösung berechtige.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf den Revisionsgrund des § 503 Abs. 1 Z 4 ZPO gestützte Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klage abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. Die Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die klagende Partei teilt zwar grundsätzlich die von den Vorinstanzen wiedergegebenen Rechtsansichten von Lehre und Rechtsprechung zum Wegfall der typischen (objektiven) Geschäftsgrundlage und zur Auflösung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund, hält jedoch eine Ergänzung und Vervollständigung von deren Rechtsausführungen für erforderlich: Die Begründung für die Befugnis zur vorzeitigen Auflösung jeglicher Dauerschuldverhältnisse liege darin, daß auf Dauer angelegte Rechtsverhältnisse im besonderen Maße für Veränderungen der für den Vertrag maßgeblichen Verhältnisse empfindlich seien, da es auch den sorgfältigsten Parteien nicht möglich sei, für alle Wechselfälle der unüberschaubaren Zukunft vorzusorgen, sodaß sie in besonderem Maße des Schutzes der Rechtsordnung bedürften (JBl. 1982, 142). Dabei müsse aber grundsätzlich jeder Vertragsteil das Risiko eines Fehlschlagens seiner Erwartungen tragen (EvBl. 1976/193; SZ 43/63; EvBl. 1978/137). So könne sich grundsätzlich auch niemand darauf berufen, daß durch eine Änderung der Gesetzgebung die ursprüngliche Geschäftsgrundlage weggefallen sei oder sich verschoben habe, da die Änderung der Gesetzgebung denjenigen zu treffen habe, in dessen Rechte sie eingreife (SZ 43/63). Allerdings könnten die Parteien bei Abschluß eines Vertrages mit Selbstverständlichkeit vom Bestehen, Fortbestehen oder Eintritt bestimmter Umstände ausgehen und diese Umstände nur deswegen nicht zur Bedingung des Geschäftes machen, weil niemand an die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Regelung denke. Die Rechtsprechung anerkenne es daher, daß unter Umständen ein Vertrag auch dann gelöst werden dürfe, wenn die objektive (typische) Geschäftsgrundlage, die jedermann mit einem solchen Geschäft verbinde, weggefallen sei und damit der im Vertragsinhalt zum Ausdruck gelangte, von beiden Teilen anerkannte wesentliche Vertragszweck nicht nur zeitweilig unerreichbar geworden sei (EvBl. 1978/137). Dies gelte natürlich auch für Änderungen in der Gesetzgebung, wenn der Bestand eines Gesetzes oder eine Rechtslage offensichtlich zur Geschäftsgrundlage gemacht worden sei oder gar ein Rechtsverhältnis auf einem bestimmten Gesetz aufgebaut habe (SZ 43/63). Grundsätzlich erfordere aber die Vertragstreue, daß jeder Vertragsteil die von ihm übernommenen Verpflichtungen erfülle und das Risiko eines Fehlschlagens seiner Erwartungen selbst zu tragen habe; eine individuelle Voraussetzung, von der die Parteien bei Vertragsabschluß ausgegangen seien, sei nur dann von Bedeutung, wenn die Parteien durch ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung die Wirkung eines Geschäftes vom Vorhandensein oder Fortbestehen der vorausgesetzten Sachlage abhängig gemacht hätten. Nur der Wegfall einer von beiden Parteien gemeinsam dem Vertragsabschluß unterstellten Voraussetzung könne als Wegfall der Geschäftsgrundlage gewertet werden (SZ 35/47; EvBl. 1978/137). Gerade diese ergänzenden rechtlichen Überlegungen rechtfertigten die vom Berufungsgericht vorgenommene Subsumtion des festgestellten Sachverhaltes nicht.

Zu den für diesen Standpunkt ins Treffen geführten Argumenten ist wie folgt Stellung zu nehmen:

Zunächst meint die klagende Partei, das Berufungsgericht lasse bei der Annahme, es sei Inhalt des zwischen den Streitteilen geschlossenen Vertrages geworden, daß die Bereitschaft der Beklagten, der klagenden Partei einen Förderzins von 2 % zu zahlen, davon abhängige, daß sie der R*** Ö*** anstelle des (damals) üblichen Förderzinses von 8 % nur einen solchen von 6 % entrichten müsse, unberücksichtigt, daß eine derartige Bedingung nur im Schreiben vom 13.Mai 1965 (Beilage 2), deutlich zum Ausdruck komme, das aber nicht an die klagende Partei, sondern an das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau gerichtet gewesen sei. Bei der auf das Schreiben der klagenden Partei an das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau vom 18.Mai 1965 (Beilage 3) gestützten Annahme des Berufungsgerichtes, diese bedingte Bereitschaft der Beklagten sei der klagenden Partei bekannt gewesen, bleibe insbesondere das Memorandum der Oberösterreichischen Landesregierung an das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau vom 9.Juli 1958 (Beilage Z) unberücksichtigt.

Dem ist entgegenzuhalten, daß die klagende Partei in ihrem an das Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau gerichteten Schreiben vom 18.Mai 1965 (Beilage 3) unter anderem ausgeführt hat: "Die ÖMV ist bereit und hat dies unverbindlich auch für die RAG erklärt, eine entsprechende Abgabe von der Förderung zu leisten. Die Abgabe an das Land Oberösterreich würde, sofern der Bund von der ÖMV und der RAG 6 % Förderzins einhebt, für das Land Oberösterreich in der Höhe von zwei weiteren Prozenten des Förderzinses geleistet werden." Der daraus vom Berufungsgericht gezogene Schluß auf die Kenntnis (auch) der klagenden Partei von der vorerwähnten bedingten Bereitschaft der Beklagten ist einwandfrei. Er wird durch das mehrere Jahre früher verfaßte Memorandum Beilage Z nicht entkräftet, in dem übrigens die klagende Partei eine angemessene Beteiligung an dem Förderzins anstrebte, der (für sie) 2 % betragen sollte, wenn der Bund (für sich) bis zu 6 % einhebt. Dazu kommt, daß auch das von der klagenden Partei angenommene Vertragsanbot der Beklagten vom 14.Juli 1965 (Beilage C) selbst die Zahlung eines Förderzinses von 2 % durch die Beklagte an die klagende Partei ausdrücklich davon abhängig macht, daß der von der Beklagten an die Republik Österreich zu entrichtende Förderzins mit 6 % festgesetzt wird (siehe auch das Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 24.Mai 1965, Beilage 5). In diesem Zusammenhang ist auch gleich auf die Auffassung der klagenden Partei einzugehen, die (von der Beklagten in ihrem Anbotschreiben vom 14.Juli 1965, Beilage C gebrauchte) Wortfolge ".... Für den Fall, daß diese Aufsuchungs- und Gewinnungsverträge mit uns abgeschlossen werden und der Förderzins für Erdöl mit 6 % festgesetzt wird...." deute lediglich auf eine aufschiebende Bedingung für das Zustandekommen des Vertrages zwischen den Streitteilen hin; aus dem Verhalten der Beklagten nach dem Abschluß der Verträge ergebe sich überdies, daß allein die Erhöhung des Förderzinses durch den Bund für die Beklagte (noch) keinen Auflösungsgrund dargestellt habe.

Diese Auffassung trifft nicht zu. Eine Auslegung der in Rede stehenden Wortfolge im Sinne der vom Berufungsgericht wiedergegebenen Lehre und Rechtsprechung führt auch bei Bedachtnahme auf die von der klagenden Partei angestrebte Ergänzung und Vervollständigung zu dem Ergebnis, daß nicht bloß das Entstehen, sondern auch die Fortdauer der Zahlungsverpflichtung der Beklagten gegenüber der klagenden Partei davon abhängig sein sollte, daß die R*** Ö*** von der Beklagten für die in Oberösterreich gelegenen Aufsuchungs- und Gewinnungsgebiete einen gegenüber dem sonst üblichen Förderzins um 2 % niedrigeren Förderzins verlangt. In der Klagebeantwortung, auf die die klagende Partei zur Stützung ihrer Deutung des Verhaltens der Beklagten nach Vertragsabschluß selbst verweist, brachte die Beklagte vor (AS 42 = S 6 der Klagebeantwortung), daß sie zwar in Interimsvereinbarungen provisorischen Erhöhungen des Förderzinses zugestimmt habe, daß aber der für die Aufsuchungs- und Gewinnungsgebiete in Oberösterreich an den Bund abgeführte Förderzins jeweils um 2 % niedriger gewesen sei als in allen anderen Aufsuchungs- und Gewinnungsgebieten; diese 2 % seien jeweils an die klagende Partei abgeführt worden. In dem an die klagende Partei gerichteten Schreiben der Beklagten vom 24.Jänner 1980, Beilage M, auf das die klagende Partei in der Revision gleichfalls Bezug nimmt, führte die Beklagte aus, daß sie sich, sollte die 2 %-ige Förderzinszahlung an die Länder künftig keine entsprechende Berücksichtigung finden, auf Grund der hohen finanziellen Belastungen, welche die vom Bundesministerium für Handel, Gewerbe und Industrie erstellten Vertragsentwürfe vorsähen, nicht in der Lage sehe, die auf die alten Aufsuchungs- und Gewinnungsverträge abgestellte Verpflichtung aufrecht zu erhalten. Sodann wendet die klagende Partei ein, die Streitteile hätten gar nicht darauf vertrauen können, der Bund werde die Zahlungsverpflichtung der Beklagten im Rahmen des zwischen ihnen bestehenden Vertragsverhältnisses berücksichtigen. Aus den von der Nebenintervenientin vorgelegten Urkunden Beilagen III bis V in Verbindung mit den von der klagenden Partei vorgelegten Urkunden Beilagen X bis CC sei nämlich ersichtlich, daß die R*** Ö*** im Rahmen ihrer Befugnis nach § 2 BitumenG niemals, und zwar weder gegenüber der Beklagten noch gegenüber der klagenden Partei, auf einen Teil des Förderzinses zugunsten der klagenden Partei verbindlich verzichtet habe. Ein solcher Verzicht sei vielmehr ausdrücklich abgelehnt worden. Es sei der klagenden Partei anheimgestellt worden, ihre Rechtsposition durch privatrechtliche Vereinbarung mit Dritten zu verwerten. Aus den Zeugenaussagen gehe hervor, daß die vertraglichen Beziehungen zwischen den Streitteilen einerseits und die vertraglichen Beziehungen zwischen der Beklagten und der R*** Ö*** andererseits als voneinander unabhängig gedacht worden seien.

Die von der klagenden Partei aufgezeigte Haltung der R*** Ö*** spricht nicht gegen, sondern für die Annahme des Berufungsgerichtes. Gerade wenn die Streitteile - wie die klagende Partei behauptet - nicht sicher sein konnten, daß die R*** Ö*** die gegenüber der klagenden Partei vertraglich übernommene Zahlungsverpflichtung der Beklagten bei der vertraglichen Festsetzung des von der Beklagten an die R*** Ö*** zu entrichtenden Förderzinses berücksichtigen würde, lag es für die Beklagte nahe, ihre Zahlungsverpflichtung gegenüber der klagenden Partei von dieser Berücksichtigung abhängig zu machen, und wäre es Sache der klagenden Partei, welche die Bedeutung dieses Umstandes für die Beklagte erkennen mußte, gewesen, sich gegen die Aufnahme dieser Bestimmung in den Vertrag auszusprechen, wenn sie das Risiko des Nichteintritts oder des Wegfalls dieser Voraussetzung nicht tragen wollte (vgl. NZ 1979, 172; NZ 1980, 37; 5 Ob 796/81 u. a.).

Die klagende Partei macht der Beklagten ferner zum Vorwurf, es unterlassen zu haben, in ihr Vertragsanbot vom 14.Juli 1965 (Beilage C) die weitere "Bedingung" aufzunehmen, daß sie nicht bereit sei, aus dem Titel eines "Vorschlagsrechtes" oder aus anderen Gründen der klagenden Partei ein Entgelt zu leisten, das ihr nicht im Wege einer Herabsetzung des ansonsten zu entrichtenden Förderzinses durch den Bund "vergütet" werde. Angesichts der Weigerung des Bundes, ein solches "Vergütungsrecht" anzuerkennen, könne auch nicht davon gesprochen werden, die Parteien seien bei Abschluß des Vertrages mit Selbstverständlichkeit vom Bestehen, Fortbestehen oder Eintritt bestimmter Umstände ausgegangen und hätten diese nur deswegen nicht zur Bedingung des Geschäftes gemacht, weil sie an die Notwendigkeit einer ausdrücklichen Regelung nicht gedacht hätten.

Dieser Vorwurf geht ins Leere, weil die von der klagenden Partei vermißte weitere "Bedingung" - wie dem Berufungsgericht beizupflichten ist - der Sache nach ohnehin zum Vertragsinhalt gemacht worden ist. Es genügt in diesem Zusammenhang, auf die Stellungnahme zu den bisher behandelten Einwänden der klagenden Partei zu verweisen.

Schließlich vertritt die klagende Partei die Auffassung, daß auch eine ergänzende Vertragsauslegung die Rechtsansicht der Beklagten nicht stützen könne. Da beiden Vertragspartnern bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt gewesen sei, daß der Bund schon auf Grund der Gesetzeslage nicht berechtigt sei, verbindlich auf einen Teil des Förderzinses zu verzichten, sei es unverständlich, weshalb die Vertragspartner das weitere Bestehen ihres Vertrages davon hätten abhängig machen sollen, daß der Bund einen teilweisen Verzicht leiste. Es wäre überdies geradezu unverständlich, wenn die klagende Partei, die klar zum Ausdruck gebracht habe, die Beklagte solle an das Vertragsverhältnis ohne Kündigungsrecht gebunden sein, es in die Hände der Beklagten und des Bundes (der ja alle Anteile an der Beklagten - ursprünglich unmittelbar, später mittelbar über die ÖIAG - besessen habe bzw. besitze) gelegt hätte, das gesamte Vertragsverhältnis durch ein entsprechendes Einverständnis (allenfalls im Sinne der Gesetzesänderung) zu beseitigen. Es könne auch nicht davon gesprochen werden, daß ein zukünftiger Konfliktfall in der Art, daß der Bund einen Abzug des Entgelts an die klagende Partei vom Förderzins verweigere, für die Beklagte nicht vorhersehbar gewesen sei.

Es kann nicht gesagt werden, daß das Verhalten der Streitteile unverständlich wäre, wenn die vom Berufungsgericht gefundene Vertragsauslegung richtig wäre. Auch nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes entspricht diese Auslegung vielmehr der Interessenlage aller Beteiligten und deren Einschätzung der Sachlage, wie sie sich nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses darstellten. Wollte man annehmen, die R*** Ö*** habe bereits vor Inkrafttreten der Berggesetz-Novelle 1982 auf den allein ihr zustehenden angemessenen Förderzins auch nicht - wirtschaftlich betrachtet - teilweise zugunsten Dritter verzichten dürfen, dann wären die vertraglichen Vereinbarungen zwischen den Streitteilen von Anfang an wegen der Beisetzung einer unerlaubten Bedingung ungültig gewesen (§§ 897 f. ABGB; vgl. dazu Koziol-Welser 7 I 144). Wollte man die Vorhersehbarkeit eines zukünftigen Konfliktfalles für die Beklagte im Sinne der Revisionsausführungen der klagenden Partei bejahen, so müßte diese Vorhersehbarkeit nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens auch für die klagende Partei angenommen werden. War aber die Möglichkeit einer Änderung der die Geschäftsgrundlage bildenden Umstände beiden Vertragsparteien bekannt, dann bildete diese Möglichkeit ein von beiden Parteien dem Vertragsabschluß zugrundegelegtes Risiko und kann sich keine der Vertragsparteien darauf berufen, daß der Eintritt dieser Möglichkeit vorhersehbar gewesen sei (MietSlg. 23.077, MietSlg. 25.078; JBl. 1980, 652). Da den in der Revision gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes ins Treffen geführten Argumenten somit Berechtigung nicht zukommt und die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes auch im übrigen keinerlei Bedenken begegnet, war der Revision ein Erfolg zu versagen, ohne daß es noch erforderlich wäre, auf die weiteren Ausführungen in der Revision und in den Revisionsbeantwortungen einzugehen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E08563

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00537.86.0708.000

Dokumentnummer

JJT_19860708_OGH0002_0050OB00537_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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