TE OGH 1986/7/8 2Ob621/86

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Veröffentlicht am 08.07.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma I*** H*** A*** AG, Kärntner Ring 16, 1010 Wien, vertreten durch Dr. Ferdinand Graf, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei E*** G*** R*** UND -V*** AG, 5640 Bad Gastein,

vertreten durch Dr. Friedrich Eckert, Rechtsanwalt in Baden, wegen S 587.869,37 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom 15. April 1986, GZ 4 R 315/85-25, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Teilurteil des Landesgerichtes Salzburg vom 7. Oktober 1985, GZ 11 Cg 4/85-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte hat der Klägerin die mit S 15.899,40 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.445,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin verkaufte der Beklagten mit Vertrag vom 21./26. April 1982 das Hotel "Kaiserhof" samt mehreren weiteren dazugehörenden Liegenschaften in Badgastein um einen Preis von S 19 Mio. sowie verschiedene bestimmte Inventargegenstände um S 4 Mio zuzüglich Umsatzsteuer. Vor Abschluß dieses Vertrages ließ die Klägerin keinen Zweifel daran, daß eine größere Zahl von im Hotel befindlichen Kunst- und Ausstattungsgegenständen nicht gemeinsam mit der Liegenschaft verkauft werden. Die Klägerin ließ diese Gegenstände von einem Sachverständigen schätzen und bot sie der Beklagten zum Kauf an. Am 20. August 1982 erfolgte eine Einigung über einen Preis von S 900.000,- für Antiquitäten und weitere S 247.000,- für verschiedene Betriebsausstattungsgegenstände sowie Silber, Glas und Porzellan.

Die Klägerin begehrt als restlichen Kaufpreis für die Kunst- und Ausstattungsgegenstände S 587.869,37 samt 9,75 % Zinsen. Die Beklagte brachte vor, der Klagsbetrag sei überhöht, außerdem hätten bei der Übergabe zwei Ölbilder im Wert von S 80.000,-

gefehlt. Überdies wendete die Beklagte Gegenforderungen von S 3 Mio und S 6 Mio bis zur Höhe des Klagsbetrages aufrechnungsweise mit der Begründung ein, die Klägerin habe beim Verkauf des Hotels schwerwiegende Baumängel verschwiegen.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit Teilurteil zur Gänze statt und behielt die Entscheidung über die Gegenforderung und über die Prozeßkosten der Endentscheidung vor. Es vertrat die Ansicht, die Fällung eines Teilurteiles sei zulässig, da die Klagsforderung und die Gegenforderung rechtlich nicht im Zusammenhang stünden. Das Berufungsgericht bestätigte den Zuspruch eines Betrages von S 502.841,99,- samt Zinsen mit Teilurteil, hob das Ersturteil hinsichtlich eines Betrages von S 85.027,38,- samt Zinsen aber auf und verwies die Rechtssache insoweit an das Erstgericht zurück. Das Gericht zweiter Instanz verneinte ebenso wie das Erstgericht einen rechtlichen Zusammenhang zwischen Klagsforderung und Gegenforderung im Sinne des § 391 Abs 3 ZPO.

Die Beklagte bekämpft das Teilurteil des Berufungsgerichtes mit Revision, macht den Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend und beantragt Abänderung dahin, daß das Klagebegehren abgewiesen werde. Hilfsweise stellt die Beklagte einen Aufhebungsantrag.

Die Klägerin beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

Die Revisionswerberin macht geltend, die Kunst- und Ausstattungsgegenstände seien "nur für den Fall des Verkaufs des Hotels" angeboten worden, der Kaufvertrag hinsichtlich dieser Gegenstände sei daher vom Ankauf des Hotels abhängig gewesen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Klägerin würde die Gegenstände nicht gemeinsam mit dem Hotel verkaufen, sei daher unrichtig. Daß diese Fahrnisse erst später in Rechnung gestellt worden seien, schade nicht. Die Parteien seien bei Abschluß des Kaufvertrages über die Liegenschaften davon ausgegangen, daß eine Einigung über den Preis der Fahrnisse erzielt werden könne. Es liege daher ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Kaufpreisklage und Gegenforderung vor. Nicht nötig sei, daß ein einheitlicher Vertragstext vorliege, es reiche aus, wenn der gesamte Sachverhalt als Einheit aufzufassen sei. Es komme darauf an, ob der den Gegenanspruch begründende Sachverhalt aus einem einheitlich zu beurteilenden Lebenssachverhalt abgeleitet werden könne. Dies sei hier der Fall, weil es sich um ein Hotel "im alten Stil" ("Kaiserhof"), das nur mit einer entsprechenden Ausstattung wirke, handle.

Diesen Ausführungen kann nicht gefolgt werden.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Anwendung der Bestimmung des § 391 Abs 3 (Zulässigkeit eines Teilurteils über den Klagsanspruch trotz eingewendeter Gegenforderung) zwar an sich eine Frage des Prozeßrechtes ist, ihre rechtliche Lösung aber von der materiellrechtlichen Frage des rechtlichen Zusammenhanges beider Forderungen abhängt, weshalb diese Frage nach ständiger Rechtsprechung im Rahmen des Revisionsgrundes des § 503 Abs 1 Z 4 ZPO geltend gemacht werden kann (JBl 1980, 548; JBl 1983, 438 uva).

Soweit die Revisionswerberin meint, die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, die Klägerin hätte die Fahrnisse nicht gemeinsam mit der Liegenschaft verkauft, sei unrichtig, ist ihr entgegenzuhalten, daß es sich hier nicht um eine Frage der rechtlichen Beurteilung handelt, sondern um eine vom Erstgericht getroffene Feststellung, welche das Berufungsgericht übernommen hat und die in dritter Instanz nicht bekämpft werden kann. Bei der rechtlichen Beurteilung ist also davon auszugehen, daß die Klägerin einen Verkauf der Kunst- und Ausstattungsgegenstände gemeinsam mit dem Hotel ausdrücklich ablehnte, so daß die beiden Kaufverträge nicht als Einheit verstanden werden können. Daran vermag nichts zu ändern, daß die Klägerin laut Beilage G den Verkauf der Kunst- und Ausstattungsgegenstände davon abhängig machte, daß das Hotel veräußert wird. Daß es sich um ein "Hotel im alten Stil" handelt, mag das Motiv der Beklagten dafür gewesen sein, auch die Kunst- und Ausstattungsgegenstände zu erwerben, ein rechtlicher Zusammenhang im Sinne des § 391 Abs 3 ZPO wurde hiedurch aber nicht begründet. Damit ein derartiger Zusammenhang gegeben ist, müßten beide Forderungen wohl nicht notwendig aus einem einheitlichen Vertrag abgeleitet werden, es genügte, wenn ihnen ein einheitliches Rechtsverhältnis oder ein einheitlicher, unter gleichen rechtlichen Gesichtspunkten zu beurteilender Lebenssachverhalt zugrundeliegt (SZ 42/162, RZ 1977/14 u.a.). Diese Voraussetzungen sind aber im vorliegenden Fall, in welchem mit einem Vertrag ein Hotel und mit einer zweiten Vereinbarung verschiedene Fahrnisse verkauft wurden, nicht gegeben. In einer Reihe von Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes wurde zwar unter "rechtlichem Zusammenhang" auch ein inniger wirtschaftlicher Zusammenhang verstanden, der die Durchsetzung des Anspruches ohne Rücksicht auf den Gegenanspruch als Treu und Glauben widersprechend erscheinen ließe (JBl 1962, 639, JBl 1980, 33 und 548, JBl 1983, 438 ua), doch ist damit für die Beklagte nichts gewonnen, weil die Geltendmachung des restlichen Kaufpreises für die Kunst- und Ausstattungsgegenstände ohne Rücksicht auf eine von der Beklagten behauptete Gegenforderung aus dem Verkauf des Hotels den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht widerspricht.

Die Voraussetzungen für die Fällung eines Teilurteiles im Sinne des § 391 Abs 3 ZPO sind daher gegeben, weshalb der Revision ein Erfolg zu versagen war.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Anmerkung

E08516

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0020OB00621.86.0708.000

Dokumentnummer

JJT_19860708_OGH0002_0020OB00621_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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