Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Zehetner und Dr. Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Prim. Dr. Erich K***, Hinterbrühl, Hauptstraße 27, vertreten durch Dr. Franz Josef Salzer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) Iwan G***, Pensionist, Wien 21., Voltagasse 43, 2.) Ing. Erika G***, Salzburg, Fürstenallee 16a, beide vertreten durch Dr. Erwin Englert, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe einer Verlassenschaft (Streitwert S 500.000,--) infolge Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 14. März 1986, GZ 11 R 10/86-55a, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 31. Oktober 1985, GZ 39 Cg 347/82-51, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit S 19.382,12 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.920,-- an Barauslagen und S 1.587,47 an Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Nachlaß der am 5. Juli 1973 tödlich verunglückten ersten Gattin des Klägers, Dr. Erika K***, wurde mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Mödling vom 19. Juli 1979, 2 A 337/73-74, auf Grund des Gesetzes dem Kläger zur Hälfte und den erblasserischen Brüdern Iwan G*** und Mag. Arch. Alfred G*** (dem Erstbeklagten und dem Rechtsvorgänger der Zweitbeklagten), und zwar auch als eingeantworteten Erben der am 29. Juni 1976 nachverstorbenen erblasserischen Mutter Margarete G***, zu je 1/4 eingeantwortet. Hauptbestandteil des Nachlasses ist der der Erblasserin gehörende Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ 792 KG Hinterbrühl, deren andere Hälfte dem Kläger gehört.
Die Erbschaftsklage des Klägers, die er auf ein nicht mehr aufgefundenes schriftliches eigenhändiges Testament, mit dem er zum Alleinerben eingesetzt worden sei, stützte, wurde mit dem in allen Instanzen (vor OGH mit dem in SZ 55/4 veröffentlichten Urteil) bestätigten Urteil des Erstgerichtes vom 11. Mai 1981, 39 a Cg 224/80-12, abgewiesen. Diesem Urteil lag die Feststellung zugrunde, daß wohl am 25. Juni 1973 ein schriftliches Testament mit dem Wortlaut "mein Mann ist mein Universalerbe, meine Mutter soll zeitlebens im Haus in der Hinterbrühl das Wohnrecht haben" existierte, über dessen weiteres Schicksal aber keine Feststellungen getroffen werden konnten.
Nach rechtskräftiger Bewilligung der Wiederaufnahme dieses Verfahrens mit Urteil des Erstgerichtes vom 5. April 1984, ON 25, gab das Erstgericht nunmehr der Klage statt. Es stellte neuerlich fest, daß Dr. Erika K*** ein eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament verfaßte, wonach der Kläger ihr Universalerbe sei und ihre Mutter zeitlebens im Hause in der Hinterbrühl das Wohnrecht haben solle. Sie wollte dadurch unter anderem ihrer Mutter das Wohnrecht sichern. Am 25. Juni 1973 zeigte Dr. Erika K*** dieses Testament ihrem Hausarzt und Bekannten Dr. August K***, der ihr riet, es ihrer Mutter zur Aufbewahrung zu geben. Dr. Erika K*** befolgte diesen Rat. Am 5. Juli 1973, wenige Stunden vor ihrem Ableben, besuchte Dr. Erika K*** Elisabeth H***, eine Cousine des Klägers, und traf dabei auch mit Helga T***, einer weiteren Cousine des Klägers, zusammen. Diesen beiden gegenüber erwähnte Dr. Erika K***, daß sie ein Testament des angeführten Inhaltes errichtet und ihrer Mutter übergeben habe. Nach dem Ableben der Dr. Erika K*** verschwieg deren Mutter Margarete G***, diese letztwillige Verfügung und äußerte die Befürchtung, daß sie in Hinkunft nicht mehr im Hause in der Hinterbrühl werde wohnen dürfen. Sie hatte ein sehr schlechtes Verhältnis zum Kläger. Die Testamentsurkunde wurde nicht aufgefunden. Rechtlich gelangte das Erstgericht zu dem Ergebnis, daß das Testament den Formvorschriften des § 578 ABGB entsprochen habe. Da sein Verlust auf Zufall beruhe, sei es gemäß § 722 ABGB als rechtswirksam zu behandeln und der Nachlaß sohin dem Kläger herauszugeben.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes S 300.000,-- übersteigt. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens sowie einer unbedenklichen Beweiswürdigung und erledigte die zum Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erstatteten Ausführungen der Beklagten wie folgt:
Soweit mit der Rechtsrüge Feststellungsmängel geltend gemacht würden, beträfen diese allesamt nicht den rechtserheblichen Sachverhalt, sondern lediglich Umstände, die auf die Beweiswürdigung Einfluß haben könnten. Diese Darlegungen seien daher ebenfalls der Beweisrüge zuzurechnen. Sie seien zum Teil bereits behandelt worden, wie das Verhältnis der Ehegatten K*** zueinander, die Persönlichkeit der Erblasserin und die ohnedies nie umstrittene Tatsache, daß der Kläger kein Testament zu Gunsten seiner ersten Ehefrau errichtet hat. Diese unstrittige Tatsache liege allen bisher erflossenen Entscheidungen erkennbar zugrunde, weshalb das Unterbleiben einer ausdrücklichen Feststellung dieses Inhaltes im Hinblick auf die erstgerichtliche Bezugnahme auf den Akt 39 a Cg 224/80 weder einen Feststellungs- noch einen Begründungsmangel darstelle. Daß drei Zeuginnen Margarete G*** eine Testamentsunterdrückung nicht zutrauen würden, sei überhaupt keine feststellungsfähige Tatsache, sondern nur die subjektive Meinung dieser Zeuginnen. Sie ermöglichten keine verläßlichen Feststellungen über das tatsächliche Geschehen. Da die Berufung weder sekundäre Feststellungsmängel aufzeige noch eine von den Feststellungen des Erstgerichtes ausgehende Rechtsrüge ausführe, sei die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Erstgericht der Überprüfung durch das Berufungsgericht entzogen.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes richtet sich die auf die Revisionsgründe des § 503 Abs 1 Z 2, 3 und 4 ZPO gestützte Revision der Beklagten mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der neuerlichen Abweisung der Erbschaftsklage abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und der Aktenwidrigkeit liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Mit der Rechtsrüge machen die Beklagten zusammengefaßt geltend, daß dem Kläger der von ihm gemäß § 722 ABGB zu erbringende Beweis des zufälligen Unterganges des schriftlichen Testamentes der Dr. Erika K*** nicht gelungen sei.
Abgesehen davon, daß die Frage, ob dem Kläger der von ihm gemäß § 722 ABGB zu erbringende Beweis des zufälligen, das heißt nicht auf dem Willen des Erblassers beruhenden Unterganges des schriftlichen Testamentes gelungen ist (vgl. hiezu außer SZ 55/4 noch EvBl 1983/62), dem vom Obersten Gerichtshof nicht mehr überprüfbaren Tatsachenbereich zugehört, kann die rechtliche Beurteilung der Sache nach ständiger Rechtsprechung auch im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft werden, wenn im Berufungsverfahren eine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge nicht erhoben wurde (siehe die in MGA ZPO 13 unter Nr. 11 zu § 503 Z 4 ZPO abgedruckten Entscheidungen und aus letzter Zeit etwa 6 Ob 726/84). Daß die Beklagten aber im Berufungsverfahren eine solche Rechtsrüge nicht erhoben haben, wurde bereits vom Berufungsgericht zutreffend erkannt.
Es war daher der Revision ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Bemessungsgrundlage ist gemäß §§ 3 und 4 RATG und § 56 Abs 2 JN der vom Kläger in der Klage angegebene Wert des gesamten Streitgegenstandes.
Anmerkung
E08565European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0050OB00545.86.0708.000Dokumentnummer
JJT_19860708_OGH0002_0050OB00545_8600000_000