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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 idF 1998/I/158;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde der Gemeinde H, vertreten durch Dr. Andreas Konrad, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Radetzkystraße 6/II, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 19. Jänner 2004, GZ. FA13A-
12.10 H 78 - 04/15, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zusammenhang mit einer Berufung in einem Baubewilligungsverfahren (mitbeteiligte Parteien: 1. Mag. RP,
2. HT, 3. MT, alle in G, die Zweit- und der Drittmitbeteiligte vertreten durch Dr. FG und den Erstmitbeteiligten, Rechtsanwälte in G), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Gemeinde hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und den Mitbeteiligten insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 23. Jänner 2002 wurde den Bauwerbern H.S. und M.S. auf Grund ihres Ansuchens vom 19. Oktober 2001 die Baubewilligung zur Errichtung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes (mit der vorwiegenden Nutzung: Tierhaltung) gemäß den mit dem Genehmigungsvermerk versehenen und angeschlossenen Plänen und Unterlagen, die einen wesentlichen Bestandteil dieses Bescheides bilden, erteilt.
Dieser Bescheid wurde den Mitbeteiligten am 1. Februar 2001 zugestellt. Der Erstmitbeteiligte erhob dagegen für die Mitbeteiligten die Berufung vom 14. Februar 2002, in der auf der Seite 1 oben als Adressat die Beschwerdeführerin angeführt ist (im Akt liegt ein Aufgabeschein vom 15. Februar 2002 ein, mit dem die Aufgabe an die Beschwerdeführerin durch die Post bestätigt wurde).
Mit Schreiben des Vertreters der Bauwerber vom 3. Mai 2002 wurde dem Erstmitbeteiligten als Vertreter der Mitbeteiligten mitgeteilt, dass ihm der Bauwerber H.S. erklärt habe, eine Kopie der bei der Beschwerdeführerin eingebrachten Berufung der Mitbeteiligten vom 14. Februar 2002 erhalten zu haben. Nach Kenntnisnahme dieses Schriftstückes habe der Vertreter der Bauwerber feststellen müssen, dass es sich offensichtlich um die Originalberufung der Mitbeteiligten gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 23. Jänner 2002 handle, die, wie der Vertreter sodann auf telefonischem Wege feststellen habe können, bei der Gemeinde niemals eingelangt sei.
In der Folge brachten die Mitbeteiligten den bei der beschwerdeführenden Gemeinde am 17. Mai 2002 eingelangten Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 23. Jänner 2002 ein. Begründet wurde dieser Wiedereinsetzungsantrag im Wesentlichen damit, dass offensichtlich durch Verrutschen des Schriftstückes im Fensterkuvert die Berufung nicht an die Beschwerdeführerin, sondern an die Konsenswerber zugestellt worden sei und daher ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis vorliege, das die Antragsteller gehindert habe, die Berufungsfrist fristgerecht wahrzunehmen. Die Antragsteller treffe kein Verschulden, wobei auch ein Versehen minderen Grades eine Wiedereinsetzung nicht hindere. Gleichzeitig wurde die Berufung erhoben.
Mit Bescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 4. Juli 2002 wurde dieser Antrag abgewiesen. Wegen Unzuständigkeit des Gemeinderates behob die belangte Behörde auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung der Mitbeteiligten mit Bescheid vom 7. Oktober 2002 diesen Bescheid und erklärte ihn für nichtig.
In der Folge wies der Bürgermeister der Beschwerdeführerin den Wiedereinsetzungsantrag mit Bescheid vom 3. März 2003 gemäß § 71 AVG ab. Die erstinstanzliche Behörde begründete dies im Wesentlichen damit, der eidesstattlichen Erklärung der P.Z., der Mitarbeiterin der Vertreter der Mitbeteiligten vom 16. Mai 2002, sei zu entnehmen, dass sie am 15. Februar 2002 den Schriftsatz, gemeint offensichtlich die Berufung, in ein Kuvert gesteckt habe, sie jedoch nicht mehr sagen könne, welches Format dieses Kuvert gehabt habe. Sie sei sich jedoch sicher, dass als Adressat die Beschwerdeführerin mit der entsprechenden Adresse in H aufgeschienen sei und nicht die in der Berufung genannten Konsenswerber. Dazu korrespondierend sei von ihr der Aufgabeschein handschriftlich ausgefüllt worden und als Empfänger die Beschwerdeführerin angeführt worden. Sie habe im Zeitpunkt der Verfassung des Aufgabescheines nochmals den Empfänger überprüft und es sei als Empfänger die Beschwerdeführerin aufgeschienen. Es sei P.Z. nicht erklärlich, weshalb nunmehr am Kuvert bzw. im Fenster die Konsenswerber als Empfänger aufgeschienen wären. Aus dem Schreiben der Vertreter der Konsenswerber vom 3. Mai 2002 an die Wiedereinsetzungswerber ergebe sich, dass nach Erhebungen dieser Rechtsanwaltskanzlei das Postorgan die Zustellung an die Konsenswerber deshalb durchgeführt habe, weil in dem vom Wiedereinsetzungswerber verwendeten Fensterkuvert derjenige Teil der Berufung aufgeschienen sei, in dem die Konsenswerber angeführt gewesen seien. Eine Feststellung, dass die Berufung im Fensterkuvert verrutscht sei und demgemäß ein falscher Adressat aufgeschienen sei, könne nicht getroffen werden.
Im Rahmen der Beweiswürdigung wurde ausgeführt, wesentlich erscheine die Aussage der P.Z., wonach es ihr nicht erklärlich sei, weshalb nunmehr am Kuvert bzw. im Fenster des Kuverts die Namen der Konsenswerber als Empfänger aufgeschienen wären. Sie selbst, die mit diesem Vorgang in der Kanzlei beauftragt gewesen sei, könne die Vermutung der Wiedereinsetzungswerber, wonach es sich um ein Verrutschen des Schriftstückes im Fensterkuvert handle, nicht bestätigen. Im Gegenteil: sie schließe ein solches geradezu aus, da sie mehrfach darauf hingewiesen habe, dass auch noch bei der Aufgabe bei der Post der Empfänger, nämlich die Beschwerdeführerin, zweifelsfrei ersichtlich gewesen sei. Auch führten die Wiedereinsetzungswerber nicht aus, in welchem Format die Berufung gefaltet gewesen sei, in welches Fensterkuvert welcher Größe diese eingesteckt worden sei, sodass das Vorbringen selbst diesbezüglich keinen geeigneten Hinweis liefere, ebenso wenig auch der Inhalt des Schreibens der Vertreter der Konsenswerber, dem ausdrücklich zu entnehmen sei, dass im Fensterkuvert jener Teil der Berufung aufgeschienen sei, auf dem die Konsenswerber genannt worden seien. Der beschriebene Sachverhalt reiche für die rechtliche Beurteilung bereits aus.
Durch die rechtzeitige Postaufgabe einer Berufung werde die Berufungsfrist aber nur gewahrt, wenn die Berufung bei der Behörde einlange. Nach Ansicht der erstinstanzlichen Behörde trage nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes der Absender die Gefahr des Verlustes eines Poststückes. Die Wiedereinsetzungswerber stützten ihren Antrag ausschließlich auf ein Verrutschen innerhalb des Kuverts. Diese Möglichkeit werde jedoch von der damit befassten Kanzleikraft, P.Z., ausgeschlossen, die im letzten Absatz ihrer eidesstattlichen Erklärung vom 16. Mai 2002 ausdrücklich Folgendes erklärt habe:
"Wird sohin von mir beim Kuvertieren festgestellt, dass ein anderer Name oder ein anderer Begriff im Fenster des Kuverts ersichtlich wäre, wird dieser von mir mit einem undurchsichtigen Klebestreifen abgedeckt."
Da selbst die damit befasste Kanzleikraft ein Verrutschen ausschließe, und nur auf diesen Sachverhalt werde der Wiedereinsetzungsantrag gestützt, sei rechtlicherseits daraus zu folgen, dass ein Wiedereinsetzungstatbestand im Sinne des § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG nicht vorliege.
Die dagegen erhobene Berufung der Mitbeteiligten wurde mit Bescheid des Gemeinderates der Beschwerdeführerin vom 17. September 2003 als unbegründet abgewiesen.
Auf Grund der dagegen erhobenen Vorstellung der Mitbeteiligten hat die belangte Behörde den Berufungsbescheid vom 17. September 2003 wegen Verletzung von Rechten der Mitbeteiligten behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeinderat der Beschwerdeführerin verwiesen.
Die belangte Behörde führte in der Begründung aus, aus dem vorliegenden Gemeindeakt sei ersichtlich, dass seitens der Mitbeteiligten eine Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Beschwerdeführerin vom 23. Jänner 2002 erhoben worden sei. Dieser Umstand stehe außer Streit, da die Berufung tatsächlich abgesandt worden sei, aber nicht bei der zuständigen Beschwerdeführerin, sondern bei den Konsenswerbern eingelangt sei. Der Beweis, dass die gegenständliche Berufung bei der Post aufgegeben worden und als Adressat die Beschwerdeführerin angegeben gewesen sei, ergebe sich aus dem dem Gemeindeakt in Kopie beiliegenden Aufgabeschein vom 15. Februar 2002.
Aus der eidesstattlichen Erklärung der Kanzleikraft der Rechtsanwaltskanzlei des Erstmitbeteiligten als Vertreter der Mitbeteiligten, P.Z., ergebe sich auch im Zusammenhalt mit den Ausführungen des Vertreters der Konsenswerber, dass die Berufung in einem Fensterkuvert versendet worden sei und im Fenster dieses Kuverts offensichtlich durch Verrutschen des Schriftsatzes der Name der Konsenswerber aufgeschienen sei.
Im Zeitpunkt der Aufgabe des Berufungsschriftsatzes sei aber, und dies ergebe sich auch auf Grund der Bestätigung des Aufgabescheines durch die Post, die Beschwerdeführerin als Adressat ersichtlich gewesen. Wäre zum Zeitpunkt der Kuvertierung bereits festgestanden, dass möglicherweise auch ein anderer Name als der Adressat aufgeschienen wäre, so hätte P.Z. gemäß ihrer eidesstattlichen Erklärung jedenfalls diesen Teil von außen mit einem undurchsichtigen Klebeband abgedeckt, sodass es keinesfalls zu einer Verwechslung oder gar falschen Zustellung gekommen wäre. Das heiße, dass offensichtlich davon auszugehen sei, dass zum Zeitpunkt der Kuvertierung und des Absendens die Beschwerdeführerin als Adressat eindeutig sichtbar gewesen sei. Ansonsten hätte die Kanzleikraft, und hier sei den Angaben der P.Z. durchaus zu folgen, Maßnahmen getroffen, um eine Verwechslung auszuschließen (Abdecken des Fensters durch ein undurchsichtiges Klebeband). Wie auch aus der eidesstattlichen Erklärung hervorgehe, habe es bis dato in der Kanzlei des Rechtsvertreters der Mitbeteiligten keine derartigen Probleme gegeben.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei unter einem unvorhergesehenen Ereignis ein Ereignis zu verstehen, das die Partei tatsächlich nicht einberechnet habe und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht habe erwarten können. Offensichtlich handle es sich im Gegenstande um ein derartiges unvorhergesehenes Ereignis. Es sei auch die zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht geübt worden.
Es sei daher des Weiteren zu prüfen, ob in Entsprechung des § 71 Abs. 1 AVG die Voraussetzung vorliege, dass kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens vorliege. Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausführe, könne in der Tatsache, dass ein Rechtsanwalt nicht mehr die Abfertigung (Kuvertierung) eines Schriftsatzes durch eine sonst verlässliche Kanzleikraft überprüft habe, wenn überhaupt nur ein minderer Grad des Versehens erblickt werden (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 15. März 1995, Zl. 95/01/0034, u.a.). Nach diesem Erkenntnis fielen mechanische Vorgänge, wie etwa das Kuvertieren oder die Postaufgabe, in einen Bereich, der grundsätzlich der alleinigen Erledigung der Kanzlei überlassen werden könne. Diesbezüglich werde auch näher ausgeführt, dass die regelmäßige Kontrolle, ob eine erfahrene und zuverlässige Kanzleikraft die rein manipulativen Tätigkeiten im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe auch tatsächlich ausführe, dem Rechtsanwalt nicht zumutbar sei. Daraus ergebe sich, dass, wenn überhaupt, nur ein minderer Grad des Versehens bei dem eingetretenen unvorhergesehenen Ereignis vorgelegen sei und daher jedenfalls ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen gewesen wäre.
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und - wie die rechtsanwaltschaftlich vertretenen Mitbeteiligten gemeinsam - eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998, ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn:
"1. die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft".
Die beschwerdeführende Gemeinde macht geltend, die verfahrensgegenständliche Berufung der Mitbeteiligten sei am 15. Februar 2002 abgefertigt und an die Konsenswerber gesandt worden. Als Adressat sei nicht die Beschwerdeführerin aufgeschienen, sondern die Konsenswerber. Es sei nicht ersichtlich, worin dabei ein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis liegen solle. In ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe dieser bei Fehlern einer Kanzleikraft dann die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt, wenn der Rechtsanwalt alle erdenklichen organisatorischen Maßnahmen ergriffen hätte, um einen Fehler in einer Rechtsanwaltskanzlei zu minimieren. Ein Rechtsanwalt verstoße aber dann gegen seine anwaltliche Sorgfaltspflicht, wenn er weder im Allgemeinen, noch im Besonderen, wirksame Kontrollsysteme vorgesehen habe, die im Falle des Versagens eines Mitarbeiters Fristversäumungen auszuschließen geeignet seien (Hinweis auf das hg. Erkenntnis Zl. 95/01/0034).
Ein Verschulden treffe einen Rechtsanwalt nur dann nicht, wenn entweder ein ausgesprochen weisungswidriges Verhalten des entsprechenden Kanzleiangestellten vorliege oder der Fehler erst nach Unterfertigung des Schriftsatzes und Kontrolle der Vollständigkeit durch den Rechtsanwalt im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe durch einen verlässlichen Angestellten unterlaufen wäre. Dieses Verschulden sei jedoch in der vorliegenden Angelegenheit nicht auszuschließen, da das Rechtsmittel der Mitbeteiligten schlicht und einfach an einen falschen Adressaten gerichtet gewesen sei. Der eidesstattlichen Erklärung der P.Z. vom 16. Mai 2002 sei zu entnehmen, dass sie am 15. Februar 2002 den Schriftsatz in ein Kuvert gesteckt habe, sie jedoch nicht mehr sagen könne, welches Format dieses Kuvert gehabt hätte. Sie sei jedoch sicher, dass der Adressat die Beschwerdeführerin mit der entsprechenden Adresse gewesen sei und nicht die in der Berufung genannten Konsenswerber. P.Z. schließe in ihrer Erklärung weiters aus, dass bei der Kuvertierung die Konsenswerber als Empfänger aufgeschienen wären.
Die Wiedereinsetzungswerber hätten es unterlassen zu bescheinigen, aus welchem Grund die Berufung an einen falschen Adressaten gelangt sei. Auf Grund der vorliegenden Bescheinigungsmittel sei nach Ansicht der beschwerdeführenden Gemeinde kein unvorhergesehenes bzw. unabwendbares Ereignis vorgelegen, da die Mitbeteiligten die nötigen Bescheinigungsmittel nicht übermittelt hätten. Fest stehe lediglich, dass die Berufung an einen falschen Adressaten und nicht an die Beschwerdeführerin gelangt sei. Es sei davon auszugehen, dass der Postbeamte, der die Berufung an die Konsenswerber zugestellt habe, tatsächlich als Adressaten die Konsenswerber im Schriftstück vorgefunden habe. Gegenteiliges werde auch von den Mitbeteiligten nicht einmal behauptet. Es sei daher anzunehmen, dass die Mitbeteiligten die Berufung an den falschen Adressaten geschickt hätten, ansonsten wäre die Berufung bei der Beschwerdeführerin eingelangt. Dazu, dass nach den Angaben der Mitbeteiligten das Schriftstück verrutscht wäre und daher ein falscher Adressat am Fenster des Kuverts aufgeschienen sei, hätten die Mitbeteiligten keine entsprechenden Bescheinigungsmittel vorgelegt. Die eidesstattliche Erklärung der P.Z. schließe aber aus, dass ein Verrutschen innerhalb des Kuverts möglich gewesen wäre. Die beschwerdeführende Gemeinde habe daher davon ausgehen müssen, dass ein Verrutschen nicht passiert sei. Ein minderer Grad des Verschuldens liege im vorliegenden Fall nicht vor, weil kein Fehler der Kanzleikraft gegeben sei, sondern einfach der falsche Adressat gewählt worden sei.
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden. Der Beweiswürdigung der Gemeindebehörden, dass die fragliche Berufung bereits im Zeitpunkt des Kuvertierens und der Aufgabe nicht an die Beschwerdeführerin, sondern an die Konsenswerber adressiert worden sei, ist die belangte Behörde zutreffend nicht gefolgt (auch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes war diese Beweiswürdigung nicht schlüssig) und ist auf Grund der vorliegenden Beweise entgegen den Gemeindebehörden schlüssig und nachvollziehbar davon ausgegangen, dass im Zeitpunkt der Aufgabe des Berufungsschriftsatzes - wie sich dies insbesondere auf Grund der Bestätigung auf dem Aufgabeschein durch die Post ergeben hat - auf dem Fensterkuvert mit der Berufung die Beschwerdeführerin als Adressat aufgeschienen sei. Aus der Angabe der Kanzleikraft, P.Z., dass, wäre zum Zeitpunkt der Kuvertierung bereits festgestanden, dass möglicherweise auch ein anderer Name als der Adressat aufgeschienen wäre, sie jedenfalls diesen Teil von außen mit einem undurchsichtigen Klebeband abgedeckt hätte, sodass es keinesfalls zu einer Verwechslung oder gar falschen Zustellung gekommen wäre, und sie es sich nicht erklären könne, dass später am Kuvert bzw. im Fenster des Kuverts die Namen der Konsenswerber aufgeschienen sein sollten, konnte - entgegen der Ansicht der Gemeindebehörden - nichts Gegenteiliges abgeleitet werden. Ausgehend davon, dass die Berufung beim Absenden richtig an die Beschwerdeführerin gerichtet war, nahm die belangte Behörde im Hinblick darauf, dass letztlich bei der Zustellung die Konsenswerber auf dem Fensterkuvert als Adressaten ersichtlich gewesen seien, in nicht zu beanstandender Weise an, dass der Schriftsatz nach dem Absenden verrutscht sei.
Mit der Aussage der P.Z., dem Berufungsschriftsatz vom 15. Februar 2002 und der an diese angehefteten Bestätigung der Post und den Erklärungen des Vertreters der Konsenswerber lagen für die Behörden auch ausreichende Bescheinigungsmittel für den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund vor.
Die belangte Behörde hat auch zutreffend auf die hg. Judikatur zu § 71 Abs. 1 AVG verwiesen, nach der den Rechtsanwalt dann kein Verschulden trifft, wenn entweder ein ausgesprochen weisungswidriges Verhalten des entsprechenden Kanzleiangestellten vorliegt oder der Fehler erst nach Unterfertigung des Schriftsatzes und Kontrolle der Vollständigkeit durch den Rechtsanwalt im Zuge der Kuvertierung oder Postaufgabe durch einen verlässlichen Angestellten unterlaufen wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. März 1995, Zl. 95/01/0034). Entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Gemeinde spielten sich die im verfahrensgegenständlichen Wiedereinsetzungsantrag vorgetragenen Vorgänge im Bereich des Kuvertierens und der Postaufgabe der verfahrensgegenständlichen Berufung ab. Auf Seite 1 des im Akt einliegenden Berufungsschriftsatzes scheint links oben die Beschwerdeführerin samt Adresse auf, sie war also in diesem vom Erstmitbeteiligten unterschriebenen Schriftsatz als Adressat zutreffend angeführt. Bei einer Kuvertierung in ein Fensterkuvert, die ein Verrutschen des Schriftsatzes im Kuvert zulässt, handelt es sich aber um einen bei der Kuvertierung erfolgten Fehler der verlässlichen Kanzleikraft. Dem Erstmitbeteiligten als Vertreter der Mitbeteiligten konnte dafür somit kein Verschulden zugerechnet werden.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 14. Juli 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004060034.X00Im RIS seit
19.08.2005