TE OGH 1986/8/12 10Os101/86

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Veröffentlicht am 12.08.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 12.August 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bernardini als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Dr. Walenta, Dr. Reisenleitner sowie Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Gumpinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Anton Robert S*** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1, Abs. 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 14.Mai 1986, GZ 2 d Vr 4592/85-24, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Über die Berufung wird bei einem Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten die durch seine Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Anton Robert S*** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs. 1, Abs. 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er in der Zeit von Jänner bis Ende November 1984 in Wien einen ihm als "Erster Verkäufer" der Filiale der Firma F*** P*** H*** Gesellschaft mbH, in der Folge zur Vereinfachung kurz Firma H*** genannt, in Wien 3., Rennweg 35 anvertrauten Geldbetrag, nämlich Betriebseinnahmen aus "Ausarbeitungsgeschäften" in der Höhe von 163.513 S sich mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern.

Den Schuldspruch bekämpft der Angeklagte mit einer auf Z 5 des § 281 Abs. 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Als "lückenhaft begründet bzw." überhaupt nicht begründet vermeint der Beschwerdeführer die Feststellung, daß sich der Angeklagte Beträge in der Gesamthöhe von 163.513 S, die er aus Ausarbeitungsverkäufen vereinnahmt hatte, widmungswidrig zu seiner persönlichen finanziellen Bereicherung zugeeignet hat; das Erstgericht habe diese Feststellung "aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens, insbesonders aufgrund des unbedenklichen und schlüssigen Gutachtens des Sachverständigen Dkfm. Bruno B***" getroffen; die im Urteil gebrauchte Formel "aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens" lasse nicht erkennen, welche Beweise unter diesen "Ergebnissen des Beweisverfahrens" gemeint und herangezogen worden sind.

Der geltend gemachte Begründungsmangel liegt jedoch nicht vor. Durch den deutlichen Hinweis (verbo "insbesonders") auf das Gutachten des Sachverständigen hat das Erstgericht klar zu erkennen gegeben, daß es die genannte Feststellung überwiegend auf dieses Beweismittel stützte. Daß es in diesem Zusammenhang weitere Beweismittel wie die Aussagen der Zeugen Eva E*** und Peter H*** sowie die Verantwortung des Angeklagten nicht ausdrücklich erwähnte, vermag einen Begründungsmangel nicht darzustellen, denn auf US 11 hat das Erstgericht ausdrücklich angeführt, daß es die (leugnenden) Angaben des Angeklagten durch die glaubhaften Aussagen des Zeugen H*** sowie die Depositionen der Zeugin E*** für widerlegt ansah. Demnach hat das Erstgericht mit hinlänglicher Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht, daß es die zum Schuldspruch führenden Feststellungen nicht nur auf das erwähnte Gutachten des Sachverständigen Dkfm. B***, sondern auch auf die Angaben der Zeugen E*** und H*** sowie die Verantwortung des Angeklagten stützte.

Aus welchen Gründen die Aussagen der Zeugen E*** und H*** für die eingangs zitierte Urteilsfeststellung keine Stütze bieten können, wird in der Mängelrüge nicht näher erläutert; dieser Beschwerdeeinwand ist daher einer sachbezogenen Erörterung nicht zugänglich.

Eine Unvollständigkeit der Urteilsbegründung erblickt der Beschwerdeführer in der Nichterörterung des Umstandes, daß außer ihm (sowie außer den Zeugen E*** und H***, deren Täterschaft das Erstgericht im Rahmen der Beweiswürdigung ausgeschlossen hat), auch andere Personen im Gelegenheitsverhältnis gestanden seien. Während mehrmaliger Abwesenheit im Zeitraum von Jänner bis November 1984 sei er nämlich fünf- bis sechsmal von anderen Mitarbeitern der Firma H*** vertreten worden.

Das Erstgericht hat darauf aber zu Recht nicht Bedacht genommen, denn nach den eigenen Angaben des Angeklagten (S 150) waren diese Mitarbeiter nur zwei Stunden oder Nachmittage im genannten Filialbetrieb tätig, nämlich dann, wenn der Zeuge H*** keine Zeit oder der Angeklagte frei hatte. Nach der Verantwortung des Angeklagten waren die Tagesabrechnungen nur von ihm sowie den Zeugen E*** und H***, die Monatsabrechnungen jedoch ausschließlich von ihm ausgeführt worden (S 150). Die Veruntreuung der vereinnahmten Gelder sollte durch Nichteintragung der Einnahmen in die Tagesabrechnung sowie Fehladditionen in den Monatsabrechnungen verschleiert werden. Da die Entfremdung des Geldes somit im unmittelbaren Zusammenhang mit buchhalterischen Malversationen steht, scheiden die erwähnten, namentlich nicht angeführten Mitarbeiter als mögliche Täter aus, da sie in der Filiale Rennweg der Firma H*** buchhalterisch nicht tätig waren.

Als weitere Urteilsunvollständigkeit rügt der Angeklagte, daß das Erstgericht die Ausführungen des Sachverständigen übergangen habe, wonach auch im Jahre 1983 ein - angeblich

geringfügiger - Additionsfehler in der Jahresabrechnung vorgekommen sei; dieser Umstand sei erörterungsbedürftig gewesen, weil das Erstgericht aus den Additionsfehlern des Jahres 1984 auf die Schuld des Angeklagten geschlossen habe.

Auch dieser Einwand versagt. Die Fehladditionen aus dem Jahre 1984 wurden deswegen als bewußt vorgenommen bezeichnet, weil die Summe der unrichtigen Additionen annähernd der Summe der Fehlbeträge glich; die Fehladditonen waren daher auf einer ziemlich genauen Kenntnis der Einnahmenfehlbeträge aufgebaut. Der vom Sachverständigen als geringfügig bezeichnete (und offensichtlich durch Fahrlässigkeit entstandene) Additionsfehler in der Abrechnung des Jahres 1983 läßt eine derartige Annahme hingegen nicht zu, sodaß seine Existenz für das gegenständliche Strafverfahren ohne Relevanz ist. Wenn der Beschwerdeführer aus der Tatsache des fahrlässigen Additionsfehlers aus dem Jahre 1983 auch fahrlässiges Handeln bei den Additionsfehlern im Jahre 1984 für sich in Anspruch nehmen will, bekämpft er in Wahrheit in unzulässiger Weise die schöffengerichtliche Beweiswürdigung, weil er damit auf eine andere Deutung der betreffenden Verfahrensergebnisse abzielt und bringt auf solche Art den geltend gemachten Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Gleichfalls auf das ihm im Verfahren über Nichtigkeitsbeschwerden verwehrte Gebiet der Bekämpfung der Beweiswürdigung begibt sich der Beschwerdeführer, wenn er erneut darauf verweist, nicht nur er, sondern auch die schon vorhin genannten Mitarbeiter der anderen Filialen der geschädigten Firma sowie die Zeugen E*** und H*** kämen als potentielle Täter in Frage.

Rechtliche Beurteilung

In diesem Zusammenhang ist der Beschwerde zu entgegnen, daß die Urteilsfeststellung (US 10), die Zeugin E*** sei erst ab Anfang März 1984 in der Rennweger Filiale der Firma H*** als Halbtagskraft beschäftigt gewesen, keineswegs aktenwidrig ist, denn sowohl der Angeklagte (S 149), als auch der Zeuge H*** (S 11, 29) haben übereinstimmend ausgesagt, daß die Genannte ab März 1984 in der angeführten Filiale tätig war. Eine Aktenwidrigkeit ist nur dann gegeben, wenn etwas als Inhalt einer bei den Akten befindlichen Urkunde oder eines Vernehmungs- bzw. Verhandlungsprotokolls im Urteil bezeichnet wird, das darin nicht enthalten ist. Da diese Urteilsannahme jedoch in den Verfahrensergebnissen ihre Deckung findet, liegt die behauptete Aktenwidrigkeit nicht vor. Wohl aber ist der vom Beschwerdeführer gerügte Umstand als Urteilsunvollständigkeit anzusehen, da das Erstgericht sich diesbezüglich mit der Aussage der Zeugin E***, sie sei ab Februar 1984 bei der Firma H*** beschäftigt gewesen, nicht auseinandersetzte. Dies bewirkt allerdings mangels Entscheidungswesentlichkeit keine Urteilsnichtigkeit. Das Erstgericht ist nämlich davon ausgegangen, daß die verfahrensgegenständlichen Malversationen bereits im Jänner 1984 begannen; zu dieser Zeit aber war Eva E*** unbestrittenermaßen noch nicht im Betriebe des Zeugen H*** tätig.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher sofort bei einer nichtöffentlichen Beratung als offenbar unbegründet zurückzuweisen (§ 285 d Abs. 1 Z 2 StPO).

Über die Berufung des Angeklagten wird bei einem mit gesonderter Verfügung anzuberaumenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden (§ 296 Abs. 3 StPO).

Anmerkung

E09091

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00101.86.0812.000

Dokumentnummer

JJT_19860812_OGH0002_0100OS00101_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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