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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
ABGB §531;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Bayjones und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gubesch, über die Beschwerde des Dr. ME, fortgesetzt durch die Verlassenschaft, diese vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Friedrich Piffl-Percevic, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Schmiedgasse 31, gegen den Bescheid des Ausschusses der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 7. Jänner 2004, GZ. KA 22/97, betreffend Berufsunfähigkeitsrente, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird, soweit mit ihm die Berufung in Bezug auf den dritten Absatz des erstinstanzlichen Bescheides abgewiesen wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Die Steiermärkische Rechtsanwaltskammer hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Abteilung 3 der belangten Behörde vom 14. Oktober 2003 wurde dem Beschwerdeführer auf seinen Antrag vom November 2002 aus der Versorgungseinrichtung der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer, Satzung Teil B, auf Grund des erfolgten Verzichtes auf die Ausübung der Rechtsanwaltschaft mit 28. Februar 2003 mit Wirkung vom 1. März 2003 eine Berufsunfähigkeitsrente von brutto EUR 1.992,92 p.a. (ATS 27.423,18 p.a.) gewährt, die in 14 Teilbeträgen zu EUR 142,35 (ATS 1.958,78) ausbezahlt werde (erster Absatz des Spruches). Die monatliche Rente werde am "Letzten" eines jeden Monats im Voraus für das Folgemonat, zum ersten Mal am "Letzten" des Monates in welchem der Versorgungsfall eingetreten sei, ausbezahlt, wobei die
13. Rente am 30. Juni und die 14. Rente am 30. November eines jeden Jahres geleistet werde (zweiter Absatz des Spruches). Die Nachzahlung für die Monate März 2003 bis November 2003 inklusive der Sonderzahlung vom 30. Juni 2003 (brutto EUR 1.423,50 - ATS 19.587,80) unter Abzug des Beitragsrückstandes von EUR 666,90 (ATS 9.177,43) und somit insgesamt EUR 756,60 (ATS 10.410,37) erfolge rückwirkend auf das näher angeführte Konto lautend auf den Namen des Beschwerdeführers (dritter Absatz des Spruches).
Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die festgestellte Berufsunfähigkeitsrente auf Basis des auf dem Konto des Beschwerdeführers verbuchten Guthabens gemäß § 4 Abs. 5 Teil B der Satzung der Versorgungseinrichtung der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer vom 12. November 2003 sowie unter Berücksichtigung der in der Umlagen- und Leistungsordnung festgelegten Verwaltungskosten von der W. Management- und Consulting AG errechnet worden sei. Es werde darauf hingewiesen, dass gemäß § 4 Abs. 5 Teil B der angeführten Satzung die in der Leistungsordnung bezogen auf das Eintrittsalter des Rechtsanwaltes festgelegte Mindest-Berufsunfähigkeitsrente auf Grund der beantragten und gewährten Ermäßigungen des jährlichen Beitrages im Jahre des Anfalles der Berufsunfähigkeitsrente und der vorhergehenden Jahr(e) auf den Prozentsatz der Mindest-Berufsunfähigkeitsrente, der dem Prozentsatz des durchschnittlich bezahlten Jahresbeitrages im Verhältnis zum Durchschnitt der nicht ermäßigten Jahresbeiträge entspreche, reduziert worden sei.
In der dagegen erhobenen Vorstellung machte der Beschwerdeführer geltend, dass er nach einem Schreiben der W. Versicherungs-AG vom 10. August 1998 (das nach den Ausführungen der Vorstellung als Beilage angeschlossen sein sollte, aber der im Akt befindlichen Vorstellung nicht beiliegt) einen Anspruch auf eine Berufsunfähigkeitsrente ab 1. Jänner 1998 von EUR 3.197,60 p. a. bzw. einen Betrag von monatlich EUR 266,47, und auf zwei Zusatzzahlungen für den 13. und 14. Monat in der Höhe von EUR 532,94 habe. Laut beigelegtem Überweisungsschein in Fotokopie habe er für die "Zusatzpension, Verwendungszweck: aliquoter Anteil von 2/3 für das 1. Quartal 2003" einen Betrag von EUR 222,32 überwiesen. Auf Grund einer telefonischen Nachfrage bei K.R. bei der W. Versicherungs-AG in Wien habe er auch eine angebliche Restschuld für das dritte Quartal 2002 in der Höhe von EUR 111,15 bzw. für das gesamte vierte Quartal in der Höhe von EUR 333,48 überwiesen. Es bestehe daher kein ausgewiesener Beitragsrückstand in der Höhe von insgesamt EUR 666,90. Es seien an die Steiermärkische Rechtsanwaltskammer für das dritte Quartal 2002 insgesamt an Kammerbeiträgen (inklusive W. Versicherungs-AG) EUR 1.963,-- überwiesen worden. Dieser Betrag beinhalte auch die Prämienzahlung für die W. Versicherungs-AG. Dasselbe gelte für das vierte Quartal 2002 bei einer Gesamtzahlung von "wiederum ca. EUR 1.974,--".
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung keine Folge gegeben. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass aus dem Schreiben der W. Versicherungs-AG vom 10. August 1998 hervorgehe, dass es sich bei den darin genannten Ziffern um "prognostizierte Werte" handle. Den in diesem Schreiben enthaltenen Prognosewerten komme demnach keinerlei bindende Wirkung zu. Die bekannten Entwicklungen am Wertpapiermarkt hätten Erwartungen, die am 10. August 1998 noch gerechtfertigt gewesen seien, leider zunichte gemacht. Bei Ermittlung der Berufsunfähigkeitsrente gemäß dem Teil B der Satzung sei nicht auf Prognosewerte aus dem Jahre 1998, sondern auf die Realität des Jahres 2003 abzustellen. Dies bedeute im Anlassfall, dass die Berufunfähigkeitsrente auf Grund des Eintrittsalters in das System B der Satzung (49 Jahre alt per 1. Jänner 1998) nach Leistungsordnung EUR 3.197,60 p.a. betrage.
Nach Darstellung des Beitragsverlaufes von 1998 bis 2003 (in den Jahren 1998 und 2001 bis 2003 sei jeweils eine Ermäßigung auf 40 % des vollen Beitrages erfolgt) wird weiter ausgeführt, dass der Beschwerdeführer "aktiv" 62 Monate im System der Zusatzpension nach Teil B der Satzung (vom 1. Jänner 1998 bis 28. Februar 2003), davon 24 Monate mit 100 %igem Beitrag und 38 Monate mit 40 %igem Beitrag, teilgenommen habe. Daraus ergebe sich ein durchschnittlicher Beitrag im Verhältnis zum vollen Beitrag von 63,2258065 %. Dieser Prozentsatz umgelegt auf die Mindestleistung gemäß der Leistungsordnung bedeute eine Mindest-Berufsunfähigkeitsrente von EUR 1.992,92 (ATS 3.197,60 x 63,2258065 % - Verwaltungskosten p.a. von EUR 28,79).
Für das dritte Quartal und das vierte Quartal 2002 bestehe jeweils ein Beitragsrückstand von EUR 333,48, also insgesamt gerundet von EUR 666,90. Die Beitragszahlung in der Höhe von EUR 222,32, auf die der Rechtsvorgänger des beschwerdeführenden Nachlasses vehement verweise, beziehe sich auf das erste Quartal 2003 (aliquot), könne also nicht mit Beitragsrückständen für die zeitlich vorangehenden Jahresquartale 2002 verrechnet werden.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und Nichtigkeit geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist festzustellen, dass Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens ein vermögenswerter Anspruch des am 15. Februar 2005 verstorbenen Dr. M E ist. Nach diesbezüglicher Befragung des Verlassenschaftskurators setzt dieser das Beschwerdeverfahren der Verlassenschaft fort. Ein derartiger Vermögenswerter Anspruch stellt kein höchstpersönliches Recht des Verstorbenen dar, das mit seinem Tod erlischt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. Jänner 2001, Zl. 2000/02/0340). Dieser Anspruch geht vielmehr auf die Verlassenschaft über und kann von ihr weiter verfolgt werden (vgl. den hg. Beschluss vom 8. September 1998, Zl. 97/08/0151).
Nach § 51 RAO in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 71/1999 hat die Plenarversammlung der Rechtsanwaltskammer alljährlich eine Leistungs- und eine Umlagenordnung zu beschließen. In der Leistungsordnung ist die Höhe der von der Versorgungseinrichtung zu erbringenden Leistungen festzusetzen, in der Umlagenordnung die Höhe der Beiträge zur Aufbringung der dazu notwendigen Mittel.
Gemäß § 53 Abs. 2 Z. 4 RAG kann die Umlagenordnung u. a. bestimmen, dass allfällige Rückstände mit den Leistungen aus der Versorgungseinrichtung aufgerechnet werden.
In § 2 Teil C der Satzung der Versorgungseinrichtung der Stmk. Rechtsanwaltskammer vom 12. November 2003 ist vorgesehen, dass sämtliche Leistungen nach dieser Versorgungseinrichtung gegenüber allfälligen Forderungen der Stmk. Rechtsanwaltskammer gegenüber dem vormaligen Rechtsanwalt, insbesondere mit Beitragsrückständen jeglicher Art verrechenbar sind, sofern nicht ein gesetzliches Verbot dem entgegensteht.
In der Beschwerde wird geltend gemacht, in der Vorstellung sei darauf hingewiesen worden, dass eine telefonische Nachfrage bei K.R., einem Mitarbeiter der W. Versicherungs-AG, ergeben habe, dass für das dritte Quartal 2002 sowie für das vierte Quartal 2002 ein Betrag in der Höhe von insgesamt EUR 444,63 (EUR 111,15 und EUR 333,48) überwiesen worden sei, sodass für das Jahr 2002 niemals ein angeblicher Beitragsrückstand in der Höhe von EUR 666,90 bestehen könne.
Diesem Vorbringen, das die Frage der Rechtmäßigkeit des dritten Absatzes des Spruches des von der belangten Behörde bestätigten erstinstanzlichen Bescheides betrifft, kommt Berechtigung zu.
Der Beschwerdeführer hat in seiner Vorstellung auf die insgesamt der Steiermärkischen Rechtsanwaltskammer für das dritte und vierte Quartal 2002 geleisteten Kammerbeiträge (inklusive für die W. Versicherungs-AG) hingewiesen. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht auseinander gesetzt. Die Argumentation der belangten Behörde hinsichtlich der zu zwei Drittel überwiesenen Beitragszahlung für das erste Quartal 2003, betrifft nicht das diesbezügliche Vorbringen in der Vorstellung von bereits geleisteten Beiträgen für das dritte und vierte Quartal 2002.
Ein wesentlicher Begründungsmangel des angeführten Teiles des angefochtenen Bescheides ergibt sich aber auch daraus, dass unter "sämtlichen" Leistungen im Sinne des § 2 Teil C der angeführten Satzung nach dem hg. Erkenntnis vom 19. September 2003, Zl. 2002/06/0013, grundsätzlich alle von der Versorgungseinrichtung zu erbringenden Leistungen nach § 3 Abs. 1 und Abs. 2 des Statutes (Teil A) gemeint sind. Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides - wie auch aus dem sonstigen Akteninhalt - ist nicht ersichtlich, dass es sich bei den in Rechnung gestellten Beiträgen des Beschwerdeführers überhaupt um Beiträge zur Versorgungseinrichtung handelt.
Dem Beschwerdevorbringen, im Hinblick auf die Zurücklegung der Lizenz und der Mitgliedschaft des Beschwerdeführers mit 28. Februar 2003 hätte die Kammer diesem gegenüber keinen Bescheid mehr erlassen dürfen, kann nicht gefolgt werden. Die zuständigen Organe der Stmk. Rechtsanwaltskammer sind vielmehr berechtigt, über Ansprüche gegenüber der Versorgungseinrichtung der Kammer, wie der verfahrensgegenständliche, die während der Zeit der Mitgliedschaft gemäß der Satzung gegenüber der Versorgungseinrichtung entstanden sind, auch nach Beendigung der Mitgliedschaft abzusprechen.
Nicht nachvollziehbar ist weiters das Vorbringen, dass die "Entscheidung", da die Angelegenheit mit der Aktenzahl "KA 22/97" versehen ist, verjährt sein soll. Die verfahrensgegenständliche Angelegenheit betrifft den Antrag des Beschwerdeführers vom November 2002 auf Gewährung der Berufsunfähigkeitsrente.
Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte, soweit der angefochtene Bescheid aufgehoben wurde, gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 VwGG, im Übrigen gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Bedenken im Hinblick auf Art. 6 MRK bestehen keine, da die in der Beschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen betreffend den abgewiesenen Teil des angefochtenen Bescheides keine solchen sind, die eine mündliche Verhandlung erforderten (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 10. August 2000, Zl. 2000/07/0083).
Der angefochtene Bescheid war daher, soweit mit ihm die Vorstellung in Bezug auf den dritten Absatz des erstinstanzlichen Bescheides abgewiesen wurde, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren in Bezug auf Verhandlungsaufwand war abzuweisen.
Wien, am 14. Juli 2005
Schlagworte
"zu einem anderen Bescheid" Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4 Begründung Begründungsmangel Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7 Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Tod des BeschwerdeführersEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004060026.X00Im RIS seit
18.08.2005