TE OGH 1986/8/21 12Os97/86

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Veröffentlicht am 21.08.1986
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.August 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Krenn als Schriftführer in der Strafsache gegen Karl G*** wegen des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 27.März 1986, GZ 1 b Vr 14090/85-26, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Generalanwaltes Dr. Hauptmann als Vertreter der Generalprokuratur und des Verteidigers Dr. Mossbauer, jedoch in Abwesenheit des Angeklagten, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde wird gemäß § 290 Abs 1 StPO das Urteil dahin ergänzt, daß dem Angeklagten gemäß § 38 StGB auch die polizeiliche Verwahrungshaft am 28.September 1985 von 00.30 Uhr bis 11.45 Uhr und vom 16.Dezember 1985, 22.45 Uhr bis 17. Dezember 1985, 12.30 Uhr auf die Strafe angerechnet wird. Den Berufungen wird nicht Folge gegeben.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl G*** des Verbrechens des versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 15, 127 Abs 1, 129 Z 1 StGB (I/), des Vergehens des unbefugten Gebrauchs von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und Abs 2 StGB (II/) und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs 1 StGB (III/) schuldig erkannt. Mit seiner auf die Gründe der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft der Angeklagte Karl G*** die Punkte I/ und III/ dieses Schuldspruchs. Als versuchter Diebstahl durch Einbruch liegt dem Genannten zur Last, am 28.September 1985 in Wien dadurch, daß er das Vorhangschloß zu dem im Bau befindlichen Haus Wien 2., Rueppgasse 31 mittels einer Eisenstange aufbrach und die Baustelle nach verwertbaren Gegenständen durchsuchte, versucht zu haben, einem Verfügungsberechtigten der Firma K***-BAU fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz wegzunehmen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern. Die Verantwortung des Angeklagten, in den Rohbau nicht eingedrungen zu sein, um dort etwas zu stehlen, sondern um sich auszurasten, ist vom Erstgericht als unglaubwürdig abgelehnt worden.

Rechtliche Beurteilung

Soweit sich der Beschwerdeführer gegen den Ausspruch des Gerichtes wendet, er sei mit Diebstahlsvorsatz in den Rohbau eingedrungen, bekämpft er in Wahrheit nur in im Nichtigkeitsverfahren unzulässiger und daher unbeachtlicher Weise die Beweiswürdigung des Schöffensenats, ohne einen formellen Begründungsmangel im Sinne der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO aufzuzeigen: Nach den Urteilsannahmen hat der Angeklagte Karl G*** nämlich bereits nach ca. 10 Minuten den Rohbau verlassen, wobei er ein längliches Paket bei sich hatte, welches ein Stück Fleisch enthielt, das von ihm anschließend vor der Baustelle weggeworfen wurde. Daraus konnte das Erstgericht sehr wohl folgern, daß der Angeklagte auf der Baustelle weder nächtigen, noch - was bei der damaligen Witterung auch im Freien durchaus möglich gewesen wäre - sich kurzfristig ausrasten hatte wollen, sondern daß er dort nach verwertbarer Diebsbeute gesucht hat (vgl. S 134 dA). Die Annahme, wonach er mit Diebstahlsvorsatz gehandelt hat, beruht sohin auf einleuchtenden und denkrichtigen Erwägungen.

Als verfehlt erweist sich auch der der Sache nach Nichtigkeit gemäß der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO relevierende Beschwerdeeinwand, es habe an einem tauglichen Diebstahlsobjekt gefehlt, weil sich auf der Baustelle tatsächlich keine verwertbaren Gegenstände befunden hätten. Nach den Urteilsfeststellungen handelte es sich um einen Einbruch in eine mit einem Vorhängeschloß versperrte Baustelle, auf welcher tagsüber gearbeitet wird, bei dem der Angeklagte Karl G***, wie bereits erwähnt, am Tatort ein Paket, in welchem sich ein Stück Fleisch befand, an sich genommen, sodann aber wieder weggeworfen hat, weil die Diebsbeute offensichtlich seinen Erwartungen nicht entsprochen hat. Es kann daher keine Rede davon sein, daß an diesem Objekt, gegen das sich die Tathandlung richtete, die pönalisierte Rechtsgutverletzung oder -gefährdung unter keinen Umständen eintreten konnte, das angegriffene Objekt somit für die Herbeiführung des tatbildmäßigen Erfolges in abstracto ungeeignet war (Leukauf-Steininger, Komm. 2 , § 15 RN 33). Der dem Angeklagten vorgeworfene Versuch ist demnach keineswegs absolut untauglich gewesen und somit strafbar. Unzutreffend ist schließlich auch die Ansicht des Beschwerdeführers, die ihm zu Punkt III/ angelastete Tat sei zu Unrecht als Körperverletzung im Sinne des § 83 StGB gewertet worden. Inhaltlich dieses Schuldspruchs hat der Angeklagte Karl G*** am 16. Dezember 1985 in Wien den Alaatin I*** durch Schläge gegen den Kopf, welche eine Prellung des Kopfes sowie eine Prellung und eine Hautabschürfung der Nase zur Folge hatten, vorsätzlich am Körper verletzt. Bei derartigen Tatfolgen handelt es sich aber sowohl im einzelnen als auch in ihrer Gesamtheit um eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der körperlichen Integrität (vgl. ÖJZ-LSK 1976/278, 1979/67; Leukauf-Steininger, Komm. zum StGB 2 , RN 4 und 5 zu § 83 StGB), deren Herbeiführung mit Verletzungs- oder Mißhandlungsvorsatz den Tatbestand der Körperverletzung nach § 83 StGB verwirklicht. Auch insoweit haftet demnach der Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO dem Urteil nicht an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Karl G*** war daher zu verwerfen.

Aus Anlaß der Nichtigkeitsbeschwerde hat sich der Oberste Gerichtshof davon überzeugt, daß zum Nachteil des Angeklagten das Strafgesetz dadurch unrichtig angewendet wurde (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO), daß entgegen § 38 StGB Vorhaftzeiten nicht angerechnet wurden (vgl. S 5 und ON 11 S 1). Dieser materielle Nichtigkeitsgrund war gemäß § 290 Abs 1 StPO zugunsten des Angeklagten von Amts wegen wahrzunehmen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten nach §§ 28, 129 StGB zu einem Jahr Freiheitsstrafe, bei deren Bemessung das Teilgeständnis, der Umstand, daß es beim Versuch geblieben ist und die Enthemmung des Angeklagten durch Alkoholisierung mildernd, hingegen die einschlägigen Vorstrafen und das Zusammentreffen mehrerer Straftaten erschwerend waren.

Mit ihren Berufungen streben die Staatsanwaltschaft eine Erhöhung der Freiheitsstrafe, der Angeklagte hingegen deren Herabsetzung an.

Keiner der Berufungen kommt Berechtigung zu.

Der vom Erstgericht (generell) angenommene Milderungsgrund der Enthemmung durch die Alkoholisierung bei Begehung der Straftaten kommt hier deshalb nicht zum Tragen, weil nach den im Akt erliegenden polizeiamtsärztlichen Gutachten der Angeklagte sowohl bei der Begehung des versuchten Einbruchsdiebstahls als auch des Vergehens der Körperverletzung jeweils nur leicht alkoholisiert war und im Hinblick auf diese Gutachten nicht von einer durch den Alkoholkonsum bedingten Enthemmung gesprochen werden kann (vgl. S 17 und ON 11 S 7); bei der Straftat Faktum II des Urteilssatzes (Vergehen des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach § 136 Abs 1 und 2 StGB) dokumentiert der Genuß von Alkohol - wie der in der Anzeige ON 7 geschilderte Hergang der Tat im Zusammenhang mit den dort angeführten, wegen Art. VIII und IX EGVG über den Angeklagten verhängten Strafen zeigt - einen Mangel an sozialem Verantwortungsbewußtsein und ist in diesem Fall die Alkoholisierung auf Grund des § 35 StGB als Strafmilderung ausgeschlossen. Wie die Staatsanwaltschaft in ihren Ausführungen hingegen mit Recht hervorhebt, war der rasche Rückfall - der Angeklagte hat den versuchten Einbruchsdiebstahl drei Wochen nach seiner Entlassung aus der Strafhaft verübt - als weiterer Erschwerungsgrund zu werten. Ungeachtet der so zum Nachteil des Angeklagten korrigierten Strafzumessungsgründe entspricht jedoch die vom Erstgericht verhängte Freiheitsstrafe der Schwere der persönlichen Tatschuld des Angeklagten, steht in einer vertretbaren Relation zum objektiven Gewicht der verschuldeten Taten und nimmt auch auf die Erfolglosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen und das getrübte Vorleben des Angeklagten gebührend Bedacht, sodaß weder eine Herabsetzung noch die von der Anklagebehörde begehrte Erhöhung der Strafe gerechtfertigt war.

Anmerkung

E08834

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00097.86.0821.000

Dokumentnummer

JJT_19860821_OGH0002_0120OS00097_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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