Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 26.August 1986 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Horak, Dr. Friedrich, Dr. Felzmann sowie Dr. Massauer als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Hinger als Schriftführer in der Strafsache gegen Gerhard Z*** und andere wegen des Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Zollamtes hinsichtlich des Angeklagten Z*** sowie die Berufungen der Angeklagten Gerhard Z***, Otto K*** und Gerhard D*** gleichwie der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieser Angeklagten gegen das Urteil des Kreisgerichtes Korneuburg als Schöffengericht vom 5.Mai 1986, GZ 11 d Vr 261/85-30, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Den Nichtigkeitsbeschwerden wird Folge gegeben: das angefochtene Urteil, welches im übrigen unberührt bleibt, wird im Ausspruch über die Abweisung des Antrags auf Verhängung einer Wertersatzstrafe betreffend den von Gerhard Z*** zur Begehung des gewerbsmäßigen Schmuggels benützten LKW und demzufolge auch in den diesen Angeklagten betreffenden Strafaussprüchen nach § (§ 35 Abs. 4,) 38 Abs. 1 FinStrG. sowie nach § 17 Abs. 2 AußHG - einschließlich des darauf bezogenen Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung, jedoch unter Aufrechterhaltung (auch) der ihn betreffenden Aussprüche über die Einziehung und über die Verhängung einer Wertersatzstrafe (samt Ersatzfreiheitsstrafe) in bezug auf Zigaretten sowie des darauf bezogenen Ausspruchs über die Vorhaftanrechnung - aufgehoben; die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung im Umfang der Aufhebung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte Z*** und die Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieses Angeklagten darauf verwiesen. Zur Entscheidung über die (nicht angemeldeten) Berufungen der Angeklagten Otto K*** und Gerhard D*** sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft hinsichtlich dieser Angeklagten werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Z*** auch die Kosten des ihn betreffenden Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem (auch andere Entscheidungen enthaltenden) angefochtenen Urteil wurde Gerhard Z*** der in der Zeit von Februar bis einschließlich November sowie am 2.Dezember 1984 durch die unter Verletzung seiner zollrechtlichen Stellungspflicht und ohne eine nach dem AußHG erforderliche Bewilligung in mehreren Angriffen vorgenommene Einfuhr von Zigaretten im Gesamtwert von rund 600.000 S in einem an einem LKW angebrachten Geheimbehälter tateinheitlich mit dem Finanzvergehen des vorsätzlichen Eingriffs in die Rechte des Tabakmonopols nach § 44 Abs. 1 lit. c FinStrG sowie mit dem Vergehen nach § 17 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 AußHG begangenen Finanzvergehens des gewerbsmäßigen Schmuggels nach §§ 35 Abs. 1, 38 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig erkannt.
Wegen dieser strafbaren Handlungen wurde er nach § (§ 35 Abs. 4,) 38 Abs. 1 FinStrG zu einer Geldstrafe und nach § 17 Abs. 2 AußHG zu einer (bedingt nachgesehenen) Freiheitsstrafe verurteilt; die am 2.Dezember 1984 beschlagnahmten Zigaretten wurden nach § 18 Abs. 1 AußHG eingezogen; in Ansehung der übrigen tatgegenständlichen Zigaretten wurde ihm nach § 19 Abs. 1 FinStrG und § 18 Abs. 1 AußHG eine Wertersatzstrafe auferlegt sowie für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit nach § 20 Abs. 1 FinStrG (US 21; im Tenor versehentlich: StGB) eine Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt. Den Antrag der Anklagebehörde hingegen, nach § 19 Abs. 1 lit. b FinStrG gegen den Angeklagten Z*** auch hinsichtlich des zur Begehung des gewerbsmäßigen Schmuggels benützten LKWs auf Wertersatz zu erkennen, wies das Erstgericht mit der Begründung ab, daß die in Betracht kommende Verfallsbestimmung und demgemäß auch die insoweit akzessorische Strafbestimmung über den Wertersatz zur Zeit der Beendigung seines strafbaren Verhaltens, also am 2.Dezember 1984, nicht in Geltung gestanden sei (US 7/8, 21/22).
Rechtliche Beurteilung
Den nur dagegen erhobenen, auf § 281 Abs. 1 Z 11 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerden der Staatsanwaltschaft und des Zollamtes kommt Berechtigung zu.
Nach § 19 Abs. 1 lit. b FinStrG ist für den Fall, daß nur deshalb nicht auf Verfall erkannt wird, weil das Eigentumsrecht einer anderen Person berücksichtigt wird, die Verhängung einer Wertersatzstrafe zwingend vorgeschrieben. In diesem Sinn unterliegen zur Begehung eines Finanzvergehens benützte Beförderungsmittel, die mit besonderen Vorrichtungen versehen waren, welche die Tat erleichtert haben, nach § 17 Abs. 2 lit. b FinStrG zwar grundsätzlich dem Verfall, doch ist das Eigentum von nicht tatbeteiligten Personen an solchen Beförderungsmitteln derart zu berücksichtigen, daß die in Rede stehende Sanktion dann unzulässig ist, wenn den betreffenden Eigentümer keiner der in § 17 Abs. 3 FinStrG umschriebenen Vorwürfe trifft und die betreffenden Vorrichtungen vor der Entscheidung entfernt werden können (§ 17 Abs. 4 FinStrG). Alle soeben relevierten, für den vorliegenden Fall aktuellen Strafbestimmungen wurden durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs vom 14.Dezember 1983, G 34/83, BGBl. 1984/113, welches ausschließlich auf § 17 Abs. 2 lit. a FinStrG gemünzt ist, in ihrer Wirksamkeit nicht berührt und standen demnach sowohl im (gesamten) Tatzeitraum als auch zur Zeit der Urteilsfällung in Geltung.
Die Begründung des Schöffengerichts für die Nichtverhängung einer den Verfall des zur Begehung des Schmuggels verwendeten LKWs substituierenden Wertersatzstrafe über den Angeklagten Z*** erweist sich demnach als verfehlt; zu einer Entscheidung in der Sache selbst (§ 288 Abs. 2 Z 3 erster Satz StPO) reichen jedoch insoweit die Urteilsfeststellungen nicht aus.
Denn das Erstgericht hat zwar als erwiesen angenommen, daß der Fahrzeugeigentümer Werner K*** vom Anbringen des aus Brettern im Ausmaß von 93 x 67 x 20 cm angefertigten Geheimbehälters am LKW - und zwar unter dessen Ladefläche (S 5 iVm der Tatbeschreibung im zollamtlichen Beweismittelakt) - nichts wußte und auch sonst am Schmuggel nicht beteiligt war, sowie ferner, daß die beschriebene besondere Vorrichtung mittlerweile wieder entfernt wurde (US 9, 12, 20), sodaß im Hinblick auf das Fehlen von Anhaltspunkten für einen gegen ihn zu erhebenden Vorwurf im Sinn des § 17 Abs. 3 FinStrG die Voraussetzungen für die Verhängung einer Wertersatzstrafe über Z*** nach § 19 Abs. 1 lit. b FinStrG dem Grunde nach vorliegen, doch sind die Konstatierungen über den deren Bemessung der Höhe nach zugrunde zu legenden Wert des Fahrzeugs (US 10, 21 iVm ON 5 und den Angaben des Eigentümers im zollamtlichen Beweismittelakt) bereits deswegen nicht zielführend, weil sie nicht dessen nach § 19 Abs. 3 FinStrG dafür maßgebenden gemeinen Wert im Sinn des § 10 Abs. 2 BewG (vgl. SSt. 33/38, 12 Os 35/84 ua), also den nach dessen Beschaffenheit im gewöhnlichen Geschäftsverkehr erzielbaren Verkaufspreis (vgl. SSt. 37/19, EvBl. 1977/92 ua), sondern vielmehr dessen - durch einen dem Abnützungszeitraum entsprechenden prozentuellen Abschlag vom Neuwert (vgl. SSt. 36/15, EvBl. 1972/165 ua) ermittelten und dementsprechend unter Umständen höheren - Zeitwert betreffen. Auf Grund dieses Feststellungsmangels ist im davon betroffenen Umfang eine Verfahrenserneuerung in erster Instanz unumgänglich, sodaß insoweit nach Anhörung der Generalprokuratur schon bei einer nichtöffentlichen Beratung wie im Spruch zu erkennen war (§ 285 e StPO).
Bei der Bemessung des Wertersatzes wird zu beachten sein, daß im Fall einer unterschiedlichen Höhe des gemeinen LKW-Wertes zu den mehreren Tatzeiten auf den höchsten der solcherart in Betracht kommenden mehreren Werte abzustellen ist, weil zwar in Ansehung desselben Objekts (ebenso wie auf dessen Verfall auch) auf Wertersatz nur einmal erkannt werden kann, der in jedem einzelnen Fall entstandene obligatorische Strafanspruch aber der Höhe nach durch eine Häufung der Straftaten keinesfalls unter jenes Maß reduziert wird, welches sich in einem der mehreren Fälle aus dem vergleichsweise höchsten Wert des verfallsbedrohten Gegenstands ergibt.
Mit Rücksicht darauf, daß die nachzuholende Verhängung einer Wertersatzstrafe über den Angeklagten Z*** zwar weder den Ausspruch über die Einziehung noch die Höhe des ihm auferlegten Wertersatzes in bezug auf die tatgegenständlichen Zigaretten tangiert, wohl aber - zumal unter Bedacht auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit (§ 23 Abs. 3 FinStrG) - für die Bemessung der ihm zuerkannten Geld- (§§ 35 Abs. 4, 38 Abs. 1 FinStrG) und Freiheitsstrafe (§ 17 Abs. 2 AußHG) von Belang sein könnte, war die Urteilsaufhebung nur auf die zuletzt relevierten (11 Os 72/77) und nicht auch auf die zuerst angeführten (13 Os 207/77) Teile des Strafausspruchs zu erstrecken (§ 289 StPO).
Mit ihren Berufungen waren die Staatsanwaltschaft hinsichtlich Z*** und dieser Angeklagte darauf zu verweisen.
Da dementsprechend die für die Zuständigkeitsregelung in § 296 Abs. 1 StPO maßgebende ratio legis in Ansehung der (nicht angemeldeten) Berufungen der weiteren Angeklagten Otto K*** und Gerhard D*** sowie der sie betreffenden Berufung der Staatsanwaltschaft wegen der vollständigen Erledigung der vom Angeklagten Z*** und ihn betreffend von der Anklagebehörde erhobenen Rechtsmittel schon bei der nichtöffentlichen Beratung nicht wirksam wird, weil über die in Rede stehende Berufung der Staatsanwaltschaft nur nach einem ausschließlich darüber anzuordnenden Gerichtstag zur öffentlichen Verhandlung entschieden werden könnte, war insofern das weitere Rechtsmittelverfahren in sinngemäßer Anwendung teils des § 285 b Abs. 6 StPO und teils des (durch § 219 StPO bloß in erster Instanz in seiner Anwendbarkeit begrenzten) § 58 StPO an das (abgesehen vom Zusammentreffen zuständige) Oberlandesgericht Wien abzugeben (vgl. EvBl. 1980/151, 10 Os 123/82 ua).
Anmerkung
E08814European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0100OS00105.86.0826.000Dokumentnummer
JJT_19860826_OGH0002_0100OS00105_8600000_000