TE OGH 1986/8/28 6Ob593/86

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Veröffentlicht am 28.08.1986
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Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Jensik, Dr. Schobel und Mag. Engelmaier als Richter in der Außerstreitsache der Antragstellerin Leopoldine S***, geschiedene

W***, Spitalsbedienstete, 2191 Pellendorf 83, vertreten durch Dr. Hellfried Stadler, Rechtsanwalt in Mistelbach, wider den Antragsgegner Karl W***, Pensionist,

2144 Bernhardsthal-Mühlberg, wegen Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb infolge der Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom 25. Februar 1986, GZ 5 R 16/86-76, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mistelbach vom 22.Oktober 1985, GZ F 4/85-68, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Beiden Revisionsrekursen wird teilweise Folge gegeben. Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes mit der Abänderung und der Maßgabe wiederhergestellt wird, daß die Leistungsfrist mit drei Monaten festgesetzt und das Mehrbegehren auf Bezahlung von weiteren 58.848,01 S abgewiesen wird.

Text

Begründung:

Gegenstand des Rechtsmittelverfahrens ist nur mehr der von der Antragstellerin für die Mitwirkung im Erwerb des Antragsgegners für die Zeit vom 1.Juli 1977 bis 31.Juli 1979 im Rechtsmittelverfahren zuletzt noch begehrte Betrag von 123.801,99 S. Die Antragstellerin brachte dazu vor, daß sie regelmäßig mit ihrer vollen Arbeitskraft in der Landwirtschaft ihres geschiedenen Gatten mitgearbeitet habe. Der Antragsgegner beantragte die Abweisung dieses Begehrens und wendete ein, die Antragstellerin sei nur geringfügig in der Landwirtschaft tätig gewesen.

Das Erstgericht trug dem Antragsgegner die Bezahlung von 123.801,99 S an die Antragstellerin (diese hatte zuletzt 182.650 S begehrt) binnen 14 Tagen nach Rechtskraft des Beschlusses auf, ohne das Mehrbegehren ausdrücklich abzuweisen. Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest:

Aus der im Jahre 1963 geschlossenen Ehe der Streitteile entstammen vier in den Jahren 1963 bis 1971 geborene Kinder. Im Zeitpunkt der Eheschließung waren 5 ha Grund vorhanden. Im Jahre 1970 wurden von der Mutter des Antragsgegners 18 ha übergeben. Bis zum Auszug der Antragstellerin im Jahre 1979 war der Grundbesitz auf 38 ha angewachsen. An Maschinen waren vor der Eheschließung ein Traktor, zwei Anhänger, ein Mähdrescher und diverse Zusatzgeräte zum Traktor vorhanden. Im Jahre 1979 waren drei Traktoren, zwei Mähdrescher, vier Anhänger, ein LKW-Zug, ein Güllewagen mit 8.000 l Fassungsvermögen, ein Rübenvollerntner und die notwendigen Zusatzgeräte vorhanden. Etwa 1973 oder 1974 wurde am Mühlberg durch die Familie mit dem Bau eines Stallgebäudes begonnen. Der Stall ist für 800 Mastschweine ausgelegt. Die Antragstellerin hat während der gesamten zuletzt geltend gemachten Zeit (das Mehrbegehren für die Zeit vor dem 1.Juli 1977 wurde bereits im vorherigen Rechtsgang wegen Verjährung abgewiesen) im landwirtschaftlichen Betrieb des Antragsgegners als landwirtschaftliche Kraft voll gearbeitet. Die Arbeit betraf die Mithilfe im Zuckerrübenbau, in der Schweinemast, im Weinbau, bei der Getreideernte, in Fuhrleistungen und in der Mitarbeit an Bauarbeiten. Die Entlohnung für eine Tätigkeit, wie sie von der Antragstellerin verrichtet wurde, hätte vom 1.Juli 1977 bis 31. Juli 1979 einschließlich Sonderzahlungen 123.801,99 S betragen. Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, der Antragstellerin stehe für ihre Mitwirkung am gemeinsamen Erwerb dieser angemessene Betrag zu.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragsgegners (die Antragstellerin ließ den erstgerichtlichen Beschluß unbekämpft) teilweise Folge und änderte den erstgerichtlichen Beschluß dahin ab, daß es dem Antragsgegner die Bezahlung von 80.000 S binnen sechs Wochen nach Rechtskraft dieses Beschlusses auftrug und das Mehrbegehren von 102.650 S abwies. Es sprach ferner aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig ist.

Das Rekursgericht übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes und führte rechtlich aus, der mitwirkende Ehegatte habe "an den anderen einen Anspruch auf angemessene Abgeltung seiner Mitwirkung". Durch die Mitwirkung entstehe zwischen den Ehegatten kein Dienstverhältnis. Dem witwirkenden Ehegatten stehe daher kein Anspruch auf Entlohnung, wie etwa einem Dienstnehmer oder Unternehmer, sondern nur auf angemessene Abgeltung zu. Bei der Bemessung des Abgeltungsanspruches sei auf die gesamten Lebensverhältnisse der Ehegatten Bedacht zu nehmen. Zu diesen gehörten auch ihre Einkommensverhältnisse und besonders die Ertragslage des Betriebes, in dem ein Ehegatte mitgewirkt habe. Auch die Unterhaltsleistungen seien angemessen zu berücksichtigen, keineswegs also vom Abgeltungsanspruch einfach (linear) abzuziehen. Erhalte ein mitwirkender Ehegatte zunächst keine Gegenleistung für seine Tätigkeit, jedoch den vollen Unterhalt nach § 94 ABGB, so sei es folgerichtig, bei der Bemessung eines nachträglich geltend gemachten Abgeltungsanspruches die vollen Unterhaltsleistungen angemessen zu berücksichtigen. Es sei aktenkundig und vom Erstgericht unbestritten festgestellt, daß sich die von den Parteien gemeinsam betriebene Wirtschaft wesentlich vergrößert und einen Aufschwung genommen habe. Wenngleich auf Grund der Vergrößerung der Wirtschaft nunmehr eine Schuldenlast vorhanden sei, könne die Ertragslage des Betriebes nicht als schlecht angesehen werden, da der bestehenden Schuldenlast auch Vermögenswerte gegenüberstünden, die der Antragsgegner erhalten habe. Unter Berücksichtigung der von der Antragstellerin geleisteten Arbeiten sowie der Ertragslage des Betriebes unter Bedachtnahme auf dessen Ausweitung und auf die Schuldenlast sowie unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Antragstellerin im fraglichen Zeitraum den vollen Unterhalt nach § 94 ABGB vorwiegend aus der Landwirtschaft erhalten habe, sei ein Betrag von 80.000 S als angemessene Abgeltung der Mitwirkung der Antragstellerin im Betrieb des Antragsgegners für die Zeit vom 1. Juli 1977 bis 31.Juli 1979 anzusehen. Eine Ratenzahlung komme nicht in Frage, da der Antragsgegner seit vielen Jahren für die Leistung hätte Vorsorge treffen müssen. Die Leistungsfrist sei somit mit sechs Wochen festzusetzen gewesen, um dem Antragsgegner die Möglichkeit zu geben, sich das Geld im Kreditwege zu beschaffen, zumal er seinen Angaben nach nunmehr in Pension sei. Dieser Beschluß wird von beiden Parteien mit Revisionsrekurs bekämpft.

Die Antragstellerin beantragt, den Beschluß des Erstgerichtes wieder herzustellen oder den angefochtenen Beschluß aufzuheben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Der Antragsgegner beantragt, den Beschluß des Rekursgerichtes im Sinne einer Abweisung des Begehrens der Antragstellerin abzuändern oder ihn aufzuheben und eine Verfahrensergänzung anzuordnen. Der Antragsgegner erstattete zum Revisionsrekurs der Antragstellerin eine Rekursbeantwortung, die zwar keinen ausdrücklichen Antrag enthält, der aber mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen ist, daß er beantragt, dem Revisionsrekurs der Antragstellerin nicht Folge zu geben.

Die Antragstellerin hat keine Rekursbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionsrekurse sind teilweise berechtigt.

Soweit sich der Antragsgegner in seinem Revisionsrekurs vorwiegend gegen die Beweiswürdigung der Vorinstanzen wendet, kann diese im Rahmen eines Revisionsrekurses gemäß § 232 Abs.2 AußStrG nicht bekämpft werden (SZ 54/149 ua). Es ist daher vom festgestellten Sachverhalt auszugehen.

Die Höhe des Anspruches auf Abgeltung der Mitwirkung im Erwerb des anderen Ehegatten richtet sich gemäß § 98 zweiter Satz ABGB nach der Art und der Dauer der Leistungen unter angemessener Berücksichtigung der gesamten Lebensverhältnisse, insbesondere auch gewährter Unterhaltsleistungen. Durch diese Formulierung wird der sich aus dem Wesen der Ehe als umfassender Lebens- aber auch Risikogemeinschaft ergebende familienrechtliche Charakter des Abgeltungsanspruches betont. Die Mitwirkung eines Ehegatten im Erwerb des anderen begründet daher nicht einen Vergütungsanspruch wie bei einem Arbeitsverhältnis, sondern einen Gewinnbeteiligungsanspruch ähnlich dem Anspruch aus einem Gesellschaftsverhältnis. Dem mitwirkenden Ehegatten steht nur ein angemessener Anteil an einem gemeinsam erzielten Gewinn zu (vgl. Schwind, Eherecht 2 82; Fenyves in Ostheim, Schwerpunkte der Familienrechtsreform 1977/78, 147; Bydlinski, Zur Neuregelung des Ehegüterrechtes, Schwind FS 34; Pichler in Rummel, ABGB RZ 2 zu § 98; Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechtes 7 II 180 f; SZ 56/95 ua.). Haben die Bemühungen beider Ehegatten zu keinem Gewinnn geführt, kommt auch ein Anspruch auf Abgeltung der Mitwirkung nicht in Betracht. Es ist daher unerheblich, was die Antragstellerin bei der Ausübung einer vergleichbaren Tätigkeit außerhalb ihrer Mitwirkung auf dem Arbeitsmarkt hätte erzielen können. Nach der Anordnung des § 98 ABGB sind auch die Unterhaltsleistungen an den Anspruchsberechtigten angemessen zu berücksichtigen.

Die Vorinstanzen haben zwar zur Frage, ob in den Jahren, für welche der Anspruch geltend gemacht wurde, ein Gewinn erzielt worden ist, keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen. Der Antragsgegner hat jedoch nach Vorlage des im Pflegschaftsverfahren erstatteten Gutachtens des Sachverständigen Ing. Karl P*** durch die Antragstellerin ausdrücklich erklärt, er kenne dieses Gutachten und anerkenne es (ON 13 S 17). Bezüglich der Ertragslage der Landwirtschaft kann daher von diesem Gutachten ausgegangen werden. Danach betrug der durchschnittliche Bruttoertrag aus der Landwirtschaft und der Schweinezucht in den Jahren 1976 bis 1979 jährlich S 971.400. Unter Anwendung des auch vom Sachverständigen gewählten Faktors von 0,331 ergibt sich daraus ein jährlicher durchschnittlicher Nettoertrag von 321.533,40 S. Der vom Erstgericht der Antragstellerin zugesprochene Betrag entspricht nur einem Jahresbetrag von etwas mehr als 60.000 S. Selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die Antragstellerin den Naturalunterhalt bezogen hat, stellt der vom Erstgericht zuerkannte Betrag von nicht einmal einem Fünftel des jährlichen Nettoertrages der Landwirtschaft eine angemessene Abgeltung der Mitwirkung der Antragstellerin am Erwerb des Antragsgegners dar. Soweit der Antragsgegner im Revisionsrekurs auf Schulden in der Höhe von 3,5 Mill. S hinweist, ändern diese daran nichts, weil die Schulden aus der Vergrößerung des landwirtschaftlichen Betriebes einschließlich des Baues der Schweinemastanlage resultieren (eigene Behauptung des Antragsgegners ON 50 S 189), diesen Schulden daher ein realer Wertzuwachs des Betriebes gegenübersteht, und auch berücksichtigt werden muß, daß die Antragstellerin durch ihre Mitarbeit im Betrieb seit der Eheschließung zu dieser wesentlichen Ausweitung des Betriebes beigetragen hat.

Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher stattzugeben und der Beschluß des Erstgerichtes, was die Höhe des Betrages anlangt, wiederherzustellen. Hingegen erscheint die gewährte Zahlungsfrist zu kurz. Dem Antragsgegner, der nach seinen Angaben seit 1985 in Pension ist, muß die Möglichkeit gegeben werden, sich das Geld im Kreditwege zu verschaffen. Hiezu ist eine Leistungsfrist von drei Monaten angemessen. Insoweit war daher seinem Revisionsrekurs ebenfalls Folge zu geben. Überdies war die Abweisung des Mehrbegehrens ausdrücklich in den Spruch aufzunehmen.

Anmerkung

E08783

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00593.86.0828.000

Dokumentnummer

JJT_19860828_OGH0002_0060OB00593_8600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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