Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat am 4.September 1986 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Friedrich, Dr. Hörburger und Dr. Kuch als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Steinhauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Klaus Hans B*** wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1, Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 und § 15 Abs. 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Klaus Hans B*** gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wels als Schöffengericht vom 30.April 1986, GZ 11 Vr 174/86-12, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, des Ersten Generalanwaltes Dr. Nurscher, und der Verteidigerin Dr. Scheimpflug jedoch in Abwesenheit des Angeklagten zu Recht erkannt:
Spruch
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Der Berufung wird nicht Folge gegeben.
Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde der am 9.Juli 1950 geborene Hilfsarbeiter Klaus Hans B*** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127 Abs. 1 und Abs. 2 Z 1, 129 Z 1 und § 15 Abs. 1 StGB schuldig erkannt. Ihm liegt zur Last, in Gesellschaft des (Mitangeklagten) Fritz G*** als Beteiligten (§ 12 StGB) am 18.Juli 1985 in Vorchdorf (Oberösterreich) dem Rudolf E*** durch Einbruch, nämlich durch gewaltsames Aufdrücken eines gekippten Fensters, mit Verbiegen des Kippmechanismus, und nachfolgendes Einsteigen in einen abgeschlossenen Raum, der sich in einem Gebäude befindet, mit dem Vorsatz, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, eine Armbanduhr weggenommen, bzw. drei Flaschen Wein, eine Taschenlampe, eine Pendeluhr, ein Feuerzeug und zwei Paar Handschuhe im Gesamtwert von weniger als 5.000 S wegzunehmen versucht zu haben, indem Fritz G*** über das aufgedrückte Fenster in den Abstellraum einstieg, die Gegenstände teilweise zum Abtransport bereitstellte und Klaus Hans B*** in dieser Zeit im Fahrzeug wartete und Aufpasserdienste leistete.
Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte Klaus Hans B*** mit einer auf § 281 Abs. 1 Z 4, 5 und 9 lit. a StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde; Fritz G*** ließ den ihn betreffenden Teil des Schuldspruches in Rechtskraft erwachsen.
Den Verfahrensmangel erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines Antrages (S 129) auf Einvernahme des Zeugen Erwin W*** darüber, daß zwischen W*** und G*** zumindest Verkaufsgespräche hinsichtlich eines Autos stattgefunden hätten. Der Beschwerdeführer habe daher - wie er im Verfahren stets behauptet habe - der Meinung sein können, daß G*** an Teilen der bei E*** im Freien abgestellten PKW interessiert sei, nicht aber annehmen müssen, daß G*** in die Räumlichkeiten der Werkstätte E*** eindringen werde. Durch die Aussage des Zeugen W*** wäre aber auch die Glaubwürdigkeit des Mitangeklagten G*** erschüttert worden, zumindest soweit dieser behauptete, der Beschwerdeführer habe gewußt, daß G*** zur Tatzeit nicht im Besitz eines PKWs gewesen sei.
Durch die Abweisung des Beweisantrages sind jedoch Verteidigungsrechte des Beschwerdeführers nicht verletzt worden, weil der gestellte Antrag nach seinem Beweisthema von vorneherein gänzlich ungeeignet war, die den Urteilsfeststellungen zugrundeliegenden wesentlichen Angaben des rechtskräftig Verurteilten Fritz G*** in irgendeiner Weise zu erschüttern oder dessen Glaubwürdigkeit zu beeinträchtigen. Denn dieser unter Beweis gestellte Umstand schließt in keiner Weise aus, daß es zu dem vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Tathergang gekommen ist, bei dem der Angeklagte und Fritz G*** an Ort und Stelle die sich durch die Anwesenheit des Eigentümers Rudolf E*** bietende Gelegenheit ausgenützt haben (vgl. S 141). Ein brauchbares Ergebnis ist für die Lösung der stritten Beweisfrage daher nicht zu erwarten. Für mangelhaft begründet (§ 281 Abs. 1 Z 5 StPO) hält der Beschwerdeführer die Annahme des Schöffengerichtes, er habe den Zeugen E*** bei dessen Eintreffen auf dem Firmengelände durch verschiedene Fragen hingehalten, um auf diese Weise dem Tatgenossen Fritz G*** die Flucht aus dem Hause zu ermöglichen, weiters die Konstatierung, er habe für G*** als Aufpasser fungiert. Das Schöffengericht habe sich nicht mit dem Widerspruch zwischen der Aussage des Zeugen E*** und des Mitangeklagten G*** befaßt, der darin bestehe, daß nach den Angaben des Zeugen Gegenstände in dem Abstellraum, die G*** von außen gesehen haben will, durch einen Blick durch das Fenster gar nicht zu erkennen gewesen seien. Ebensowenig könne von einer Anstiftung des Fritz G*** durch den Beschwerdeführer die Rede sein, weil dieser sich selbständig zur Tat entschlossen habe, wie sich auch aus der Begehung eines weiteren Diebstahls auf dem Lagerplatz des E*** ergebe, der durch den Angeklagten G*** allein verübt worden sei (Punkt 2./ des Urteils).
Rechtliche Beurteilung
Auch die Mängelrüge ist nicht stichhältig.
Die Annahme des Erstgerichtes, der Beschwerdeführer habe E*** bei dessen unerwarteter Rückkehr hingehalten (S 146), findet ihre Deckung in den Verfahrensergebnissen, insbesondere in der Aussage des Zeugen E*** (S 123), der vom Beschwerdeführer mehrfach nach dem Weg zur Firma K*** gefragt wurde, von welcher der Beschwerdeführer eben gekommen war. Gerade die auch vom Erstgericht hervorgekehrte Tatsache (S 146), daß der Beschwerdeführer in seinem VW-Bus schon eine Abwasch verwahrt hatte, die er ohne Erlaubnis des E*** an sich gebracht hatte, hätte ihn zu möglichst rascher Abfahrt veranlassen müssen, wenn er sicherstellen wollte, daß E*** das Gerät im Auto nicht bemerke. Lebensnah hat das Schöffengericht hieraus auf das Bestreben des Beschwerdeführers geschlossen, den Zeugen aufzuhalten, um so dem Mitangeklagten G*** die Flucht zu erleichtern. Von einem Widerspruch zwischen den Aussagen des Zeugen E*** und des Angeklagten G*** über die Möglichkeit, durch das Fenster des Büroraumes von außen verschiedene Gegenstände zu sehen, kann keine Rede sein; auch der Zeuge E*** hat eine solche Möglichkeit zumindest nicht völlig ausgeschlossen (S 128, 129). Die Feststellung, daß die Idee zum Diebstahl vom Beschwerdeführer ausgegangen ist (S 149, 150) und daß der Beschwerdeführer sich verpflichtet hatte, den Mittäter im Fall einer Gefahr durch Hupen zu warnen, konnte das Erstgericht mängelfrei auf die von ihm für glaubhaft erachtete Aussage des Fritz G*** im Vorverfahren und in der Hauptverhandlung (S 43, 109 bis 111, 114) stützen. Was der Beschwerdeführer dagegen vorbringt, ist bloß eine im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile unzulässige und deshalb auch unbeachtliche Bekämpfung der erstrichterlichen Beweiswürdigung.
Unter Berufung auf dem Nichtigkeitsgrund nach § 281 Abs. 1 Z 9 lit. a StPO bringt der Beschwerdeführer vor, es habe ihm der für die Annahme des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nötige (zumindest bedingte) Vorsatz gefehlt. Er habe es nicht einmal ernstlich für möglich gehalten (und sich auch nicht billigend damit abgefunden), daß der Mitangeklagte G*** in die Räumlichkeiten einsteigen und dort speziell die im Spruch angeführten Gegenstände stehlen, bzw. zu stehlen versuchen werde, zumal er auch nach den Feststellungen des Schöffengerichtes von außen nur die Pendeluhr (und einige andere Gegenstände, die jedoch nicht gestohlen werden sollten) nicht aber die sonst im Spruch als Diebsbeute angeführten Sachen erkennen habe können (S 141).
Auch diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.
Richtig ist, daß jeder Tatbeteiligte an einem Gesellschaftsdiebstahl mit zumindest bedingtem Vorsatz handeln muß. Diesen hat das Schöffengericht aber ohnehin festgestellt, indem es aussprach, daß der Beschwerdeführer in G*** den Entschluß zur Tat, also zum Einsteigen in die Räumlichkeiten der Werkstätte E*** durch den Hinweis auf die schönen Gegenstände, die sich dort befänden, geweckt und sich außerdem verpflichtet hatte, einen Beitrag zum Gelingen der Tat dadurch zu leisten, daß er G*** im Gefahrenfall durch Hupen warnen werde (S 141, 143, 147, 149). Der Beschwerdeführer war also mit der Tatausführung durch den anderen einverstanden, am Tatort anwesend und er hat auch als Aufpasser einen Tatbeitrag geleistet. Sein Verhalten wurde daher vom Erstgericht rechtsrichtig den Bestimmungen über den Gesellschaftsdiebstahl unterstellt, ebenso wie ihm auch ohne Rechtsirrtum die Einbruchsqualifikation nach § 129 Z 1 StGB angelastet wurde (Leukauf-Steininger 2 , RN 74 bis 77 zu § 127 StGB; Kienapfel, BT II, § 127, RN 259 bis 273). Eine genaue vorherige Umschreibung der Diebsbeute war hiebei nicht notwendig; es genügt vielmehr, daß sich der die Tat ausführende G*** im Rahmen des gemeinsamen Tatentschlusses hielt, der darin bestand, schöne und für beide Täter brauchbare Gegenstände (S 141) mitzunehmen. Nur für den Fall eines Exzesses des eigentlichen Täters, der über diesen Rahmen hinausgegangen wäre, hätte der Beschwerdeführer nicht gehaftet. Zu einer solchen Überschreitung des gemeinsamen Tatplanes ist es jedoch vorliegend nicht gekommen (Leukauf-Steininger 2 , RN 78 zu § 127 StGB; Kienapfel, BT II, § 127, RN 268 bis 270).
Es zeigt sich also, daß auch die rechtliche Beurteilung die das Schöffengericht dem festgestellten Verhalten des Beschwerdeführers zuteil werden ließ, frei von Irrtum oder Fehler ist. Die Nichtigkeitsbeschwerde war deshalb zu verwerfen.
Das Erstgericht verurteilte den Angeklagten nach § 129 StGB zu 7 (sieben) Monaten Freiheitsstrafe, bei deren Bemessung erschwerend die einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall waren, mildernd hingegen die Tatsache, daß die Tat beim Versuch geblieben ist und die objektive Schadensgutmachung durch Sicherstellung der Armbanduhr. Mit seiner Berufung strebt der Angeklagte eine Herabsetzung der Strafe und die Gewährung der bedingten Strafnachsicht an. Die Berufung ist jedoch in keiner Richtung begründet. Der Berufungswerber vermag nichts aufzuzeigen, was eine Strafmilderung rechtfertigen könnte. Dem geringen Wert der erbeuteten Gegenstände und damit dem geringen Vorteil, den der Angeklagte aus dem Diebstahl gezogen hat, wurde vom Erstgericht ohnedies durch die Verhängung einer an der Untergrenze des (von 6 Monaten bis zu 5 Jahren reichenden) Strafsatzes des § 129 StGB liegenden Freiheitsstrafe Rechnung getragen. Daß die Tat schon vor längerer Zeit begangen wurde (§ 34 Z 18 StGB) - einem Zeitraum, der der kürzesten Verjährungsfrist für derartige Handlungen nahekommt, vgl. Kunst, WK, § 34 RN 51 - kann im Hinblick auf die Tatzeit (18.Juli 1985) nicht gesagt werden. Auch die geltend gemachte besonders verlockende Gelegenheit (§ 34 Z 9 StGB) und Unbedachtsamkeit bei der Tatbegehung kann bei dem vom Erstgericht angenommenen Tathergang, insbesonders das Auskundschaften der Möglichkeit zum Diebstahl und dessen folgende zielstrebige Ausführung, nicht angenommen werden. Die vom Angeklagten behauptete, eine bereits rechtskräftige Aburteilung betreffende Änderung der Rechtsprechung hinsichtlich einer Diebstahlsqualifikation vermag im gegenständlichen Verfahren nicht mildernd zu wirken. Die gegebenen Strafzumessungsgründe wurden somit im wesentlichen richtig festgestellt und auch zutreffend gewürdigt. Die verhängte Freiheitsstrafe entspricht auch nach Auffassung des Obersten Gerichtshofes sowohl dem Unrechtsgehalt der Verfehlung als auch dem Verschuldensgrad des Angeklagten und nimmt auch auf die Erfolglosigkeit der vorangegangenen Abstrafungen, insbesonders den raschen Rückfall gebührend Bedacht.
Gegen die Gewährung bedingter Strafnachsicht sprechen im Hinblick auf die Vorstrafen des Berufungswerbers spezialpräventive Erwägungen, wie sie im § 43 StGB ausdrücklich verankert sind, sodaß der Berufung auch in diesem Umfange ein Erfolg zu versagen war.
Anmerkung
E09099European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0120OS00106.86.0904.000Dokumentnummer
JJT_19860904_OGH0002_0120OS00106_8600000_000