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L37159 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag InteressentenbeitragNorm
BauO Wr §69 Abs1 litf;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde der Ingrid Takacz in Wien, vertreten durch Mag. Alexander Lederer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Werdertorgasse 12, gegen den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 10. Dezember 2003, Zl. BOB - XXIII - 18 und 19/2000, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei: Alfred Janzarzik in 1232 Wien, Triester Straße 352), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft EZ 132 Grundbuch Siebenhirten mit dem Grundstück Nr. 381 Baufläche, Anton Freunschlag-Gasse 99. Nach den mit Bescheid der Magistratsabteilung 37/5 vom 14. Jänner 1999 bekannt gegebenen Bebauungsbestimmungen liegt dieses Grundstück im gemischten Baugebiet. Es ist geschlossene Bauweise festgesetzt. Bis zu einer Tiefe von 14 m darf an der Anton Freunschlag-Gasse das Grundstück mit Gebäuden bis zu einer maximalen Höhe von 6,5 m bebaut werden; für den dahinter liegenden (östlichen) Liegenschaftsteil ist eine maximale Gebäudehöhe von 4,5 m festgesetzt.
Im Osten (das ist der hintere Grundstücksteil) grenzt dieses Grundstück an die im Miteigentum der mitbeteiligten Partei stehende Liegenschaft EZ 71, KG Siebenhirten, mit dem Grundstück Nr. .91 Baufläche.
Mit Eingabe vom 15. Dezember 1998 beantragte die Beschwerdeführerin die Erteilung einer Baubewilligung für die Errichtung eines Zubaus für ein Kleinhaus mit Werkstatt. Nach den Einreichplänen soll an der linken Grundgrenze ein Zubau errichtet werden, der als Verbindung zwischen einem Vorder- und einem Hintertrakt dienen soll. Die Gebäudehöhe sowie die Dachausführung des Vordertraktes sollen abgeändert werden. Die Geschoss- und Raumaufteilungen sowie die Raumwidmungen sollen im Hintertrakt und teilweise auch im Vordertrakt geändert werden. Der Bauausschuss der Bezirksvertretung für den 23. Bezirk hat folgenden Bescheid vom 31. März 2000 erlassen:
"Gemäß § 69 Abs. 1 lit. f und m der BO sind für das ... anhängige Bauvorhaben nach Maßgabe der diesem Baubewilligungsverfahren zu Grunde liegenden Pläne nachstehende Abweichungen von Bebauungsvorschriften zulässig:
1) Von der Bestimmung des Bebauungsplanes, wonach die Dächer
mit einer Dachneigung von 30 Grad bis 45 Grad auszuführen sind,
darf durch die Herstellung eines Daches mit einer Dachneigung von 16 Grad abgewichen werden.
2) Durch den Zubau darf die zulässige Gebäudehöhe von 6,50 m an der linken Grundgrenze um 1,96 m überschritten, weiters die zulässige Gebäudehöhe von 4,50 m auf einer Länge von ca. 1 m hofseitig um 2 m und an der linken Grundgrenze um 3,96 m überschritten werden."
Die Einwendungen der Anrainer, u.a. des Mitbeteiligten, wurden als unbegründet abgewiesen, weil die Überschreitung der Gebäudehöhe in einer Entfernung von ca. 23 m von seinem Grundstück stattfinde und zwar an einer Front, die seinem Grundstück nicht zugekehrt sei. Eine Beeinträchtigung der Bebaubarkeit seines Grundstückes sei somit nicht gegeben.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37/23, vom 2. Mai 2000 wurde die beantragte Baubewilligung unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Die Einwendungen der mitbeteiligten Partei betreffend die Gebäudehöhenüberschreitung und die Überschreitung der Ausnutzbarkeit des bebaubaren Bereiches wurden als unbegründet abgewiesen. In der Begründung führte die Baubehörde erster Instanz aus, durch die mit Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den 23. Bezirk erteilte Bewilligung zur Abweichung von Bebauungsbestimmungen stehe das Bauvorhaben hinsichtlich der zulässigen Gebäudehöhe nicht mehr im Widerspruch zu den gesetzlichen Erfordernissen. Die mögliche Bebauung der Grundstücksfläche, die im 50 % bebaubaren Bereich maximal 270,86 m2 betrage, werde nicht überschritten; die in Anspruch genommene bebaute Fläche bleibe mit 233,51 m2 unter dem Maximalwert. Auf der Liegenschaft sei ein konsentierter Altbestand vorhanden. Alle neu hinzukommenden raumbildenden Teile stellten daher einen Zubau dar. Im Bewilligungsverfahren seien nur der Zubau und die am Altbestand erforderlichen baulichen Abänderungen zu beurteilen gewesen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und den Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den 23. Bezirk vom 31. März 2000 behoben sowie den Baubewilligungsbescheid der MA 37/23 vom 2. Mai 2000 dahingehend abgeändert, dass die beantragte Baubewilligung gemäß § 70 iVm § 69 Abs. 6 der Bauordnung für Wien (BO) versagt wurde. In der Begründung führte die belangte Behörde aus, dass der bewilligte Zubau an der linken Grundgrenze die zulässige Gebäudehöhe von 6,5 m um 1,96 m, das seien 30,15 %, und im Bereich der auf 4,5 m beschränkten Gebäudehöhe um 3,96 m, das seien 82 %, überschreite. Es liege eine Verletzung von Nachbarrechten dann vor, wenn die Ausnahmebewilligung gemäß § 69 BO ohne Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen gewährt werde. Grundvoraussetzung für eine Gewährung einer Ausnahmebewilligung nach dieser Gesetzesstelle sei, dass durch die Ausnahmegewährung der Umfang einer unwesentlichen Änderung oder Ergänzung des Flächenwidmungsplanes bzw. des Bebauungsplanes nicht überschritten werde. Eine Überschreitung der Gebäudehöhe im festgestellten Ausmaß sei wesentlich im Sinne des § 69 Abs. 2 BO. Das vorliegende Projekt sehe eine bauliche Verbindung zwischen dem Vorder- und Hintertrakt vor, sodass ein einheitliches Gebäude von der Baulinie an der Anton Freunschlag-Gasse bis zur Grundgrenze der im Miteigentum der mitbeteiligten Partei stehenden Liegenschaft reiche. Eine isolierte Beurteilung einzelner Gebäudeteile in Bezug auf Verletzung subjektiv-öffentlicher Nachbarrechte sei daher nicht möglich.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht auf Erteilung einer Baubewilligung verletzt. Sie macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die belangte Behörde hat den Bescheid des Bauausschusses der Bezirksvertretung für den 23. Bezirk vom 31. März 2000, mit welchem Abweichungen von Bebauungsvorschriften gemäß § 69 Abs. 1 lit. f und m der Bauordnung für Wien als unwesentlich beurteilt wurden, aufgehoben und die mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, MA 37/23, vom 2. Mai 2000 der beschwerdeführenden Partei erteilte Baubewilligung abgewiesen, weil die durch das eingereichte Projekt bewirkte Abweichung von den Bebauungsvorschriften nicht unwesentlich im Sinne des § 69 Abs. 2 der Bauordnung für Wien seien.
Gemäß § 69 Abs. 1 lit. m der Bauordnung für Wien hat die Behörde nach Maßgabe des Abs. 2 über die Zulässigkeit des durch ein Bauvorhaben vorgesehenen Überschreitens der gemäß § 5 Abs. 4 lit. h leg. cit. im Bebauungsplan festgesetzten Gebäudehöhe zu entscheiden.
Gemäß § 69 Abs. 2 leg. cit. darf - von den dort genannten weiteren Voraussetzungen abgesehen - von den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes und des Bebauungsplanes nur unwesentlich abgewichen werden. Im hg. Erkenntnis vom 20. Mai 2003, Zl. 2001/05/1123, hat der Verwaltungsgerichtshof näher begründet ausgeführt, dass zum Begriff der "unwesentlichen" Abweichungen im Sinne des § 69 Abs. 2 zweiter Satz Bauordnung für Wien das Gesetz selbst keine nähere Bestimmung enthält. Eine wesentliche Abweichung kann dann mit Recht behauptet werden, wenn der Abweichung eine den geltenden Widmungs- und Bebauungsplan unterlaufende Tendenz inne wohnt. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof für den Bereich von Schutzzonen auf Grund der dort gegebenen besonderen Verhältnisse einen höheren "Abweichungsfaktor" (dort: 25 %) von der im Bebauungsplan maximal vorgeschriebenen Gebäudehöhe noch als unwesentlich bewertet. In diesem Fall haben jedoch Interessen des Stadtbildes diese Abweichungen geradezu gefordert. Liegen jedoch keine derartigen Interessen vor, ist bei einer Abweichung von der maximal zulässigen Gebäudehöhe im hier vorliegenden Ausmaß jedenfalls schon von einer wesentlichen Abweichung im Sinne des § 69 Abs. 2 Bauordnung für Wien iVm § 69 Abs. 1 lit. m leg. cit. auszugehen. Auf Grund der festgestellten Überschreitung der nach dem Bebauungsplan zulässigen Gebäudehöhe bedurfte es im Beschwerdefall keiner weiteren Abwägung der Gründe für und gegen die Ausnahme, insbesondere keiner Erörterung des bestehenden örtlichen Stadtbildes, wie dies in der Beschwerde gefordert wird.
Schon wegen der beabsichtigten Gebäudehöhe kann daher der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie die beantragte Abweichung als wesentlich und daher als nicht genehmigungsfähig im Sinne des § 69 Abs. 2 Bauordnung für Wien beurteilt hat. Ein Bauvorhaben ist grundsätzlich ein unteilbares Ganzes, das nur als solches von der Behörde bewilligt oder abgelehnt werden kann. Aus der Antragsbedürftigkeit der Baubewilligung folgt nämlich, dass die Baubehörde über das Parteibegehren, wie es sich aus dem Ansuchen, den Plänen und der Baubeschreibung ergibt, abzusprechen hat (vgl. das Erkenntnis vom 18. Jänner 2005, Zl. 2004/05/0117). Eine zulässige Trennbarkeit des Bauvorhabens in mehrere Teile wird von der Beschwerdeführerin weder behauptet noch ist eine solche aus den vorliegenden Verwaltungsakten zu erkennen. Wegen dieser Untrennbarkeit des Projektes erübrigt es sich daher auf die Ausnahme nach § 69 Abs. 1 lit. f Bauordnung für Wien einzugehen. Liegt aber keine unwesentliche Abweichung vom Bebauungsplan vor, sondern eine wesentliche, dann ist für eine Entscheidung des Bauausschusses der jeweiligen Bezirksvertretung kein Raum mehr. Bei dieser Rechtslage ist es auch unerheblich, ob die geplante Bauführung positive oder negative Auswirkungen auf das Stadtbild hätte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2001, Zl. 2001/05/0751). Die belangte Behörde hat daher ohne Rechtsirrtum gemäß § 69 Abs. 6 Bauordnung für Wien das Bauansuchen der Beschwerdeführerin abgewiesen, weil es den Bestimmungen des Bebauungsplanes derart widerspricht, dass der Umfang einer unwesentlichen Abänderung oder Ergänzung des Flächenwidmungsplanes bzw. des Bebauungsplanes überschritten wird.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 21. Juli 2005
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7Baubewilligung BauRallg6European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004050017.X00Im RIS seit
19.08.2005Zuletzt aktualisiert am
07.02.2014