Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Resch, Dr. Jensik, Dr. Riedler und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Ernst S***, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der K*** Keramik- und Baustoffindustrie V.V*** KG, Neckenmarkt (S 8/83 des Landesgerichtes Eisenstadt), wider die beklagte Partei L***- H*** Niederösterreich, Wipplingerstraße 2, 1010 Wien, vertreten durch Dr.Paul Doralt, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 6,792.245 s.A. infolge Rekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 27. Dezember 1984, GZ. 18 R 264/84-15, womit das Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt vom 25.Juni 1984, GZ. 4 Cg 42/84-9, (teilweise) unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
In Stattgebung eines am 4.März 1983 gestellten Antrages eröffnete das Landesgericht Eisenstadt mit Beschluß vom 7.März 1983 über das Vermögen der K*** Keramik- und Baustoffindustrie V.V*** KG (im folgenden kurz Gemeinschuldnerin) den Konkurs und bestellte den Kläger zum Masseverwalter.
Dieser begehrte zuletzt den Ausspruch, daß die von der Gemeinschuldnerin und der beklagten Partei seit 6.Jänner 1983 vereinbarten Zessionen betreffend mehrere im einzelnen angeführte Rechnungen der Gemeinschuldnerin und alle auf Grund dieser und der vorausgehenden Zessionen sowie auf Grund gesonderter Abtretung von Forderungen gegen den Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften für Niederösterreich seit diesem Tage von der beklagten Partei vereinnahmten Zahlungen den Konkursgläubigern gegenüber insoweit unwirksam seien,als die beklagte Partei über die Abdeckung von Überziehungen des zu Konto Nr.0123-800249 mit einem Rahmen von 7 Mill S vereinbarten Kredites hinausgehende Sicherstellungen und Befriedigungen erlangt habe, und die Verurteilung der beklagten Partei zur Zahlung von S 6,792.245,-- samt Anhang. Er brachte hiezu vor, die beklagte Partei habe der Gemeinschuldnerin einen Fakturenzessionskredit bis zum Betrag von 5 Mill S eingeräumt. Der Kreditrahmen sei noch vor Ende 1982 auf 7 Mill S erhöht worden. Zur Sicherung des Kredites habe die Gemeinschuldnerin der beklagten Partei unter anderem die gegenwärtigen und zukünftigen offenen Buchforderungen mittels Rahmenzessionsvereinbarung (Mantelabtretungserklärung) abgetreten; davon hätten lediglich bis auf weiteres die Forderungen gegen die landwirtschaftlichen Genossenschaften und an eine Firma K*** ausgenommen sein sollen. 60 Tage vor Konkurseröffnung (am 6.Jänner 1983) habe der Kredit einen Saldo von S 8,448.812,89 erreicht; dieser Saldo sei jedoch in der Zwischenzeit auf S 207.755,-- verringert worden, weil in den letzten Tagen vor Konkurseröffnung laufend Forderungen abgetreten worden und sowohl auf Grund dieser wie auch der vor dem 6. Jänner 1983 erfolgten Abtretungen Zahlungen eingegangen seien. Soweit der Kreditrahmen reiche, seien diese Zahlungen im Sinne des § 30 Abs.1 Z.1 KO inkongruent gewesen. Das gelte vor allem für die Zahlungen auf Forderungen gegen den Raiffeisenverband Burgenland von S 2,086.514,50 und gegen den Verband landwirtschaftlicher Genossenschaften für Niederösterreich von S 2,444.643,71, weil diese Forderungen von der Zessionsvereinbarung vorerst überhaupt hätten ausgenommen sein sollen. Bei diesen letzteren Zessionen sei "glaublich" auch die Form nicht eingehalten worden. Angefochten würden auch die Zahlungen seit 6.Jänner 1983; da der Debetsaldo ausgehend von einer Ausschöpfung des Kreditrahmens um S 6,792.245,-- verringert worden sei, liege insoweit eine abweichende Deckung vor. Die beklagte Partei bestritt die Erhöhung des Kreditrahmens von 5 auf 7 Mill S und die Ausnehmung der Forderungen gegen die landwirtschaftlichen Genossenschaften für Niederösterreich von der Zessionsvereinbarung. Auf Grund derselben habe die beklagte Partei Anspruch auf die Abtretung der Forderungen und auf Verwendung der darauf eingehenden Zahlungen zu deren Deckung gehabt, so daß von einer Inkongruenz keine Rede sein könne.
Das Erstgericht gab dem Leistungsbegehren mit S 4,792.245,-- samt Zinsen statt und wies das Mehrbegehren von 2 Mill S samt diesbezüglichen Zinsen ab; über das - unrichtig als Feststellungsbegehren formulierte - Begehren, die angefochtenen Rechtshandlungen den Konkursgläubigern gegenüber als unwirksam zu erklären, sprach es nicht ab. Es stellte fest:
Mit Vertrag vom 12.Jänner 1981 trat die Gemeinschuldnerin der beklagten Partei zur Sicherung des Kredites sämtliche gegenwärtigen und zukünftigen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen im Rahmen ihres Betriebes sowie aus Miet- und Pachtverhältnissen ab. Die Bekanntgabe der Forderungen sollte durch Vorlage von Zessionsverzeichnissen sowie Rechnungs- und Vertragskopien erfolgen. Die Gemeinschuldnerin verpflichtete sich zur Anbringung von Vermerken auf den Rechnungen, daß Zahlungen an die beklagte Partei zu leisten seien, und ferner zur Ersichtlichmachung der Zessionen in ihren Büchern. Der Kreditrahmen wurde mit 5 Mill S festgelegt. In der Folge gestattete die beklagte Partei der Gemeinschuldnerin Überziehungen, für die Überziehungszinsen berechnet wurden. Außerdem wurde vereinbart, daß jeder Rechnung der Gemeinschuldnerin Zahl- bzw. Erlagscheine der beklagten Partei mit Angabe des Kreditkontos beizulegen seien. Hievon sollten bis auf weiteres Rechnungen an die Lagerhausgenossenschaften in Niederösterreich und an die Firma K*** in Kirchschlag ausgenommen sein. Schon bei Abschluß des Kreditvertrages wurden die Forderungen gegen diese Schuldner von der Generalzession ausgenommen. Solche Forderungen wurden in der Folge auch nicht an die beklagte Partei abgetreten. Mit Schreiben vom 5.November 1982 verlangte die beklagte Partei die Offenlegung der Abtretung der Forderungen gegen die Lagerhausgenossenschaften in Niederösterreich und die Firma K***. Forderungen an die genannten Genossenschaften wurden erstmals im Jänner 1983 zediert.
Nach dem 7.Jänner 1983 gingen folgende Zahlungen auf das in der Klage näher bezeichnete Kreditkonto ein:
1.) S 3,861.696,81 aus Zessionslisten, die vor dem 7.Jänner 1983 vorgelegt wurden;
2.) S 6,694.999,51 aus Zessionslisten, die nach dem 7. Jänner 1983 vorgelegt wurden;
3.) S 1,814.578„12 und S 992.598,71 aus Ersatzzessionen, die in Ansehung des ersteren Betrages vor und in Bezug auf den letzteren Betrag nach dem 7.Jänner 1983 deshalb vorgenommen wurden, weil die Schuldner trotz der Zession Zahlungen an Dritte geleistet hatten, wobei die beklagte Partei davon Abstand nahm, von den Schuldnern erneut Zahlung zu verlangen.
Nach dem 6.Jänner 1983 kamen der beklagten Partei aus der Abtretung von Forderungen gegen Lagerhausgenossenschaften in Niederösterreich insgesamt S 2,444.643,71 zu. Ab dem 7.Jänner 1983 wurden der Gemeinschuldnerin von der beklagten Partei S 2,042.858,-- zur Verfügung gestellt; mit diesen Mitteln wurden die Kosten der Betriebsführung bestritten.
In rechtlicher Hinsicht verneinte das Erstgericht den Anspruch der beklagten Partei auf Abdeckung des Debetsaldos unter dem vereinbarten Kreditrahmen von 5 Mill S, weil sie den Kreditvertrag nicht gekündigt habe. Daher könne diese Deckung angefochten werden. Soweit sich der Saldo innerhalb der letzten 60 Tage auf S 207.755,-- verringert habe, liege inkongruente Deckung vor. In Ansehung der Ausleihungen von S 2.042.858,-- sei Kongruenz anzunehmen; soweit sei die Anfechtung nicht berechtigt. Die Zahlungen auf Grund der Abtretung von Forderungen gegen die Lagerhausgenossenschaften in Niederösterreich im Betrag von S 2,444.643,71 seien überdies vereinbarungswidrig erfolgt.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil im abweislichen Teil, änderte es hingegen im stattgebenden Teil dahin ab, daß es das Klagebegehren mit einem weiteren Betrag von S 1,379.381,59 samt diesbezüglichen Zinsen gleichfalls abwies, und hob es im restlichen Umfang (Stattgebung im Betrag von S 3,412.863,41 samt Zinsen) und im Kostenpunkt unter Rechtskraftvorbehalt auf. Es führte aus, entgegen der Ansicht des Klägers habe sich das Erstgericht zu Recht mit dem Anfechtungsgrund des § 31 Abs.1 Z.2 KO nicht auseinandergesetzt, weil der Kläger keine Behauptungen - insbesondere in Bezug auf die Kenntnis bzw. das Kennenmüssen der Zahlungsunfähigkeit - aufgestellt habe, die diesem Tatbestand unterstellt werden könnten. Das Klagebegehren sei sohin allein am Tatbestand des § 30 Abs.1 Z.1 KO zu prüfen. Im Hinblick auf die jüngste höchstgerichtliche Judikatur werde gebührende Deckung gewährt, wenn der Gläubiger den Anspruch auf diese noch vor Beginn der Frist des § 30 Abs.1 KO erworben habe. Daher könnten Sicherstellungen, die gleichzeitig mit der Begründung der Schuld eingeräumt worden seien, nicht angefochten werden. Der Anspruch auf Deckung oder Sicherstellung werde weiters durch eine auf die Abtretung künftiger Forderungen in genau festgelegtem Ausmaß und zur Sicherstellung eines bestimmten Kredites gerichtete Vereinbarung wirksam erworben. Der Anfechtungsgegner erlange durch Zahlungen auf Grund vereinbarungsgemäßer Abtretungen gebührende und damit anfechtungsfreie Deckung. Das treffe vorliegendenfalls zu, weil die Zession diesen Inhalt aufweise und schon vor Beginn der im § 30 Abs.1 KO bestimmten Frist und überdies gemeinsam mit dem Kreditvertrag vereinbart worden sei. Damit seien weder die vereinbarungsgemäßen Abtretungen noch die darauf geleisteten Zahlungen nach § 30 Abs.1 Z.1 KO anfechtbar. Aus der Entscheidung JBl.1982, 380 sei für den Kläger nichts zu gewinnen, weil diese in einem entscheidenden Punkt einen anderen Sachverhalt betroffen habe. Die zur Tilgung des Kontokorrentkredites bestimmten Zahlungen seien nämlich nicht auf Grund von Sicherungszessionen geleistet worden. Nur auf solche Fälle treffe die vom Obersten Gerichtshof vertretene Auffassung zu, daß während der Laufzeit eines nicht fällig gestellten Kredites innerhalb seines Rahmens geleistete Zahlungen mangels klagbaren Anspruches eine nicht gebührende Deckung seien. Schon König sei in seiner Kritik an der genannten Entscheidung (in ÖJZ 1982, 458) davon ausgegangen, daß sie nur ungesicherte Kontokorrentkredite betreffe. Nicht zuletzt aber ergebe sich aus der Entscheidung 4 Ob 559/83, der Gläubiger habe darauf Anspruch, daß die auf Grund der Abtretung eingehenden Beträge auf das Kreditkonto eingezahlt und zu seiner Befriedigung verwendet würden. Beim gesicherten Kontokorrentkredit komme es somit nicht darauf an, ob der Kredit bei Eingehen der angefochtenen Zahlung fällig gestellt gewesen sei und daher ein klagbarer Anspruch auf Rückzahlung des Kredites bestanden habe. Auch den Zahlungen (von S 2,042.858,--) nach dem 7.Jänner 1983 (also innerhalb der 60-Tage-Frist) lägen dieselben Vereinbarungen wie den früheren Zahlungen zugrunde. Die beklagte Partei habe auf Grund der Sicherungszession vor dem 6. Jänner 1983 Anspruch auf Abtretung von Forderungen zur Sicherung des Kredites erworben. Insofern unterscheide sich der vorliegende Fall von jenem der Entscheidung RdW 1984, 242 (= 4 Ob 559/83); dort seien die angefochtenen Abtretungen auf Grund neuer, nach Einbringung des Konkursantrages und in Kenntnis desselben getroffener Vereinbarungen erfolgt. Gesondert seien allerdings die Ersatzzessionen zu prüfen. Im Punkt 10 der Kreditannahme durch die Gemeinschuldnerin sei festgehalten, daß diese bei ihr eingegangenen Beträge nur dann für sich verwerten dürfe, wenn die beklagte Partei mit der Abtretung anderer offener Forderungen in zumindest gleicher Höhe und Sicherheit einverstanden sei und ferner nur nach Durchführung der Ersatzabtretung. Auf Grund dieser Vereinbarung habe die beklagte Partei keinen Anspruch auf Vornahme von Ersatzzessionen gehabt; es habe vielmehr jeweils einer entsprechenden Vereinbarung bedurft. Es sei deshalb entscheidend, ob die Ersatzzessionen vor oder ab dem 6.Jänner 1983 erfolgt seien, weil die beklagte Partei nur im ersteren Fall schon vor der kritischen Zeit einen Anspruch auf die Abtretungen erworben habe. Aber auch als Zug-um-Zug-Geschäfte zu beurteilende Zessionen innerhalb des kritischen Zeitraumes, bei denen also die Sicherstellung zugleich mit der Begründung der Schuld gewährt worden sei, seien nicht anfechtbar, soweit sie den jeweils "als Gegenleistung" ausgezahlten Kredit besichert hätten. Eine innerhalb der 60-Tage-Frist vereinbarte zusätzliche Sicherheit wäre dagegen inkongruent. In diesem Umfang sei die Rechtssache noch nicht spruchreif, weil mit den Parteien erörtert und festgestellt werden müsse, inwieweit die Gewährung der der Gemeinschuldnerin während der kritischen Zeit zugeflossenen Kreditbeträge von den Ersatzzessionen abhängig gewesen sei. Nur soweit die Ersatzzessionen ausschließlich zur Sicherstellung solcher Kreditbeträge gedient und keine übermäßige Sicherstellung geboten hätten, läge gebührende Deckung vor. Sollten sie auch frühere Kreditbeträge gesichert haben, wären sie nur insoweit nicht anfechtbar, als sie die von der Gemeinschuldnerin neu in Anspruch genommenen Kreditbeträge nicht überstiegen hätten. Auch in Ansehung der auf Grund der Abtretung von Forderungen gegen die Lagerhausgenossenschaften in Niederösterreich geleisteten Zahlungen sei die Rechtssache zum Teil noch nicht spruchreif; das Erstgericht habe - auf Grund anderer Beweisergebnisse als der vorgelegten Urkunden - die Feststellung getroffen, daß die Abtretung von Forderungen gegen die Lagerhausgenossenschaften in Niederösterreich bei Abschluß des Kreditvertrages ausgenommen worden sei. Somit sei die Verpflichtung zur Abtretung der Forderungen erst durch das Schreiben vom 5.November 1982 entstanden. Dieses Schreiben könne nur dahin verstanden werden, daß die beklagte Partei nun auch die Abtretung dieser Forderungen verlangt habe. Hiezu sei sie berechtigt gewesen, weil die Ausnahmeregelung nur "bis auf weiteres" habe gelten sollen. Da die Verpflichtung zur Abtretung noch vor Beginn des maßgeblichen Anfechtungszeitraumes begründet worden sei, sei die entsprechende Vereinbarung nocht anfechtbar. Die Wirksamkeit der Abtretung von Forderungen gegen die Lagerhausgenossenschaften in Niederösterreich hänge jedoch auch von der für die Sicherungszession gebotenen Form - und zwar der Verständigung des Drittschuldners, der Übersendung eines Verzeichnisses der sicherungsweise abgetretenen Forderungen oder einer schriftlichen Abtretungserklärung jeweils in Verbindung mit der Anbringung von Vermerken in den Büchern des Zedenten - ab. Das habe der Kläger schon in der Klage vorgebracht, allerdings nur im Umfang von Forderungen von S 2,420.264,70. Bei der im Kreditvertrag vereinbarten Form handle es sich gerade um die Verpflichtung zur Verständigung des Drittschuldners einerseits und die Verpflichtung zur Vorlage von Zessionsverzeichnissen und zur Anbringung von Buchvermerken andererseits. Die Einhaltung zumindest eines dieser Formerfordernisse sei für die Gültigkeit der von der Gemeinschuldnerin an die beklagte Partei bewirkten Abtretungen erforderlich. Sei keines der Formgebote beachtet worden, habe die beklagte Partei mangels Gültigkeit solcher Abtretungen keinen Anspruch auf Zahlung gehabt. Dann wäre aber insoweit Inkongruenz der Befriedigung anzunehmen. Nach dem Klagsvorbringen seien die Formerfordernisse bei der der Zahlung von S 2,420.264,70 entsprechenden Abtretung von Forderungen gegen die Lagerhausgenossenschaften in Niederösterreich nicht beachtet worden. Da hiezu Feststellungen fehlten, müßten sie vom Erstgericht nachgetragen werden. Spruchreif im Sinne der Abweisung sei hingegen die Rechtssache insoweit, als das Klagebegehren auf Zahlung von S 3,412.863,41 samt Anhang gerichtet sei.
Rechtliche Beurteilung
Der von der beklagten Partei gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß gerichtete Rekurs ist nicht berechtigt. Die beklagte Partei beruft sich zur Untermauerung ihrer Rechtsauffassung, auch die Ersatzzessionen seien gebührende Deckung, auf die zwischen ihr und der Gemeinschuldnerin vereinbarte (General-)Zession aller gegenwärtigen und künftigen Forderungen aus Lieferungen und Leistungen im Rahmen des Betriebes der Gemeinschuldnerin. Damit umfasse die Zessionsabrede schon von vornherein sämtliche Forderungen der Gemeinschuldnerin, so daß die beklagte Partei auch Anspruch auf die Ersatzzessionen gehabt habe. Daß selbst eine Generalzession nicht schlechterdings alle offenen Buchforderungen des Zedenten erfaßt, sondern sich auf diese Forderungen nur soweit erstreckt, als der Zessionar damit keine übermäßige Besicherung erlangt (vgl. hiezu Ertl in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 1392), räumt die Rekurswerberin selbst ein, ergibt sich aber auch aus den Punkten 2 und 10 der Zessionsvereinbarung (Beilage 1). Danach ist die Gemeinschuldnerin zur Abtretung neuer Forderungen verpflichtet, wenn die beklagte Partei einzelne Forderungen als nicht deckungsfähig ablehnt (Punkt 2), und berechtigt, direkt bei ihr eingegangene Beträge auf abgetretene Forderungen für sich zu verwenden, wenn eine Vereinbarung über die Abtretung anderer offener - also nicht
abgetretener - Buchforderungen in zumindest gleicher Höhe und Sicherheit zustande kam und diese Ersatzzessionen - in geeigneter Publizitätsform - durchgeführt wurden (Punkt 10). Diese besonderen - die Generalzession ergänzenden - Vertragsbestimmungen lassen schon ihrem Wortlaut nach und im Zusammenhang mit dem übrigen Inhalt der Abtretungsvereinbarung keinen anderen Schluß zu, als daß nicht überhaupt alle Forderungen aus dem Geschäftsbetrieb der Gemeinschuldnerin, sondern nur Forderungen dieser Art in einem Umfang, wie er zur Deckung des jeweiligen Saldos - allenfalls des vereinbarten Kreditrahmens - unbedingt erforderlich war, abgetreten sein sollten. Andernfalls wäre für die zusätzliche Abtretung anderer offener Buchforderungen überhaupt kein Platz.
Die Fassung des die Ersatzzessionen regelnden Punktes 10 der Zessionsvereinbarung ("Nur in dem Falle, als Sie sich damit einverstanden erklären,....") räumte der beklagten Partei keinen Anspruch auf Ersatzabtretungen ein; fand sich die Gemeinschuldnerin hiezu nicht bereit, konnte die beklagte Partei vielmehr nur entweder die Herausgabe der bei der Gemeinschuldnerin unmittelbar eingegangenen Beträge begehren oder - soweit die Voraussetzungen hiefür vorlagen (§ 1395 zweiter Satz ABGB) - den Schuldnern die neuerliche Zahlung abfordern. Dem Berufungsgericht ist demnach bei seiner Auslegung dieser Vertragsbestimmung, es habe zum Zustandekommen der Ersatzzessionen jeweils erst einer konkreten Vereinbarung zwischen den Parteien des Kreditverhältnisses bedurft, kein Rechtsirrtum unterlaufen. Soweit die beklagte Partei - wie das nach Punkt 10 der Zessionsvereinbarung auch geboten war - mit der Gemeinschuldnerin in Verhandlungen über Ersatzzessionen eingetreten ist, hat sie selbst zu erkennen gegeben, daß sie vorher - nach Bekanntgabe entsprechender offener Buchforderungen - volle Deckung hatte, und wäre bei Weigerung der Gemeinschuldnerin, Ersatzabtretungen vorzunehmen, darauf beschränkt geblieben, der Gemeinschuldnerin die bei dieser (bzw. für sie bei Dritten) eingegangenen Forderungsrealisate bzw. den Drittschuldnern die erneute Zahlung abzufordern.
Die beklagte Partei führt ins Treffen, der "scheinbare" Widerspruch zwischen Global- und Ersatzzession lasse sich durch die Überlegung lösen, sie sei berechtigt gewesen, auf die Forderungsrealisate zu verzichten, nachdem sich herausgestellt habe, daß die Liste neu entstandener abzutretender Forderungen ausreichende Ersatzdeckung geboten habe.
Abgesehen davon, daß die beklagte Partei einen solchen Verzicht in erster Instanz nicht behauptet hat, so daß der Berücksichtigung dieses Vorbringens das Neuerungsverbot entgegensteht, biete der schon erwähnte Punkt 10 der Zessionsvereinbarung für eine solche rechtliche Konstruktion keine Grundlage: Nicht auf den Verzicht auf die Realisate, sondern erst auf eine zu treffende Vereinbarung über die Ersatzzessionen konnte die beklagte Partei Ansprüche auf die Ersatzabtretungen gründen. Diese Vereinbarung war aber der Vertragsfreiheit der Gemeinschuldnerin vorbehalten. An diesem Ergebnis kann auch die Überlegung, daß die Abtretung von Forderungen für die beklagte Partei in der Tat wertlos geworden wäre, wenn Drittschuldner mangels Verständigung von der Zession mit schuldbefreiender Wirkung an die Gemeinschuldnerin gezahlt haben sollten, nichts ändern. Daß dem so gewesen wäre, hatten die Vorinstanzen mangels entsprechender Behauptung in erster Instanz nicht zu prüfen; im übrigen konnte die beklagte Partei auch in solchen Fällen - zufolge der der allgemeinen Vereinbarung einer Generalzession vorgehenden Sonderabmachung über allfällige Ersatzabtretungen - nur die Herausgabe der Realisate von der Gemeinschuldnerin verlangen. Die beklagte Partei hat auch nicht - wie in ihrem Rekurs - in erster Instanz behauptet, sie habe die den Ersatzzessionen vorausgegangenen Abtretungen mangels Deckungsfähigkeit der Forderungen abgelehnt. Die Frage, ob Punkt 2 der Zessionsvereinbarung, auf den sich die beklagte Partei in diesem Zusammenhang beruft, nur, wenngleich nach Ansicht der beklagten Partei nicht deckungsfähige, so aber doch immerhin - dem Wesen der Zession entsprechend - offene Buchforderungen zum Gegenstand habe, wovon aber bei infolge Zahlung erloschenen Forderungen (vgl. § 1412 ABGB) keine Rede sein könne, braucht deshalb nicht näher geprüft zu werden. Auch das weitere Rekursvorbringen, die beklagte Partei habe in Bezug auf das Forderungsrealisat als Treuhandgut einen Aussonderungsanspruch, auf den die beklagte Partei Zug-um-Zug gegen neue Zessionen verzichten könne, ein solcher Verzicht sei deshalb der Anfechtung gemäß § 30 KO entzogen, scheitert am Neuerungsverbot, weil die beklagte Partei in erster Instanz nicht behauptet hat, sie habe solcherart auf den Aussonderungsanspruch verzichtet.
Aber auch mit ihren Ausführungen zur Anfechtung der Zahlungen auf die Forderungen der Gemeinschuldnerin gegen die landwirtschaftlichen Genossenschaften in Niederösterreich vermag die beklagte Partei keinen Rechtsirrtum des Berufungsgerichtes aufzuzeigen. Es kann keine Frage sein, daß die ausdrücklich sicherungsweise vereinbarten Zessionen (vgl. Punkt 1 der Zessionsvereinbarung) Dritten, vor allem den Gläubigern des Zedenten gegenüber unwirksam sind, wenn keine der als Modus zulässigen Publizitätsformen eingehalten wurde (Mayrhofer in Ehrenzweig, Schuldrecht, Allgemeiner Teil 3 , 489f, 492 und 493 mwN in FN 13, 14 und 28). Das bestreitet auch die beklagte Partei nicht. Fällt demnach die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Zedenten zeitlich zwischen Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäft, so ist die Sicherungszession unwirksam (Ertl a.a.O Rdz 3 zu § 1392; Welser/Foglar-Deinhardstein in ÖZW 1976, 77). Sollte demnach - wie vom klagenden Masseverwalter behauptet - die Besicherung des in laufender Rechnung geführten Kredites durch die vereinbarten Sicherungszessionen (hier von Forderungen gegen die landwirtschaftlichen Genossenschaften in Niederösterreich) mangels Einhaltung der gebotenen Publizitätsform nicht wirksam geworden sein, so wären die in der - durch den Kläger selbst gegenüber § 30 Abs.1 KO verkürzten - kritischen Zeit (das sind die letzten 60 Tage vor der Stellung des zur Konkurseröffnung führenden Antrages) - auf dem Kontokorrentkreditkonto eingegangenen Zahlungen der landwirtschaftlichen Genossenschaften in Niederösterreich (auf andere Kunden der Gemeinschuldnerin hatte der klagende Masseverwalter die Behauptung mangelnder Publizitätsform nicht erstreckt) als abweichende (und zwar vorzeitige) Deckung zu beurteilen, weil die beklagte Partei mangels Fälligstellung des Kontokorrentkredites noch keinen klagbaren Anspruch auf diese Leistungen hatte; Kongruenz kann nach ständiger Rechtsprechung (SZ 56/168 = EvBl.1984,/64; JBl.1982, 380) auch nicht dann angenommen werden, wenn der Schuldner schon vor Fälligkeit leisten durfte und der Anfechtungsgegner durch Zurückweisung des Leistungsanbotes in Annahmeverzug geriete.
Die beklagte Partei führt gegen diese schon vom Berufungsgericht vertretene Ansicht unter Hinweis auf den Doppelzweck der Abtretung zur Sicherung des Kredites und zur Befriedigung aus dem Realisat das - an sich richtige - Argument ins Treffen, daß der Sicherungszedent vom Zessionar selbst dann die Herausgabe des bei diesem eingegangenen Forderungsrealisates nicht verlangen könnte, wenn die Abtretung mangels des gebotenen Modus Dritten gegenüber unwirksam wäre, weil er nur das erhalten hätte, was ihm der Zedent auch schuldete. Dabei übersieht die Rekurswerberin jedoch, daß der vorliegende Anfechtungsprozeß nicht das Rechtsverhältnis zwischen Gemeinschuldnerin und Anfechtungsgegner zum Gegenstand hat, sondern dort ausschließlich zu prüfen ist, ob die angefochtenen Zahlungen als abweichende Deckung zu beurteilen sind. Der beklagten Partei ist zwar beizupflichten, daß die Abtretung beim Zessionskredit typischerweise nicht nur der Sicherung dient, sondern auch ohne weiteres die Tilgung der gesicherten Forderung aus den Zessionseingängen bewirken soll
(SZ 57/87 = JBl.1985, 494 = EvBl.1985/92 = RdW 1984, 242; Welser/Foglar-Deinhardstein a.a.O. 76; vgl. auch
Mayrhofer a.a.O, 491). Das kann aber nicht ins Treffen geführt werden, wenn die Abtretung - jedenfalls Dritten und damit auch den Konkursgläubigern gegenüber - unwirksam ist. Die Zahlungen an die beklagte Partei erfolgten somit den Konkursgläubigern gegenüber nicht auf Grund einer Sicherungszession, sondern sie sind als für die Gemeinschuldnerin von Dritten geleistete Zahlungen zur Abstattung des Kontokorrentkredites vor dessen Fälligstellung zu beurteilen und somit dann der Anfechtung nicht entzogen, wenn die Merkmale der geltend gemachten objektiven Begünstigung (§ 30 Abs.1 Z.1 KO) zutreffen sollten.
Da hiezu die erforderlichen Feststellungen fehlen, hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil in diesem Umfang (Ersatzzessionen; Abtretung von Forderungen gegen die landwirtschaftlichen Genossenschaften in Niederösterreich) zu Recht aufgehoben und die Rechtssache zu deren Nachtragung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.
Anmerkung
E09046European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1986:0060OB00561.85.0908.000Dokumentnummer
JJT_19860908_OGH0002_0060OB00561_8500000_000